Splenomegalie
Als vergrößerte Milz bzw. Milzschwellung (medizinisch Splenomegalie) wird eine akute oder chronische Vergrößerung der Milz bezeichnet, welche unter anderem zu Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen und Völlegefühl führen kann. Eine Splenomegalie ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Befund, der analog zu den verschiedenen Funktionen der Milz ganz unterschiedliche Ursachen haben kann – in den meisten Fällen liegen jedoch Infektionskrankheiten (z.B. das Pfeiffer-Drüsenfieber) oder Erkrankungen des Blutes (z.B. Leukämie oder Morbus Hodgkin) vor, zudem kann eine Splenomegalie aber auch beispielsweise durch rheumatische Erkrankungen oder eine Blutvergiftung (Sepsis) entstehen.
Inhaltsverzeichnis
Synonyme
Milzvergrösserung, Vergrößerung der Milz, Splenomegaly, Milzschmerzen, vergrößerte Milz.
Die Milz
Die Milz (lateinisch: Lien, griechisch: Splen) ist ein etwa 11×7×4 Zentimeter großes und 150 bis 200 Gramm schweres Organ, welches zum sogenannten „Lymphatischen System“ gehört und sich im linken Oberbauch, genauer unterhalb des Zwerchfells und oberhalb der linken Niere, befindet. Das bohnenförmige Organ ist von einer straffen Bindegewebskapsel umgeben, welche das eigentliche Milzgewebe – die Milzpulpa – schützt und hat drei wesentliche Aufgaben: Zum einen reifen in ihr bestimmte weiße Blutkörperchen (den sogenannten B- und T-Lymphozyten) zur Abwehr körperfremder Stoffe heran. Zum anderen dient sie der Filtration und dem Abbau von überalterten roten Blutkörperchen sowie als Speicherort für weiße Blutkörperchen und Blutplättchen (Monozyten). Die unterschiedlichen Funktionen der Milz werden auch farblich deutlich: So scheint der Bereich, der für die Immunabwehr zuständig ist, weiß (weiße Pulpa), der Blutfilter der Milz hingegen ist von tiefroter Farbe (rote Pulpa).
Neben der eigentlichen Milz bestehen bei etwa 10 Prozent der Menschen zusätzlich ein oder mehrere so genannte „Nebenmilzen“ (Splen accessorius), d.h. kleine knötchenförmige Organe aus Milzgewebe, welche in Aufbau und Funktion mit der „Hauptmilz“ identisch sind und sich meist in der Nähe der Milzpforte befinden. Muss eine Milz aufgrund einer Krankheit operativ entfernt werden, werden auch diese Nebenmilzen relevant – denn ohne ein vollständiges Entfernen aller Milzen, kann die Krankheit nicht komplett ausheilen.
Vor der Geburt und beim Kleinkind ist die Milz ein lebenswichtiges Organ, da sie wesentlich an der Bildung der weißen Blutkörperchen und (etwas weniger) der roten Blutkörperchen beteiligt ist. Für Erwachsene hingegen ist sie nicht lebensnotwendig, da ihre Funktionen von der Leber, dem Knochenmark und anderen lymphatischen Organen übernommen werden können. Dementsprechend bringt eine Entfernung der Milz (z.B. infolge einer starken Blutung) meist keine schwerwiegenden Komplikationen mit sich, häufig zeigt sich jedoch bei Betroffenen mit funktionsunfähiger oder fehlender Milz eine erhöhte Anfälligkeit für Infekte.
Definition Vergrößerte Milz
Eine vergrößerte Milz (Splenomegalie) bezeichnet eine akute oder chronische Vergrößerung der Milz, d.h. im Normalfall eine Übersteigerung des Organ-Gewichts um 350g oder eine Überschreitung der Normalwerte (Länge 11cm, Breite 7cm, Dicke 4cm). Zur exakteren Bestimmung des Ausmaßes einer Splenomegalie dient eine Abgrenzung in drei Stufen: So liegt bei einer leichten Splenomegalie das Organgewicht bei unter 500 g, bei einer moderaten Splenomegalie zwischen 500 und 800 g und bei einer massiv vergrößerten Milz bei über 1.000 g.
