Schmerzen in der Harnröhre (Urethra) können zusammen mit diversen Begleitsymptomen unangenehm sein und den Alltag der Betroffenen beeinträchtigen. Die Schmerzen haben verschiedene Ursachen, die nicht immer in der Harnröhre selbst liegen. Beanspruchungen und Erkrankungen der umliegenden Organe können sich auf sie auswirken oder übertragen werden. Meistens entwickelt sich ein Beschwerdekomplex, der nicht nur durch Schmerzen gekennzeichnet ist, sondern auch durch Probleme bei der Harnausscheidung.
Inhaltsverzeichnis
Symptome
Die Schmerzen werden von den Betroffenen typischerweise als brennend und juckend beschrieben. Sie können abhängig von der Ursache und der Widerstandsfähigkeit des Immunsystems in verschiedenen Bereichen des Organs auftreten. Häufige Lokalisationen finden sich im Bereich des Ausgangs aus der Blase oder im Austrittsbereich in der Scheide oder an der Penisspitze.
Beim Mann kommt zudem die Umgebung um die Prostata infrage. Es kann aber auch die gesamte Schleimhaut der Harnröhre betroffen sein. In besonders schweren Fällen strahlen die Schmerzen auch in den Beckenboden und den Rücken aus.
Oft verstärken sich die Schmerzen beim Wasserlassen, weil die Säure im Urin die empfindlichen Schmerzrezeptoren zusätzlich reizt. Beim Mann kann die Ausschüttung der Samenflüssigkeit durch die Prostata beim Samenerguss ebenfalls schmerzverstärkend wirken.
Meistens treten Begleitsymptome wie verstärkter Harndrang sowie erschwertes und häufiges Wasserlassen (Dysurie) mit wenig Harnmenge auf. Besonders belastend sind die nächtlichen Toilettengänge, weil sie einen erholsamen Schlaf beeinträchtigen. Bisweilen wird mit dem Urin auch ein glasig trüber oder eitriger Ausfluss (Fluor urethalis) ausgeschüttet.
Bei infektiösen Ursachen kommen die typischen Entzündungssymptome wie Fieber, Schüttelfrost und verstärktes Krankheitsgefühl hinzu. Tritt eine Schmerzverstärkung beim Sitzen auf, sollte beim Mann an die Mitbeteiligung der Prostata und bei der Frau an die der Eierstöcke, der Scheide und der Eileiter gedacht werden.
Die schmerzhaften Beschwerden einer Harnröhreninfektion sind bei betroffenen Frauen in der Regel deutlich weniger ausgeprägt als bei Männern. Sie zeigen sich oft nur als unangenehmes Gefühl beim Wasserlassen. Das birgt eine gewisse Gefahr, weil die Erkrankung und ihre Ausbreitung auf die Eileiter und die Eierstöcke oft erst spät entdeckt werden. Unbehandelt kann dies zur Unfruchtbarkeit führen.
Ursachen
Die Harnröhre dient dem Transport des Urins aus dem Körper heraus und stellt so eine offene Verbindung zwischen den Ausscheidungsorganen (Niere, Blase) und der Außenwelt her. Unter bestimmten Bedingungen kann sie von Keimen als Eintrittspforte in den Körper genutzt werden.
Umgekehrt werden Krankheitserreger, die aus der Niere oder der Blase stammen, mit dem Urin gegebenenfalls in die Harnröhre gespült. Die auf diesen Wegen hervorgerufenen Infektionen sind die häufigste Ursache für anschließende Schmerzen.
Bei Frauen ist die Gefahr, dass Bakterien, Pilze oder Viren von außen eingelangen, größer als bei Männern. Das hängt mit der Anatomie zusammen: Die weibliche Harnröhre ist relativ kurz und endet in unmittelbarer Nähe der Scheide und des Enddarms.
Dort beheimatete oder eingeschleppte Erreger können durch eine Schmierinfektion nach dem Stuhlgang oder durch den Geschlechtsverkehr in die Harnröhrenöffnung übertragen werden. Diese Gefahr ist beim Mann deutlich geringer, weil der Ausgang der 20 Zentimeter langen Harnröhre weit entfernt vom Enddarm liegt.
