Nahtoderfahrungen (NTE) bezeichnen außergewöhnliche Zustände des Bewusstseins, in denen Menschen glauben, dem Tod nahe gewesen zu sein oder die Schwelle zum Tod bereits überschritten zu haben. Tatsächlich befanden sich viele der Betroffenen in einer Situation, die unmittelbar ihr Leben bedrohte – zum Beispiel während eines Kreislaufstillstandes oder bei einem kurzzeitigen Herzstillstand. Dokumentiert sind Nahtodererfahrungen jedoch auch in nicht lebensbedrohlichen Situationen, wie während eines epileptischen Anfalls oder in einer tiefen Meditation.
Inhaltsverzeichnis
Was passiert bei Nahtoderfahrungen?
Für die Begriffseinführung der Nahtoderfahrung war maßgebend, dass diese Erlebnisse in lebensbedrohlichen Situationen auftreten, in denen die Betroffenen in Todesnähe sind. Diese besonderen Erlebnissen können jedoch auch in nicht lebensbedrohlichen Zuständen erfahren werden oder sogar bewusst herbei gerufen werden.
Nahtoderfahrungen werden oft von außerkörperlichen Erfahrungen begleitet. Die Betroffenen sehen ihren eigenen Körper hierbei von außen. Im Rahmen einer Nahtoderfahrung werden zudem wiederholt das Erscheinen eines hellen Lichtes und eines Tunnels, ein Lebensrückblick oder auch Jenseitserlebnisse geschildert.
Treten Nahtoderfahrungen aufgrund physiologischer Veränderungen im Gehirn ein und verändern sich die Hirnprozesse vor dem Tod aufgrund von Sauerstoffmangel? Gibt es es ein Bewusstsein, das außerhalb des Körpers existieren kann? Die Ursachen der Nahtodererlebnisse werden auch unter Fachleuten kontrovers diskutiert.
Viele Autorinnen und Autoren mit einer spirituell-transzendentale Sicht sehen Nahtoderfahrungen als Beweis für ein Leben nach dem Tod.
Neurobiologinnen und Neurobiologen betrachten Nahtoderfahrungen mehrheitlich als Symptome, bei denen bestimmte Funktionen des Gehirns kurzfristig still liegen. Sie halten diese Bilderwelten, wie den Tunnel oder das überwältigende Licht, das betroffenen Menschen erscheint, für selbst produziert.
Demnach seien Nahtoderfahrungen mit einem Schock, einer posttraumatischen Belastungsstörung, einer Trance oder einer Narkose vergleichbar.
Wann treten Nahtoderfahrungen auf?
Nahtoderfahrungen treten unter anderem beschrieben in folgenden Situationen auf, bei denen die Gehirnfunktionen vorübergehend außer Betrieb sind:
- Herzstillstand bei Menschen mit einem Herzinfarkt oder bei schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen,
- Koma durch Gehirnschädigung bei einem Verkehrsunfall,
- Koma, wenn Menschen fast ertrinken,
- Atemstillstand oder Zuckerkoma,
- Bewusstlosigkeit infolge niedrigen Blutdrucks,
- Allergieschock,
- schwere Sepsis,
- Narkose,
- Stromschlag,
- Schädel-Hirn-Trauma,
- intrazerebrale Blutung,
- Sauerstoffmangel.
Nahtoderfahrungen treten aber auch in folgenden Situationen bei intakten Gehirnfunktionen auf:
- Krankheiten mit hohem Fieber,
- Austrocknung und Unterkühlung,
- Depressionen und psychische Krisen,
- Meditation, Trance und Ekstase,
- Spontan ohne erkennbare Ursache,
- Drogenkonsum,
- Situationen von Todesangst – nicht notwendig reale Todesnähe, zum Beispiel, wenn ein LKW bei Aquaplaning vor das Auto fährt oder beim Abrutschen während des Bergsteigens.
- Epileptische Anfälle (besonders bei Schläfenlappenepilepsie).
Sauerstoffmangel als Ursache
Die Ursachen für das veränderte Bewusstsein bei einer Nahtoderfahrung sind schon seit über 30 Jahren Gegenstand der Forschung. In den 1990er Jahren prüften Forschende in einer Studie mögliche Veränderungen der Sauerstoff- und Kohlendioxid-Menge im Gehirn.
Ärztinnen und Ärzte um den Neurologen Thomas Lemberg der Berliner Virchow-Klinik ließen 1994 ihre 42 gesunden Probandinnen und Probanden hyperventilieren. Dann sollten sie das Valsalva-Manöver durchführen, das bedeutet Mund und Nase wurden verschlossen.
Nun mussten die Probandinnen und Probanden versuchen, kräftig auszuatmen. So wurde das Gehirn mit Sauerstoff unterversorgt und ein künstlich erzeugter Ohnmachtsanfall hervorgerufen.
