Schmerzen am Schienbein
Schienbeinschmerzen treten häufig infolge starker Belastung bei sportlichen Aktivitäten auf. Meist verschwinden die Beschwerden von allein, wenn das Bein eine Zeit lang geschont wird. Dennoch sollten Schienbeinschmerzen nicht auf die leichte Schulter genommen werden, da den Beschwerden auch eine ernste Erkrankung zugrunde liegen kann. So treten Schmerzen am Schienbein beispielsweise bei Entzündungen der Sehnen, Muskeln oder des Schienbeinknochens auf. Nicht selten kommt es zudem unfallbedingt zu Frakturen im Bereich des Schienbeins, die zum Teil operativ versorgt werden müssen.
Inhaltsverzeichnis
Symptome
Häufig treten Schienbeinschmerzen infolge einer Überlastung auf. Viele Läufer kennen die Beschwerden allzu gut. Dabei zeigen sich meist ziehende Schmerzen unterhalb der Kniescheibe oder ein ziehender Belasungsschmerz, der sich entlang des Schienbeins erstreckt.
Schienbeinkantensyndrom
Beim sogenannten Schienbeinkantensyndrom handelt es sich um Schmerzen, die meist infolge sportlicher Aktivitäten wie Laufen oder Fußball auftreten, welche die Schienbein- und Fußmuskulatur stark beanspruchen. In Fachkreisen wird das Syndrom häufig nicht als eigenständiges Krankheitsbild gesehen, sondern vielmehr als Symptom mit vielen möglichen Ursachen. Als Auslöser wird unter anderem die Überbeanspruchung der Muskeln diskutiert.
Davon sind vor allen untrainierte Menschen betroffen, die mit dem Sport beginnen. Aber auch trainierte Sportler können am Schienbeinkantensyndrom leiden, wenn beispielsweise das Schuhwerk gewechselt wird oder Betroffene an Gewicht zunehmen. Die Muskeln im Bereich des Schienbeins können gereizt und entzündet sein. Betroffene müssen sich mitunter auf eine längere Therapie des Schienbeinkantensyndroms einstellen.
Knochenhautentzündung
Auch die Knochenhaut des Schienbeins kann von einer Entzündung betroffen sein. Eine sogenannte Knochenhautentzündung kann mitunter sehr langwierig und schmerzhaft sein. Dies sind mögliche Auslöser der Entzündung:
- Überlastung,
- falsches Schuhwerk,
- veränderte Trainingsbedingungen,
- Wechsel der Trainingsart,
- übermüdete Muskulatur,
- falsches Training,
- äußere Reize wie beispielsweise Schläge oder Tritte,
- Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren.
Osteomyelitis
Bei einer Osteomyelitis ist das Knochmark entzündet. Häufig sind aber alle Teile des Knochens von der Entzündung betroffen. Dann wird von einer Osteitis (Knochenentzündung) gesprochen. Sowohl Knochenmark- als auch Knochenentzündungen treten meist infolge offener Frakturen oder Operationen auf, bei denen die Kontamination mit Erregern erfolgt. Betroffene leiden dann zum Teil unter starken Schienbeinschmerzen.
Sehnenscheidenentzündung
Eine weitere Ursache für Beschwerden am Schienbein kann eine Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) an der Ansatzstelle der Schienbeinmuskulatur sein. Betroffene sollten das Bein bis zur Heilung schonen, um eine chronische Sehnenscheidenentzündung zu vermeiden.
Frakturen
Unfallbedingt kann es auch zu Frakturen des Schienbeins kommen, die mit Bewegungs- und Spontanschmerzen, einer deutliche Schwellung sowie einem Funktionsverlust des Beines einhergehen. Häufig ist eine Fehlstellung des Unterschenkels erkennbar. Prinzipiell kann es an jeder Stelle des Schienbeins zur Fraktur kommen. Häufig sind der Schienbeinkopf oder die Hinterkannte des Schienbeins am oberen Sprunggelenk (Volkmann-Verletzung) betroffen. Zudem kann der Schienbeinschaft beispielsweise infolge von Verkehrsunfällen brechen.
Auch bei Sportlern ist diese Verletzung keine Seltenheit. Oftmals handelt es sich dabei um einen Ermüdungsbruch, der aufgrund einer dauerhaften Überlastung des Knochens entsteht. Darüber hinaus kann auch eine andere Grunderkrankung Ursache einer Scheinbeinfraktur sein. Bei Osteoporose oder rheumatoider Arthritis kann der Knochen so stark angegriffen werden, dass er porös wird und schließlich bricht.
Engpass-Syndrom
Schienbeinschmerzen können zudem durch das Ab- oder Einklemmen von Muskeln, Blutgefäßen und Nerven (Engpass-Syndrome) entstehen. Im Unterschenkel ist wenig Platz zwischen den einzelnen Muskeln. Deshalb machen sich Beinschwellungen schnell bemerkbar und führen rasch zu Beschwerden.
