Muskelzucken kann ein vollkommen harmloses Beschwerdebild sein, jedoch auch in Zusammenhang mit verschiedenen schwerwiegenden Erkrankungen stehen. Die Intensität der Muskelzuckungen ist dabei entsprechenden den unterschiedlichen Ursachen äußerst variabel. Sie reicht von kaum wahrnehmbaren Zuckungen einzelner Muskelfasern und -bündel bis hin zum Zucken des ganzen Muskels mit Bewegungseffekt. Eine ärztliche Überprüfung der Beschwerden ist insbesondere bei wiederholtem Auftreten und bei Muskelzucken mit Bewegungseffekt dringend angeraten.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Als Muskelzucken sind im weitesten Sinne sämtliche unwillkürlichen Kontraktionen einzelner Muskelfasern, Muskelbündel, Muskeln sowie die gleichzeitige Kontraktion zahlreicher Muskelgruppen, wie beispielsweise im Rahmen eines epileptischen Anfalls, zu verstehen. Unterschieden werden die verschiedenen Formen in sogenannten Fibrillationen (Zuckung einzelner Muskelfasern, ohne Bewegungseffekt), Faszikulationen (Zucken einzelner Muskelbündel, spürbar aber ohne nennenswerten Bewegungseffekt), Myoklonien (Zucken des Muskels; mit oder ohne Bewegung) und Tremor (Zucken mehrere Muskelpartien mit regelmäßigem Zittern als Bewegungseffekt). Auch die sogenannten Myokymien, bei denen eine Kontraktionswelle durch einzelne Muskeln geht, ohne einen Bewegung auszulösen, können den Muskelzuckungen zugeordnet werden.
Symptomatik
Abhängig vom Ausmaß der Muskelzuckungen kann die Symptomatik erheblich variieren. Während beispielsweise Fibrillationen nur mit Hilfe spezieller Untersuchungsmethoden erkennbar werden, ist ein Tremor anhand des deutlichen Zitterns einzelner Körperpartien auch für medizinische Laien oftmals ohne weiteres zu erkennen. Die Faszikulation zeigen sich häufig in einem Zucken einzelner Muskelbündel im Gesichtsbereich, wie beispielsweise als Zuckungen des Augenlids. Die Myoklonien treten in der Regel als Zucken mehrerer Muskeln in Erscheinung und werden dabei häufig von einem deutlichen Bewegungseffekt begleitet. Sie sind beispielsweise bei Epilepsie, aber auch bei einem Tick zu beobachten.
Ein Tremor entsteht durch die verstärkte unwillkürliche rhythmische Kontraktion verschiedener Muskelgruppen und ihrer Gegenspieler, allerdings sind auch hier deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Tremor-Formen zu beobachten. So wird beispielsweise zwischen dem Ruhetremor und dem Aktionstremor unterschieden, je nachdem unter welchen Umständen die Beschwerden hauptsächlich auftreten. Das Ausmaß des Muskelzuckens und möglicherweise vorliegende Begleitsymptome liefern häufig wichtige Hinweise auf die Ursache der Beschwerden. Daher erfolgt anschließend im Zusammenhang mit der Beschreibung der Ursachen des Muskelzuckens auch eine detailliertere Erläuterung der jeweiligen Symptomatik.
Ursachen
Zunächst ist zwischen den pathologischen Formen des Muskelzuckens und den eher harmlosen Muskelzuckungen, wie beispielsweise den sogenannten gutartigen Faszikulation, zu unterscheiden. Während erstere Ausdruck einer Erkrankung sind, wird bei letzteren oftmals von einem Zusammenhang mit psychischen Faktoren wie beispielsweise erhöhtem Stress ausgegangen. Muskelzuckungen ohne zugrundeliegende Erkrankung sind für die Betroffenen zwar unangenehm, jedoch unter gesundheitlichen Gesichtspunkten unbedenklich.
Tick
Eine der bekanntesten Formen des Muskelzuckens ist der sogenannte Tick, bei dem die Kontraktion einzelner Muskeln oder Muskelgruppen zu unwillkürlichen Bewegungen wie dem Augenblinzeln, Hochziehen der Augenbrauen oder auch komplexeren Bewegungsabläufen führt. Die Ursache eines Ticks wird in Fehlfunktionen des Nervensystems beziehungsweise vor allem in Störungen der Basalganglien vermutet, weshalb die Beschwerden den sogenannten Extrapyramidale Hyperkinesien (Bewegungsstörungen, die nicht im pyramidalen System entstehen) zugeordnet werden.