Bei den gesunden Klientinnen und Klienten zeigten sich ähnliche Bilder wie bei Nahtod-Erfahrungen. Sie sahen ihr Leben „wie im Film“ vorbeiziehen und meinten, ihren Körper zu verlassen.
16 Prozent der Probandinnen und Probanden hatten außerkörperliche Erfahrungen (OBE, Out of Body Experience). 35 Prozent spürten Gefühle von Frieden und Schmerzlosigkeit.
Weitere 17 Prozent der Probandinnen und Probanden sahen Lichter, 47 Prozent berichteten, eine andere Welt betreten zu haben, 20 Prozent begegneten unbekannten Wesen und acht Prozent hatten eine Tunnelerfahrung. Lemberg führte die Nahtoderlebnisse auf Sauerstoffmangel (Hypoxie) im Gehirn zurück.
Die Rolle körpereigener Botenstoffe
Körpereigene Stoffe beeinflussen offensichtlich die Nahtoderfahrungen. Allerdings nicht nur im Angesicht des realen Todes.
Sterbende berichten oft von einem überwältigenden Glücksgefühl. Was aber Christinnen und Christen und Esoterikerinnen und Esoteriker als Beweis für ein Leben nach dem Tod darstellen, erweist sich wissenschaftlich als Push des Organismus, um zu überleben.
Die gleichen Glücksgefühle haben Menschen in Extremsituationen, wenn sie am Rande ihrer körperlichen Belastung stehen. Mehr noch: Für viele Marathonläuferinnen und -läufer ist die Euphorie, die sich nach vielen Kilometern Lauf einstellt, der Grund, warum sie diese Strapazen auf sich nehmen.
Menschen, die bei einem Autounfall lebensgefährlich verletzt werden, die kurz davor sind, zu erfrieren, Freeclimberinnen und Freeclimber, die einen Überhang erklimmen, Bungee-Jumperinnen und -Jumper oder Ertrinkende, berichten alle von einem Zustand der Glückseligkeit, der sich gerade auf dem Höhenpunkt der Belastung einstellt.
Auch Folteropfer kennen das Erlebnis, dass sich ihr Geist vom Körper löst und sie die Schmerzen nicht mehr wahrnehmen. Agentinnen und Agenten schulen sich sogar darin, solche Zustände bewusst zu lernen.
Statt in ein Jenseits zu blicken, geht es dem Körper demnach um das Diesseits. Das Gehirn schüttet verstärkt Glückshormone aus, damit Menschen in Not die gefährliche Situation überleben.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen so genannte Nahtoderfahrungen nicht als eine Erscheinung, sondern als unterschiedliche Erfahrungen, die unterschiedlich erklärt werden müssen, aber alle dazu führen, dass das Gehirn besondere Stoffe in hohem Ausmaß ausschüttet und andere blockiert.
Veränderte Prozesse im Gehirn
Erinnerungen in Bezug auf den Tod, wie als Nahtoderfahrungen oder außerkörperliche Erfahrungen beschrieben, werden oft als Halluzinationen oder Illusionen angesehen. Objektive, wissenschaftliche Studien zu diesen Themen gibt es jedoch wenige.
Beim Eintreten des Todes können im Gehirn eine erhöhte Gamma-Aktivität und elektrische Spitzen, die ein Zeichen erhöhter Bewusstseinszustände sind, mittels der Elektroenzephalographie (EEG) gemessen werden. Diese Ergebnisse untermauern die Behauptungen einer Vielzahl von Menschen, die berichtet haben, dass sie Klarheit und erhöhtes Bewusstsein in Bezug auf den Tod erfahren haben.
Von Gamma-Aktivitäten ist bekannt, dass sie einen Abruf von Erinnerungen anzeigen.Das EEG spiegelt die elektrische Aktivität des Gehirns wider.
Ein isoelektrisches (flaches) EEG, das normalerweise während eines sehr tiefen Komas aufgezeichnet wird, gilt als Wendepunkt zwischen einem lebenden Gehirn und einem verstorbenen Gehirn. Daher bildet das isoelektrische EEG neben dem Nachweis einer irreversiblen strukturellen Hirnschädigung eines der Kriterien zur Beurteilung des Hirntods.
Eine Studie von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Montreal an Katzen aus dem Jahr 2013 nutze das EEG. In dieser Studie wurden die Katzen in ein künstliches Koma versetzt und trotz des Vorliegens eines isoelektrische EEG gelang es den Forschenden im Hippocampus, einer tieferliegenden Gehirnregion, impulsartige Neuronalschwingungen zu entdecken.
Sterbenden Ratten wurde in einer Studie eine EEG-Elektrode implantiert. So wurden sie in einen drohendenden Erstickungszustand versetzt.