Kompartmentsyndrom
Eine spezielle Ursache der Beschwerden ist das sogenannte Kompartmentsyndrom, das infolge von Knochenbrüchen entstehen kann. Dabei führt ein erhöhter Gewebedruck in den sogenannten Muskellogen zu verminderter Durchblutung und bei ausbleibender Therapie zum dauerhaften Schaden an den Blutgefäßen, Muskeln und Nerven. Dicke Waden können ein erster Hinweis auf das Syndrom sein.
Eine Sonderstellung nimmt das funktionelle Kompartmentsyndrom ein, von dem Sportler betroffen sind. Während beim akuten Kompartmentsyndrom umgehend das Gewebe operativ entlastet werden muss, um Folgeschäden zu verhindern, klingen die Beschwerden beim funktionellen Kompartmentsyndrom bei Ruhe von allein ab.
Weitere Ursachen
Darüber hinaus kommen weitere Ursachen für Schienbeinschmerzen in Frage. Zu diesen zählen beispielsweise:
- Hauterkrankungen wie Neurodermitis,
- Tumore,
- neurologische Erkrankungen,
- Durchblutungsstörungen,
- langwierige Einnahme von Kortison,
- Nebenschilddrüsenüberfunktion (Hyperparathyreoidismus),
- Mangelerscheinungen, beispielsweise bei zu strengen Diäten,
- Wechseljahre oder Menstruationszyklus bei Frauen.
Risikofaktoren und Prävention
Oft sind Schmerzen am Schienbein eine Folge von Überlastung beziehungsweise von untrainierten Muskeln. Regelmäßige Kräftigungsübungen für die Unterschenkelmuskulatur, häufiges Barfußlaufen sowie der Zehenstand tragen zur Kräftigung der Schienbeinmuskulatur bei. Läufer sollten auf geeignetes Schuhwerk und die richtige Lauftechnik achten, denn häufig führen Überlastungen zu den Beschwerden, die beispielsweise durch das Vorfußlaufen entstehen können. Zudem beugt moderates Training auf weichen Waldböden Schmerzen am Schienbein vor. Weitere Vorbeugemaßnahmen sind:
- In Maßen trainieren und nicht über die Belastungsgrenze hinausgehen.
- Regelmäßige Ruhetage einlegen.
- Nach einer Trainingspause langsam einsteigen.
- Eine Laufbandanalyse beim Kauf von Laufschuhen durchführen lassen.
- Fehlstellung der Füße durch geeignete Einlagen ausgleichen.
Diagnose
Die Schmerzen können zahlreiche Ursachen haben. Deshalb ist es wichtig, eine genaue Diagnose zu stellen. Dafür wird zunächst die Krankengeschichte (Anamnese) des Patienten herangezogen. Es werden Fragen zu Vorerkrankungen wie Rheuma und vorangegangenen Unfällen gestellt. Das Schienbein wird genau untersucht und der Unterschenkel auf Bewegungseinschränkungen, Überbeweglichkeit und Knochenfehlstellungen geprüft. Auf diese Weise ist beispielsweise ein Schienbeinbruch häufig unmittelbar erkennbar. Bei Untersuchungen sollten Beschwerden wie Taubheitsgefühl in den Beinen, Kreuzschmerzen oder Gesäßschmerzen dem Arzt bzw. Therapeuten mit angegeben werden. Weitere Diagnosemöglichkeiten sind:
- Röntgenuntersuchungen,
- Blutuntersuchungen, um Entzündungswerte bestimmen zu können,
- Sonographien (Ultraschalluntersuchungen),
- Kernspintomographien (MRT),
- neurologische und elektrophysiologische Untersuchungen.
Anatomie des Schienbeins
Schienbeinschmerzen sind schmerzhafte Beschwerden im Bereich des vorderen Unterschenkels, dem Schienbein. Wadenbein (Fibula) und Schienbein (Tibia) bilden gemeinsam den knöchernen Teil des Unterschenkels. Der Schienbeinknochschaft ist dreieckig geformt. Zum Knie hin verbreitert er sich zum Schienbeinkopf und ist auch Teil des Kniegelenks. Zum Sprunggelenk hin verbreitert sich das Schienbein und bildet einen wesentlichen Anteil der Fläche des oberen Sprunggelenks und des Innenknöchels. Bestimmte Knieschmerzen und Knöchelschmerzen werden deshalb zum Teil zu Beschwerden am Schienbein gezählt.
Behandlung
Meist verschwinden Schienbeinschmerzen von allein, wenn das Bein eine Zeit lang geschont wird und belastende Sportarten ausgesetzt werden. Sollte dies nicht der Fall sein, wird eine Therapie erforderlich, die sich in der Regel nach der Ursache richtet.
