Schluckauf ist meistens harmlos
Ein Schluckauf (medizinisch „Singultus“) kommt meist überraschend und in der Regel ungelegen. Dafür steckt nur selten ein ernsthaftes Gesundheitsproblem hinter dem Schluckauf, sodass in den meisten Fällen Selbsthilfemaßnahmen aus dem Bereich der Naturheilkunde ausreichen, um das Leiden zu beenden. Einige der überlieferten Hausmittel, Tipps und Tricks klingen dabei zunächst ziemlich absurd – das Ausprobieren kann sich jedoch lohnen.
Inhaltsverzeichnis
Wodurch entsteht Schluckauf?
Schluckauf (Singultus) entsteht meist durch eine Reizung des so genannten Nervus phrenicus (Zwerchfellnerv). Bei diesem handelt es sich um einen Rückenmarksnerv, welcher aus dem Halsbereich entspringt und motorisch das Zwerchfell (Diaphragma) versorgt.
Wird der Nerv gereizt, zieht sich das Zwerchfell (Diaphragma), das als großer Muskel zwischen Brust- und Bauchraum aufgehängt ist, unwillkürlich zusammen. Dabei atmen wir automatisch ein, woraufhin die Stimmlippen (Stimmbänder) sich zusätzlich verschließen. So kommt der typische Ton des Schluckaufs zustande.
Mechanische und thermische Ursachen
Die Ursache für den Schluckauf besteht oft in einer Reizung des Zwerchfells bzw. des dazugehörigen Nervs (Nervus phrenicus). Diese Reizung kann sowohl mechanischer als auch thermischer Natur sein. So können übermäßig große Mahlzeiten, kohlensäurehaltige Getränke, sehr heißes oder eiskaltes Wasser und scharfe Gewürze den Schluckauf ebenso auslösen wie Druck von außen. Starke Gasbildung (Blähungen) im Rahmen von Verdauungsstörungen können ursächlich sein.
Oft ist hastiges Essen oder Trinken und das damit verbundene “Luftschlucken” der Grund für die Beschwerden. Auch wer viel Alkohol trinkt und/oder stark raucht, ist anfälliger. Nicht selten ist das Hicksen psychisch bedingt. Denn Stress, Aufregung, Angst oder plötzliches Erschrecken führen schnell zu einer hektischen, unregelmäßigen Atmung und dadurch zu Schluckauf.
Schluckauf durch Erkrankungen
Seltener kann eine ernstere Erkrankung der Auslöser für das unangenehme Hicksen sein. In Frage kommen zum Beispiel der sogenannte Reflux, eine Speiseröhrenentzündung (Ösophagitis), Speiseröhrendivertikel oder Entzündungen im Bereich von Rachen und Kehlkopf.
Mögliche Gründe sind eine Magen-Darm-Grippe (Gastroenteritis) oder Gastritis (Magenschleimhautentzündung), ebenso können chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa verantwortlich für anhaltendes Hicksen sein. Bestehen zusätzlich massive Bauchschmerzen, kann eine (mitunter lebensbedrohliche) Bauchfellentzündung vorliegen, welche unbedingt ärztlicher Behandlung bedarf.
Erkrankungen der Leber wie z.B. Hepatitis A können häufigen Schluckauf verursachen. Halten die Beschwerden länger an, kann eine krankhafte Erweiterung der Bauchschlagader (Aorta) der Grund sein (Bauchaortenaneurysma). Weitere mögliche Ursachen sind Stoffwechsel- und Hormonstörungen wie Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) oder eine Schilddrüsenüberfunktion.
In einigen Fällen steht das Hicksen im Zusammenhang mit einer vergrößerten Schilddrüse (Struma), welche umgangssprachlich auch als „Kropf“ oder “dicker Hals” bezeichnet wird. Hier berichten viele Betroffene von dem Gefühl, einen Kloß im Hals zu haben, hinzu kommen häufig Luftnot bei Belastung oder bestimmten Kopfbewegungen, Heiserkeit und Schluckprobleme.
