Der Schwankschwindel ist eine Form des Schwindels mit typischen Kennzeichen wie Unsicherheit beim Stehen sowie Gehen und es besteht die Gefahr, zu fallen. Er tritt plötzlich und in Anfällen auf. Die Ursachen können sowohl in den Muskeln und Nerven als auch in der Psyche liegen.
Inhaltsverzeichnis
Schwankschwindel – Die wichtigsten Fakten
Schwankschwindel ist keine Krankheit, sondern ein Symptom verschiedener Krankheiten. Die Ursachen können durch den Kreislauf bedingt sein, aber auch im Nervenapparat oder in der Psyche zu finden sein. Die Betroffenen sind oft sehr verunsichert, da sie das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren. Der Schwankschwindel ist eine Gleichgewichtsstörung und seine typischen Symptome sind Orientierungslosigkeit, das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren sowie Probleme beim Stehen und Gehen.
Was ist Schwindel?
Schwindel zeigt an, dass das Gleichgewicht unseres Gehirns gestört ist. Dies geschieht zum einen durch extreme Reize, auf die sich das Balancesystem nicht einstellen kann, wie eine Fahrt in der Achterbahn. Zum anderen schädigen Krankheiten nachhaltig den Gleichgewichtssinn.
Vor allem handelt es sich um Erkrankungen, die das Gleichgewichtsorgan im Innenohr angreifen oder solche, die das Gleichgewichtszentrum im Gehirn schädigen. Hinzu kommen Stoffwechselprobleme, Herz-Kreislauf-Leiden, psychische Erkrankungen (wie Angststörungen) und Alterserscheinungen.
Wie entsteht Schwindel?
Wenn wir gehen oder stehen, den Körper aufrecht halten und Bewegungen koordinieren, vollbringt der Organismus Höchstleistungen. Besonders das Gleichgewichtsorgan im Innenohr, der Gleichgewichtsnerv und die Nervenleitungen im Gehirn sind dabei von besonderer Bedeutung. Hier entstehen die Informationen, in welche Richtung wir uns bewegen. Die Augen vermitteln dem Gehirn die visuelle Wahrnehmung. Der Tast- und Tiefensinn der Haut, der Gelenke, Muskeln und Sehnen, liefert zusätzliche Details.
Sämtliche Wahrnehmungen werden in einer kleinen Zentrale im Hirnstamm verarbeitet und im Gehirn aufeinander abgestimmt. Dieser Vorgang läuft automatisch ab und da diese Koordination gewöhnlich reibungslos funktioniert, bemerken wir sie überhaupt nicht. Die abgespeicherten Bewegungsabläufe setzen wir unbewusst ein und können neue Bewegungen gezielt trainieren, bis sie dann irgendwann ebenso unbewusst verlaufen.
Das Gehirn kann diese Prozesse nur umsetzen, wenn es genug Sauerstoff und Nährstoffe erhält. Deshalb führt die mangelnde Sauerstoffzufuhr beim Luftdruck in großer Höhe und beim Tauchen zu Schwindel und ist dadurch mit dem Verlust der Orientierung verbunden. Damit das Gehirn ausreichend Sauerstoff und Nährstoffe erhält, müssen Blutfluss, Blutdruck und Stoffwechsel gesund sein. Auch das Blut selbst muss fließen können, also eine weder zu dicke noch zu dünne Konsistenz aufweisen.
Schwindel ist dabei ein Alarmsignal, denn auf Probleme im Blutkreislauf und Sauerstoffmangel reagiert das Gleichgewichtssystem höchst empfindlich. Der Schwindel ist damit ein erstes Anzeichen, das Faktoren negative Auswirkungen auf das Gleichgewichtssystem haben. Widersprechen sich die Informationen, die das Gehirn von den Sinnesorganen bekommt, führt das zu Schwindel, ebenso wenn es die Informationen nicht verarbeiten kann.
Symptome
Betroffene verlieren die Koordination im Raum, sie haben keine Orientierung mehr und fühlen sich schwankend. Sie schwanken auch tatsächlich von einem Bein auf das andere, neigen ihren Oberkörper nach rechts oder links und laufen Gefahr, hinzufallen, da sie nicht mehr automatisch fest auf den Boden treten. Beim Schwankschwindel kommen zudem Übelkeit und Erbrechen hinzu. Den Patienten wird oft schwarz vor Augen. Sie fühlen, dass der Boden unter ihren Füßen wankt. Die Betroffenen können kaum unterscheiden, ob sie selber wanken oder ob die Erde wankt, auf der sie stehen. Das verunsichert sie massiv.
Manchmal treten Begleitsymptome auf, wie zum Beispiel
- Tinnitus,
- Ohrensausen
- Zittern der Augen,
- Gefühl von Benommenheit,
- Schweißausbrüche
- oder sogar Bewußtlosigkeit.
Typisch für einen Schwankschwindel sind auch psychische Folgen wie ein Gefühl der Angst, das häufig weit über die Schwindelattacke hinausreicht.
