Weißer Reis und schwarze Zähne – Vitaminmangel
Vitaminmangel kann erhebliche gesundheitliche Folgen haben. Eine sehr einseitige Ernährungsweise kann zu einem Mangelzustand führen. Allerlei Krankheiten können entstehen oder begünstigt werden. Der Körper des Menschen braucht von manchen Vitaminen nur sehr kleine Mengen, allerdings ist oft immer noch nicht klar, wie er diese nutzt. Ein Vitaminmangel kann ernste medizinische Beschwerden verursachen, zu schweren Krankheiten wie Rachitis, Skorbut oder Beriberi und zum Tod führen.
Inhaltsverzeichnis
Hunger und eine Handvoll Reis
Krankheiten als Folge von Vitaminmangel heißen Hypovitaminosen. Dafür gibt es generell vor allem drei Ursachen: Unterernährung, Fehlernährung und Probleme, Vitamine aufzunehmen wie zu verarbeiten.
Unterernährung bedingt oft einen multiplen Vitaminmangel. Die Kranken leiden zum Beispiel an einer entzündeten Zunge (Mangel an Vitamin B6), Blutarmut (Mangel an B7) und Zahnfleischbluten (Mangel an Vitamin C).
In Industrieländern lässt sich Vitaminmangel einfach korrigieren. Darum ist es hierzulande schwer vorstellbar, welche fürchterlichen Konsequenzen auch nur das Fehlen eines einzigen Vitamins hat – verfaultes Zahnfleisch und eine verkrüppelte Wirbelsäule, Skorbut oder Rachitis plagen indessen unzählige Menschen heute noch.
Skorbut – Der Fluch der Seefahrt
Der Klischeepirat trägt Augenklappe und Holzbein, und tatsächlich waren verloren viele Freibeuter des 18. Jahrhunderts Gliedmaßen in Schlachten und Unfällen. Menschen, die den Großteil ihrer Zeit auf den Meeren verbrachten, fehlten damals indessen selten Augen oder Beine, häufig aber hatten sie keine Zähne mehr im Mund – die Skorbut forderte mehr Opfer als der Krieg zur See.
“Es ist fürchterlich: Ihr Zahnfleisch wurde so faul, dass alles Fleisch bis zu den Wurzeln der Zähne abfiel und diese beinahe alle ausfielen. Mit solcher Ansteckungskraft breitete sich die Krankheit über unsere drei Schiffe aus, dass Mitte Februar von den 100 Personen, die wir waren, keine zehn mehr gesund waren.” Jacques Cartier, 1542 auf einer Expedition in den St. Lorenz-Strom über die Skorbut
Die Skorbut, die Folge eines Mangels an Vitamin C, war bereits den antiken Römern und Ägyptern bekannt, doch ihre Ursache blieb lange im Dunklen. Allerdings rieten bereits Hippokrates und der Kaiser Tiberius wussten indessen um die positiven Auswirkungen von Sauerkraut auf die Gesundheit, und Tiberius schrieb es seinen Soldaten als Pflichtessen vor.
Sojabohnen für Weltumsegler
Die Ursache für Skorbut ist ein Vitamin-C-Mangel. Auch die chinesische Medizin der Vergangenheit konnte nichts von Vitaminen wissen, griff aber zu den richtigen Mitteln, um sie zu verhindern.
1405 startete der chinesische Admiral Zhan He mit seiner “Drachenflotte” zu einer Weltumseglung. Es handelte sich um eines der größten Seefahrts-Projekte aller Zeiten: 300 Schiffe, manche von ihnen bis zu 50fach größer, als die von Kolumbus oder Vasco da Gama, 120 Meter lang und 30 Meter breit und insgesamt 28.000 Mann stachen in See.
Sie bereisten Indien, Arabien und Ostafrika und manche Historiker spekulieren, ob Zhan We Amerika entdeckte.
Eine logistische Höchstleistung. Die Gesundheit der Seeleute gewährleisteten die Chinesen, indem sie Sojabohnen auf extra Anbauschiffen pflanzten. Wenn diese keimen, produzieren sie Vitamin C – die Gefahr war gebannt.
In Europa raffte der “Seefahrertod” hingegen die Mannschaften bis in das 18. Jahrhundert dahin und setzte meist auf langen Reisen über das Meer ein. Die Betroffenen fühlten sich schlapp, ihnen schmerzten die Muskeln, bei manchen bildeten sich dunkelrote Flecken auf der Haut.