Ihre Hirnaktivität wurde bis zum endgültigen Hirntod aufgezeichnet. Es konnte beobachtet werden, dass innerhalb der ersten 30 Sekunden nach Eintreten des Herzstillstandes, also zwischen Kreislaufstillstand und Hirntod, bestimmte Gehirnaktivitäten extrem zunahmen.
Eine aktuelle Studie hat die Hirnprozesse eines sterbenden Mannes mit einem EEG aufgezeichnet. Auch hier wurde ein Anstieg der Gehirnwellen in Form von Alpha- und Gamma-Oszillationen beobachtet.
Diese kognitiven Aktivitäten treten beim Träumen und Erinnern auf und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler spekulieren, ob sie einen letzten Rückruf des Lebens vor dem Tod darstellen könnten.
Dysfunktion des Frontallappens
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsklinik Genf führten eine Untersuchung der Gehirnmechanismen bei Epilepsiepatientinnen und Epilepsiepatienten durch, die über Depersonalisations- und der Derealisierung ähnliche Symptome berichteten. Sie fanden heraus, dass die veränderte Selbstidentifikation mit dem Körper in Verbindung mit einer Dysfunktion des Frontallappens im Gehirn steht.
Nahtoderfahrungen als biologischer Vorgang
Psychologie, Psychiatrie und Neurophysiologie kennen klassische Elemente der Nahtoderfahrung, wie das Heraustreten aus dem Körper, und sehen diese Depersonalisation als biologischen Vorgang. So gibt es autoskopische Halluzinationen, bei denen jemand ein Bild von sich selbst außerhalb des eigenen Körpers sieht.
Ein Grundmuster optischer Halluzinationen ist der Tunnel, den Nahtoderlebnisse ebenso wie schamanische Reisen belegen. Der Neurologe Dr. Birk Engmann aus Leipzig sagt zu Nahtoderfahrungen eindeutig:
„Solche Erlebnisse gibt es nicht nur nach einem überstandenen klinischen Tod, sondern auch im Alltag, bei Krankheiten wie Epilepsie oder wenn jemand Drogen missbraucht. Im Gehirn können also verschiedene Dinge die gleichen Reaktionen auslösen.
„Ich hatte einen Klienten, der über Lichtvisionen sprach und meinte, eine Nahtod-Erfahrung gehabt zu haben. Es stellte sich heraus, dass er niemals in seinem Leben klinisch tot gewesen war“, schildert Engmann.
Der Begriff Nahtoderfahrung ist, laut Engmann, im allgemeinen Sprachgebrauch falsch: „Von Nahtod spricht man, wenn jemand einen klinischen Tod überlebt hat. Es ist nicht genau geklärt, was speziell im klinischen Tod diese Erscheinungen hervorruft. Man kann Nahtod-Phänomene nicht genau in dem Moment untersuchen, während sie wahrscheinlich auftreten, also beim gerade eingetretenen Hirntod.“
Der Neurologe erklärt weiter: „Wenn jemand klinisch tot ist, also das Herz stillsteht, dann zirkuliert kein Blut mehr durch den Körper. Deswegen werden alle Organe nicht mehr mit genügend Sauerstoff und Nährstoffen, vor allem Zucker, versorgt. Das Gehirn kann nur zirka fünf Minuten ohne Sauerstoff auskommen, danach sterben Nervenzellen ab.”
Engmann fährt fort: „Dann kommt es zu unumkehrbaren Schäden und schließlich zum Hirntod. Wenn beim Nahtod das Gehirn zu wenig Sauerstoff bekommt, dann kann es nicht mehr richtig funktionieren: Signale werden nicht mehr richtig übertragen.“
Was sagt das aber über die Erlebnisse aus, die die Betroffenen erzählen? Engmann erklärt: „So können beispielsweise Lichtvisionen im Hinterhauptslappen entstehen, der visuellen Input verarbeitet, obwohl gar kein Licht da ist.”
Außerkörperliche Erfahrungen dürften im Bereich des Scheitel- und Schläfenlappens entstehen, vermutet er, denn diese Hirnregionen seien wichtig „für das Selbsterleben des eigenen Körpers und seiner Verortung im Raum. Das hört aber auf, wenn man den Nahtod überstanden hat und wieder genügend Sauerstoff im Gehirn ankommt.“
Birk Engmann ist sicher: Nahtoderlebnisse sind neurobiologisch zu erklären und geben keinen Hinweis auf ein Leben nach dem Tod.
Neue Leitlinie zu Nahtoderfahrungen
Dank modernster Technik konnten in den letzten Jahren neue Erkenntnisse gewonnen werden. Ein multidisziplinäres Forschungsteam führender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter führend Dr. Sam Parnia, US-amerikanischer Reanimationsmediziner, hat kürzlich bisher bekannte wissenschaftliche Ergebnisse zur Nahtodforschung zusammengetragen.