In seltenen Fällen entwickeln jedoch auch Patienten, die an einer Entzündung des Gehirns leiden, einen Tick. Zudem wird ein Zusammenhang mit der sogenannten striatofrontalen Dysfunktion diskutiert, welche eine Störung des Regelkreises im Frontalhirn und Striatum beschreibt. In der Regel ist der Tick nicht mit weitergehenden gesundheitlichen Bedrohungen verbunden. Ausgeprägtere Formen eines Ticks, die neben den unwillkürlichen Bewegungen auch mit unwillkürlichen Lautäußerungen einhergehen können (beispielsweise im Rahmen des Tourette-Syndroms), sind für die Betroffenen im Alltag jedoch meist eine erhebliche Belastung, die weitere psychische Beschwerden mit sich bringen kann.
Epilepsien
Unkontrollierte, anfallsartige Muskelzuckungen bilden eines der Leitsymptome bei den verschiedenen Formen der Epilepsie. Die Muskeln beginnen sich aufgrund bislang nicht gänzlich bekannter Ursachen plötzlich zu verkrampfen. Dabei findet ein regelrechtes Feuerwerk der Neuronen-Entladungen im Gehirn der Betroffenen statt, das zu Fehlsignalen an die Muskulatur führt. Wodurch die Störungen im Gehirn ausgelöst werden, bleibt – trotz deutlicher Forschungserfolge in den vergangenen Jahren – bis heute weitgehend unklar. Als gesichert gilt, dass spezielle Neurotransmitter hier eine wesentliche Rolle spielen. Doch unter welchen Umständen aus einmaligen Krampfanfällen eine Epilepsie entsteht, bleibt ungewiss. Eine genetische Disposition scheint allerdings bei allen Epileptikern von Bedeutung zu sein.
Zu den möglichen Ursachen einer sogenannten symptomatischen Epilepsie zählen zum Beispiel angeborene Schädigungen des Gehirns, Missbildungen des Gehirngewebes oder auch Gehirntumore. Erleiden Patienten beispielsweise bei einem Unfall ein schweres Schädelhirntraum, kann dies ebenfalls zur Entwicklung einer symptomatischen Epilepsie führen. Entzündungen des Gehirns, wie sie durch virale (z. B. Masern, FSME, Hepatitis C) oder bakterielle (z. B. Borreliose, Meningokokken) Infektionskrankheiten ausgelöst werden können, sind ebenfalls unter Umständen mit epileptischen Anfällen verbunden. Darüber hinaus sind krankhafte Veränderungen der Blutgefäße im Gehirn, wie sie beispielsweise im Rahmen einer Arterienverkalkung auftreten, als mögliche Ursache symptomatischer Epilepsien in Betracht zu ziehen.
Gelegentliche Krampfanfälle, die zwar mit deutlichem Muskelzucken einhergehen, jedoch im engeren Sinne nicht als Epilepsie zu bewerten sind, können beispielsweise durch hohes Fieber, eine massive Unterzuckerung bei Diabetes oder auch durch den Missbrauch von Drogen, Medikamenten und Alkohol hervorgerufen werden. Bei Alkohol ist sowohl eine akute Alkoholvergiftung als auch der Entzug nach langjährigem Konsum mitunter von Epilepsie-artigen Anfällen begleitet.
Eine weitere Ursache für gelegentliche Krampfanfälle bilden Verschiebungen des Mineralstoffgehalts im Organismus. Steigen beispielsweise die Kaliumwerte im Blut stark an (Hyperkaliämie) oder erhöht sich im Rahmen eines Hyperparathyroidismus (Funktionsstörung der Nebenschilddrüsen mit vermehrter Hormonausschüttung) die Calciumkonzentration im Blut, sind Muskelzuckungen und Krampfanfälle eine mögliche Folge. Bei Menschen mit ausgeprägter Photosensibilität werden gelegentliche epileptische Anfälle darüber hinaus durch extrem helle Lichtimpulse beziehungsweise den schnell wechselnden Hell-Dunkel-Kontrast ausgelöst (zum Beispiel Blitzlicht beim Fotoapparat oder Stroboskop in Diskotheken).
