Viele Menschen kennen das Gefühl einer plötzlichen Panikattacke, bei der sie ohne objektiven Anlass in eine Angstzustand geraten, welcher von massiven körperlichen Symptomen begleitet wird. Das Spektrum der möglichen Auslöser reicht dabei von Prüfungsangst, über Phobien vor bestimmten Dingen oder Situationen bis hin zur Angst vor der Angst. Für die Betroffenen können die Attacken zu erheblichen Beeinträchtigungen im Alltag führen, sie lassen sich glücklicherweise jedoch mit psychotherapeutischer Unterstützung in den meisten Fällen erfolgreich behandeln.
Inhaltsverzeichnis
Definition
Als Panikattacke ist das kurzfristige Auftreten eines massiven Angstzustandes zu verstehen, welches eine typische Flucht-oder-Kampf-Reaktion (flight or fight) auslöst. Letztere wird gekennzeichnet durch das Zusammenspiel bestimmter körperlicher und psychischer Reaktionen, die ursprünglich dem Überleben in besonders gefährlichen Situationen dienten. Vereinzelt auftretende Attacken werden nicht als Krankheitsbild verstanden. Zeigen sich die plötzlichen Angstzustände indes wiederholt (beispielsweise mehrmals pro Monat), werden die Betroffenen hierdurch in ihrem Alltag zunehmend beeinträchtigt und entwickeln sie zunehmend eine Angst vor der Angst , sprechen die Experten von einer Panikstörung, die als durchaus ernstzunehmende psychische Erkrankung zu bewerten ist. Im Unterschied zu den Panikattacken, die im Zuge verschiedener Phobien (zum Beispiel Spinnenphobie) immer unter den selben Bedingungen auftreten, sind bei einer Panikstörung die Attacken in äußerst unterschiedlichen Situationen zu beobachten.
Symptome
Derlei Beschwerden sind zwar meist psychisch bedingt, sie führen jedoch zu erheblichen körperlichen Symptomen, die von den Betroffenen unter Umständen durchaus als bedrohlich wahrgenommen werden und den Angstzustand weiter verstärken können. Der Zusammenhang zwischen einer Attacke und den körperlichen Symptomen ist den Meisten dabei nicht bewusst. Viele der spürbaren körperlichen Symptome einer Panikattacke gehen auf die evolutionär bedingte Flucht-oder-Kampf-Reaktion des Organismus zurück. In deren Rahmen wird vermehrt Adrenalin ausgeschüttet, um den Körper auf die bevorstehende Flucht beziehungsweise den Kampf vorzubereiten. So beschleunigt sich zum Beispiel der Herzschlag, was von den Betroffenen häufig als Herzrasen oder Herzstolpern wahrgenommen wird. Hinzu kommt ein Engegefühl im Brustkorb, das mitunter von einem Stechen in der Brust oder gar Herzschmerzen begleitet wird. Nicht selten denken die Betroffenen daher, sie erleiden einen Herzinfarkt und durchleben entsprechende Todesängste.
Vermehrtes Schwitzen bis hin zu regelrechten Schweißausbrüchen ist ebenfalls ein typisches Begleitsymptom der Panikattacken. Einige Betroffene beginnen auch zu zittern und zeigen Missempfindungen wie beispielsweise ein Kribbeln in den Gliedern. Oftmals schlagen die Panikattacken den Patienten zudem auf den Magen. Übelkeit und Erbrechen gehören daher ebenfalls zu den typischen Begleitsymptomen einer Panikattacke. Auch Schwindel ist häufiger zu beobachten. Mitunter haben die Betroffenen darüber hinaus einen trockenen Mund und das Gefühle eines Kloß im Hals.
Parallel zu den körperlichen Beschwerden zeigen sich psychische Symptome, wie das Gefühl der Derealisation (Umgebung wirkt irreal) oder der Depersonalisation (Verschiebung der Selbstwahrnehmung, Verlust des Persönlichkeitsgefühls, Entfremdung). Mit der Zeit wird das Adrenalin im Körper allmählich abgebaut und die körperlichen Symptome verschwinden. Die Betroffenen beginnen sich zu beruhigen und die akute Panikattacke ist in der Regel nach rund einer halben Stunde überstanden.