Die Leitlinie zu Nahtoderfahrungen mit dem Titel „Guidelines and Standards for the Study of Death and Recalled Experiences of Death“ stellt den ersten wissenschaftlichen Konsens über Nahtoderfahrungen dar.
Im Fachjournal „Annals of the New York Academy of Sciences“ wurden die Ergebnisse 2022 präsentiert. Aufgrund der Fortschritte in der Wiederbelebung und Intensivmedizin haben viele Menschen Begegnungen mit dem Tod oder dem Nahtod überlebt.
Das Forschungsteam stellte fest, dass die Nahtoderfahrungen nicht den Schilderungen über Halluzinationen, Illusionen oder Wahrnehmungen nach der Einnahme von psychedelischen Drogen gleichen. Stattdessen folgen sie einem bestimmten Erzählbogen, der folgende Wahrnehmungen beinhaltet:
- Eine Trennung vom Körper mit einem erweiterten, weitreichenden Gefühl des Bewusstseins und der Erkenntnis, gestorben zu sein.
- Eine Reise zu einem bestimmten Zielort.
- Ein sinnvoller und zielgerichteter Rückblick auf das eigene Leben, der auch eine kritische Analyse der eigenen Handlungen, Absichten und Gedanken beinhalten kann.
- Die Wahrnehmung, an einem Ort zu sein, der sich wie eine Heimat anfühlt.
- Die Rückkehr ins Leben.
Die Erfahrung des Todes, folgert das Forschungsteam, ist mit positiver langfristiger psychologischer Transformation und Wachstum verbunden. Nahtoderfahrungen werden auch während eines Herzstillstands erlebt. Doch stellt das Gehirn etwa 30 Sekunden nach einem Herzstillstand aufgrund eines Sauerstoffmangels seine Aktivität ein.
Nach maximal zehn Minuten Herzstillstand treten in der Regel irreversible Hirnschäden auf. Medizinerinnen und Mediziner versuchen heute bis zu einer halben Stunde nach Herzstillstand, in Ausnahmefällen auch länger, Menschen wiederzubeleben.
„Entgegen der Wahrnehmung ist der Tod kein spezifischer Moment, sondern ein potenziell reversibler Prozess, der auftritt, nachdem eine schwere Krankheit oder ein Unfall dazu geführt hat, dass Herz, Lunge und Gehirn nicht mehr funktionieren. Wenn versucht wird, diesen Prozess umzukehren, spricht man von ‚Herzstillstand‘; wenn diese Versuche jedoch nicht erfolgreich sind, spricht man von ‚Tod‘“, so Parnia.
Parnia schrieb das Buch „Der Tod muss nicht das Ende sein”, in dem er die Geschichte eines Mannes mit einer Nahtoderfahrung erzählt, der klinisch tot war und dank einer künstlichen Unterkühlung nach 50 Minuten Herzstillstand reanimiert werden konnte. Er erlitt keine Gerhirnschädigung.
Bislang, so die Forscherinnen und Forscher, deuten Hinweise darauf hin, dass weder physiologische noch kognitive Prozesse mit dem Tod enden – und dass systematische Studien zwar nicht in der Lage waren, die Erfahrungen und Behauptungen der Patientinnen und Patienten in Bezug auf den Tod absolut zu beweisen, aber es war bislang ebenso unmöglich, diese zu widerlegen.
Bewusstsein während Wiederbelebung
Bereits im Jahr 2014 veröffentlichte ein Forschungsteam um Sam Parnia die Ergebnisse der vierjährigen, internationalen Studie AWARE (AWAreness during REsuscitation), um Aufschlüsse über das Bewusstsein während der Wiederbelebung zu erhalten. 2.060 Herzstillstandsfälle in 15 Krankenhäusern wurden untersucht.
Die Resultate deuten darauf hin, dass es eine einzigartige Erfahrung des Todes für Menschen gibt, die viel umfangreicher zu sein scheint als die sogenannten Nahtoderfahrungen. Die Studie untersuchte ein großes Spektrum mentaler Erfahrungen in Bezug auf den Tod.
Die Forscherinnen und Forscher testeten auch zum ersten Mal die Gültigkeit bewusster Erfahrungen mit objektiven Markern. So wollten sie feststellen, ob Behauptungen über Bewusstsein, die mit außerkörperlichen Erfahrungen kompatibel sind, mit realen oder halluzinatorischen Ereignissen übereinstimmen.
In Zimmer der Kardiologie- und Intensivstationen stellten die Forschenden Fotos auf Regale, die nur von der Decke aus zu sehen waren. Bei einer Nahtoderfahrung, wenn das Bewusstsein der Patientinnen und Patienten den Körper verlassen sollte, könnte diese dann nur von der Zimmerdecke aus gesehen werden.
Von den 2060 Menschen überlebten nur 330. Insgesamt zeigten zwei Prozent der 330 Herzstillstandüberlebenden ein volles Bewusstsein. Dies deutet darauf hin, dass Bewusstsein trotz klinisch nicht nachweisbarem Bewusstsein vorhanden sein kann.