Die Skorbut hielt reiche Ernte unter den Seefahrern, insbesondere im Zeitalter der großen Entdeckungen, also seit dem 15. Jahrhundert: Vasco da Gama, der den Seeweg nach Indien erkundete, verlor bei seiner ersten Reise 100 von 160 Männern durch Skorbut. Die erste Fahrt der englischen Ostindienkompanie im Jahr 1600 kostete jeden vierten der 480 Mann das Leben, 1741 starben gar vier von fünf Seeleuten, die mit Lord Anson aufgebrochen waren.
Vitaminmangel statt Seefahrt
Doch nicht nur Seefahrer zählten zu den Opfern. Hansa, die “Zeitschrift für deutsches Seefahrtswesen” erörterte 1865: “Am gefährlichsten aber wütete die Krankheit, wenn ein Land durch lange Kriege verwüstet war, oder in Städten, die lange belagert wurden. So hatten z.B. die Franzosen während der Belagerung von Alexandria durch die Türken und Engländer von Mai bis August 1801 3.500 Scorbutkranke in den Hospitälern. Ebenso kam Scorbut im Anfange dieses Jahrhunderts häufig in Gefängnissen und Strafanstalten vor. Diese Beispiele zeigen deutlich genug, dass der Scorbut keine den Schilfen eigentümliche Krankheit ist, obgleich sie auf denselben früher am häufigsten einen tödlichen Verlauf nahm.”
Symptome: Beulen und Zahnausfall
Die Zeitschrift “Hansa” beschreibt auch plastisch die Symptome: “Die ersten Zeichen des Scorbuts bestehen meistens in Veränderung der Gesichtsfarbe, die ihr gesundes Aussehen verliert und bleich und matt wird. Dazu gesellt sich Niedergeschlagenheit, Widerwille gegen jede Bewegung, schnelles Ermüden und Schmerzen in Schenkeln und Waden, wie sie durch Überanstrengung entstehen.”
In dieser ersten Phase sind die Symptome noch unspezifisch und können auch auf andere Entzündungen oder Vergiftungen hindeuten. Eine fortgeschrittene Skorbut ist aber unverkennbar, so die Zeitschrift des deutschen Seefahrerwesens: “Das Zahnfleisch wird schwammig und geschwollen, nimmt eine dunkelrote Farbe an, besonders wo es mit den Zähnen in Berührung kommt, und blutet bei der geringsten Berührung.”
Dann entstehen Flecken und Beulen: “Auf der Haut, namentlich an den Schenkeln und Hüften, bisweilen auch am Oberkörper und den Armen, erscheinen kleine runde rote Flecke, die allmählich bis zur Größe einer Hand zunehmen und sich grün, blau und gelb färben, auch wie Stoss-Beulen anschwellen.”
Außerdem schwellen die Waden an: “Ein anderes Zeichen von Scorbut ist das Anschwellen der Wade und der Hinterbacke eines oder beider Beine, welches eine Steifigkeit des Kniegelenks nach sich zieht. Diese geschwollenen Teile sind bei jeder Bewegung sehr schmerzhaft, und kann man mit dem Finger keinen Eindruck machen.”
Die Haut wirkt blutunterlaufen, das Gesicht färbt sich gelb-bräunlich, das Zahnfleisch schwillt an und färbt sich schwarz-gelb, schwarze schwammige Klumpen bedecken die Zähne. Die Zähne wackeln und fallen aus.
Bei der geringsten Anstrengung, selbst beim Hinsetzen oder Aufstehen, leiden die Kranken unter Atemnot und zittern, oft fallen sie in Ohnmacht.
Sauerkraut rettet Leben
Über die Ursachen des Grauens rätselten die Ärzte und schlossen aus richtigen Beobachtungen falsche Schlüsse. Weil auf Tropenreisen viel weniger Seeleute erkrankten als in den kalten nordischen Gewässern, galt das Klima als Auslöser.
Richtig daran ist zwar, dass Nässe und Feuchtigkeit die Symptome verschlimmert. Doch es gibt eine nahe Erklärung, warum sich die Skorbut in den warmen Ländern kaum ausbreitete und bei Ausbruch der Krankheit die Symptome zurück gingen: Beim Landgang im östlichen Mittelmeer, persischen Golf, arabischem Meer, in Mozambique oder der Malabarküste nahmen die Seeleute Orangen, Zitronen, Mango und Papaja zu sich und sorgten damit für das lebenswichtige Vitamin C.