Vereinfacht dargestellt lässt sich die Symptomatik wie folgt beschreiben: Die Betroffenen zeigen physische und psychische Reaktionen auf eine für sie belastende Situation. Insbesondere die körperlichen Reaktionen werden von den Patienten wahrgenommen und als (lebensgefährliche) Bedrohung fehlinterpretiert, was massive Angstzustände und Panik zur Folge hat. Diese Angstreaktion führt zu einer Verstärkung der wahrgenommenen körperlichen Reaktionen, wodurch ein positiver Rückkoppelungsprozess initiiert wird, der einen weiteren Panikschub mit sich bringt. Dieser sogenannte Teufelskreis der Panik lässt sich ohne therapeutische Unterstützung oftmals kaum durchbrechen.
Ursachen einer Panikattacke
Panikattacken können durch bestimmte Situationen, Umgebungen oder Dinge ausgelöst werden, die zwar tatsächlich keine Bedrohung für die Betroffenen darstellen, von diesen jedoch als solche wahrgenommen werden. Zwar wissen sie, dass ihre Panik übertrieben ist, doch lässt sich die eigene Reaktion nicht kontrollieren. Oft reicht bereits der Gedanke an die angstauslösenden Umstände, um die Betroffenen in Panik zu versetzen. Sie entwickeln auch im Alltag eine Angst vor den Panikattacken, die selbst zum Auslöser einer erneuten Panikattacke werden kann.
Da viele Menschen mit Panikstörung ständig in Angst vor einer plötzlichen Attacke leben, sind ihnen Situationen, aus denen sie nicht schnell entkommen können, häufig extrem unangenehm und sie beginnen, diese zu meiden. Nicht selten folgt hieraus eine sogenannte Agoraphobie, welche als Platzangst oder Angst vor bestimmten Räumen bezeichnet werden kann. Enge Räume, öffentliche Plätze oder Einrichtungen werden gemieden, da keine schnelle Fluchtmöglichkeit bei einem Panikanfall besteht. Dies kann so weit reichen, dass die Betroffenen ihre Wohnung aus Angst vor der Angst nicht mehr verlassen.
Panikattacken sind vermehrt im Zusammenhang mit verschiedenen anderen Phobien (zum Beispiel soziale Phobien, Höhenangst oder Krankheitsphobien) und psychischen Erkrankungen, wie beispielsweise einer posttraumatischen Belastungsstörungen oder einer Depression, zu beobachten. Panische Attacken können zudem in Verbindung mit Drogenkonsum, wie beispielsweise der Einnahme von LSD oder THC, stehen und auch längere Zeit nach dem eigentlichen Rauschzustand noch wiederholt auftreten.
Die genannte Faktoren sind im Verbindung mit den Panikstörungen zu beobachten und können auch als unmittelbare Auslöser in Erscheinung treten, in vielen Fällen wird jedoch zudem von einer nicht näher bestimmten erbliche Veranlagung für diese Form der psychischen Störungen ausgegangen. Unter Einfluss verschiedener, nicht gänzlich bekannter Umweltfaktoren entwickeln die Betroffenen auf deren Basis eine Panikstörung. Als Auslöser können hierbei zum Beispiel besonders belastende Situationen wie der Verlust nahestehender Personen, des Arbeitsplatzes oder traumatische Ereignisse (zum Beispiel bei Opfern eines Gewaltverbrechens) fungieren.
Als Ursache sind auch körperliche Erkrankungen zu nennen, die einen Einfluss auf den Stoffwechsel und den Hormonhaushalt haben. So leiden zum Beispiel Patienten mit einer Schilddrüsenüberfunktionen, einer Schilddrüsenunterfunktion oder einer Lebererkrankungen vermehrt unter den plötzlichen Panikattacken. Bei Diabetes kann eine Unterzuckerung der Patienten zu körperlichen Symptomen führen, die von den Betroffenen als bedrohlich wahrgenommen werden und auf diese Weise unter Umständen eine Panikattacke auslösen. Weitere mögliche körperliche Ursachen, die im Zusammenhang mit den Panikanfällen stehen können, sind niedriger Blutdruck und Beeinträchtigungen des Kalziumhaushaltes. Frauen in den Wechseljahren neigen aufgrund der Verschiebungen im Hormonhaushalt ebenfalls häufiger zu den Panikattacken. Gleiches gilt für Frauen in der Schwangerschaft und in etwas milderer Form für Heranwachsende im Rahmen der Pubertät.