Schluckauf kann durch Erkrankungen des Gehirns hervorgerufen werden. Denn sind die Funktionen der Hirn-Nerven gestört oder geschädigt, kann sich das auf das vegetative Nervensystem bzw. auf den Vagus- und Zwerchfellnerv auswirken. In Frage kommen zum Beispiel eine Hirnhautentzündung (Meningitis), Gehirnentzündung (Enzephalitis) oder Multiple Sklerose, zudem kann der Schluckauf ein wichtiges Alarmsignal für einen Schlaganfall sein.
In seltenen Fällen sind Tumore im Ohr und umgebenden Gehirnstrukturen oder Wucherungen im Hals der Grund für eine Nervenreizung und daraus resultierende Schluckaufbeschwerden. Bei Tumoren im Bauch- und Brustaum kann es vorkommen, dass diese (je nach dem, wo sie lokalisiert sind) direkt auf das Zwerchfell und den Zwerchfellnerv einwirken.
Eine Lymphknotenschwellung (z.B. durch Infektionskrankheiten oder Morbus Hodgkin) in diesem Bereich kann ebenfalls den Zwerchfellnerv beeinträchtigen. Anhaltender Schluckauf kann auch auf einen Gehirntumor bzw. Tochtergeschwulste von Tumoren aus anderen Körperregionen (Metastasen) hinweisen.
Schluckaufbeschwerden durch Medikamente
In einigen Fällen können bestimmte Medikamente der Grund für die Beschwerden sein. Zu diesen zählen beispielsweise Benzodiazepine, welche als Entspannungs- und Beruhigungsmittel (Tranquilizer) oder als Schlafmittel (Hypnotika) eingesetzt werden. Ebenso ist es möglich, dass Narkosemittel, Antiepileptika, Mittel gegen Parkinson und Substanzen zur medikamentösen Behandlung von Tumorerkrankungen (Chemotherapeutika) Schluckauf als Nebenwirkung haben. Gleiches gilt zum Beispiel für Psychopharmaka mit antipsychotischer, sedierender und psychomotorisch dämpfender Wirkung (Neuroleptika) und Kortisonpräparate (Glukokortikoide).
Tritt der Schluckauf allem Anschein nach verstärkt bzw. häufiger in Verbindung mit der Einnahme von Medikamenten auf, sollte zeitnah ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt geführt werden. Achtung: Wenn Sie regelmäßig Medikamente einnehmen müssen, setzen Sie diese nicht auf eigene Faust ab und verändern Sie nichts an der verordneten Anwendung, um keine gesundheitlichen Risiken einzugehen. Lassen Sie sich immer zunächst von Ihrem Arzt beraten.
Erste Hilfe: Hausmittel gegen Schluckauf
Gegen akuten Schluckauf gibt es verschiedene Hausmittel, die oft im ersten Moment etwas seltsam klingen. Doch viele der Anwendungen bewirken tatsächlich, dass das Hicksen wieder aufhört. Das liegt daran, dass die kleinen Tricks dazu führen, dass der Fokus von den Schluckaufbeschwerden abgelenkt wird und sich der Betroffene auf die Übung konzentriert. Die Atmung beruhigt sich, wodurch sich das Zwerchfell wieder entspannen kann und der Schluckauf verschwindet.
Auch wenn es kein Mittel gibt, das den Schluckauf garantiert vertreiben kann – probieren Sie einfach mehrere Methoden aus. Wichtig ist es, langsam und regelmäßig zu atmen, damit sich die Atmung wieder entspannen und das Hicksen verschwinden kann. Atmen Sie tief ein und halten Sie die Luft für 20 bis 30 Sekunden an, so kann sich das Zwerchfell in der Einatmungsposition stabilisieren und hat einen Moment Zeit, sich zu beruhigen.
In vielen Fällen bietet Apfelessig schnelle Hilfe, indem ein Teelöffel davon unverdünnt eingenommen wird. Ebenso kann es sinnvoll sein, Zitronensaft zu trinken, in eine Scheibe Zitrone zu beißen oder einen Eiswürfel langsam im Mund zergehen zu lassen. Lassen Sie alternativ ein Stück Würfelzucker im Mund zergehen oder essen Sie langsam einen Teelöffel voll Zucker.