Zwar hielten viele Ärzte eine falsche Ernährung für ausschlaggebend, dachten dabei jedoch nicht an Vitamin-C-Spender, sondern sahen das Pökelfleisch als Krankmacher und wollten es durchf frisches Fleisch ersetzen.
1753 stellte der englische Marinearzt Dr. James Lind fest, dass Sauerkraut Skorbut heilt. Er untersuchte an zwölf Erkrankten, welche Lebensmittel die Krankheit beeinflussen. Er gab ihnen unter anderem Essig, Meerwasser, Orangen, Zitronen, Apfelwein und verdünnte Schwefelsäure. Er fand heraus, dass den Matrosen, die Zitrusfrüchte aßen, das Zahnfleisch wieder wuchs. Auch Sauerkraut und Kartoffeln minderten die Symptome.
Lind legte jetzt Listen mit Lebensmitteln an, die die Marine mit sich führen sollte. James Cook, der Entdecker Australiens, hielt sich an den Rat und führte unzählige Fässer mit Sauerkraut 1776 auf sene dritte Reise mit, dazu Unmengen an Zitronen.
Die britischen Seeleute bekamen fortan jeden Tag Zitronensaft zu trinken, was ihnen in Amerika den Spitznamen “Limey” einbrachte.
Die Skorbut aber war jetzt unter Kontrolle, auch wenn niemand wusste, warum Zitronen und Sauerkraut gegen die Plage halfen.
Der Buchstabe C
Lange bleibt unbekannt, wer die Skorbut ausbremste. Der Brite Jack Drummer bezeichnete diesen Stoff 1919 als C. 1920 wurde dann Vitamin C aus Zitronen isoliert, wenig später aus Paprika und Kohl.
Vitamin C, Ascorbinsäure stützt das Bindegewebe. Erhält unser Organismus über längere Zeit kein Vitamin C kann er kein Kollagen produzieren und somit das Gewebe nicht stabil halten. Deswegen erschlafft das Zahnfleisch, bilden sich Flecken auf der Haut, die Adern reißen auf, und die Nase blutet – Skorbut. Schiffsmannschaften nehmen heute frische Früchte, Powerriegel und Vitamin-C-Tabletten zu sich und bleiben so von Skorbut verschont.
Global ist Skorbut indessen nicht besiegt und lässt sich auch nicht besiegen, solange Menschen keinen Zugang zu Vitamin-C haben. So führen Hungersnöte in der Sahelzone oder Indien notwendig zu Skorbut, ebenso leiden Menschen darunter, die sich nur von geschältem Reis ernähren oder von Konserven. Jüngst kam es zu Fällen von Skorbut in Australien, einem Indsutriestaat, in dem eine auseichende Zufuhr von Vitamin-C jederzeit möglich ist. Hier gilt jedoch ebenso wie in den USA: Wer sich nur aus der Friteuse ernährt, der nimmt auch in Industriestaaten zu wenig Vitamin-C zu sich.
Die Zeitschrift “Hansa” schrieb 1865: “Der in Deutschland allgemein bekannte Sauerkohl ist ein vortreffliches Nahrungsmittel, um Skorbut zu verhindern, und unter dem Namen “Sour-krout” in der Englischen und Amerikanischen Marine eingeführt.”
Behandlung bei Skorbut
Skorbut lässt sich einfach heilen, indem die Erkrankten Vitamin-C erhalten, entweder in Form von Tabletten oder mit entsprechender Nahrung: Rohes Sauerkraut, Johannisbeeren, Erdbeeren, Mangos, Maracuja, Limonen, Limetten, Orangen, Pampelmuse, Mandarinen oder Papaja, Tomaten, Kartoffeln, grüne Chillies.
Sind die Zähne ausgefallen oder schmerzen, empfiehlt es sich, die Früchte in einem Entsafter auszupressen und den Kranken den Saft zu geben oder Milchspeisen mit den Gemüsen und Früchten zu mischen.
