Schmerzen Unterarm
Schmerzen im Unterarm treten in westlichen Industriegesellschaften relativ häufig auf, denn durch die weit verbreitete PC-Arbeit ist der Unterarm einer ständigen Belastung ausgesetzt. Die Beschwerden zeigen sich in unterschiedlicher Form, oft treten sie in Folge einer Bewegung auf, zum Teil aber auch in Ruhephasen. Meist wird das Symptom Unterarmschmerzen mit einem Tennisarm, einer Sehnenscheidenentzündung oder dem Karpaltunnelsyndrom erklärt, doch häufig sind die Symptome weitreichender – daher sollte im Rahmen der Diagnose der Unterarm nicht isoliert betrachtet werden.
Inhaltsverzeichnis
Ursachen
Der Unterarm besteht aus den beiden langen Knochen Elle (Ulna) und der Speiche (Radius), die über ein Band (Ligamentum anulare radii) und eine feste bindegewebige Struktur (Membrana interossea antebrachii) miteinander verbunden sind. Angrenzende Gelenke sind zum einen das Handgelenk, das den Unterarm mit der Hand verbindet sowie das Ellenbogengelenk, welches die Verbindung zum Oberarm bildet. Beschwerden im bzw. am Unterarm zeigen sich je nach Ursache in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität zum Beispiel in Form von drückenden, ziehenden oder stechenden Schmerzen, die entweder plötzlich (akut) zum Beispiel nach Verletzungen auftreten oder einen chronischen Verlauf nehmen (zum Beispiel bei Arthrose) und zum Teil mit Schwellungen, eingeschränkter Beweglichkeit, Lähmungserscheinungen oder Gefühlsstörungen einhergehen.
In vielen Fällen treten die Schmerzen im Unterarm infolge von Bewegung auf, beispielsweise beim Anheben von Gegenständen, durch Drehbewegungen beim Öffnen einer Flasche, häufig auch während der Arbeit am PC bzw. beim Betätigen der Maus – bei einigen Betroffenen zeigen sich die Beschwerden jedoch auch im Ruhezustand.
Beschwerden und Symptome
Unterarmschmerzen sind ein allgemeines Symptom, hinter dem viele verschiedene Ursachen wie zum Beispiel Knochen- und Gelenkbeschwerden, Muskelprobleme, Nervenreizungen bzw. Nervenschädigungen oder Durchblutungsstörungen stecken können.
In vielen Fällen liegt eine Überbelastung (zum Beispiel durch eintönige Bewegungen, Sport oder Computerarbeit) des Unterarms vor, die zu Muskel- bzw. Bindegewebsverspannungen, Rissen und Zerrungen führen kann und somit die Schmerzen verursacht. In diesem Zusammenhang ist häufig eine Sehnenscheidenentzündung der Auslöser für die Beschwerden, die durch große Belastung bzw. ständige Überlastung der Muskeln, Sehnen und Bänder entsteht. Ursache hierfür sind zumeist Fehlhaltungen, falsche Sporttechniken oder unergonomische PC-Arbeitsplätze sowie andere Tätigkeiten, bei denen eine monotone mechanische Beanspruchung von Handgelenk und Unterarm herrscht (zum Beispiel Frisöre, Masseure oder Bäcker).
Neben der Sehnenscheidenentzündung können akute oder chronische Überbelastungen von Händen und Unterarmen auch zu dem so genannten Golferellenbogen, Tennisarm oder Mausarm (RSI-Syndrom bzw. Repetitive Strain Injury) führen, die mit zum Teil starken Schmerzen und einer eingeschränkten Beweglichkeit der Arme und Hände einhergehen.
So sind Tennisarm und Golferellenbogen durch entzündliche oder degenerative Veränderungen im Ellenbogenbereich gekennzeichnet und bringen eine eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit des betroffenen Arms mit sich. Tennis- und Golfspieler sind aufgrund der Bewegungsmuster beider Sportarten häufig betroffen, in den meisten Fällen sind jedoch falsche Haltungen (zum Beispiel bei der Hausarbeit oder beim Schlafen) oder Sporttechniken sowie Arbeitsbelastungen (handwerkliche Tätigkeiten oder intensive PC-Arbeit) die Auslöser.
Das RSI-Syndrom bzw. Repetitive Strain Injury (übersetzt: Verletzung durch wiederholte Belastung) entsteht infolge langfristiger, wiederholt schneller, monotoner Bewegungsabläufe, wobei hiermit vor allem eine pausenlose Tätigkeit an Tastatur oder Computermaus gemeint ist – daher auch die Bezeichnung „Mausarm“. Abhängig von der individuellen Veranlagung und den Haltungsanforderungen am Arbeitsplatz kann der Mausarm Nerven, Sehnen, Muskeln, Gelenke oder Bindegewebe betreffen, typische Symptome sind neben den Schmerzen auch Missempfindungen und ein Kraftverlust der betroffenen Hände oder Arme, deren Beweglichkeit stark eingeschränkt sein kann.