Die Intensität und Dauer des epileptischen Anfalls kann entsprechend den verschiedenen Ursachen deutlich variieren und von örtlich begrenzten Krampfanfällen ohne Bewusstseinsbeeinträchtigung bis hin zu schweren Krampfanfälle des ganzen Körpers, mit vorübergehendem Bewusstseinsverlust und ungewollten Abgang von Urin und Stuhl reichen. Nach wenigen Minuten ist der akute Anfall in der Regel überstanden, bei schweren Fällen kann dieser jedoch deutlich länger als 20 Minuten anhalten. Im Zuge des Krampfanfalls erleiden die Patienten oftmals sekundäre Verletzungen durch den plötzlichen unkontrollierten Sturz auf den Boden und/oder die extreme Anspannung der Muskulatur. Auch droht eine Schädigung des Gehirns durch die massiv erhöhte Konzentration der Neurotransmitter.
Erkrankungen des Nervensystems
Die wohl bekannteste neurologische Erkrankung, die mit Muskelzucken und einem hierdurch bedingten auffälligen Zittern (Tremor) einhergeht, ist Morbus Parkinson. Durch Schädigungen des extrapyramidal-motorischen Nervensystems zeigen sich Beschwerden wie eine allgemeine Verlangsamung der Bewegungen (Bradykinese), Muskelstarre (Rigor), Veränderungen der Körperhaltung und der auffällige Tremor. Im Verlauf der Krankheit werden die Beschwerden immer stärker und es können weitere Leiden wie Muskel- und Gelenkschmerzen oder sogenannte Missempfindungen (Taubheitsgefühl, Kribbeln in den Gliedern) hinzukommen. Bereits im Frühstadium der Erkrankung zeigen viele Betroffene eine Beeinträchtigung des Geruchssinns. Blasenfunktionsstörungen und Verdauungsbeschwerden sind weitere, häufig zu beobachtende Begleitsymptome bei Morbus Parkinson.
Hinzu kommen verschiedene körperliche Beschwerden, abhängig von dem individuellem Krankheitsverlauf. Neben den körperlichen Beeinträchtigungen leiden Parkinson-Patienten häufig an verschiedenen psychischen Beschwerden, wie einer allgemeinen Antriebslosigkeit, einer Verlangsamung der Denkprozesse und Einschränkungen der kognitiven Fähigkeiten bis hin zur Demenz.
Eine weitere neurologische Erkrankung, die zu Muskelzuckungen führen kann, ist die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), deren Ursache bis heute weitgehend unklar bleibt. Im Zuge dieser glücklicherweise äußerst seltenen Erkrankung werden die Nervenzellen, welche zur Steuerung der Muskelbewegung dienen, zunehmend irreversibel geschädigt. Beeinträchtigungen der Muskulatur können abhängig von den betroffenen Nervenzellen, Muskelschwächen bis hin zum Muskelschwund oder auch erhöhte Anspannungen des Muskels bis hin zur Spastik sein.
Häufig zeigen die Betroffenen Begleitsymptome wie Schluckprobleme, Sprechstörungen und einen unsicheren Gang. Im weiteren Verlauf führen Lähmungen der Muskulatur auch zu einer Beeinträchtigung der Atemfunktion. Die Betroffenen haben keine Aussicht auf eine Heilung und nach der Diagnose meist nur noch wenige Jahre zu leben.
Als Erkrankung des zentralen Nervensystems kann auch die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit Muskelzuckungen bis hin zu epileptischen Anfällen verursachen. Sogenannte pathologische Prionen führen dabei zu krankhaften Veränderungen der Gewebestrukturen im Gehirn und einem anschließenden Absterben der Nervenzellen. Bekannt geworden ist die Erkrankung im Zuge des BSE-Skandals, der in den 1980er und 1990er Jahren Großbritannien sowie anschließend unter anderem auch Deutschland ereilte. Bei Rindern hatten die Prionen den sogenannten Rinderwahnsinn ausgelöst und schnell kam die Vermutung auf, dass eine neuere Variante der übertragbaren Creutzfeldt-Jakob-Krankheit im Zusammenhang mit dem Verzehr von BSE-verseuchtem Rindfleisch stehen könnte.