Außerdem sollten die Patienten eisenhaltige Lebensmittel zu sich nehmen und / oder Eisentabletten. Dafür ist besonders Leber geeignet. Eisenmangel gehört zur Skorbut, weil Vitamin C dem Körper hilft, Eisen zu absorbieren. Deshalb gehören innere Blutungen, verursacht durch Eisenmangel, zu den Symptomen einer fortgeschrittenen Skorbut.
Was bewirkt Vitamin C Mangel noch?
Wer unter diesem Mangel leidet, wird fett. Eine Studie der Arizona State University zeigte, dass Probanden mit sehr wenig Vitamin C 25 % weniger Fett verbrannten als die mit einem hohen Spiegel. Vitamin C ist nämlich an der Carnitin-Synthese beteiligte, und die sorgt dafür, dass Fettsäuren im Körper oxidiert werden können.
Asthmakranke zeigten sich in einer Studie in Cambridge als diejenigen mit dem niedrigsten Vitamin-C-Spiegel. Insofern spielt Vitamin C auch bei Asthma eine Rolle.
Rachitis – Wenn die Knochen weich werden
Rachitis ist eine Knochenkrankheit – verursacht durch einen Mangel an Vitamin D, Kalzium und Phosphor. Dieser Mangel führt dazu, dass sich die Knochen erweichen und ihre Aufgabe als Körperstütze nicht mehr erfüllen. Die Krankheit befällt vor allem Kinder im Alter von 6-24 Monaten.
Der Körper kann zwar Vitamin D selbst produzieren (darum ist Vitamin D im medizinischen Sinn auch kein Vitamin), aber nur, wenn der Metabolismus funktioniert. Vitamin D ermöglicht dem Körper, Kalzium zu absorbieren, und das ist nötig, damit die Knochen wachsen. Ein Vitamin-D-Mangel führt zu Knochenbrüchen- und verformungen.
Bei Rachitis verkalken die Knochen nicht, sie sind weich, formbar und verdrehen sich. Das Körpergewicht lässt die Enden langer Knochen zerfasern und drückt sie wie Pilzköpfe nach außen, deshalb wirken die Knie überdimensioniert und die Gelenke vergrößert.
Die Knie fallen ein, das Sternum tritt heraus (“Hühnerbrust”), der Schädel schließt sich nicht, die Stirn wölbt sich nach vorne, und das Becken verzieht sich.
Beriberi – “Ich kann nicht”
Beriberi bezeichnet ein Defizit an Vitamin B1 und leitet sich ab vom singhalesischen Satz: “Ich kann nicht.”. Die Betroffenen leiden unter Krämpfen, Schwächeanfällen, Muskelschwäche geht in Muskellähmung über. Berberi beschädigt die Nerven, das Herz und den Blutkreislauf. Herzversagen kann in der Folge zum Tod führen. In der Vergangenheit starb einer von zwei Erkrankten.
Die Gliedmaßen fühlen sich taub an, das Gehör ist ebenso gestört wie das Sehvermögen. Gewichtsverlust geht einher mit Hirnschäden, und einem unregelmäßigen Herzschlag.
Wir nehmen Vitamin B1 über ungeschälte Hülsenfrüchte, Muskelfleisch, Leber und Hefe auf. Der Begriff Beriberi stammt aus dem chinesischen Raum, in Japan war sie als “Gelbe Reis Seuche” bekannt.
Thiaminmangel
Beriberi wurde zu einem Massenphänomen, als Millionen von Asiaten im späten 19. Jahrhundert sich fast ausschließlich von geschältem Reis und industriellen Sojaprodukten ernährten. Die Japaner hielten verschimmelten Reis für den Auslöser der feuchten Beriberi, und tatsächlich kam die Krankheit in Japan so gut wie nicht mehr vor, seit verschimmelter Reis vom Markt verschwand.
Die Ursache für Beriberi ist indessen ein Mangel an Thiamin, und es ist möglich, dass bestimmte Schimmelpilze verhindern, dass der Körper Thiamin aufnimmt. Chistiaan Eijkman entdeckte Thiamin und sah es als Auslöser für Beriberi, was ihm 1929 den Nobelpreis brachte.
Gegen 1900 hatte sich Beriberi zu einem globalen Problem entwickelt: Brasilianer litten darunter ebenso wie Menschen in Indonesien, und allein in China gab es Millionen von Betroffenen. In Europa war Beriberi nie ein Problem, und das führte lange zu der falschen Vorstellung, dass es sich um eine Tropenkrankheit handle.