Prellungen oder Frakturen, hervorgerufen durch Stürze oder Unfälle verursachen häufig sehr starke Unterarmschmerzen. Bei einem Unterarmbruch zum Beispiel wird meist entweder die Elle oder die Speiche (zum Teil auch beide gleichzeitig) durch äußere Einwirkung getrennt. In den meisten Fällen geschieht dies durch einen Sturz (beispielsweise beim Sport), bei dem die betroffene Person versucht, sich auf der ausgestreckten Hand abzufedern, wodurch ein Großteil des eigenen Körpergewichtes auf die schmalen Unterarmknochen verlagert wird, die dem Druck nicht standhalten können und schließlich nachgeben. Auch schwere Knochenerkrankungen wie Osteoporose können zu einem Unterarmbruch und damit zu starken Unterarmschmerzen führen, die meist recht lange anhalten, da Bewegungen nach einigen Wochen in Gips zunächst eingeschränkt und schmerzhaft sind.
Eine Nervenreizung kann auch den Nervus Radialis betreffen, der als einziger der drei versorgenden Unterarm-Nerven in der Achsel nach hinten verläuft und dort, etwa auf Höhe der Außenkante des Schulterblattes, eine Engstelle zwischen den sogenannten „Außenrotatoren“ des Armes passieren muss. Hier lässt sich vermuten, dass es durch Überbeanspruchung des Unterarmes zum Beispiel durch das unnatürliche Nach-Innen-Drehen des Armes und der Schulter während der PC-Arbeit bzw. Nutzung der Maus dazu kommt, dass die Muskeln verspannen und den Nervus Radialis abklemmen bzw. reizen. Zudem kann auch der dritte versorgende Nerv des Unterarmes – der Nervus Ulnaris – zum Beispiel durch das Aufstützen der Ellenbogen abgeklemmt werden und in seinem Verlauf zu Beschwerden an Arm-Innenseite oder zu Ellenbogenschmerzen führen.
Diagnose und Therapie
Bevor die Unterarmschmerzen behandelt werden können, muss zunächst von ärztlicher Seite klar lokalisiert werden, wo genau die Schmerzen auftreten und welche Ursache den Beschwerden zugrunde liegt. Dabei sollte stets darauf geachtet werden, dass der Unterarm nicht isoliert betrachtet wird – denn im Fall der sehr häufig auftretenden Verspannungen in Muskeln und Bindegewebe zum Beispiel, besteht meist ein enger Zusammenhang mit einem Fehlgebrauch von Oberarm und Schulter. Die Diagnose erfolgt demnach normalerweise über eine ausführliche Anamnese (frühere Erkrankungen, sportliche und beruflichen Belastungen etc.) sowie die Abklärung der Symptome durch Abtasten der schmerzenden Stellen und Bewegungstests. Zur Unterstützung bzw. bei Unklarheiten kommen zudem bildgebende Verfahren wie zum Beispiel Röntgenaufnahmen und Laboruntersuchungen zum Einsatz.
Bei Unterarmfrakturen erfolgt die Behandlung je nach dem, an welcher Stelle der Knochen gebrochen ist und ob weitere Körperstrukturen betroffen sind. Bei Schaftbrüchen ist zumeist ein operativer Eingriff notwendig, bei dem der Bruch mit einer Platte verschraubt wird. Auch stärker verschobene Ellen- und Speichenbrüche in Nähe des Handgelenks werden meist operativ stabilisiert, insbesondere dann, wenn die Gelenkfläche betroffen ist. Bei wenig verschobenen Brüchen hingegen ist in den meisten Fällen eine konservative Behandlung ausreichend – dabei wird der Bruch zunächst unter örtlicher Betäubung bzw. kurzer Narkose wieder eingerichtet, anschließend wird der Arm durch eine Gipsschiene stabilisiert. Nach einigen Tagen bekommt der Patient normalerweise anstelle der Schiene einen rundum geschlossenen Gipsverband angelegt, der für weitere 4–6 Wochen getragen wird, in diesem Zeitraum werden zum Beispiel Röntgenuntersuchungen durchgeführt, um den Heilungsfortschritt zu kontrollieren.
Im Falle einer Sehnenscheidenentzündung ist in erster Linie eine Schonung der betroffenen Stelle wichtig, hierfür werden meist stabilisierende Bandagen oder Stützverbände eingesetzt. Bei Schwellungen oder Rötungen helfen Kühlkompressen, darüber hinaus können auch schmerz- und entzündungshemmende Cremes oder bei Bedarf Tabletten eine Linderung der Beschwerden bringen, in schwerwiegenden Fällen kann ein erfahrener Arzt auch Kortison in die entzündete Region spritzen. Bei chronischen und nicht auf konventionelle Maßnahmen ansprechenden Sehnenscheidenentzündungen wird in seltenen Fällen eine Operation durchgeführt – dabei wird die verengte Stelle an der Sehnenscheide aufgespalten und dadurch entlastet.
