Nicht für jeden bedeutet das genussvolle Schlemmen von Eis ein Vergnügen. Ein stechender Schmerz kann die Freude daran schnell trüben. Aber auch heiße Getränke, Süßigkeiten oder saure Speisen können Schmerzen beim Essen verursachen. Schuld daran sind meist offene beziehungsweise freiliegende Zahnhälse.
Inhaltsverzeichnis
Normalerweise ist der Zahnhals vom Zahnfleisch wie durch einen Mantel geschützt. Zieht sich dieses jedoch zurück, liegt der Zahnhals frei. Eventuell wird sogar ein Teil der Wurzeloberfläche durch den Zahnfleischschwund freigelegt. Beides führt zu Schmerzen. Jedoch können offene Zahnhälse auch schmerzfrei sein. Dafür wird dann häufig der Ausdruck „meine Zähne werden länger“ gebraucht.
Ursachen
Die möglichen Ursachen für offene Zahnhälse sind vielfältig. Zahnfleischentzündungen, akute Verletzungen, nächtliches Zähneknirschen, Zahnfehlstellungen, falsche Putztechnik, unzureichende Mundhygiene, falsche Handhabung von Zahnseide und Piercings im Mund sind zum Beispiel als Auslöser bekannt.
Die häufigste Ursache – Entzündungen
Entzündungen, vor allem chronischer Art, sind die häufigste Ursache für offene Zahnhälse. Die Entzündungen entstehen meistens durch unzureichende Mundhygiene. Gerötetes Zahnfleisch, Zahnfleischbluten und -schwellungen sollten unbedingt ernst genommen werden. Bei derartigen Beschwerden ist zeitnah ein Zahnarzt aufzusuchen.
Bakterien im Mundraum, die nicht regelmäßig entfernt werden, lagern sich als Plaque auf den Zähnen ab. Wird der Belag nicht regelmäßig entfernt, verfestigt sich dieser und daraus entsteht Zahnstein. Diese raue Oberfläche macht es Bakterien leicht, sich anzulagern – ein Teufelskreis beginnt. Durch den Dauerreiz entstehen Entzündungen, das Zahnfleisch zieht sich zurück und die Zahnhälse werden frei. Diese sind dann schutzlos den Bakterien ausgeliefert.
Zahnfleischentzündungen können auch durch Hormonschwankungen, zum Beispiel währen der Schwangerschaft oder im Klimakterium entstehen. Jede Schwangere sollte wissen, wie wichtig Mundhygiene in dieser Zeit ist – für sie selbst und für das Kind. Aber auch bestimmte Medikamente, mangelhafte Ernährung, Vitamin-C-Mangel und das Rauchen sind mögliche Ursachen für Entzündungen des Zahnfleischs.
Zähneknirschen
Zähneknirschen, in der Fachsprache Bruxismus genannt, kann ebenfalls zu offenen Zahnhälsen führen. Zähneknirschen hat seinerseits die verschiedensten Ursachen: Unregelmäßige Zahnstellung, Entwicklungsstörungen der Kiefer, unterschiedlich hohe Zähne nach Füllungen oder Zahnersatz, chronischer Stress und plötzliche seelische Belastungen. Durch das Knirschen nutzen sich die Zähne ab, werden empfindlich und das Zahnfleisch geht zurück, was letztlich zu freiliegenden Zahnhälsen führen kann.
Medikamente
Die Einnahme von mancher Medikamenten kann zu Zahnfleischrückgang beziehungsweise zu offenen Zahnhälsen führen. Zu diesen Medikamenten gehören zum Beispiel bestimmte Blutdrucksenker und Chemotherapeutika.
Ungesunde Ernährung – Vitaminmangel
Eine ungesunde Ernährung und/oder Vitaminmangel können zu offenen Zahnhälsen führen. Zu viel an tierischem Eiweiß, Weißmehlprodukten und Süßigkeiten ist für ein gesundes Zahnfleisch nicht gerade förderlich. Dadurch übersäuert der gesamte Organismus. Auch entstehen durch ein Zuviel an „ungesunden“ Kohlenhydraten Zahnbeläge, die das Entstehen von Zahnfleischentzündungen beschleunigen.