Die eindringenden Erreger können bereits direkt nach ihrem Eintritt entzündliche Aktivitäten entwickeln. Sie können aber auch die gesamte Harnröhre durchwandern und erst in der Blase ihr infektiöses Potenzial entfalten.
Die Gefahr einer Infektion ist in der Blase größer, weil der Urin nicht in Bewegung ist. Im Harnleiter dagegen kann der fließende Urin eintretende Keime wieder ausspülen beziehungsweise ihre Vermehrung verhindern. Gelangen hingegen nur wenige Bakterien in die Blase, wächst deren Anzahl in dem für sie günstigen Milieu schnell an.
Ein erhöhter Zuckerspiegel im Blut, wie er bei einem schlecht eingestellten Diabetes mellitus auftritt, kann diesen Prozess begünstigen. Denn der über den Urin ausgeschiedene überschüssige Zucker bildet eine ideale Nährsubstanz für Bakterien.
Bakterielle Entzündungen der Prostata können beim Mann schnell auf die Harnröhre übergehen. Das hängt mit der engen anatomischen Beziehung der beiden Organe zusammen. Die kastaniengroße Prostata umfasst die Harnröhre ringförmig direkt nach ihrem Abgang aus der Blase.
Die Prostata steht über feine Kanäle mit der äußeren Schicht des Harnleiters in Verbindung. Sie können als Übertragungsweg für Erreger dienen. Auch eine Nierenentzündung breitet sich in manchen Fällen über die Blase bis zur Harnröhre aus.
Bakterielle Entzündungen werden von verschiedenen Keimen verursacht: Bei der spezifischen Urethritis ist das Bakterium Neisseria gonorrhoeae für die Infektion verantwortlich. Sie führt im weiteren Verlauf zur Geschlechtskrankheit Tripper (Gonorrhoe).
Die unspezifische Urethritis wird von anderen Bakterien ausgelöst, vor allem von den aus dem Darm stammenden Chlamydien. Andere Erregertypen wie Pilze und Viren sind nur selten für eine Harnröhrenentzündung verantwortlich, weil sie von den vorherrschenden Bakterien unterdrückt werden.
Insgesamt lässt sich feststellen, dass eine intakte Immunabwehr normalerweise in der Lage ist, eindringende Krankheitserreger abzuwehren. Bei Menschen, die ein geschwächtes Immunsystem haben, ist das Risiko höher, an einer Harnröhreninfektion zu erkranken. Zu dieser Risikogruppe gehören Schwangere, ältere Menschen, Schwerkranke und Personen mit einer spezifischen Immunschwäche.
Eine weitere Ursache für Entzündungen der Harnwege können Blasenkatheter sein. Sie kommen dann zum Einsatz, wenn Patientinnen und Patienten nicht selbstständig in der Lage sind zu urinieren. Das ist häufiger nach Operationen und bei älteren Menschen der Fall. Der Katheter wird durch die Urethra (transurethral) bis zur Blase vorgeschoben, um überschüssigen Urin abzuleiten und in einem Beutel zu sammeln.
Die Schläuche bestehen aus Kunststoff und können die Innenwände der Harnleiter reizen. Dadurch werden bei bestimmten Bewegungen und beim Wasserlassen Schmerzen verursacht. Außerdem stellen die Katheter eine erhöhte Infektionsgefahr dar, weil sich Bakterien in dem gesammelten Urin leicht vermehren und in die Harnröhre gelangen können.
Nicht infektiös bedingte Schmerzen werden mitunter auch durch andere physikalische Belastungen ausgelöst: Einwandernde Blasensteine oder Blasengrieß erzeugen auf ihrem Weg schmerzhafte Reibung an den Wänden.
Eine vergrößerte Prostata oder Blasentumore sind raumfordernde Prozesse, die Druck auf ihre Umgebung ausüben und damit auch Schmerzen in der Harnröhre auslösen können. Die Kompression von außen auf den Harnleiter kann schmerzhaft sein – besonders wenn einfließender Urin zusätzlich gegen die Innenwand drückt.