Tod durch weißen Reis
Die Ursache für die ausreichende Versorgung mit Vitamin B1 und Thiamin lag jedoch in den europäischen Essgewohnheiten: In Europa ist Brot eine Basis der Ernährung. Wenn es sich dabei um Vollkorn handelt oder um Brot aus ungeschältem Getreide, dann ist eine Versorgung mit B1 gewährleistet. Auch die im Brot und Bier enthaltene Hefe sorgt für eine Zufuhr an Vitamin B1.
In Asien zeigte sich das ebenfalls deutlich: In Indien wurde Beriberi nie zu einer “Volksseuche” wie in China. Ungeschälter Reis versorgt den Körper nämlich mit B1, und im weit verbreiteten Parboiled Rice bleiben die Vitamine erhalten, während im modernen China Reis grundsätzlich weiß, also geschält war und Vitamin B1 verlor.
In Europa setzen sich vor allem Alkoholiker dem Risiko eines Thiamin-Mangels aus, denn Alkohol im Körper erschwert es, Thiamin zu speichern und aufzunehmen.
Pellagra
“Dermatitis, diarrhea, dementia, and death” gelten als die vier Ds, die diesen Mangel an Vitamin B3 auszeichnen. Ursache ist eine Ernährung, die hauptsächlich aus Mais besteht. Europäer wurden zuerst in Nordspanien auf die Krankheit aufmerksam und nannten sie “asturische Leprose”.
Doch unter dem Mangel litten Menschen überall in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika, wo frisches Fleisch selten auf den Tisch kam, und die tägliche Ernährung vor allem auf Mais bestand.
Symptome bei Pellagra
Der Mund wird rot, die Zunge schwillt an, die Betroffenen leiden an Durchfall und verlieren das Gedächtnis. Die Haut wird anfällig für Infektionen, sie müssen sich übergeben, und der Kot ist mit Blut vermischt.
Sie können nicht schlafen, fühlen sich erschöpft und erscheinen apathisch. Die Apathie entwickelt sich zu handfesten Depressionen, Verwirrung, und die Betroffenen leiden unter Halluzinationen. Dann fühlen sich ihre Gliedmaßen taub an und sie haben ihre Bewegungen nicht mehr unter Kontrolle.
Die Patienten brauchen eine Ernährung, die reich ist an Vitamin B3 (Niacin), dazu gehören Leber, Muskelfleisch, Vollkorngetreide und Brot.
Xerophthalmie – Mangel an Vitamin A
Der Körper braucht Vitamin A, um die Zellen aufzubauen. Folgende Lebensmittel enthalten Carotenoide, die notwendig sind, um Vitamin A aufzunehmen: Grüne Blattgemüse, Karotten, rotes Palmöl, Mangos und Papajas. Vorgeformtes Vitamin A sind in Leber, Muttermilch, Fischöl, Eiern und Milchprodukten.
Ein Mangel an Vitamin A führt zu Augenerkrankungen bis hin zur Blindheit, einer erhöhten Sterberate, besonders bei Kleinkindern und schwangeren Frauen. Für Kleinkinder ist ein Vitamin-A-Mangel besonders gefährlich, denn sie brauchen Vitamin A für ihr Wachstum. Kinder sind zudem anfällig für Infektionen und innere Erkrankungen, die wiederum das Absorbieren von Vitamin A behindern.
Bei einer Xerophtalmie produzieren die Tränendrüsen nicht genug Flüssigkeit, und die Augen trocknen aus. In der Folge entzünden sich die Augenschichten, die Iris, Pupillen und das Weiße im Auge schützen. Die Augen schwillen an, und die Betroffenen werden nachtblind.
Nachtblindheit
Vitamin A spielt eine wesentliche Rolle für die photorezeptorischen Funkionen, und deshalb ist eine mangelhafte Anpassungt des Sehvermögens an die Dunkelheit eine frühes Zeichen eines entsprechenden Mangels.
Betroffene Kinder können sich im Dämmerlicht nicht mehr orientieren. Patienten können bei schwachem Licht kein Auto fahren, und selbst in einer Vollmondnacht sehen sie ausschließlich von den Autoscheinwerfern angestrahlte Objekte.