Allgemein werden drei verschiedene Varianten der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit unterschieden: Die Sporadische Prionerkrankung, die Genetische Prionerkrankung und die übertragbare Creutzfeldt-Jakob-Variante. Sowohl die sporadische als auch die übertragbare Variante der Erkrankung führen meist innerhalb weniger Monate zum Tod der Patienten. Bei der genetisch bedingten Variante kann der Krankheitsverlauf sich nach Ausbruch noch über einen deutlich längeren Zeitraum erstrecken (meist mehrere Jahre).
Im Anfangsstadium der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit leiden die Betroffenen häufig zunächst an psychischen Problemen wie Angst und Panikattacken, Stimmungsschwankungen oder gar Depressionen. Auch Wahnvorstellungen können im Zuge der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auftreten. Mit der Zeit werden die Betroffenen in ihren kognitiven und motorischen Fähigkeiten zunehmend eingeschränkt. Gedächtnisstörungen sind eine der typischen geistigen Beeinträchtigungen und Muskelzuckungen gelten als kennzeichnende motorische Störung. Auch das Sehvermögen der Betroffen wird oftmals in Mitleidenschaft gezogen.
Im späteren Verlauf der übertragbaren Variante leiden viele Erkrankte auch unter schmerzhaften Missempfindungen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Das Ausmaß der motorischen Beeinträchtigungen nimmt in der Regel kontinuierlich zu und die Muskelzuckungen steigern sich im weiteren Verlauf nicht selten bis hin zu regelmäßigen epileptischen Anfällen. Durch die Fehlsteuerung der Muskulatur leiden viele Betroffene auch unter heftigen Gliederschmerzen. Im Verlauf der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit wird das Gehirn zunehmend zerstört und erscheint im Endstadium schwammartig durchlöchert. Die Betroffenen sind in diesem Stadium zu keiner Kommunikation mit ihren Mitmenschen mehr in der Lage und oftmals vollkommen bewegungsunfähig.
Vegetative Dystonie
Auch Störungen des vegetativen Nervensystems in Form der sogenannten vegetativen Dystonie werden in Zusammenhang mit Muskelzuckungen gebracht. Das Zusammenspiel zwischen Sympathikus und Parasympathikus sowie die Informationsverarbeitung im Zwischenhirn ist bei den Betroffenen beeinträchtigt, was neben dem Muskelzucken zu zahlreichen unterschiedlichen Beschwerden wie beispielsweise Herzproblemen in Form von Herzstolpern, Herzrasen, Herzschmerzen und einem Engegefühl im Brustkorb oder auch Atemnot, Kopfschmerzen und Schwindel führen kann. Magenprobleme – insbesondere Verdauungsbeschwerden, Magendruck und Magenschmerzen beziehungsweise Bauchschmerzen – gelten ebenfalls als mögliche Symptome der Vegetativen Dystonie.
Des Weiteren plagt die Betroffenen oftmals das Gefühl innerer Unruhe, sie sind leicht reizbar und häufig nervös. Mitunter kommen eine allgemeine Antriebslosigkeit und das vermehrte Auftreten von Panikattacken beziehungsweise existenzieller Angst hinzu. Bei der Vegetativen Dystonie handelt es sich um ein bis heute relativ unklar definiertes Beschwerdebild, was eine eindeutige Diagnosestellung erschwert und in Fachkreisen bereits vielfach Anlass für Kritik bot. Eine organische Ursache der Symptome lässt sich bei der vegetativen Dystonie nicht feststellen und schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen sind in der Regel nicht zu erwarten.
Weitere Ursachen der Muskelzuckungen
Neben den bereits erwähnten Ursachen des Muskelzuckens kommen zahlreiche weitere Faktoren als Auslöser der Beschwerden in Betracht. So kann zum Beispiel hohes Fieber unwillkürliche Muskelkontraktionen in Form sogenannter Fieberkrämpfe bedingen. Faszikulationen sind des Weiteren als Spätfolgen der Kinderlähmung im Rahmen des sogenannten Post-Polio-Syndroms zu beobachten. Ist die Leber in ihrer Entgiftungsfunktion beeinträchtigt, führt dies unter Umständen zu Schädigungen des Gehirns durch die erhöhte Konzentration von chemischen Verbindungen wie Amoniak oder Gamma-Aminobuttersäure im Organismus (Hepatische Enzephalopathie). Dies bringt wiederum Beschwerden wie Muskelzuckungen in Form von Myoklonien und Tremor oder auch einen fortschreitenden Muskelabbau mit sich.