Ist Schwindel eine Krankheit?
Schwindel ist keine Krankheit, sondern ein Symptom sehr vieler Erkrankungen, denn das hoch sensible Gleichgewichtssystem kann durch unterschiedlichste Ursachen gestört sein. Infektionsleiden wie Grippe, Malaria oder Masern mit hohem Fieber führen ebenso zu Schwindel wie starke Angst oder ein Nervenleiden.
Wie hoch ist der Leidensdruck?
Schwindel allein tut zwar körperlich nicht weh, dennoch ist der Leidensdruck meist hoch, denn die Betroffenen empfinden einen Kontrollverlust. Im Alltag ist die Kontrolle unseres Körpers so selbstverständlich, dass wir nicht einmal darüber nachdenken. Verlieren wir jetzt die Kontrolle über unsere Balance bei einer Schwindelerkrankung, dann verlieren wir die Sicherheit, die wir als selbstverständlich hinnehmen.
Schwindel verstärkt Ängste
Zum einen kann ein Schwankschwindel als Symptom einer Angststörung entstehen, zum anderen können Schwindelattacken aber auch bestehende Ängste verstärken. Menschen, die bereits Höhenangst, Raumangst oder Angst vor Menschenmassen haben, fürchten in der Situation, die die Angst auslöst, zusätzlich, dass die Schwindelattacke zuschlägt. Die Betroffenen gehen den Situationen, die die Angst auslösen könnten, weiträumig aus dem Weg und oft behindern sie sich damit im Alltag.
Ursachen
Schwankschwindel tritt als Symptom unter anderem auf bei Schäden im Kleinhirn wie im Hirnstamm, aber auch bei einer vestibulären Migräne. Körperlich bedingt kann ein Schwindel als Folge einer Muskelverspannung auftreten.
Phobischer Schwindel
Die häufigste psychisch ausgelöste Schwindelstörung von allen, die insbesondere bei Menschen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren vorkommt, ist der phobische Schwankschwindel. Die Schwindelanfälle passieren während Situationen, die für die Patienten üblicherweise Auslöser für Panikattacken sind. So erleben Menschen, die Höhenangst haben, den Schwindel beim Turmsteigen oder Menschen mit Klaustrophobie im Fahrstuhl. Er tritt zum Beispiel bei Menschen mit Flugangst im Flugzeug auf. Die Betroffenen fühlen sich nicht psychisch, sondern körperlich krank. Ärzte nennen das somatoform, das heißt, es treten körperliche Symptome auf, die aber psychische Ursachen haben.
Gutartiger Schwindel
Eine akute Schwankschwindelattacke kann aber auch harmlos sein, ohne tiefere psychische oder organische Ursache. Meist klingen diese Anfälle schnell wieder ab.
Wann sollten Sie zum Arzt gehen?
Sie sollten auf jeden Fall zum Arzt gehen, wenn der Schwankschwindel mit Begleitsymptomen verbunden ist wie:
- Ohrensausen,
- Benommenheit,
- Sehstörungen,
- Atemnot,
- Übelkeit und Erbrechen
- oder Kopfschmerzen.
Auch wenn der Schwindel keine äußere Ursache hat, aber plötzlich heftig auftritt und wiederkehrt, ist der Arztbesuch ratsam. Äußere Ursachen, die sich leicht ändern lassen, sind zum Beispiel ungünstige Lagen beim Schlafen oder Sitzen, extreme und zugleich ungewohnte Bewegungen oder übermäßiger Sport. Sollte eine spezifische Bewegung des Kopfes den Schwindel auslösen, ist ein Arztbesuch angeraten, ebenso wenn der Schwindel während einer Infektion ausbricht. Wenn die Attacken immer wieder in konkreten Situationen auftreten, wie beim Autofahren, auf Rolltreppen oder bei Vorstellungsgesprächen, ist ärztliche Betreuung ebenfalls angezeigt. Ist der Schwindel gar mit Lähmungen oder (teilweisem) Verlust des Bewusstseins verbunden, müssen Sie sofort zum Arzt, am besten zum Notarzt. Es kann sich um sehr ernste Erkrankungen handeln wie einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt.
Diagnose
Da Schwindel vielfache Ursachen haben kann, sind hier auch verschiedene Fach- und spezialisierte Ärzte zuständig, zum Beispiel aus den Bereichen:
- Allgemeinmedizin,
- Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde,
- Neurologie,
- Psychiatrie
- oder Innere Medizin.
Manche Städte führen sogar eine eigenständige Schwindelambulanz, in der die einzelnen Disziplinen speziell zu dieser Störung des Gleichgewichts zusammenarbeiten.