Auch wenn andere Symptome fehlen, ist Nachtblindheit ein gutes Indiz, um einen Mangel an Vitamin A zu untersuchen.
Der verderbliche Blutmangel – Megaloblastäre Anämie
Dieser auch als Perniciöse (bösartige) Anämie bezeichnete Form beschreibt ein Syndrom, das mit einer gestörten Aufnahme von Folsäure und Vitamin B12 zusammenhängt. Das liegt zum Beispiel an einer Leukämie als Basiserkrankung oder auch an fortgeschrittenem Alkoholismus. Die Vitamin B12 und Folsäure-Aufnahme wird außerdem durch die Einnahme von Magensäure-Blockern gestört und auch Vegetarier/Veganer sind gefährdet.
Wenn Vitamin B12 und Folsäure fehlen, können die roten Blutkörperchen nicht effektiv arbeiten, die Durchblutung stockt, und der Körper wird nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt.
Blutarmut und Alkoholismus
Dieser Vitamin- und Blutmangel zeigt sich durch ein Kribbeln in den Fingern und Zehen. Die Patienten werden müde, leiden an wasserartigem Durchfall, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit.
Um einen Mangel an B12 zu erkennen, müssen sie zum Arzt, der ein komplettes Blutbild erstellt und so nachprüft, wie viel B12 und Folsäure das Blut enthält. Proben lassen sich auch aus dem Knochenmark entnehmen.
Liegt eine Leukämie als Basiserkrankung zugrunde, sind erhöhte Dosen von Folsäure und Vitamin B12 Präparaten angesagt. Bei Alkoholikern geht es erst einmal um Alkoholverzicht, und, damit verbunden um eine ausgewogene Ernährung.
Vitamin B12 findet sich in Fleisch, Fisch, Eiern und Milch. Vitamin B12 Mangel entsteht meist durch Mangel an einem Protein um Magen, dem intrinsischen Faktor. Ohne diesen kann ein Mensch kein Vitamin B12 aufnehmen, egal, wie viel davon in seiner Nahrung enthalten ist.
Eine Blutarmut aus Vitamin-B12-Mangel lässt sich an den fortgeschrittenen Symptomen von anderer Blutarmut unterscheiden: Die Betroffenen leiden unter Störungen des peripheren Nervensystems, Gleichgewichtsstörungen beim Gehen und Demenz. Wenn der Mangel nicht frühzeitig behoben wird, können diese Störungen chronisch werden.
Das Problem vieler Patienten ist, dass Alkoholrausch und Alkoholismus ebenfalls Demenz und Gleichgewichtsstörungen verursachen, auch ohne Mangel an Vitamin B12.
Probleme mit der Blutgerinnung
Vitamin-K-Mangel führt zu einer erhöhten Blutungsneigung, weil bestimmte Gerinnungsfaktoren von Vitamin K abhängig sind. Ähnlich wie bei der Bluterkrankheit könne hier schon kleine Verletzungen gefährlich werden.
Vitamin K findet sich in grünen Blattgemüsen und Olivenöl, sowie in Sojabohnen, grünen Erbsen und Bohnen, Kresse, Spargel, Spinat, Brokkoli und Weizenkörnern. Ein Mangel an diesem Vitamin kann an einer Glutenallergie bzw. Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) liegen, an einer zystischen Fibrose, Morbus Crohn, blutverdünnenden Drogen oder schweren Verbrennungen.
Ein Mangel an diesem Stoff kann zu Blutgerinnseln führen, Symptome sind Nasenbluten, Blut im Urin und Kot, schwarzer Stuhlgang oder heftige Blutungen während der Periode.
Biotinmangel
Biotin, Vitamin B7, unterstützt das Nervensystem und ist notwendig für die metabolischen Prozesse. Biotinmangel ist sehr selten und eine ungewöhnliche Störung der Nährstoffaufnahme. Wer sich ausgewogen ernährt, ist kaum davon betroffen.
Bestimmte Medikamente und Diäten können jedoch zu diesem Mangel führen. Erstsymptome sind Pilzinfektionen, Haarausfall, trockene Haut und Ausschlag. Appetitverlust, Schwächegefühl, depressive Stimmungen, Schuppen, Ekzeme und schlechte Muskelreflexe kommen hinzu.