Lassen sich keine direkten körperlichen Ursachen wiederholter Harnröhrenschmerzen erkennen und werden diese gegebenenfalls noch von weiteren Sympptomen wie beispielsweise
- Blut im Urin (Hämaturie),
- Schwierigkeiten beim Wasserlassen (Harnverhalt),
- häufigem Wasserlassen,
- Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie)
- oder Schmerzen in Genitalien, Unterbauch, unterem Rücken
begleitet, so wird dies als Urethralsyndrom bezeichnet.
Diagnostik
Am Anfang der Diagnostik steht das Anamnesegespräch, in dem versucht wird, ursächliche Zusammenhänge zu erkennen. Dazu ist eine genaue Schilderung des Krankheitsgeschehens aus Sicht der Betroffenen erforderlich.
So werden Gesichtspunkte beleuchtet, die Auskunft über die Entstehung, den Verlauf und die Dauer der Erkrankung geben. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Beschreibung der Lokalisation, der Intensität und die möglichen Beeinflussungen der Schmerzsymptomatik gelegt.
Wegen des direkten Zusammenhangs wird auch nach dem Sexualleben gefragt, denn zum Beispiel erhöhen häufig wechselnde Sexualpartnerinnen und -partner das Infektionsrisiko.
Anschließend folgt die körperliche Untersuchung. Dabei wird der Harnröhrenausgang an der Penisspitze beziehungsweise in der Scheide auf Entzündungszeichen wie Rötung und Schwellung untersucht. Zudem ist eine Urinprobe abzugeben, die auf Erreger und Blut untersucht wird.
Die Ärztin beziehungsweise der Arzt kann auch einen Abstrich entnehmen, um potenzielle Krankheitserreger genau zu bestimmen.
Eine Ultraschalluntersuchung ist sinnvoll, weil sie schnell Aufschluss über den Zustand der Blase, der Nieren und der Prostata gibt und Erkrankungen dieser Organe ausschließt oder bestätigt. Ergibt sich daraus der Verdacht, dass hier ein krankhafter Prozess vorliegt, wird die Diagnostik in dem spezifischen Bereich fortgesetzt.
Therapie – Schulmedizinische Versorgung
Die Behandlung richtet sich in erster Linie nach der Ursache. Entzündungsbedingte Schmerzen sind häufig nicht von langer Dauer und benötigen keine spezifische Therapie. Oft reicht vermehrtes Trinken aus, um die Keime auszuspülen. Auf Geschlechtsverkehr sollte in dieser Zeit verzichtet werden.
In der Regel verschwinden die Symptome dann innerhalb weniger Stunden oder Tage. Halten die Beschwerden dennoch an oder sind diese intensiv, sollte eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden. Das ist wichtig, um die Ursache herauszufinden, eine adäquate Therapie zu entwickeln und Folgeschäden zu vermeiden.
Bei bakteriellen Entzündungen kann beispielsweise ein Antibiotikum verabreicht werden. Bei Männern und ausgeprägter Infektion, die auch die Blase, die Prostata, die Nebenhoden oder die Nieren betreffen, sind oft weitergehende Untersuchungen notwendig, um den genauen Erreger zu bestimmen. So lässt sich ein spezifisch wirksames Antibiotikum ermitteln.
Bei den selten durch Pilze oder Viren verursachten Harnröhreninfektionen werden entsprechende Medikamente verschrieben, die antifungizid (Metronidazol) und antiviral (Aciclovir) wirken. In jedem Fall ist ausreichendes Trinken wichtig, um die Wirkung der Heilmittel durch die Ausschwemmung der Keime zu unterstützen.
Besondere Aufmerksamkeit sollte darauf gelegt werden, die Blase trotz der auftretenden Schmerzen beim Wasserlassen vollständig zu entleeren. Dadurch verbleibt kein Restharn in der Blase, was den Erregern den Nährboden entzieht. Der Toilettengang sollte auch möglichst oft erfolgen, um die Ansammlung von Urin zu minimieren.
Bei einem Urethralsyndrom erfordert die Behandlung einen multidisziplinären Ansatz und gegebenenfalls ist auch eine psychologische Begleitung der Betroffenen angebracht.
Naturheilkunde und Hausmittel
Wirkstoffe aus der Naturheilkunde und Hausmittel sind oft in der Lage, die ärztliche Therapie sinnvoll zu unterstützen.