Therapie bei entzündlichen Ursachen
Bei Entzündungen wie einer Sehnenscheidenentzündung werden entzündungshemmende Schmerzmittel gegeben. Häufig kommen zudem Salben zum Einsatz. Eine vorübergehende Schonung des Unterschenkels ist meist unumgänglich. Bei schweren oder chronischen Verläufen kann dies die temporäre Ruhigstellung mit einer speziellen Bandage, Gipsschiene oder einem Gipsverband zur Folge haben. Kälte- oder Wärmetherapie und Physiotherapie können je nach Ursache ebenfalls sinnvoll sein. In seltenen Fällen wird bei einer chronischen Sehnenscheidenentzündung operiert.
Therapie von Frakturen oder akutem Kompartmentsyndrom
Bei Frakturen des Schienbeins kann ein operativer Eingriff notwendig sein, bei dem der Bruch mittels Schrauben, Nägeln und Platten gerichtet wird. Meist folgt dann die Ruhigstellung des Unterschenkels. Auch beim akuten Kompartmentsyndrom reichen konservative Maßnahmen nicht aus. Die gedrückten Muskeln, Nerven und Blutgefäße müssen dann operativ entlastet werden.
Naturheilverfahren bei Schienbeinschmerzen
Schmerzen am Schienbein, denen keine Erkrankung oder Verletzung zugrunde liegt, werden häufig auf eine funktionelle Ursache zurückgeführt. In solchen Fällen können die Beschwerden durch Naturheil- und alternativmedizinische Verfahren oft erfolgreich behandelt werden. Dabei ist es wichtig, den Unterschenkel im Zusammenhang mit dem gesamten Bein und Fuß zu sehen. Sowohl das Gang- und Laufbild als auch das Schuhwerk werden mit in die Analyse einbezogen. Dies ist beispielsweise bei dem Konzept der Körperarbeit nach der Biochemikerin Dr. Ida Rolf (Rolfing) oder der Osteopathie der Fall. Ungewohnte Belastungen und Spannungen werden identifiziert und behandelt. Auch der Verlauf der Nerven wird dabei bis in das Becken auf mögliche Abklemmungen untersucht.
Übungen zur Muskulaturstärkung im Schienbeinbereich
Diese Übungen können in Trainingseinheiten eingebaut werden, um die Muskeln im Bereich des Schienbeins zu stärken, denn insbesondere untrainierte Personen erleiden bei Belastung schnell Schmerzen in diesem Bereich. Ein trainierter Muskel kann hier helfen, den Schienbeinschmerzen vorzubeugen. Allerdings gilt es, übermäßiges Training ebenfalls zu vermeiden, da dies auch ein Auslöser der Schienbeinschmerzen sein kann. Wenn der Muskel schmerzt oder Ermüdungserscheinungen zeigt, sollte das Training eingestellt werden und eine entprechende Ruhephase folgen.
Ausfallschriitte
- Aufrecht hinstellen und Bauchmuskeln anspannen.
- Die Füße haben den Abstand einer Hüftbreite.
- Einen großen Schritt nach vorn machen und einatmen.
- Die Schrittposition kurz halten, das Knie sollte dabei nicht über die Fußspitze zeigen.
- Mit dem vorderen Bein wieder abdrücken und in die Ausgangsposition zurückkehren, dabei ausatmen.
- Übung mit dem anderen Bein wiederholen.
Kniebeugen
- Aufrecht hinstellen und Bauchmuskeln anspannen.
- Die Füße im Abstand leicht über einer Hüftbreite aufstellen.
- Fußspitzen zeigen ganz leicht nach außen.
- Die Beine beugen, als wolle man sich auf eine Stuhlkante setzen.
- Einen Kniewinkel von 90 Grad nicht unterschreiten.
- Rücken gerade lassen und die Knie sollten nicht über die Fußspitze reichen.
- Kurz halten, dann wieder in die Ausgangsposition zurückkehren.
Zehenspitzenstand
- Hüftbreiter Stand mit nicht ganz leicht angewinkelten Knien einnehmen,
- Bauch und Po anspannen,
- beide Hacken vom Boden heben,
- auf den Zehenspitzen einige Sekunden halten,
- Fersen langsam wieder am Boden absetzen,
- Übung beliebig oft wiederholen.
Zehen beugen
- Barfuß aufrecht hinstellen,
- Fußmuskulatur anspannen,
- alle Zehen Richtung Hacken ziehen als würde man einen zu kleinen Schuh tragen,
- die Zehen dabei aber nicht einziehen, sondern flach auf dem Boden liegen lassen,
- Muskeln entspannen und Übung beliebig oft wiederholen.
(ag, vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Michael Rubin: Erkrankungen der Nervenwurzeln, MSD Manual, (Abruf 22.08.2019), MSD
- Klaus Michael Stürmer et al.: S1-Leitlinie Unterschenkelschaftfraktur, Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie e.V. (DGU), (Abruf 22.08.2019), AWMF
- Danielle Campagne: Kompartmentsyndrom, MSD Manual, (Abruf 22.08.2019), MSD
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.