Taubheitsgefühl Beine – Ursachen, Behandlung und Prävention
Viele Menschen kennen das Gefühl der Taubheit in den Beinen, doch nur wenige sind sich der durchaus schwerwiegenden Ursachen bewusst, die hinter diesem scheinbar harmlosen Phänomen stecken können. Das Taubheitsgefühl in den Beinen sollte keineswegs leichtfertig abgetan werden und bedarf insbesondere bei wiederholtem Auftreten einer ärztlichen Überprüfung.
Inhaltsverzeichnis
Taubheitsgefühl Beine – eine Übersicht
Bei Taubheitsgefühl im Bein können verschiedene Ursachen zugrunde liegen, von denen viele einer therapuetischen Versorgung erfordern. Um eine Einordnung des Beschwerdebildes zu ermöglichen, hier zunächst die wichtigsten Fakten vorab:
- Definition: Taubheitsgefühl in den Beinen ist eine Empfindungsstörung im Bereich zwischen Hüfte und Fußsohle, die mit Beeinträchtigungen der Wahrnehmung von Schmerz, Druck und Temperaturen oder auch Lähmungserscheinungen verbunden sein kann.
- Ursachen: Durchblutungsstörungen (beispielsweise bei Arterienverkalkung, aber auch Herzinfarkt), Kompression der versorgenden Nerven (Nerv eingeklemmt; zum Beispiel durch einen Bandscheibenvorfall) oder Erkrankungen des Nervensystems (wie Multiple Sklerose), eine vorliegende Fibromyalgie, Tumorerkrankungen (die auf Nervenbahnen drücken) oder ein Schlaganfall (einseitiges Taubheitsgefühl).
- Arztbesuch grundsätzlich erforderlich, wenn Taubheitsgefühl in den Beinen auftritt. Bei Auftreten von Begleitsymptome wie Kopfschmerzen, Sehstörungen, Sprachstörungen, halbseitiger Lähmung, Bewusstseinsstörungen, Brustschmerzen, Atemnot, Schmerzen im Arm und Engegfühl im Brustkorb umgehend den Rettungsdienst kontaktieren, da es sich um einen Schlaganfall handeln könnte, bei dem jede Sekunde zählt.
- Behandlung: Grundsätzlich an den Ursachen der Beschwerden auszurichten, bei eingeklemmtem Nerv vor allem Kombination aus Massage und Physiotherapie, ggf. Medikamente gegen Schmerzen und zur Lockerung verspannter Muskeln, aber mitunter auch eine Operation; bei Nervenerkrankungen oftmals nur eingeschränkte Therapieoptionen und keine Aussicht auf Heilung; bei Durchblutungsstörungen häufig mit Medikamenten, aber ggf. auch mit chirurgischen Eingriffen.
- Naturheilkunde und ganzheitliche Medizin: Zum Beispiel begleitende Anwendung von Akupunktur und manuellen Therapien bei Nervenkompression, Hydrotherapie und Wechselduschen bei Durchblutungsstörungen oder Bewegungstherapie bei verschiedenen Formen des Taubheitsgefühls.
Symptomatik
- Taubheitsgefühl in den Beinen kann örtlich begrenzt, zum Beispiel ausschließlich im Oberschenkel, auftreten oder das gesamte Bein erfassen.
- Meist nimmt das Beschwerdebild einen akuten Verlauf, die Taubheitsgefühle können jedoch auch zu einem chronischen Leiden werden.
- Nicht selten mit einem Kribbeln in den Gliedern und Gehschwierigkeiten verbunden.
- Auch wird das Taubheitsgefühl in den Beinen unter Umständen von Fußsohlenschmerzen begleitet.
- Tritt häufig nur in bestimmten Positionen (langes Sitzen, übereinandergeschlagene Beine) auf.
- Gemäß den unterschiedlichen Auslösern der Beschwerden sind zahlreiche weitere Begleitsymptome zu beobachten, die auch einen Hinweis auf die Ursache des tauben Gefühls in den Beinen liefern.