Bleibt dieses Defizit unbehandelt, kann das schlimme Folgen haben. Muskelschmerzen und Taubheitsgefühle in den Gliedmaßen sind körperliche Symptome. Dazu kommt ein Prickeln auf der Haut, Halluzinationen und eine Hypersensitivität der Haut auf Stimulationen.
Die reichsten Quellen für Biotin sind Leber, Eigelb und Hefe, gute Lieferanten sind Käse, Hülsenfrüchte, Schweinefleisch, Lachs, Avokado oder Himbeeren.
Mangel an Vitamin B2: Rosa Zunge und aufgerissene Lippen
Ein Mangel an Riboflavin, dem Vitamin B2 zeigt sich durch eingerissene Mundwinkel und Lippen, eine geschwollene Kehle, blutunterlaufene Augen, eine Zunge in leuchtendem Rosa und zu wenig roten Blutkörperchen.
Diese Erkrankung entsteht meist durch eine unausgewogene Ernährung, oft sind ganze Gruppen von Menschen betroffen, die permanent zu wenig Lebensmittel mit Vitamin B2 zu sich nehmen. Dazu gehören Fleisch, Eier, Milch, Käse, Joghurt, grüne Blattgemüse und Vollkorn.
Auch bei ausgewogener Kost können Störungen der Leberfunktionen die Symptome auslösen, weil B2 jetzt nicht mehr verarbeitet werden kann.
An einem Mangel von Riboflavin leiden vor allem Arme in Entwicklungsländern. Diese haben keinen Zugriff auf so gut wie alle Lebensmittel, die B2 enthalten.
Menschen, die zusätzliches Protein brauchen wie Leistungssportler und Bodybuilder setzen sich ebenfalls einem hohen Risiko aus, einen Vitamin B2 Mangel zu erleiden.
B12-Mangel: Hirnstörung und Psychose
Dieses Defizit verursacht Schäden am Rückenmark und Hirnstörungen, die zu unwillkürlichen Bewegungen führen. Die Erkrankung verbreitet sich vor allem in der Dritten Welt, in den Industrieländern sind Veganer die Hauptrisikogruppe. Die Ursache: Pflanzen produzieren kein Vitamin B12.
Allesesser bekommen einen Mangel an Vitamin B12 vor allem durch Magen-Darm-Erkrankungen.
Symptome sind eingeschränktes Denkvermögen, Depressionen, Verwirrung, Psychosen, veränderte Reflexe, geschwächte Muskeln, eine entzündete Zunge, ein Verlust des Geschmacksvermögens, Herzschwäche und Unfruchtbarkeit. Autisten und Schizophrene haben äußerst niedrige Vitamin B 12 Werte. Inwieweit diese aber die Störungen auslösen, ist noch nicht erforscht.
Pilze für Veganer?
Vitamin B12 baut zusammen mit Vitamin B6 und Folsäure das giftige Homocystein in einen ungiftigen Stoff um. Fehlt jetzt Vitamin B12, steigt der Giftstoff um Blut und schadet den Blutgefäßen, was zu Erkrankungen des Herz-Kreislaufs führen kann.
Besonders viel B12 enthalten Innereien: Nieren, Leber und Hirn. Wer das nicht mag, kann auf Geflügel, rotes Fleisch, Eier und Fisch zurück greifen und viel Milch und Milchprodukte zu sich nehmen.
Und Veganer, die Hauptrisikogruppe? In der Natur gibt es bei Säugetieren keine rein vegane Ernährung. Auch Pflanzenfresser nehmen zwangsläufig kleine Maden, Larven, Insekten, Schnecken und unzählige Mikroorganismen auf, die voll mit Vitamin B12 stecken.
Nur sehr wenige Nahrungsmittel für Veganer enthalten Vitamin B 12, allen voran zwei Pilze, nämlich der Echte Pfifferling und die Totentrompete, wobei Pfifferlinge regelmäßig im Handel erhältlich sind. Das war es dann auch schon. Veganer sollten deshlab zu einem Nahrungsergänzungsmittel greifen, das Vitamin B 12 enthält.
Kribbelnde Finger – Vitamin B 5
Ein Mangel an Vitamin B5 zeigt sich als Taubheitsgefühl, Kribbeln oder Brennen in den Fingern, Zehen, Händen und Füßen. Diese Symptome können spontan eintreten wie verschwinden.