101 der Herzstillstandüberlebenden konnten ausführlicher berichten, neun davon hatten Erinnerungen an den Tod, zwei sprachen von außerkörperlichen Erfahrungen. Nur eine dieser zwei Personen konnte weiter befragt werden.
Der Mann konnte mehrere Minuten nach seinem Herzstillstand detailliert beschreiben, wie die Mediziner um sein Leben kämpften und wie er unter der Decke schwebte. Un zwar, obwohl er medizinisch tot war.
Genau in diesem Zimmer wurde kein objektiver Marker angebracht, also kein Bild auf dem Regal. Weitere Untersuchungen sollen daher folgen.
Sauerstoffmangel war bei Menschen mit Herzstillstand nicht die Ursache der Erfahrungen, sondern sieben der Betroffenen, die von einem Nahtoderlebnis berichteten, wiesen sogar höhere Sauerstoffkonzentrationen auf als Patientinnen und Patienten ohne ein solches Erlebnis.
Die Nahtod-Imaginationen ließen sich auch nicht als Halluzinationen erklären. Parnia weist darauf hin, dass die Erforschung des Bewusstseins und des Zustands des menschlichen Geistes zum Zeitpunkt des Todes sehr komplex ist und weitere Untersuchungen notwendig sind, um besser zu verstehen, was zum Zeitpunkt des Todes passiert.
Nahtod in der soziologischen Forschung
Der Soziologe Hubert Knoblauch untersuchte ebenso Nahtoderfahrungen, indem er über 2000 Menschen nach Erlebnissen in Todesnähe interviewte. Er veröffentlichte seine Ergebnisse im Buch „Berichte aus dem Jenseits” Ende der Neunziger Jahre.
Die Resultate ließen sich nicht verallgemeinern. Immerhin 60 Prozent der Ostdeutschen und 30 Prozent der Westdeutschen machten schreckliche Erfahrungen. Den schönen Tod konnte Knoblauch nicht bestätigen.
Knoblauchs Fazit: „Die ganze Bauart des Jenseits, die bei der Nahtoderfahrung angetroffen wird, ist natürlich aus dem Diesseits“. Mit anderen Worten: Wie ein Mensch diesen Zustand erlebt, hängt von der Kultur ab, in der er aufgewachsen ist.
Nahtoderlebnis ist zudem ein Begriff, der leicht in die Irre führt, denn Knoblauch fand heraus, dass weniger als die Hälfte der Betroffenen wirklich in Todesgefahr schwebten.
Umgekehrt berichteten die wenigsten der von ihm Befragten, die tatsächlich an der Grenze zum Tod standen, von einem solchen Erlebnis. Die Soziologie spricht deshalb von Todesnähe-Erfahrung.
Knoblauch betont zudem: „Entgegen der gängigen Behauptung einer gleich bleibenden Struktur zeigte sich eine sehr große Vielfalt, was die inhaltlichen Elemente angeht.“
Eine wissenschaftliche Studie von US-amerikanischen Forschern kann Knoblauchs Sichtweise nicht unterstützen. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass Nahtoderfahrungen nicht kulturabhängig sind.
Religion und Antike
Religiöse Autoritären betrachten Nahtoderfahrungen als unabhängig vom Gehirn und Körper. Die mythischen Religionen der Antike verweisen bereits auf die paradiesischen Elemente, die in manchen Nahtoderfahrungen auftreten.
So erzählt der sumerische Mythos von Gilgamesch: „Nach einer langen Zeit gelangt er hinter den Meeren am Ende der Welt zum Fluß Chubur, der letzten Grenze vor dem Totenreich. Gilgamesch verließ die Welt und kroch durch einen endlosen dunklen Tunnel. Es war ein langer, unbequemer Weg… aber zum Schluss sah er Licht am Ende der dunklen Röhre.”
Weiter heißt es: „Er kam zum Ausgang des Tunnels und sah einen prächtigen Garten. Die Bäume trugen Perlen und Juwelen und über allem strömte ein wundervolles Licht seine Strahlen aus. Gilgamesch wollte in der anderen Welt bleiben. Aber der Sonnengott schickte ihn durch den Tunnel zurück in sein Leben.“
Platon schrieb über eine Erfahrung an der Grenze zum Tod: „Nachdem er den Körper verlassen hatte, gelangte er an einen jenseitigen Ort, der von vier gewaltigen Höhlen durchzogen war… (Dann) erblickte er am Ausgang aus der Unterwelt ‚unreine und besudelte Seelen‘; an dem Weg aber, der vom Himmel herabführte, reine und geläuterte Seelen.”