Ursachen für Taubheitsgefühl in den Beinen
Dem Taubheitsgefühl liegt meist eine Beeinträchtigung der versorgenden Nerven zugrunde. So können beispielsweise bei einem Bandscheibenvorfall die Nervenbahnen im Wirbelkanal eingeklemmt werden. Die Betroffenen leiden infolgedessen nicht nur unter heftigen Kreuzschmerzen beziehungsweise Rückenschmerzen sondern häufig auch an Schmerzen und einem tauben Gefühl in den Beinen.
Wird ein Nerv eingeklemmt, sind Taubheitsgefühle, neben dem typischen Kribbeln (Parästhesie), Schmerzen und Lähmungen, eines der Leitsymptome. Ist der Ischiasnerv eingeklemmt, ziehen sich die Beschwerden besonders häufig bis in die Beine. Viele Betroffene klagen über heftige Ischiasschmerzen, die vom Rücken in die Beine ausstrahlen. Dies ist sowohl bei einem Bandscheibenvorfall als auch bei einem akuten Hexenschuss (Lumbago) mitunter der Fall.
Die versorgenden Nerven der Beine können auch an anderen Engstellen auf ihrem Weg durch den Körper eingeklemmt werden, wobei eine entsprechende Nervenkompression häufiger die Nervenbahnen betrifft, welche dem Plexus lumbosacralis (einem Nervengeflecht im Bereich der Lenden- und Kreuzwirbelsäule) entspringen. Diese werden zum Beispiel im Rahmen einer sogenannten Meralgia paraesthetica durch das Leistenband eingeklemmt und die Betroffen leiden neben Hüftschmerzen häufig an einem Taubheitsgefühl auf der Außenseite des Oberschenkels. Das sogenannte Piriformis-Syndrom, beschreibt eine Einengung des Ischiasnervs durch den Musculus piriformis im Beckenbereich. Diese Kompression kann heftige Gesäßschmerzen, Beinschmerzen und ebenfalls ein taubes Gefühl in den Beinen auslösen.
Doch nicht nur Einklemmungen der Nerven sondern auch Erkrankungen des Nervensystems bringen unter Umständen ein wiederkehrendes Taubheitsgefühl in den Beinen mit sich. Hier sind zum Beispiel Multiple Sklerose und Morbus Parkinson zu nennen. Eine Erkrankung an Diabetes beziehungsweise zu hoher Blutzucker kann ebenfalls das Nervensystem schädigen und so entsprechende Beschwerden auslösen. Die hieraus folgende sogenannte diabetische Neuropathie bringt relativ häufig als eines der ersten Symptome ein Taubheitsgefühl in den Beinen mit sich. Auch sogenannte Polyneuropathien, die sich als Erkrankung mehrerer Nerven des peripheren Nervensystems manifestieren, sind als möglicher Auslöser des Taubheitsgefühls in den Beinen zu erwähnen. Die Polyneuropathien können dabei auf äußerst unterschiedliche Ursachen – beispielsweise Diabetes, chronisch lymphatische Leukämien, Alkoholmissbrauch, Infektionskrankheiten, Vitamin-B12-Mangel oder seltene Erkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom und das Churg-Strauss-Syndrom – zurückgehen. Des Weiteren führen akute Vergiftungen unter Umständen zu einer Beeinträchtigung des Nervensystems, mit der Taubheitsgefühle in den Beinen einhergehen.
Durchblutungsstörungen sind ebenfalls ein möglicher Auslöser für Taubheitsgefühle in den Beinen. Sie können auf eine allgemeine Herzschwäche hinweisen, jedoch auch Ausdruck eines akuten Gefäßverschlusses (Thrombose) oder schlimmstenfalls sogar eines Herzinfarkts sein. Kriegen Patienten plötzlich Dicke Beine oder sind begleitend Symptome wie Brustschmerzen, Herzschmerzen beziehungsweise ein Stechen in der Brust, Herzstolpern und Herzrasen zu beobachten, sollte daher umgehend ein Arzt hinzugezogen werden. Eine chronische Durchblutungsstörung der Beine geht nicht selten auf eine Arterienverkalkung oder Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems wie die Koronare Herzkrankheit zurück.