Vitamin B5 ist auch unter dem Namen “Pantothensäure” bekannt. Der Name stammt ab vom Begriff “pantos”, ein griechisches Wort, das “überall” bedeutet und die Tatsache widerspiegelt, dass dieses Vitamin in einer Vielzahl von Lebensmitteln verfügbar ist.
Die besten Quellen für Vitamin B5 sind Brauhefe, Avokado, Hülsenfrüchte, Linsen, Eigelb, Brokkoli, Tomaten, Rindfleisch, Truthahn, Ente, Huhn, Süßkartoffeln, Sonnenblumenkerne, Vollkornbrot und Lachs. Beim Kochen wird das Vitamin beschädigt.
Die brüchige Schönheit – Vitamin E
Unter den 13 Vitaminen, die unser Körper benötigt, ist Vitamin E einer der wichtigsten. Der Stoff verlangsamt den Altersprozess, beeinflusst die Entwicklung der Nerven, stärkt die Muskeln und stützt die Fruchtbarkeit.
Vitamin E hält die Blutgefäße offen, so dass das Blut frei fließen kann und hilft den Zellen des Körpers, zusammen zu arbeiten, um die Körperfunktionen aufrecht zu erhalten. Der Stoff ist notwendig, damit Skelett und Muskeln funktionieren.
Vitamin E ist der Stoff der Schönheit. Es glättet das Bindegewebe und bremst Cellulitis.
Ein Mangel zeigt sich in Beinkrämpfen, trockene bzw. brüchige Haare und Haarverlust, Unfruchtbarkeit, Magenkrankheiten und Schmerzen. Nervenstörungen zeigen sich durch fehlende Kontrolle der Bewegungen in Händen, Beinen und Füßen.
Verdauungsprobleme sind die Folge, weil der Körper ohne Vitamin E Nährstoffe nicht verarbeiten kann. Diese wiederum führen zu Leberkrankheiten und Erkrankungen der Gallenblase.
Die besten Quellen für Vitamin E sind Pflanzenöle, besonders Olivenöl, Maiskeim- und Sojaöl, außerdem Nüsse wie Walnüsse, Cashewnüsse, Haselnüsse und Mandeln.
Hilfe für Entwicklungsländer
Für hunderte von Millionen Menschen, die zwischen Marokko und Indonesien, Mali und der Mongolei an Vitaminmangel leiden, sind regulär verteilte Vitaminpräparate ebenso notwendig wie Impfungen gegen die großen Seuchen.
Jeder dritte Mensch weltweit leidet mindestens an einem Vitaminmangel. Laut Unicef besitzen rund zwei Milliarden Menschen aus diesen Gründen nicht ihre volle Leistungsfähigkeit. Die verbreitetsten Folgen sind eine schlechte geistige Entwicklung und ein schwaches Immunsystem, das wiederum zu Folgeerkrankungen führt.
Die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Länder wird durch diesen Mangel erheblich gestört.
Allein Vitamin-A-Präparate könnten jährlich 600.000 Kindern in der Dritten Welt das Leben retten. 190 Millionen Kinder leiden laut der WHO an einem Vitamin-A-Mangel, und sie sind geplagt von Nachtblindheit, Blutarmut und Wachstumsstörungen, außerdem anfällig für Infektionen. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Klaus Pietrzik, Dieter Loew, Ines Golly: Handbuch Vitamine: Für Prophylaxe, Therapie und Beratung, rban & Fischer Verlag/Elsevier GmbH, 2017
- Erich Grafe: Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten und ihre Behandlung, Springer, 1958
- Wolfgang Hartig et al.: Standards für Klinik, Intensivstation und Ambulanz, Thieme, 2003
- Andreas Jopp: Risikofaktor Vitaminmangel: Hochleistungsstoffe für Nerven und Immunsystem - Schutz gegen Krebs, Trias, 2010
- Kenneth J. Carpenter: "The Discovery of Vitamin C", in: Annals of Nutrition and Metabolism, Volume 61 Issue 3, 2012, karger.com
- Liliane Diab, Nancy F. Krebs: "Vitamin Excess and Deficiency", in: Pediatrics in Review, Volume 39 Issue 4, 2018, American Academy of Pediatrics
- Dieter Steinhilber: "Vitamin D – das Prohormon unter den Vitaminen", in: Pharmakon, Volume 7 Issue 2, 2019, Ingenta Connect
Wichtiger Hinweis:
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