Platon fährt fort: „Sie alle lagerten sich auf einer Wiese und berichteten einander ihre Erlebnisse an dem jeweiligen Ort, von dem sie kamen… (jene,) die vom Himmel herabgestiegen waren, sprachen von der unermesslichen Freude und Glückseligkeit, die ihnen dort zuteil wurde.“
Transzendente Sicht
Spiritualistinnen und Spiritualisten, darunter auch einige Medizinerinnen und Mediziner, sehen Nahtoderfahrungen als Beweis für ein Leben nach dem Tod. Begründet wird dies mit Aspekten wie dem Sehen des eigenen Körpers von außen, der Begegnung mit Lichtwesen, dem Durchschreiten eines Tunnels oder das Wahrnehmen eines „überirdisches Lichts“.
Die Erfahrungen von Menschen, die dem Tode nahe waren oder wiederbelebt wurden, machten unter dem Begriff Nahtoderfahrung erstmals der US-amerikanische Psychiater Raymond A. Moody und die bereits verstorbene schweizerisch-amerikanische Psychiaterin und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross in den 1970er Jahren bekannt. Beide glauben beziehungsweise glaubten daran, dass es ein Leben nach dem Tod gibt.
In ihrem Buch „Interviews mit Sterbenden”, das als Klassiker der Sterbeforschung gilt, veröffentliche Kübler-Ross 1969 die Berichte über Nahtoderfahrungen. Sie beschreibt darin fünf Phasen, die Sterbende durchlaufen. Sie widmete ihr Leben der Erforschung des Sterbens und wollte Menschen die Angst vor dem Tod nehmen.
Ihre Bücher wurden weltweit verkauft und ihre wissenschaftliche Forschung mit 23 Ehrendoktortiteln ausgezeichnet. Kübler-Ross, die später als Geistheilerin arbeitete, sagte: „Bevor ich mit Sterbenden zu arbeiten begann, glaubte ich nicht an ein Leben nach dem Tod.”
Kübler-Ross fährt fort: „Jetzt glaube ich an ein Leben nach dem Tod, ohne den Schatten eines Zweifels.“ Und sie ergänzt: „Der sogenannte Tod ist ein Übergang in eine andere Dimension”.
15 Elemente von Nahtoderfahrungen
Der US-amerikanische Psychiater Raymond A. Moody veröffentlichte 1975 erstmals das Buch „Leben nach dem Tod: Die Erforschung einer unerklärlichen Erfahrung“. Er untersuchte wissenschaftlich die Nahtoderfahrungsberichte von 150 Patientinnen und Patienten.
Diese waren klinisch tot und wurden wiederholt wiederbelebt. Das Buch wurde zum Bestseller.
Moody erkannte eine Übereinstimmung in zahlreichen Erfahrungsberichten. Er unterteilt die Nahtoderfahrungen systematisch in 15 Elemente:
- Das Unaussprechliche des Erlebten, das sich nicht mit menschlichen Worten beschreiben lässt,
- Vernehmen der eigenen Todesnachricht,
- Überwältigende Gefühle des Friedens,
- Hören eines Geräusches (Gong, Läuten, Brummen),
- Ein Tunnel, an dessen Ende sich ein Licht befindet, zu dem es die Sterbenden hinzieht. Sie werden mit hoher Geschwindigkeit zum Licht gezogen, das sehr hell, aber nicht blendend ist,
- Ein Verlassen des Körpers oder eine außerkörperliche Erfahrung (AKE). Die eigene Reanimation oder Operation wird von einer Position außer- und oberhalb des eigenen Körpers aus wahrgenommen,
- Begegnung und Kommunikation mit nicht-physischen Wesen (verstorbene Verwandte, Freundinnen oder Freunde oder unbekannte Menschen),
- Sehen eines hellen, klaren Lichts verbunden mit dem Gefühl bedingungsloser Liebe und eines Lichtwesens,
- Lebensrückblick und eine Lebensbewertung seit der Geburt geführt von einem Lichtwesen. Alles wird noch einmal durchlebt. Man überblickt das ganze Leben in einem einzigen Augenblick, es gibt weder Zeit noch Distanz, alles ist gleichzeitig, man kann tagelang über diese Lebensschau sprechen, die nur einige Minuten dauerte,
- Die bewusste Rückkehr in den Körper. Es erfordert große Anstrengung, diese schöne Umgebung wieder zu verlassen. Eine Grenze oder Scheidelinie zwischen Leben und Tod ohne Wiederkehr,
- Wiedererwachen zum Leben,
- Anderen von der Erfahrung berichten,
- Auswirkungen auf das Leben, wie intensivere Wahrnehmung, Auseinandersetzung mit religiösen Fragen, Zugewinn an Lebensfreude,
- Gewin neuer Ansichten über den Tod,
- Bestätigung von Wissen, das nicht durch normale Wahrnehmung erworben wurde.