Gerade bei einem Symptom, das so unterschiedliche Auslöser haben kann, ist das Patientengespräch wichtig, um die Krankengeschichte zu erfahren. Dadurch erhält der Arzt bereits einen guten Einblick und es ermöglicht dem Hausarzt bei manchen Betroffenen die jeweilige Fachärztin beziehungsweise den jeweiligen Facharzt zu empfehlen. So lässt sich beispielsweise erkennen, ob die Schwindelattacken immer in Stresssituationen auftreten und dementsprechend zu einen Spezialisten für psychosomatische Erkrankungen verwiesen werden sollte.
Nach der Anamnese erkennt ist meist schon grob erkennbar, um welche Form des Schwankschwindels es sich handelt. Dann untersuchen Ärztin oder Arzt Puls und Blutdruck. Ein unregelmäßiger Puls kann Schwindel auslösen und ein Elektrokardiogramm (EKG) zeigt, ob eine Herzerkrankung vorliegt. Darauf folgt der Gleichgewichtstest. Hier erkennen Ärztin oder Arzt, wie die Koordination des Körpers funktioniert. Im Romberg-Test stehen die Betroffenen mit geschlossenen Augen auf einem Bein, beim Unterberger Tretversuch treten Patienten auf einer Stelle. Oft wird auch das Hörvermögen untersucht. Das Gleichgewichtsorgan liegt im Innenohr und Hören sowie Gleichgewicht nutzen die gleichen Nervenbahnen.
Weiterführende Untersuchungen
Beim konkreten Verdacht auf spezifische Erkrankungen kommen andere Tests hinzu. Dazu zählen zum Beispiel:
- Ultraschalluntersuchung der Arterien, um die Konsistenz des Blutes und den Blutfluss zu prüfen;
- Röntgenbilder der Halswirbelsäule, die mögliche Schäden an den Nerven anzeigen;
- Druckmessung der Gehirnflüssigkeit;
- Blutanalysen;
- Untersuchungen der Reizverarbeitung im Gehirn;
- Ultraschall am Herz;
- Untersuchungen der Reizleitungen in den Muskeln, der Reizfähigkeit peripherer Nerven sowie des Blutdruckreflexes der Halsschlagader.
Behandlung
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache. Bei verspannten Muskeln wirken Massagen und entspannende Medikamente in Form von Salben oder Cremes. Bei psychogenem Schwankschwindel haben sich Entspannungstherapien bewährt. Ist der Schwindel ein Teil einer spezifischen Phobie oder einer allgemeinen Angststörung, sollte eine Therapie dieses Leidens erfolgen, zum Beispiel durch eine Konfrontationstherapie. Hier kommen die Betroffenen „Step by Step” dem Auslöser ihrer Angst näher und verlieren durch die zunehmende Vertrautheit ihre Angst.
Was können Sie selbst tun?
Wenn Sie regelmäßig unter Schwankschwindel leiden, müssen Sie zum Arzt. Einiges können Sie jedoch auch selbst tun, um die unangenehmen „Aussetzer“ in den Griff zu bekommen.
- Trainieren Sie ihr Gleichgewicht. Stellen Sie sich zum Beispiel im Schlafzimmer auf ein Bein oder gehen Sie im Hinterhof eine imaginäre Linie entlang. Sie können auch im Park immer wieder einige Meter rückwärts gehen. Sollten Sie dabei an ihrem Gleichgewicht zweifeln oder Angst haben, weil Sie nichts sehen, dann nehmen Sie eine Begleitperson mit, die Ihnen wie beim Rückwärtseinparken sagt, welche Richtung Sie einschlagen müssen.
- Trinken Sie reichlich, das hält den Blutdruck stabil.
- Essen Sie regelmäßig, so verhindern Sie eine Unterzuckerung.
- Reduzieren Sie Alkohol und Nikotin. Beide sind Auslöser für Schwindel.
- Legen Sie im Tagesverlauf Entspannungsübungen ein, dadurch reduzieren Sie Stress, der Schwindel auslösen kann.
- Springen Sie nicht abrupt aus dem Bett, vermeiden Sie hektische Bewegungen.
(Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Leif Erik Walther: Current diagnostic procedures for diagnosing vertigo and dizziness, GMS current topics in otorhinolaryngology, head and neck surgery vol. 16, 2017, (Abruf 12.08.2019), PubMed
- Annegret Eckhardt-Henn: „Phobischer Schwankschwindel” Eine weitere Differenzierung psychogener Schwindelzustände erscheint erforderlich, Nervenarzt (1997) 68: 806, (Abruf 12.08.2019), Springer
- Debara L. Tucci: Benommenheit (dizziness) und Schwindel (vertigo), MSD Manual, (Abruf 05.08.2019), MSD
- Thomas Brandt, Marianne Dieterich, Michael Strupp: Vertigo - Leitsymptom Schwindel, Springer Verlag, 2. Auflage, 2012
- Debara L. Tucci: Tinnitus, MSD Manual, (Abruf 05.08.2019), MSD
- HansChristoph Diener, Christian Weimar: Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN), Kapitel Hirnnervensyndrome und Schwindel, (Abruf 05.08.2019), DGN
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.