Diagnosestellung
Anhand der Symptomatik ist in der Regel relativ eindeutig bestimmbar, wobei sich jedoch die Frage stellt, ob diese im Rahmen einer Phobie auftraten oder als eigenständige psychische Erkrankung in Form einer Panikstörung zu bewerten sind. Letztere sind nach der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gekennzeichnet durch mehrmaliges Auftreten plötzlich einsetzender intensiver Angst, die mindestens vier typische Angstsymptome aus der Liste der WHO mit sich bringt, wobei mindestens ein vegetatives Symptom (Herzrasen, Schwitzen, Zittern etc.) darunter sein muss. Auch darf die Situation, in der eine Attacke auftrat, nicht mit einer bekannten Phobie der Betroffenen übereinstimmen und muss objektiv ungefährlich sein.
Da die Panikanfälle unter Umständen mit körperlichen Beschwerden, wie einer Schilddrüsenfehlfunktion oder einer Diabetes-Erkrankung im Zusammenhang stehen, empfiehlt sich bei einem entsprechenden Verdacht zudem eine Blutuntersuchung, um hier Klarheit zu schaffen. Im Rahmen der Untersuchung durch einen Psychotherapeuten oder Psychologen sollte zudem überprüft werden, ob möglicherweise allgemeinere psychische Erkrankungen, wie beispielsweise eine Depression vorliegen.
Therapie bei Panikattacken
In den meisten Fällen basiert die Behandlung auf psychotherapeutischen Maßnahmen, die in schweren Fällen durch Medikamente unterstützt werden. Insbesondere die sogenannte kognitive Verhaltenstherapie hat hier in der Vergangenheit bei der Behandlung von Panikattacken beziehungsweise Panikstörungen eine überzeugende Wirkung gezeigt. Am Anfang der Behandlung steht dabei zunächst die Aufklärung der Patienten über die Entstehung und die Eigendynamik der Panikstörung. Auch versuchen die Therapeuten ihnen bewusst zu machen, dass objektiv kein Grund zur Besorgnis besteht und sie während der Anfälle nicht wirklich gefährdet sind. Weder den Verlust des Verstandes noch einen Herzinfarkt oder gar den plötzlichen Tod müssen die Betroffenen fürchten. Die Patienten sollen sich diese beruhigenden Aussagen während der Panikattacken in Erinnerung zu rufen. Das Erlernen weiterer Entspannungstechniken, die in den Paniksituationen angewandt werden können, ist hier in der Regel ebenfalls Bestandteil der Therapie.
Leiden die Patienten begleitend unter einer Agoraphobie, kann im Rahmen der psychotherapeutischen Behandlung auch eine sogenannte Konfrontationstherapie erfolgen. Diese wird in der Regel eingebettet in die kognitiven Verhaltenstherapie und hat zum Ziel, dass sich die Betroffenen in Begleitung ihres Therapeuten den Panik-verursachenden Situationen stellen und die aufkommenden Ängste dabei in vollem Maße zulassen, um anschließend festzustellen, dass Panik unbegründet war und mit der Zeit wieder von alleine verschwindet. Therapeut und Patienten verbleiben so lange in der Situation, bis die Panik vollkommen abgeklungen ist. Begleitend erlernen die Patienten auch hier durch Entspannungsübungen und individuell unterschiedliche Bewältigungsstrategien besser mit ihren Ängsten umzugehen.