Als Auslöser des Muskelzuckens kommt auch das sogenannte Serotonin-Syndrom in Betracht, welches durch eine langfristig erhöhte Konzentration des Neurotransmitters Serotonin und ähnlich wirkende Substanzen verursacht wird. Kognitive Beeinträchtigungen aber auch motorische Fehlfunktionen, wie Muskelzuckungen bis hin zum Tremor, sind die Folge. Nicht selten wird das Syndrom durch die Wechselwirkung zwischen verschiedenen Arzneien hervorgerufen. Langfristige Therapien mit speziellen Psychopharmaka (Neuroleptika) gelten ohnehin als potenzielle Ursache für motorische Störungen in Form sogenannter Spätdyskinesien, welche ihrerseits mit unwillkürlichen Muskelkontraktionen einhergehen können. Auch eine Opiat-Abhängigkeit verursacht bei entsprechendem Entzug unter Umständen massive Muskelzuckungen.
Leiden Menschen unter einem ausgeprägten Magnesiummangel, kann dies zu Beeinträchtigungen der Muskelfunktion wie Muskelkrämpfen (meist Wadenkrämpfe) und Muskelzuckungen führen. Meist werden die Betroffenen aufgrund des Magnesiummangels von zahlreichen weiteren Beschwerden,wie beispielsweise chronischer Müdigkeit, Kopfschmerzen, regelmäßigem Einschlafen der Hände und Füße oder auch Rückenschmerzen, geplagt. Natriummangel beziehungsweise ein zu geringer Natriumgehalt im Blut (Hyponatriämie) kann ebenfalls mit Muskelzucken in Form von Myoklonien, Tremor und in extrem schweren Fällen sogar epileptischen Anfällen einhergehen.
Jedoch ist nicht nur der Mangel an benötigten Mineralstoffen als mögliche Ursache des Muskelzuckens in Betracht zu ziehen, sondern auch eine zu hohe Konzentration bestimmter Stoffe kann die Beschwerden hervorrufen. Beispielsweise ist bei der Erbkrankheit Morbus Wilson der Kupferstoffwechsel in der Leber gestört, was einen Anstieg der Kupferkonzentration im Organismus zur Folge hat. Dieser bringt wiederum zahlreiche Beschwerden mit sich, die auch Muskelzuckungen in Form des Tremors, selten sogar epileptische Anfälle, umfassen können. Erhöht sich die Kohlenstoffdioxidkonzentration im Blut (Hyperkapnie), zählen Muskelzuckungen und Muskelkrämpfe neben den Veränderungen des Hautbildes (auffällige Rötungen) und Herzrhythmusstörungen zu den möglichen Folgen. Ein massiver Anstieg des Kohlenstoffdioxidgehalts führt zu Bewusstseinsstörungen bis hin zum Koma.
Des Weiteren kann ein eingeklemmter Nerv aufgrund der gestörten Signalübertragung zu Zuckungen der Muskeln im Versorgungsbereich des betroffenen Nervs führen. Im Falle einer starken Unterkühlung versucht der Körper durch das Muskelzucken (Zittern) seine Temperatur zu stabilisieren und letztendlich ist auch Schüttelfrost nur eine spezielle Form des Muskelzuckens. Als mögliche Ursache für das Zucken einzelner Muskeln, wie beispielsweise bei einem nervösen Zucken des Augenlids, sind darüber hinaus auch psychische Belastungen, wie starker Kummer oder Stress, zu nennen.
Diagnose
Anhand einer ausführlichen Befragung der Patienten zu der Intensität des Muskelzuckens, den betroffenen Muskeln, bereits bekannten Vorerkrankungen, der Einnahme von Arzneimitteln und anderen potenziell nervenschädigenden Substanzen ergeben sich oftmals bereits erste Hinweise auf die Ursache der Beschwerden. Im Rahmen einer anschließenden körperlichen Untersuchung können Tests der Reflexe, der Reizübertragung beziehungsweise Sensibilität, des Gleichgewichts, der Koordination und der Muskelkraft weitere wichtige Anhaltspunkte zur Diagnosestellung liefern.
