Viele Menschen kennen das Gefühl, wenn einem beim Aufstehen schwarz vor den Augen wird. Oft tritt dieses Phänomen auf, wenn der Blutdruck aufgrund eines zu schnellen Wechsels der Körperposition plötzlich abfällt. Grund hierfür ist die so genannte orthostatische Dysregulation, eine Sonderform des niedrigen Blutdrucks, welche vor allem ältere Menschen, Schwangere und Personen mit bestehender Hypotonie betrifft. Liegt keine ernsthafte Erkrankung vor, kann das Schwarzsehen oft durch einfache Selbsthilfe-Maßnahmen verhindert werden.
Inhaltsverzeichnis
Warum wird uns schwarz vor den Augen?
Wir liegen im Bett oder auf dem Sofa und wollen schnell aufstehen – doch dann passiert es: Die Beine werden wackelig, uns wird schwindelig und schwarz vor den Augen. Eine Situation wie diese haben viele Menschen schon einmal erlebt, wenn sie aus der Ruhe heraus ruckartig aufstehen oder sich zum Beispiel nach langem Stehen plötzlich bewegen. Denn hier wird der Kreislauf ordentlich gefordert, da er zum Teil gegen die Schwerkraft arbeiten muss, um das Blut, beispielsweise aus den Füßen und Beinen, nach oben zu pumpen.

In manchen Fällen schafft es der Kreislauf jedoch nicht, sich schnell genug auf die Veränderung einzustellen und für einen Ausgleich zu sorgen. Stattdessen kommt es durch den schnellen Wechsel der Körperposition zu einem plötzlichen Blutdruckabfall, welcher medizinisch als „orthostatische Dysregulation“ oder „Orthostase-Syndrom“ bezeichnet wird. Das Blut „versackt“ dabei im wahrsten Sinne des Wortes in den Beinen und kann durch den niedrigen Blutdruck nicht mehr nach oben gepumpt werden.
In der Folge wird das Gehirn vorübergehend nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt, und auch die Augen werden schlechter durchblutet. Die Netzhaut, die im Normalfall die Lichtreize aufnimmt und über den Sehnerv an das Gehirn weiterleitet, ist aufgrund der Mangelversorgung in ihrer Funktionsfähigkeit eingeschränkt. Die Sehzellen werden „abgeschaltet“, was sich darin äußert, dass uns plötzlich schwarz vor Augen wird.
Weitere typische Beschwerden bei einer orthostatischen Dysregulation sind Schwindel, Herzrasen, ein allgemeines Schwächegefühl, Gesichtsblässe, Kopfschmerzen und Übelkeit. Der plötzliche Blutdruckabfall kann bis zur Bewusstlosigkeit führen.
Erste Hilfe bei Schwarzsehen
Die meisten Menschen verhalten sich intuitiv richtig, wenn ihnen schwarz vor den Augen wird, indem sie sich sofort hinsetzen oder hinlegen und die Beine hochlegen. Denn dadurch kann sich das in den Beinen versackte Blut wieder verteilen und gelangt zurück in den Kreislauf.
Führt der plötzliche Abfall des Blutdrucks zu einer Bewusstlosigkeit, sind die richtigen Erste-Hilfe-Maßnahmen besonders wichtig und können im Ernstfall lebensrettend sein. Entscheidend ist daher, sofort zu reagieren und keine Zeit zu verlieren.
Finden Sie eine regungslose Person vor, gehen Sie wie folgt vor:
1. Sprechen Sie die Person an und rütteln Sie leicht an der Schulter. 2. Folgt keine Reaktion, liegt eine Bewusstlosigkeit vor – rufen Sie in diesem Fall (wenn möglich) weitere Helfer herbei. 3. Kontrollieren Sie die Atmung, indem Sie den Kopf der betroffenen Person vorsichtig nach hinten halten, das Kinn anheben und den Mund öffnen. Beobachten Sie gleichzeitig, ob sich Brustkorb und Bauch heben und senken. 4. Ist die Atmung normal, drehen Sie den Betroffenen vorsichtig auf den Rücken und lagern Sie die Beine hoch. Dadurch sollte dieser nach einem kurzen Moment wieder zu Bewusstsein kommen. 5. Ist das nicht der Fall, muss der Patient in die stabile Seitenlage gebracht werden, um zu verhindern, dass Blut oder Erbrochenes in die Atemwege gelangen und die Zunge die Atemwege blockieren kann. Denn eine verschluckte Zunge kann lebensbedrohlich werden. 6. Alarmieren Sie den Notarzt unter der Rufnummer 112 und kontrollieren Sie immer wieder die Atmung des Bewusstlosen. Ist weder Atmung noch Puls feststellbar, müssen Sie sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen. |
Ursachen von Schwarz werden vor den Augen
Kommt es beim raschen Aufstehen zu Blutdruckschwankungen und Schwarz werden vor den Augen, kann dies verschiedene Ursachen haben. Ältere Menschen sind besonders häufig betroffen, da die Fähigkeit, den Blutdruck beim Wechsel in die aufrechte Position (Orthostase-Reaktion) zu regulieren, mit zunehmendem Alter abnimmt. Altersabhängige Erkrankungen wie Diabetes oder Morbus Parkinson erhöhen das Risiko zusätzlich.