Deshalb ist eine basische Kost, die reich an Gemüse und Obst und arm an Tierischem ist, zu empfehlen. Des weiteren ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr in Form von stillem Wasser oder Kräutertee wichtig. Öle, die genügend Omega-3-Fettsäuren enthalten, wirken sich positiv auf den Zahnhalteapparat aus. Dazu gehören Lein – oder Hanföl (1 – 3 EL am Tag). Wer lieber Kapseln zu sich nimmt, kann sich Krillöl besorgen.
Gesunde Mundhygiene
Eine gesunde Mundhygiene kann die Heilung des Zahnfleischs unterstützen aber auch vor Entzündungen schützen. Mindestens zweimal täglich, für mindestens drei Minuten, müssen die Zähne geputzt werden – die Betonung liegt auf Putzen – nicht Schrubben. Wer mit einer ganz normalen Handzahnbürste putzt, sollte weiche bis mittelharte Borsten verwenden. Bei der Zahnpasta ist darauf zu achten, dass sie nicht zu viele Putzkörper enthält. Gerade wenn die Zahnhälse schon in Mitleidenschaft gezogen sind, werden diese dadurch noch mehr geschädigt. Am besten wird mindestens eine halbe Stunde nach jedem Essen geputzt. Wer keine Gelegenheit dazu hat, sollte wenigstens regelmäßig den Mund spülen. Da sich auf den Zahnbürsten stets Keime halten, sollten diese regelmäßig desinfiziert werden – am besten einmal täglich mit einem Tropfen Grapefruitkernöl.
Auch ist das Säubern der Zunge wichtig. Dafür sind geeignete Zungenschaber im Handel erhältlich. Das regelmäßige Verwenden von Zahnseide ist ebenso unerlässlich – nur sollte dies sanft und behutsam geschehen. Darüber hinaus ist eine professionelle Zahnreinigung zweimal im Jahr zu empfehlen. Dabei werden die Zähne mit Hilfe spezieller Bürsten und Pasten gereinigt und anschließend ggf. mit einem Lack versiegelt. Auf diesen glatten Oberflächen bleiben Beläge nicht mehr so leicht hängen.
Auswirkungen
Offene Zahnhälse verursachen in der Regel Schmerzen oder zumindest Missempfindungen beim Verzehr von Heißem oder Kaltem. Eventuell ist auch das Putzen unangenehm. So wird dieses weniger sorgsam ausgeführt, was wiederum zu einer Vermehrung von Keimen führt und daraufhin Karies oder Parodontose entstehen kann. Eventuell kommt noch die Angst vor weiteren Schmerzen bei einer Behandlung beim Zahnarzt hinzu.
Behandlung beim Zahnarzt
Um die Reizempfindlichkeit der offenen Zahnhälse zu mindern, trägt der Zahnarzt auf die Zähne einen speziellen Lack auf. Damit sind die Zähne nicht mehr so „angreifbar“. Ist das Piercing im Mund schuld an den freiliegenden Zahnhälsen, so wird dieses entfernt. Bei nächtlichem Zähneknirschen als Ursache wird eine Aufbissschiene angefertigt. Eventuell wird den Betroffenen das richtige Zähneputzen erklärt.
Zuhause hilft eine sensitive Zahnpasta – speziell für schmerzempfindliche Zähne. Zusätzlich wird die regelmäßige Anwendung mit Fluoridgel empfohlen.
Bereits vorliegende Entzündungen müssen behandelt werden, um die Zähne langfristig erhalten zu können. Sind die Patienten durch die offenen Zahnhälse in ihrer Ästhetik sehr beeinträchtigt, können diese durch geeignete Maßnahmen abgedeckt, beziehungsweise verblendet werden.
Hilfe aus der Naturheilkunde
Bei Schmerzen, ausgelöst durch offene Zahnhälse, hilft das homöopathische Mittel Hypericum (Johanniskraut). Dieses wird angewandt, wenn die Schmerzen ständig andauern und sich wie ein Nervenschmerz anfühlen.
Treten die Beschwerden plötzlich und heftig auf, ist Aconitum das richtige Mittel der Wahl. Am besten wird dies dann in einer C12 oder C30, 3 Globuli als Gabe, gelutscht. Dies kann auch helfen, wenn die Patienten massive Angst vor dem Zahnarztbesuch haben.