Zu den geeigneten Maßnahmen gehört es, wie oben beschrieben, das Trinkverhalten zu optimieren. Insgesamt wird eine Trinkmenge von mindestens zwei Litern täglich empfohlen. Zur Spülung eignen sich Mineralwasser und Kräutertees.
Spezielle Teesorten haben zusätzlich eine harntreibende Wirkung und verstärken damit den Spüleffekt in der Harnröhre. Dazu gehören Birkenblätter-, Schachtelhalm- und Brennnesselextrakte. Goldrutenkraut wirkt zusätzlich krampflösend und entzündungshemmend, Bärentraubenblätter wirken desinfizierend.
Vier bis fünf Tassen dieser Teezubereitungen am Tag sollten ausreichen, um eine Anreicherung ihrer Wirkstoffe in der Blase zu bewirken. Menschen mit Herzproblemen sollten vor der Einnahme allerdings ärztliche Rücksprache halten.
Wärmeanwendungen können ebenfalls helfen, die Beschwerden zu lindern. Sie lockern die infolge der Schmerzen verspannte Muskulatur im Beckenboden und im Rücken und reduzieren die Aktivität der Schmerzrezeptoren.
Dafür eignen sich Sitzbäder mit Melisse oder Lavendel. Auch eine Wärmflasche, die in ein leicht feuchtes Tuch gewickelt auf den Unterbauch gelegt wird, oder warme Umschläge helfen bei der Entspannung der Muskulatur.
Vorbeugung
Bestimmte Verhaltensregeln können helfen, das Risiko einer Harnwegsinfektion zu reduzieren:
- Vermeidung von ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnerinnen bzw. Partnern, da schon ein kurzer Kontakt zur Übertragung der Keime führen kann.
- Integrierte Verhütungsmittel wie Spirale und Diaphragma erhöhen die Infektionsgefahr, weil sie für Keime optimale Bedingungen zur Einnistung und Vermehrung bilden.
- Wenn möglich, innerhalb der ersten zehn Minuten nach dem Geschlechtsverkehr Wasser lassen, um mögliche Keime auszuspülen. Außerdem den Intimbereich reinigen.
- Mindestens zwei Liter am Tag trinken.
- Für Frauen gilt: nach dem Stuhlgang darauf achten, bei der Reinigung von vorne nach hinten zu wischen, um keine Keime von der Analregion zur Scheide zu transportieren.
- Zur Intimreinigung entweder nur Wasser oder pH-hautneutrale Waschsubstanzen benutzen. Viele Intimreiniger greifen die Scheidenflora an.
- Auf spermientötende Produkte (Gel, Schaum, Cremes) verzichten.
- Unterwäsche sollte nicht zu eng sein und regelmäßig bei 60 Grad gewaschen werden. Das reduziert die Ansiedlung von Keimen und zerstört diejenigen, die sich schon eingenistet haben. Als Stoff ist Baumwolle empfehlenswert, weil sie atmungsaktiver ist als synthetische Materialien.
- Kalte Füße und andere Bedingungen vermeiden, die die Immunabwehr schwächen.
- Stärkung des Immunsystems durch eine abwechslungs- und vitaminreiche Ernährung, guten Schlaf, Stressreduzierung und regelmäßigen Sport
- Verzicht auf Alkohol und Rauchen.
(fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Anuja P. Shah: Dysurie, MSD Manual, (Abruf 01.07.2019), MSD
- Leitlinienprogramm DGU: Interdisziplinäre S3 Leitlinie: Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. Langversion 1.1-2, 2017 AWMF Registernummer: 043/04, (Abruf 01.07.2019), AWMF
- Guido Schmiemann, Klaus Gebhardt, Eva Hummers: Brennen beim Wasserlassen - S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektionen, Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V., AWMF-Register-Nr. 053-001DEGAM-Leitlinie Nr. 1, (Abruf 01.07.2019), AWMF
- Thomas Gasser: Basiswissen Urologie, Springer Verlag, 6. Auflage, 2015
- Hervinder Kaur, Angamuthu Arunkalaivanan: Urethral Pain Syndrome and Its Management; in: Obstetrical & Gynecological Survey 62(5), Seite 348-351, Mai 2007, journals.lww.com
- Cleveland Clinic: Urethral Syndrome (Stand 23.10.2023), my.clevelandclinic.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.