Oft tritt die Störung der Blutdruckregulation bei Personen auf, die von vornherein einen niedrigen Blutdruck haben. Das sind meist Jugendliche bzw. junge, sehr schlanke Personen (vor allem Frauen) und Schwangere.
Ebenso können die Beschwerden durch eine bestehende Erkrankung bedingt sein. Hier kommen unter anderem eine Schilddrüsenunterfunktion, Krampfadern, eine Unterfunktion der Nebennierenrinde, Herz- und Gefäßerkrankungen (z.B. Herzinssuffizienz, Aortenstenose, Herzbeutelentzündung) und Infektionskrankheiten in Betracht.
In vielen Fällen ist die Einnahme bestimmter Medikamente für die Kreislaufschwäche beim Aufstehen verantwortlich. Hierzu zählen unter anderem Blutdruckmittel wie ACE-Hemmer, AT-II-Antagonisten, Diuretika und Betablocker, Parkinsonmedikamente, Zytostatika sowie Psychopharmaka mit Wirkung auf depressive Erkrankungen (Trizyklische Antidepressiva, kurz: TZA).
Weitere mögliche Gründe für eine orthostatische Dysregulation sind längere Bettlägerigkeit, der Konsum von Alkohol und Drogen sowie anhaltender Bewegungs- und Flüssigkeitsmangel. Ebenso kann es nach einem langen Sonnenbad oder dem Rauchen einer Zigarette nach längerer Abstinenz dazu kommen, dass einem beim Aufstehen plötzlich schwarz vor den Augen wird.
Ist das Schwarzsehen gefährlich?
Eine Gefahr besteht durch die kurzfristige Sehstörung in den meisten Fällen nicht. Im Regelfall normalisiert sich der Blutdruck rasch von alleine wieder, indem die Herzfrequenz deutlich erhöht wird. Der Blutdruck steigt, das Blut aus den Beinvenen gelangt zurück in den Kreislauf und das Gehirn wird wieder ausreichend versorgt. Die Beschwerden verschwinden und außer einem etwas „schummerigen“ Gefühl hinterlässt das Schwarzsehen meist keine Spuren.
Doch Vorsicht: Gerade ältere Menschen und schwangere Frauen sind besonders oft von der orthostatischen Dysregulation betroffen. Ein Sturz, z.B. nach dem Aufstehen, kann hier im Ernstfall böse Folgen haben.
Grundvoraussetzung ist jedoch immer, dass keine ernsthafte Erkrankung für das Schwarz werden vor den Augen verantwortlich ist. Um dies ausschließen zu können, ist es wichtig, die Beschwerden bei häufigerem Auftreten unbedingt ärztlich abklären zu lassen. Gleiches sollte sofort erfolgen, wenn zum ersten Mal eine vorübergehende Bewusstlosigkeit eingetreten ist.
Diagnose
Oft erhält der Arzt schon durch die Schilderung der Beschwerden einen Hinweis darauf, ob eine orthostatische Dysregulation für das Schwarzwerden vor den Augen verantwortlich ist. Zur Überprüfung kann der so genannte Schellong-Test durchgeführt werden. Für diesen legt sich der Patient fünf bis zehn Minuten auf eine Liege, wobei in regelmäßigen Abständen Puls und Blutdruck gemessen werden. Danach steht der Patient abrupt auf und bleibt für weitere fünf bis zehn Minuten stehen. Dabei werden ebenfalls mehrfach Puls und Blutdruck gemessen.
Ist es bereits zu kurzen Bewusstseinsverlusten gekommen, dient die „Kipptischuntersuchung“ zur Abklärung. Hier wird der Betroffene auf einem kippbaren Tisch festgeschnallt, um im Falle einer auftretenden Ohnmacht vor einem Sturz geschützt zu sein. Zu Beginn der Untersuchung werden zunächst für einige Minuten der Blutdruck und die elektrische Aktivität des Herzens mittels Elektrokardiogramm (kurz: EKG) EKG gemessen.
Anschließend wird der Patient für ca. 30 Minuten in einem Winkel von etwa 60 bis 70° in eine aufrechte Position gebracht, um das Aufstehen aus dem Liegen zu simulieren. Blutdruck und EKG werden währenddessen weiterhin genau beobachtet, tritt eine Bewusstlosigkeit ein, wird die Untersuchung sofort abgebrochen. Gleiches gilt, wenn der Blutdruck zu stark absinkt oder wenn der Herzschlag zu langsam wird.
Behandlung bei Schwarzwerden vor den Augen
Wird einem hin und wieder beim Aufstehen oder nach langem Stehen schwarz vor Augen, muss das keineswegs auf eine Erkrankung hindeuten. Dennoch sollte bei anhaltenden, stark ausgeprägten, häufig wiederkehrenden sowie plötzlich neu auftretenden Beschwerden immer vorsichtshalber ein Arzt aufgesucht werden. Dieser prüft, ob unter Umständen eine Grunderkrankung wie Diabetes oder eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt. Ist das der Fall, steht die Behandlung der Erkrankung im Mittelpunkt.