In einigen Fällen lässt sich das Hicksen vertreiben, wenn ein Glas kaltes, stilles Wasser in schnellen, kleinen Schlucken getrunken wird. Kalte Getränke und Speisen können jedoch andersherum auch einen Schluckauf verursachen.
Einige Experten raten dazu, die Zunge herauszustrecken oder an dieser zu ziehen. Denn im Zuge dessen verändert sich automatisch die Atmung, was entspannend auf das Zwerchfell und den Körper insgesamt wirkt.
Kauen Sie eine Gewürznelke, um das irritierte Zwerchfell wieder zur Ruhe zu bringen. Einen lindernden Effekt kann das Einatmen einer kleinen Menge Pfeffer durch die Nase haben. Denn das dadurch erzeugte Niesen ist im Grunde nichts anderes als ein „explosionsartiges“ Ausatmen, durch welches die Atmung wieder ausgeglichen und im besten Falle der Schluckauf vertrieben wird.
Als Heilpflanze wird in der Naturheilkunde bei Schluckauf oft das Dillkraut (Anethum graveolens) empfohlen, da es krampflösende Wirkstoffe enthält und dementsprechend vor allem hilft, wenn das Hicksen auf eine Verdauungsstörung zurückzuführen ist. Die Samen des Krauts können gekaut werden, alternativ bietet sich die Zubereitung eines Heiltees mit den Blättern an.
Achten Sie generell darauf, nicht zu hastig zu trinken und beim Essen nicht zu schlingen. Nehmen Sie sich Zeit, essen Sie langsam und kauen Sie jeden Bissen ausgiebig („Fletchern“). Sehen Sie davon ab, gleichzeitig zu essen und zu reden und versuchen Sie, immer möglichst langsam und ruhig zu sprechen.
Vermeiden Sie sehr kalte, sehr heiße oder sehr scharfe Gerichte (mit Chili, Tabasco etc.) sowie Alkohol und Nikotin auf nüchternen Magen. Verzichten sie (vor allem) bei üppigen Mahlzeiten auf kohlendioxidhaltige Getränke wie Bier, Sekt oder Cola und greifen Sie stattdessen lieber zu stillem Wasser o.ä.
Schamgefühl verstärkt das Hicksen
Vielen Menschen ist es sehr unangenehm, wenn sie in der Öffentlichkeit Schluckauf bekommen, weil sich dadurch auffallen oder fürchten, als „kindisch“ oder „beschwipst“ betrachtet zu werden. Doch Angst und Scham erschweren die Situation zusätzlich, da diese Emotionen Stress verursachen und das Atemsystem noch mehr durcheinander bringen. In der Folge kann der Schluckauf nicht verschwinden, sonder wird oft sogar verstärkt.
Tipp: Versuchen Sie also, den Schluckauf nicht krampfhaft zu unterdrücken oder sich peinlich berührt zu verstecken. Betrachten Sie das Hicksen stattdessen als das, was es ist – eine unwillkürlich und natürliche Reaktion des Körpers, die bei jedem und jederzeit auftreten kann. Nehmen Sie es mit Humor, bleiben Sie ruhig und versuchen Sie, mit kleinen Tricks, die Atmung wieder zu normalisieren.
Wann zum Arzt bei Schluckauf?
In den meisten Fällen ist das Hicksen zwar lästig, aber harmlos und verschwindet nach einiger Zeit wieder. Bei bestimmten Anzeichen sollten Sie jedoch wachsam sein und vorsichtshalber einen Arzt aufsuchen, um der Ursache auf den Grund zu gehen.
Gehen Sie zum Arzt, wenn:
- Sie sehr oft von Schluckauf betroffen sind,
- dieser plötzlich häufiger auftritt als sonst,
- er nicht verschwindet, sondern länger, z.B. den ganzen Tag über anhält,
- weitere Beschwerden wie z.B. chronische Müdigkeit, ständiges Aufstoßen, Bauchschmerzen, Übelkeit, Sodbrennen oder ein angeschwollener Hals auftreten.