Auch bei einem Tennisarm, Golferellenbogen und Mausarm erfolgt die Therapie zunächst konservativ, also nicht-operativ. Als erste Maßnahmen zur Schmerzlinderung eignen sich hier je nach Fall physikalische Anwendungen in Form von Kältebehandlungen bzw. einer Wärmetherapie, Dehnübungen, Massagen oder örtliche Ultraschall- und Mikrowellenbehandlung. Zusätzlich haben sich spezielle Bandagen mit Pelotten bewährt, die den Zug der Sehnen vom Ellbogen in die Peripherie verlagern. Ergänzend können auch hier Salbenverbände und Medikamente (zum Beispiel schmerzstillende Mittel oder Kortisonspritzen) eingesetzt werden. Zeigt diese Behandlung keinen Erfolg, wird normalerweise im nächsten Schritt versucht, mit Hilfe einer Unterarmgipsschiene eine Besserung der Beschwerden zu bewirken.
Liegt den Unterarmschmerzen eine Schädigung der Nerven, wie das Karpaltunnelsyndrom zugrunde, lässt sich im Anfangsstadium in vielen Fällen eine Operation vermeiden, indem die Beschwerden beispielsweise mit Handgelenksschienen oder entzündungshemmendem Kortison in Form von Tabletten oder Spritzen in den Karpaltunnel gelindert werden können. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Behandlung mit Kortison immer nur über einen kurzen Zeitraum hinweg erfolgen sollte. Bei weiter fortgeschrittener Erkrankung bzw. wenn die Beschwerden trotz dieser Maßnahmen anhalten, kommt ein operativer Eingriff in Betracht. Bei diesem wird die Bandstruktur, die das „Dach“ des Karpaltunnels bildet, gespalten, wodurch die Nerven entlastet werden.
Grundsätzlich ist zu bedenken, dass Unterarmbeschwerden in Folge von Überlastungen, Fehlhaltungen etc. nur dann langfristig gelindert werden können, wenn die verursachenden Umstände geändert werden. Dies lässt sich zum Beispiel bei der Arbeit am PC durch eine Optimierung des Arbeitsplatzes (Richtige Höhe von Bildschirmmonitoren, Auflagen für die Handballen und Unterarme, größere Maus etc.) sowie die generelle Vermeidung ungünstiger Körperhaltungen oder Bewegungsabläufe relativ schnell und unkompliziert umsetzen.
Naturheilkunde
Neben der Schulmedizin kommen bei der Behandlung von Unterarmschmerzen auch verschiedene Naturheilverfahren in Betracht. So bietet beispielsweise die Pflanzenheilkunde bei starken Schmerzzuständen von Sehnen-, Bändern- und Muskelansätzen unter anderem Präparate mit Arnika oder Kombinationspräparate aus ätherischen Ölen wie Bergamotte-, Lavendel-,Orangen- und Zitronenöl, die unter Umständen lindernd wirken können. Auch die Homöopathie bietet zahlreiche Mittel bei Schmerzen bzw. Schmerzzuständen wie zum Beispiel Arnika oder Hypericum – hier sollte jedoch in jedem Fall ein entsprechender Experte aufgesucht werden, um das passende Mittel und die richtige Dosierung individuell abzustimmen.
Bei Unterarmschmerzen, die durch Verspannungen hervorgerufen werden, helfen in vielen Fällen zudem Massagen oder die Progressive Muskelrelaxation. Darüber hinaus wird zum Beispiel bei einem Tennisarm oder Golferellenbogen häufig Akupunktur empfohlen, da diese zum einen der Schmerzlinderung dient und zum anderen den Entzündungsprozess stoppen kann – vorausgesetzt, die Schmerz verursachende Tätigkeit (wie beispielsweise das Tennisspielen) wird eingestellt. Da für eine sichere Diagnose und effektive Therapie der Unterarm nicht isoliert betrachtet werden sollte, bieten vielfach die Osteopathie oder das Rolfing sinnvolle Behandlungs-Ansätze. Hier wird der Unterarm in seiner Beziehung zum gesamten Arm und zur Schulter betrachtet, was unerlässlich ist, um den Betroffenen Anleitungen für die Zeit nach der Therapie zu geben, beispielsweise in Hinblick auf Schmerzprävention oder Vermeidung von Haltungsschäden. (nr)
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Assmus H. et al.: Diagnostik und Therapie des Karpaltunnelsyndroms, S3-Leitlinie, Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie, (Abruf 18.09.2019), AWMF
- Jens Petersen: Bildschirmarbeitsplätze – eine arbeitsmedizinische Bewertung, Dtsch Arztebl 2006; 103(30): A-2047 / B-1760 / C-1704, (Abruf 18.09.2019), aerzteblatt
- Steffen Breusch, Hans Mau, Michael Clarius, Desiderius Sabo: Klinikleitfaden Orthopädie Unfallchirurgie, Urban & Fischer Verlag, 2009
- Leanne M. Bisset, Brooke Coombes, Bill Vicenzino: Tennis elbow, Clinical evidence, (Abruf 18.09.2019), PubMed
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.