Da niedrige Blutdruckwerte auch durch Arzneistoffe wie zum Beispiel Betablocker, Diuretika oder Psychopharmaka hervor gerufen werden können, sollten Patienten, die regelmäßig Medikamente einnehmen, mit ihrem Arzt über einen eventuellen Wechsel bzw. ein Absetzen sprechen.
Steht das Schwarzwerden vor den Augen beim Aufstehen im Zusammenhang mit einem generell niedrigen Blutdruck ohne erkennbare Ursache (primäre Hypotonie), sind Medikamente normalerweise nicht erforderlich und werden aufgrund der möglichen Nebenwirkungen auch nur selten verschreiben. Stattdessen steht die die Selbsthilfe im Vordergrund. Hierzu zählen unter anderem das Tragen von Kompressionsstrümpfen, eine mineralstoff- und vitaminreiche Ernährung sowie regelmäßige Bewegung. In vielen Fällen können Blutdruckschwankungen und Kreislaufprobleme mit Mitteln und Verfahren der Naturheilkunde gelindert werden.
Naturheilkunde
Kann eine zugrunde liegende Krankheit ausgeschlossen werden, bietet die Naturheilkunde verschiedene Möglichkeiten, um den Blutdruck zu regulieren und dadurch Kreislaufprobleme und Sehstörungen auf natürliche Weise zu beheben. In der Homöopathie wird ein niedriger Blutdruck zum Beispiel mit Veratrum Album, Kalium Carbonicum und Carbo vegetabilis behandelt. Bei schwankenden Werten kommen unter anderem Lachesis und Ammi visnaga zum Einsatz.
Verschiedene Heilpflanzen wirken anregend auf den Kreislauf und eignen sich daher gut bei Hypotonie. Hierzu zählt beispielsweise Rosmarin, welcher oft im Rahmen der Aromatherapie sowie als Bade- bzw. Duschzusatz eingesetzt wird. Weißdorn empfiehlt sich, wenn es im Alter zu Durchblutungsstörungen und Problemen mit dem Blutdruck kommt.
Vielfach bewährt haben sich die traditionellen Wasseranwendungen nach Sebastian Kneipp, denn diese regen das Herz-Kreislauf-System an und sorgen für eine bessere Durchblutung. Gut geeignet für Kneipp-Kuren im eigenen Bad sind zum Beispiel ein Armguss im Anschluss an das morgendliche Duschen, Wechselduschen oder Ganzwaschungen.
Vorbeugung von Schwarzwerden vor den Augen
Wird Ihnen schnell schwarz vor den Augen, sollten Sie sich angewöhnen, generell nicht abrupt, sondern langsam aufzustehen. Dies gilt vor allem nach dem Schlafen und längerem Sitzen. Ratsam ist es, nach dem Aufwachen nicht gleich aufzuspringen, sondern noch einige Minuten liegen zu bleiben, in denen man sich ausgiebig streckt, räkelt und dehnt, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Vielen Betroffenen mit einer Neigung zur orthostatischen Hypotonie hilft es, mit erhöhtem Oberkörper zu schlafen.
Nach einem ausgiebigen Bad ist es wichtig, besonders langsam aus der Wanne aufzustehen, denn das Blut versackt in den durch die Wärme weit gestellten Gefäßen noch schneller. Wer auf ein Vollbad nicht verzichten möchte, sollte daher darauf achten, dass das Wasser nicht zu heiß ist. Hilfreich ist in vielen Fällen das Tragen von Kompressionsstrümpfen, da diese den Blutfluss zum Herzen unterstützen.
Häufig tritt das Schwarzwerden vor den Augen auf, wenn zu wenig getrunken wurde. Dementsprechend sollte jederzeit auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden. Konnte eine zugrunde liegende Krankheit medizinisch ausgeschlossen werden, empfiehlt sich zur Unterstützung des Kreislaufs vor allem regelmäßige Bewegung. Besonders gut geeignet sind zum Beispiel Schwimmen und Laufen. Wechselduschen und andere Verfahren aus dem Bereich der Hydrotherapie bringen den Kreislauf zusätzlich auf Trab.(nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Levi D. Procter: Niedriger Blutdruck, MSD Manual, (Abruf 09.09.2019), MSD
- Debara L. Tucci: Benommenheit (dizziness) und Schwindel (vertigo), MSD Manual, (Abruf 09.09.2019), MSD
- Johannes-Martin Hahn: Checkliste Innere Medizin, Thieme Verlag, 8. Auflage, 2018
- Schilddruesenzentrum Köln: Schilddrüsenunterfunktion, (Abruf 09.09.2019), schilddruesenzentrum-koeln
- Deutsches Herzzentrum München: Erkrankungen des Herzbeutels (Perikarditis) (Abruf: 09.09.2019), dhm
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.