Eine Blutuntersuchung im Labor, dient der Feststellung möglicherweise vorliegender Stoffwechselerkrankungen, Mangelzustände oder zu hoher Konzentration bestimmter Substanzen im Organismus und kann darüber hinaus wichtige Hinweise auf eventuelle Infektionen oder entzündliche Prozesse liefern. Spezielle weitere Untersuchungsmethoden werden je nach vermuteter Ursache des Muskelzuckens angewandt. Beispielsweise dient der sogenannte L-Dopa-Test zur Feststellung von Parkinson. Um Schädigungen der Nerven zu identifizieren kommen die Elektroneurografie (ENG; Messung der Nervenleitgeschwindigkeit) und die Elektromyografie (EMG; Messung der elektrischen Muskel-Aktivität) zum Einsatz. Anhand einer Elektroenzephalografie (EEG) kann die elektrische Aktivität im Gehirn und damit zum Beispiel die Bereitschaft des Gehirns zu epileptischen Entladungen ermittelt werden.
Moderne bildgebende Verfahren wie die funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRI) ermöglichen eine eingehendere Analyse der Hirnfunktionen und weitere spezielle Untersuchungsmethoden, wie beispielsweise die Positronen-Emissionstomografie (PET), dienen der gezielten Überprüfung neurologischer Ausfälle. Die Magnetresonanztomografie und Computertomografie können allgemein einen wesentlichen Beitrag zur Diagnosestellung liefern. Im Zweifelsfall kann bei Verdacht auf eine Entzündung des Gehirns oder der Hirnhäute auch eine sogenannte Lumbalpunktion erforderlich werden, bei der eine Probe der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit (Liquor cerebrospinalis) entnommen wird.
Lassen sich mit den zur Verfügung stehenden Diagnoseverfahren keine körperlichen Ursachen des Muskelzuckens ermitteln, bietet sich unter Umständen eine psychologische Untersuchung an, um mögliche Zusammenhänge der Beschwerden mit psychischen Faktoren zu überprüfen.
Behandlung
Liegen den Muskelzuckungen körperliche Ursachen zu Grunde, sind die therapeutischen Optionen oftmals äußerst begrenzt und es lässt sich lediglich eine Linderung der Beschwerden – jedoch keine Heilung – erreichen. Beispielsweise zielt die Therapie bei Parkinson auf eine möglichst umfassende Verlangsamung des Krankheitsverlaufs, jedoch werden die Betroffenen nicht von ihrer Erkrankung kuriert. Bei Epilepsie ist die Behandlung darauf ausgerichtet, das Auftreten der Anfälle zu vermeiden, doch auch hier besteht für die Patienten bisher keine Aussicht, ihre Krankheit vollständig zu überwinden.
Liegen den Beschwerden Mangelerscheinungen, wie beispielsweise ein Magnesiummangel zu Grunde, kann die erhöhte Zufuhr der erforderlichen Mineralstoffe über die Nahrung dem Abklingen des Muskelzuckens dienen. Entsprechende Präparate aus der Apotheke kommen bei schwerwiegenden Mangelzuständen zum Einsatz. Bei einer zu hohen Konzentration von Kalium oder anderen Substanzen, die das Muskelzucken verursachen können, wird meist auf eine medikamentöse Senkung der entsprechenden Blutwerte, bei gleichzeitig reduzierter Zufuhr der Stoffe über die Nahrung, abgezielt. Ist eine bakterielle Infektion Ursache für Fieberkrämpfe oder eine Entzündung des Gehirns, lassen sich mit Antibiotika in der Regel vielversprechende Heilungserfolge erreichen. Bei viralen Infektionen sind die Behandlungsoption indes eher begrenzt und die Betroffenen deutlich stärker auf ihre Selbstheilungskräfte angewiesen. Wird ein Zusammenhang der Muskelzuckungen mit der Einnahme von Arzneimittel vermutet, sollten diese dringend abgesetzt beziehungsweise stattdessen mögliche Alternativpräparate verwendet werden.