Achtung: Zeigen sich parallel zu dem Schluckauf plötzlich kurz anhaltende Lähmungserscheinungen bzw. Taubheitsgefühle, Sprach- und/oder Sehstörungen, extrem starke Kopfschmerzen, Schwindel, Gangunsicherheit oder Gleichgewichtsstörungen, muss sofort der Notruf unter der Telefonnummer 112 abgesetzt werden. Denn in diesem Fall kann es sich um ein Warnzeichen für einen Schlaganfall handeln.
Schluckauf bei Babys
Bereits vor der Geburt haben Babys im Bauch der Mutter mit Schluckauf zu tun. Für das Ungeborene ist der Reflex hilfreich, um die Atemmuskulatur zu trainieren, da durch die geschlossene Stimmritze kein Fruchtwasser einfließen kann. Auch nach der Geburt erfüllt das Hicksen eine wertvolle Funktion, da der Reflex dafür sorgt, dass beim Trinken keine Muttermilch in die Lunge gelangt. Bei Erwachsenen erfüllt der Schluckauf hingegen keinen biologischen Sinn mehr.
Was tun gegen gegen Schluckauf beim Kind?
Schluckauf stellt bei Babys im Grunde nur einen schützenden Reflex des Körpers dar und ist daher normalerweise kein Grund zur Sorge. Ganz im Gegenteil, das Hicksen erfüllt einen biologischen Sinn und wird von dem Kind weder als schmerzhaft noch unangenehm empfunden. Dementsprechend ist es nicht unbedingt notwendig, etwas dagegen zu unternehmen.
Wenn Sie Ihrem Kind trotzdem dabei helfen wollen, den Schluckauf loszuwerden, z.B. weil es dadurch nicht in den Schlaf findet, können Sie verschiedene Wege ausprobieren. Wichtig ist jedoch, dass die meisten bekannten Tricks und Hausmittel für Erwachsene auf keinen Fall bei Babys angewendet werden dürfen. Eltern sollten daher niemals versuchen, das Hicksen zu lindern, indem sie ihrem Kind zum Beispiel die Nase zu halten oder ihm einen Schrecken einjagen.
Hilfreich kann es sein, wenn Sie ihr Kind nach jeder Mahlzeit ein so genanntes Bäuerchen machen lassen. Hierfür nehmen Sie Ihr Kind hoch, sodass das Köpfchen auf Ihrer Schulter liegt und klopfen Sie vorsichtig auf den Rücken des Babys. Da körperliche Nähe beruhigend auf das Kind wirkt, kann das auf den Arm nehmen auch außerhalb der Mahlzeiten helfen. Unterstützend können Sie dem Kind sanft ins Gesicht pusten, damit es abgelenkt wird und seinen Atemrhythmus verändert.
Um den Schluckauf durch Entspannung zu lindern, kann es helfen, wenn Sie Ihrem Kind etwas vorsingen, es streicheln oder vorsichtig die Fußsohlen massieren. Bieten Sie dem Baby etwas zu trinken an, indem Sie es kurz anlegen bzw. ihm die Flasche geben.
Da das Hicksen auch durch thermische Einflüsse entstehen kann, achern Sie darauf, dass ihr Kind warm genug angezogen ist. Wohltuende und entspannende Wärme kann zudem ein Kirschkern- oder Körnerkissen bieten, wenn es dem Baby auf den Bauch gelegt wird.
Wichtig: Prüfen Sie vor der Anwendung eines Wärmekissens immer mit dem Handrücken oder an der Wange, ob es die richtige Temperatur hat. Ist es noch zu warm, lassen Sie es erst abkühlen. (jvs, nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ohlrich, M., Royl, G.: Singultus – Diagnostik und Therapie, Aktuelle Neurologie 2014; 41(02): 116 - 124, DOI: 10.1055/s-0034-1367057, (Abruf 09.09.2019), thieme
- C. Straus et al.: A phylogenetic hypothesis forthe origin of hiccough, BioEssays 25:182–188, (Abruf 09.09.2019), haydnallbutt.com
- Jürgen Stein, Till Wehrmann: Funktionsdiagnostik in der Gastroenterologie, Springer Verlag, 2. Auflage 2006
- Norton J. Greenberger: Schluckauf, MSD Manual, (Abruf 09.09.2019), MSD
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.