Gemeinsam mit John Audette, Bruce Greyson (Psychiater) und Kenneth Ring (Psychologe) gründete Moody 1981 die Internationale Vereinigung für Nahtod-Studien (IANDS). IANDS ist eine gemeinnützige Bildungsorganisation, die Informationen über NTE-bezogene Themen bereitstellt und die wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich vorantreibt.
Zu ihren Publikationen gehören das Peer-Review Journal of Near-Death Studies. Im unter anderem von Greyson veröffentlichen Buch „The Handbook of Near-Death Experiences: Thirty Years of Investigation” wird ein Überblick über 30 Jahre Nahtodforschung gegeben.
Erlebnisberichte von Nahtoderfahrungen
Eben Alexander, Bestsellerautor und Neurochirurg, erlebte eine eigene Nahtoderfahrung. In seinem Buch „Vermessung der Ewigkeit” fasst er sieben fundamentale Erkenntnisse über das Leben nach dem Tod zusammen.
Alexander hielt Nahtoderfahrungen für Phantastereien, bis er selbst ins Koma fiel: „Meine Erfahrungen haben mir gezeigt, dass der Tod des Körpers und des Hirns nicht das Ende des Bewusstseins sind, dass der Mensch Erfahrungen macht über den Tod hinaus“.”
Pim von Lommel, ein niederländischer Kardiologe, sammelte Nahtoderfahrungen von Patientinnen und Patienten nach einer Wiederbelebung im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie von 1988 bis 2001. Er schlägt vor, auch transzendente Ideen zur Deutung der Nahtodeserfahrungen zu erwägen. In Deutschland erschien 2009 sein Buch „Endloses Bewusstsein”.
Lommel geht Überlegungen nach, dass das menschliche Bewusstsein, wenn das Gehirn funktionsunfähig wird, weiterbesteht, aber den Körper verlässt. In einer späteren Publikation kommt Lommel zu dem Schluss, dass der Inhalt von Nahtoderfahrungen und die Auswirkungen auf Patientinnen und Patienten weltweit, über alle Kulturen und Zeiten hinweg, ähnlich zu sein scheinen.
In seinem Buch „Endloses Bewusstsein” wird die Erfahrung folgendermaßen beschrieben: „Schlagartig erkannte ich das Ganze und hatte das Gefühl: ‚Hier war ich schon mal.‘ (…) Ich hatte das Gefühl, der Weg durch die Pforte würde meinen endgültigen körperlichen Tod bedeuten.”
Und weiter: „Im Bewusstsein, nun die Chance zu haben, mit der Einsicht zurückzukehren, dass dieser Seinzustand eine Realität ist, die realer erlebt wird als alles, was wir hier darunter verstehen, und mit dem Gedanken an meine junge Frau und meine drei kleinen Kinder, entschloss ich mich zurückzukehren.“
Nahtod als mystische Erfahrung
Nahtoderfahrungen zeigen viele Elemente, von denen auch Menschen berichten, die mystische Erfahrungen machten:
- Eine positiv-sakrale Stimmung,
- ein Gefühl intensiver Wirklichkeit,
- das Erleben eines Einheitsgefühls,
- die Transzendenz von Zeit und Raum,
- eine Flüchtigkeit der Erfahrung,
- Sprachlosigkeit über die Empfindungen,
- und paradoxe Geschehnisse.
Nach Nahtoderfahrungen finden viele der Betroffenen den Glauben zu Gott. Sie geben Sinnfragen einen höheren Stellenwert als zuvor und beginnen sich intensiv mit religiösen und philosophischen Fragen zu beschäftigen.
Oft wenden sich Betroffene von Nahtoderfahrungen karitativen Tätigkeiten zu. Sie leben ihr Leben bewusster und empfinden es als kostbarer.
Schamanismus und Nahtoderfahrungen
Schamanische Kulturen halten es für selbstverständlich, dass die Seele sich vom Körper löst. Jakob Ozols fasst das so zusammen: „Nach dem Tode trennt sich die Seelengestalt von dem Körper und führt ihr eigenes, weitgehend vom Körper gesondertes Leben weiter. Sie kehrt jedoch immer wieder zu dem Skelett und insbesondere zu dem Schädel zurück, um sich auszuruhen.“
Er fährt fort: „Bei Lebenden verläßt sie den Kopf nur nachts oder in außerordentlichen Situationen, wie plötzlichem Erschrecken, schwerer Krankheit oder bei besonderen Zuständen wie in der Trance und Ekstase. Die Seelengestalt darf aber nicht lange ausbleibe. Wenn sie nicht bald zurückkehrt, wird der Mensch krank, er ist vielen Gefahren ausgesetzt, und bei längerer Abwesenheit der Seelengestalt muss er sogar sterben.“
Die psychische Erfahrung, den Körper zu verlassen, ist auch eine Kernerfahrung der schamanischen Reise, die eine Schamanin beziehungsweise ein Schamane in einem nicht alltäglichen Bewusstseinszustand antritt. Sie beziehungsweise er begibt sich mittels Fasten, Trommeln, Drogen oder Tänzen in eine Trance.