Um die panischen Attacken langfristig zu vermeiden, sollten die Patienten im Rahmen der Verhaltenstherapie auch lernen, wieder Vertrauen in den eigenen Körper zu haben. Sie müssen die ständige Selbstbeobachtung hinter sich lassen und sollten am Ende der Behandlung die wahrnehmbaren körperlichen Reaktionen der aufkommenden Angst nicht länger als Alarmsignal ernsthafter Erkrankungen fehlinterpretieren. Wer den eigenen Herzschlag spürt, muss noch lange keinen Herzinfarkt erleiden. Bis die Patienten soweit sind, dass sie den Prozess der Panikentstehung bei sich selbst erkennen und diesen kontrollieren beziehungsweise unterbrechen können, sind in der Regel zahlreiche Therapiesitzungen erforderlich, doch stehen die Behandlungsaussichten insgesamt relativ gut.
Gerade zu Beginn der Therapie sind die Patienten im Rahmen einer aufkommenden Panikattacke häufig nicht dazu in der Lage, die Eigendynamik des Prozesses zu erkennen, da sie gedanklich quasi in ihren Ängsten gefangen sind. Hier werden nicht selten begleitend zu der Verhaltenstherapie bestimmte Medikamente (meist Antidepressiva aus der Klasse der Selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer und der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer) eingesetzt, welche die Entstehung übermäßiger Angst unterdrücken und auf diese Weise den Patienten einen objektiveren Blick auf die Eigendynamik der Panikattacken ermöglichen sollen. Denn erst wenn die Betroffenen diese erkennen, kann die Verhaltenstherapie ihre Wirkung entfalten. Mitunter sind die Angstzustände der Patienten so ausgeprägt, dass die genannten Arzneien jedoch nicht ausreichen und daher auf sogenannte Anxiolytika zurückgegriffen wird. Diese angstlösenden Arzneien wie beispielsweise Benzodiazepine, sind zwar äußerst wirksam, doch mit einem hohen Abhängigkeitsrisiko verbunden, so dass eine langfristige Einnahme nicht in Frage kommt.
Wird ein Zusammenhang der Panikattacken mit körperlichen Erkrankungen wie beispielsweise einer Fehlfunktion der Schilddrüsen oder einer Lebererkrankung vermutet, so sollte begleitend zu den psychotherapeutischen Maßnahmen eine allgemeinmedizinische Behandlung dieser Erkrankungen erfolgen.
Naturheilkunde bei Panikattacken
Die Naturheilkunde setzt begleitend zu der Verhaltenstherapie vor allem auf verschiedene Homöopathika, die den Attacken entgegenwirken sollen. Hier sind zum Beispiel die homöopathischen Mittel Aconitum, Argentum nitricum, Coffea, Ignatia und Opium zu erwähnen. Die Auswahl sollte ebenso wie die Bestimmung der richtigen Potenz jedoch stets erfahrenen Therapeuten überlassen werden. In der naturheilkundlichen Praxis kommen gegen die Panikattacken auch verschiedene Heilpflanzen zum Einsatz, von denen an dieser Stelle insbesondere die Passionsblumen und der Baldrian erwähnt seien. Aber auch anderen Pflanzen wie beispielsweise dem Johanniskraut und Hopfen wird hier eine positive Wirkung bei der Linderung der Panikattacken zugesprochen.
Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder die Progressive Muskelrelaxation sind ebenfalls häufig Bestandteil der naturheilkundlichen Therapie bei Panikattacken, da sie dazu beitragen, den Stress im Alltag zu reduzieren und so der Entstehung der Panikattacken entgegenwirken. Auch können die Methoden mitunter bei aufkommender Panik angewendet werden, um den Teufelskreis der Panik zu durchbrechen. Hier empfiehlt sich zudem Bewegung. Kniebeugen oder Joggen bei Panikattacken sind nach Ansicht von Psychologen durchaus zu empfehlen. Die körperlichen Aktivitäten können helfen, die Angstattacken zu überwinden. Dabei greift im Prinzip ein einfacher psychologischer Trick. Die Symptome der Panikreaktion entsprechen denen bei körperlicher Belastung, so dass die Betroffenen diese im Zuge sportlicher Aktivitäten als normal wahrnehmen und nicht länger als lebensbedrohlich fehlinterpretieren. Um der Entstehung der Panikattacken langfristig entgegenzuwirken, führt an einer kognitiven Verhaltenstherapie jedoch in der Regel kein Weg vorbei.
Autoren- und Quelleninformationen
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Wichtiger Hinweis:
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