Verhaltenstherapien bilden einen vielfach erfolgreich genutzten Ansatz zur Behandlung von Tick-Störungen und werden mitunter auch bei der vegetativen Dystonie angewandt. Allgemein lässt sich mit den psychotherapeutischen Verfahren bei den psychisch bedingten Muskelzuckungen oftmals ein umfassender Behandlungserfolg erzielen. Bei schweren Formen kommt eine begleitende medikamentöse Therapie zum Tragen. Diese kann bei einer Tick-Störung auch zur Unterdrückung der unwillkürlichen Muskelbewegungen (mit Hilfe von Neuroleptika) dienen . Letztendlich steht ein breites Spektrum an Behandlungsoptionen zur Verfügungen, mit denen sich zumindest das Symptom Muskelzucken lindern lässt, auch wenn die Ursache oft nicht behoben werden kann.
Naturheilkunde
Die Naturheilkunde bietet insbesondere bei den psychisch bedingten Muskelzuckungen, aber auch bei unheilbaren Erkrankungen wie Morbus Parkinson einige vielversprechenden Ansätze, die zur Linderung beitragen können. Gemäß dem ganzheitlichen Ansatz der Naturheilkunde kommt dabei oftmals ein ganzes Bündel verschiedener Maßnahmen zum Einsatz, um auf verschiedenen Ebenen gegen die Beschwerden vorzugehen. So wird beispielsweise bei Parkinson mit Hilfe der Bewegungs- beziehungsweise Physiotherapie versucht, den motorischen Beeinträchtigungen entgegenzuwirken.
Ergänzend können zu diesem Zweck manuelle Verfahren wie die Osteopathie oder auch Massagen und Akupunktur Anwendung finden. Verschiedene homöopathische Mittel (zum Beispiel Antimonium tartaricum, Agaricus muscarius) und Schüssler Salze (zum Beispiel Nr. 2 Calcium phosphoricum, und Nr. 7 Magnesium phosphoricum) werden innerlich gegen die Parkinson-Beschwerden verwendet, wobei die Auswahl der geeigneten Mittel erfahrenen Therapeuten vorbehalten bleiben sollte und die Präparate je nach Konstitution der Patienten äußerst unterschiedlich ausfallen können. Mit einer logopädischen Begleittherapie kann darüber hinaus den Sprach- und Schluckproblemen, die im späteren Krankheitsverlauf zu erwarten sind, vorgebeugt werden.
Bei Stress-bedingten Muskelzuckungen setzt die Naturheilkunde neben psychotherapeutischen Maßnahmen, die das Erlernen spezieller Stressvermeidungstechniken beziehungsweise -bewältigungstechniken (zum Beispiel Autogenes Training) umfassen, auch auf pflanzliche Wirkstoffe, die der Nervosität und inneren Unruhe der Patienten entgegenwirken sollen. Hier sind vor allem Baldrian, Passionsblumen und Hopfen zu nennen. Unterschiedliche homöopathische Mittel, wie beispielsweise Aconitum, Cocculus, Coffea oder Zincum metallicum, können ebenfalls gegen die nervösen Muskelzuckungen angewandt werden, wobei jedoch auch hier die Auswahl der geeigneten Mittel idealerweise in die Hände erfahrener Therapeuten gehört.
Entsprechend den verschiedenen Ursachen, die dem Muskelzucken zu Grunde liegen können, sind zahlreiche weitere naturheilkundliche Behandlungsansätze möglich, die von relativ einfach umzusetzenden ernährungstherapeutischen Maßnahmen und Verfahren der Hydrotherapie bis hin zu komplexeren Methoden reichen, welche zum Beispiel allgemein das Immunsystem stärken.
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Claudio L. Bassetti, Marco Mumenthaler: Störungen des Muskeltonus (der Muskelspannung), Neurologische Differenzialdiagnostik, Thieme Verlag, 6. Auflage, 2012
- C. E. Elger, R. Berkenfeld (geteilte Erstautorenschaft) et al.: S1-Leitlinie Erster epileptischer Anfall und Epilepsien im Erwachsenenalter, 2017, In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Hrsg. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, (Abruf 06.10.2019), DGN
- M. Deschauer et al.: S1-Leitlinie Diagnostik von Myopathien, 2016, In: Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Hrsg. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, (Abruf 06.10.2019), DGN
- David Tanen: Serotoninsyndrom, MSD Manual, (Abruf 06.10.2019), MSD
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.