Ein Kernelement dieser psychischen Reise ist das Erlebnis eines Tunnels, hinter dem sich der Eingang zu einer unsichtbaren Welt verbirgt, die ebenso voller Wunder wie schrecklich sein kann. Auch Schamaninnen und Schamanen glauben, dass ihr Körper gewissermaßen „stirbt“, während sie sich in dieser „anderen Welt“ befinden.
Schamaninnen und Schamanen befinden sich allerdings sehr wohl in einem Zustand, in dem Gehirnfunktionen sich ändern. In aller Regel hingegen nicht in einer Situation, die nahe am körperlichen Tod ist.
Für die Nahtoderfahrung ist indessen wichtig, dass auch Schamaninnen und Schamanen glauben, auf ihrer Reise in ein Jenseits, sprich eine Welt der Toten, einzudringen. Dort meinen sie, mit den Geistern der Ahnen in Kontakt zu kommen.
Die Neurobiologie fand inzwischen heraus, dass die Trance, ähnlich wie Halluzinogene, tatsächlich visuelle Welten produziert. So ähnlich wie bei einem Traum.
Der Unterschied zum Drogenrausch ist indessen, dass die Schamanin beziehungsweise der Schamane die eigenen Erlebnisse im Detail erinnert. Genau das gilt auch für Nahtoderfahrungen.
Außerkörperliche Erfahrungen
Außerkörperliche Erfahrungen (AKE) sind Nahtoderfahrungen in vielerlei Hinsicht ähnlich und von unterschiedlicher Länge und Dauer. Die Betroffenen meinen, losgelöst von ihrem Körper zu sein, eine Einheit ihres Körpers zu spüren, auch wenn sie gelähmt sind oder Gliedmaßen amputiert wurden.
Sie fühlen keine Schmerzen, glauben, sie könnten schweben und durch die Luft gleiten, fühlen sich unsichtbar und meinen im 360 Grad Winkel zu sehen. Sie glauben, durch Mauern, Menschen oder Decken gleiten zu können.
Diese Übereinstimmungen lassen vermuten, dass bei Nahtoderfahrungen gleichermaßen bestimmte Gehirnareale aktiviert und andere lahm gelegt sind. Außerkörperliche Erlebnisse kommen nicht nur in Erfahrungen von Todesnähe vor.
Auch beim Meditieren, bei Migräne und vaskulären Hirnschädigungen können sie auftreten. Dies gilt ebenfalls für die „Aura“, die einem epileptischen Anfall voraus geht.
Nahtoderfahrene berichten von diesen AKEs, ebenso aber Hypnotisierte und Menschen in Ekstase, LSD-Konsumenten und LSD-Konsumentinnen ebenso wie Menschen unter dem Einfluss von Psilocybin oder Meskalin. AKEs bewusst herbeizuführen, gilt in vielen Kulturen als „Handwerkszeug“ der Schamanin beziehungsweise des Schamanen.
Außergewöhnliches Erleben
Die Bilderwelten von Nahtoderfahrungen stimmen teilweise mit denen von außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen überein. Vergleiche werden gezogen zu Klarträumen, dem illusionären Bewusstsein (Oneiroid-Syndrom) und einem Bewusstseinsverlust, der in der Luft- und Raumfahrt beobachtet werden kann, ausgelöst von der Fliehkraft.
Trance und Dissoziation
Die dissoziative Trance geht bei Betroffenen mit dem Gefühl des Verlustes der persönlichen Identität einher. Ihr Bewusstsein engt sich auf bestimmte Reize ein. Bewegungen und Sprache reduzieren sich darauf, die immer gleichen Handlungen zu wiederholen.
Besessenheitstrance führt dazu, dass die Akteurinnen und Akteure zeitweise eine andere Identität annehmen, die sie einem Geist oder Gott zuschreiben. Psychologinnen und Psychologen beschreiben die Wahrnehmung, dass die Persönlichkeit vom Körper abgelöst wird, als dissoziative Erfahrung.
Fazit
Hirnforscherinnen und Hirnforscher halten Erfahrungen der Todesnähe überwiegend für die Fähigkeit des Gehirns, in chaotischen Prozessen einen Sinn zu schaffen. Die medizinische Forschung steht dennoch vor vielen Lücken in diesem Bereich.
Ob Nahtoderfahrungen nur aufgrund physiologischer Veränderungen im Gehirn eintreten und das menschliche Bewusstsein nach dem Hirntod stirbt oder ob es ein Bewusstsein gibt, das außerhalb des Körpers existiert, kann wissenschaftlich betrachtet bis heute weder abschließend bewiesen noch widerlegt werden. (Dr. Utz Anhalt, ls)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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Wichtiger Hinweis:
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