Schüssler Salze sind ebenso zu empfehlen und zwar die Nummer 3 Ferrum phosphoricum gegen die Entzündung, Nummer 7 Magnesium phosphoricum gegen die Schmerzempfindlichkeit der Zähne und die Nummer 1 Calcium fluoratum für die Stärkung des Zahnfleisches.
Hausmittel
Um gegen offene Zahnhälse anzugehen, muss das Zahnfleisch gekräftigt werden. Hierbei helfen folgende Hausmittel: Als Erstes ist die Ratanhiawurzel zu nennen. Sie enthält Gerbstoffe. Diese wirken antientzündlich und zusammenziehend. Im Handel sind Tinkturen und Mundspülungen erhältlich. Beides wird mit ein wenig Wasser verdünnt und damit der Mund, am besten nach jedem Essen, gespült. Weitere Hausmittel sind Nelkenöl oder Myrrhentinktur. Beides nimmt etwas die Schmerzen, wirkt heilend und stärkend auf das Zahnfleisch. Das Öl wir nicht unverdünnt, sondern mit etwas Wasser vermischt angewandt. Dasselbe gilt für die Myrrhentinktur. Mit Beidem wird das Zahnfleisch zweimal täglich mit Hilfe eines Wattestäbchens betupft.
Folgende Mundspülung wirkt auch bei offenen Zahnhälsen und damit verbundenen Zahnfleischproblemen. Eine Spülung aus Salz und Wasser wird zubereitet indem ein Teelöffel gutes Meersalz oder auch Himalaja-Salz in einem großen Glas mit lauwarmem Wasser aufgelöst wird. Schon ist die Mundspülung fertig. Diese wird mehrmals täglich, mindestens jedoch morgens und abends nach dem Zähneputzen angewandt. Sie ist desinfizierend, antientzündlich und wirkt noch dazu abschwellend.
Salbei – und Kamillentee (oder auch beide Teesorten gemischt) können ebenso als Spülung dienen. Dafür wird ein starker Absud hergestellt, der in lauwarmen Zustand als Mundspülung verwendet wird.
In der Apotheke ist zudem eine Salbe erhältlich, die Schwarzkümmelöl enthält und speziell im Mundbereich anzuwenden ist. Diese wird zweimal täglich in das Zahnfleisch einmassiert.
Nicht zuletzt ist Öl ziehen eine gute Möglichkeit, das Zahnfleisch zu kräftigen. Jeden morgen vor dem Zähneputzen wird mindestens ein Teelöffel voll Sonnenblumenöl oder Sesamöl im Mund gekaut, mit der Zunge durch die Zähne gepresst – am besten täglich ein wenig länger – bis das Öl im Mund eine weißliche Farbe hat. Dann wird dies ausgespuckt – idealerweise in ein Tuch und nicht ins Waschbecken. Auf keinen Fall darf das Öl geschluckt werden, da dies die Keime aus dem Mundraum enthält. Durch das regelmäßige Ölziehen verbessern sich Mundflora und die Abwehr und auch das Zahnfleisch wird gestärkt – gut für die offenen Zahnhälse. Nach dem Ölziehen sind Zähneputzen und Zunge schaben angesagt.
Zusammenfassung
Offene Zahnhälse sind auf jeden Fall ein Grund für den Zahnarztbesuch – und zwar so bald als möglich. Eventuelle Entzündungen müssen behandelt, der Grund für den Zahnfleischschwund sollte gefunden werden. In der heutigen Zeit haben die Zahnärzte sehr viele gute Behandlungsmöglichkeiten und diese sind in der Regel schmerzfrei oder zumindest schmerzarm.
Unerlässlich ist, die eigene Ernährung und die Mundhygiene zu überdenken und wenn nötig zu verbessern. Eventuell sind Nahrungsergänzungen wie Vitamin C und Zink nötig, um das Immunsystem etwas zu stärken. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Thomas Weber: Memorix Zahnmedizin, Thieme Verlag, 5. Auflage, 2017
- Bernd Reitemeier, Norbert Schwenzer, Michael Ehrenfeld: Einführung in die Zahnmedizin, Thieme Verlag, 1. Auflage, 2006
- Hans-Peter Müller: Parodontologie, Thieme Verlag, 3. Auflage, 2012
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.