Ein weiterer möglicher Auslöser des Taubheitsgefühls in den Beinen ist die sogenannte Fibromyalgie, welche als unheilbare chronische Erkrankung die Muskelfasern an unterschiedlichen Stellen des Organismus befällt. Das Taubheitsgefühl in den Extremitäten zählt zu den zahlreichen Begleiterscheinungen, die eine Fibromyalgie mit sich bringen kann.
Ein einseitig auftretendes Taubheitsgefühl der Beine ist unter Umständen die Folge eines Schlaganfalls. Dieser bedingt neben heftigen Kopfschmerzen, Sehstörungen und Sprachstörungen, oftmals eine halbseitige Lähmung, die sich bis in die Beine ziehen kann.
In seltenen Fällen wird die Kompressionen der Nerven und das hiermit verbundene Taubheitsgefühl in den Beinen auch von gutartigen oder bösartigen Tumoren ausgelöst, die im Gehirn oder dem Wirbelkanal auf die Nervenbahnen drücken.
Nicht zuletzt können Blutergüsse und Knochenbrüche, beispielsweise in Folge eines Unfalls, ebenfalls unter Umständen mit einer Nervenkompression verbunden sein. Gleiches gilt für anhaltende Fehlbelastungen, wie beispielsweise bei dem Fallbericht eines Cross-Fit-Sportlers, der in dem englischsprachigen Fachmagazin “PM&R” beschrieben wurde. Über Wochen hatte der Mann an Taubheitsgefühlen in den Beinen litt.
Diagnose
Anhand einer Beschreibung der Symptome, ihrer Intensität und den Angaben zu den Situationen, in denen das Taubheitsgefühl in den Beinen auftritt, lässt sich häufig bereits erahnen, welche Ursachen den Beschwerden zugrunde liegen. Eine körperliche Untersuchung bietet weitere Anhaltspunkte. Das Abtasten und einige einfache Bewegungstests, können die Diagnose oftmals bereits relativ sicher eingrenzen. Ergänzende Blutuntersuchungen im Labor liefern Hinweise auf entzündliche Prozesse im Organismus, einen möglicherweise bestehenden Vitaminmangel oder auch auf Erkrankungen wie Multiple Sklerose und das Churg-Strauss-Syndrom.
Sensibilitäts- und Reflexprüfung dienen der Diagnose eine Polyneuropathie. Zu diesem Zweck kommen auch Messungen der Nervenleitgeschwindigkeit zum Einsatz. Um Kompressionen der Nerven zu ermitteln, werden zudem bildgebende Verfahren wie die Sonographie (Ultraschall), Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) oder auch klassische Röntgenaufnahmen angewandt. Die Kombination aus bildgebenden Verfahren (insbesondere Ultraschall) und Blutuntersuchungen dient auch zur Sicherung der Diagnose bei möglicherweise vorliegenden Gefäßverschlüssen in den Beinen.
Behandlung bei Taubheitsgefühlen in den Beinen
Die Therapie ist grundsätzlich an den Ursachen der Beschwerden zu orientieren und kann dementsprechend äußerst unterschiedlich ausfallen. In den meisten Fällen eines eingeklemmten Nervs, verspricht die Kombination aus Massagen und Physiotherapie eine erfolgreiche Behandlung. Leiden die Betroffenen neben dem Taubheitsgefühl auch an Schmerzen, können schmerzlindernde Medikamente zum Einsatz kommen, gegen Muskelverspannungen ein Muskelrelaxans. Unter Umständen lässt sich jedoch nur mit Hilfe eines chirurgischen Eingriffs eine Beseitigung der Beschwerden bewirken. So wird beispielsweise in seltenen Fällen eines Bandscheibenvorfalls eine Operation erforderlich.
Bei Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Multiple Sklerose lässt sich auf Basis der heute verfügbaren medizinischen Möglichkeiten noch keine Heilung erreichen und die Therapie konzentriert sich daher auf eine Linderung der Beschwerden und das Verlangsamen des Krankheitsverlaufs.
Geht das Taubheitsgefühl in den Beinen auf Durchblutungsstörungen infolge eines akuten Gefäßverschlusses zurück, wird versucht, diesen mit Hilfe von Medikamenten aufzulösen. Gerinnungshemmende und blutverdünnende Präparate sollen zudem den Blutfluss erleichtern. Sogenannte Kompressionsstrümpfe dienen dem gleichen Zweck. Geht die Durchblutungsstörung von einer Herzschwäche aus, kann auch hier eine Operation erforderlich werden, in deren Rahmen zum Beispiel ein Bypass gelegt oder ein Herzschrittmacher implantiert wird.
Bei dem Fibromyalgiesyndrom wird in den aktuellen Behandlungsleitlinien eine Kombination aus Physiotherapie, Ergotherapie, physikalischen Verfahren, Medikamenten, Psychotherapie und psychologische Verfahren empfohlen.
Gutartige Geschwüre, welche die Nerven einengen, werden ebenso wie bösartige Tumore in den meisten Fällen operativ entfernt. Bei den bösartigen Tumoren kommen zudem unter Umständen die beiden weiteren Instrumente der Krebstherapie, die Strahlen- und Chemotherapie, zum Einsatz.
Alternative Behandlungsmethoden
Die Naturheilkunde setzt bei Beschwerden durch eingeklemmte Nerven neben der Akupunktur vor allem auf manuelle Behandlungsmethoden wie die Osteopathie, Chiropraktik oder das Rolfing. Gemäß ihrem ganzheitlichen Ansatz werden dabei auch Beschwerden in anderen Körperregionen, wie beispielsweise Nackenverspannungen, berücksichtigt und in die Behandlung einbezogen.
Um möglicherweise bestehende Schmerzen bei eingeklemmten Nerven zu lindern, werden verschiedene pflanzenheilkundliche Präparate, homöopathische Mittel und Schüßler-Salze angewandt. Gegen Taubheitsgefühle infolge von Durchblutungsstörungen kommt vermehrt die Hydrotherapie (zum Beispiel Kneipp-Güsse, Wassertreten) zum Einsatz. Da Muskel-bedingte Nervenkompressionen und die hiermit verbundenen Taubheitsgefühle auch in Zusammenhang mit dem Säure-Basen-Haushalt beziehungsweise einer Übersäuerung des Organismus gebracht werden, zielt die naturheilkundliche Behandlung des Weiteren häufig darauf, hier wieder einen entsprechenden Ausgleich zu erreichen.
Bewegungsübungen aus dem Bereich des Yoga, Tai Chi oder Qi Gong können die Behandlung bei Taubheitsgefühlen in den Beinen positiv unterstützen und einen vorbeugenden Effekt entfalten. Jedoch sollten bereits gereizte Nerven dringend geschont und nicht weiter strapaziert werden.
Für alternativen Behandlungmethoden fehlen insgesamt jedoch bisher Belege zu ihrer Wirksamkeit gegen die genannten Beschwerden und die Naturheilkunde bietet bei bestimmten Ursachen des Taubheitsgefühls, wie beispielsweise einer Krebserkrankung, keine erfolgversprechenden Therapieansätze. Die Methoden sind daher nicht als Ersatz für eine konventionelle Behandlungen, sondern als Ergänzung zu verstehen, die grundsätzlich vor Anwendung eine ärztliche Rücksprache erfordert. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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Wichtiger Hinweis:
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