Symptome
In vielen Fällen verursacht eine geschwollene bzw. vergrößerte Milz kaum Symptome. Wird die Milz jedoch so groß, dass sie auf den Magen oder andere Organe im Bauchraum drückt, kommt es häufig zu einem Völlegefühl, allgemeinem Unwohlsein oder Übelkeit und Erbrechen. Zum Teil treten Druckbeschwerden während des Essens auf, in anderen Fällen jedoch auch ohne, dass gerade gegessen wird. Darüber hinaus treten Milzschmerzen infolge eines vergrößerten Organs teilweise in Form von Bauchschmerzen und/oder Rückenschmerzen in der Milzregion auf, bei einigen Betroffenen ziehen die Schmerzen auch bis in die linke Schulter, die Brust oder den Rücken.
Zumeist zeigen sich jedoch in erster Linie Symptome der Erkrankung, die der Milzvergrößerung zugrunde liegen: Häufig treten hier Fieber (z.B. bei Infektionen), schmerzhafte geschwollene Lymphknoten am Hals (bei Pfeiffer-Drüsenfieber) oder Gelenkbeschwerden (bei rheumatischen Erkrankungen) auf.
Zudem kann eine vergrößerte Milz zu einer Überfunktion (Hyperspleniesyndrom), d. h. einem übermäßigen Abbau von Blutzellen führen, was häufig mit typischen Symptomen einer Blutarmut wie Blässe, Müdigkeit, einem Schwächegefühl oder Herzrasen einhergeht. Besteht in diesem Zusammenhang ein Mangel an weißen Blutkörperchen, bedeutet dies häufig eine höhere Anfälligkeit für Infektionskrankheiten, im Falle von verminderten Blutplättchen kann es bei Betroffenen zudem z.B. schneller zu Nasenbluten kommen.
Ursachen von Vergrößerte Milz
In den meisten Fällen ist eine Splenomegalie eine Folge anderer Erkrankungen oder Infektionen, nur selten liegt eine Erkrankung vor, die sich nur auf die Milz selbst bezieht. Häufig liegen Erkrankungen des Blutes oder des lymphatischen Systems vor, wie z. B. Leukämie oder Morbus Hodgkin, einem bösartigen Tumor des Lymphsystems.
Neben dem wird eine vergrößerte Milz häufig auch durch Infektionskrankheiten wie z.B. Tuberkulose, Malaria oder dem Pfeiffer-Drüsenfieber verursacht, einer häufigen und im Regelfall harmlosen Erkrankung, die durch das Epstein-Barr Virus ausgelöst wird. Auch eine Blutvergiftung (Sepsis) kommt als Ursache in Betracht, bei der sich eine Infektion unkontrolliert im Körper ausbreitet, daher schnell lebensgefährlich werden kann und dementsprechend schnell behandelt werden muss.
Auch rheumatische Erkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes oder so genannte „Speicherkrankheiten“ können eine Splenomegalie verursachen, d.h. Soffwechselstörungen, bei denen es zu einer Einlagerung von Stoffwechselprodukten in Gewebe und Organen kommt, welche in der Folge krankhaft verändert werden (wie z.B. Morbus Gaucher).
Zudem kann ein Blutstau vor der Leber der Auslöser sein, wenn sich das Blut vom Magen-Darm-Trakt bis zur Milz zurück staut, statt über die Pfortader durch die Leber abzufließen. Ein solcher Blutstau kann durch eine Reihe von Krankheiten verursacht werden, z.B. durch eine Leberzirrhose, Bauchspeicheldrüsenentzündung (Pankreatitis) oder einer Entzündung der Leber (Hepatitis). Auch Tumore oder Zysten, d.h. mit Flüssigkeit gefüllte Gewebehohlräume der Milz, können eine Splenomegalie hervorrufen.
Darüber hinaus kann auch eine Blutarmut (Anämie) in Form einer Kugelzellenanämie mit einer vergrößerten Milz einhergehen. Kennzeichnend für diese häufigste hämolytische Anämie in Mitteleuropa ist ein krankhaft erhöhter Abbau von roten Blutkörperchen durch die Milz. Als Auslöser einer Splenomegalie, die die Milz als solches betreffen, können schließlich unter anderem Blutergüsse (Hämatome) oder Blutschwämmchen (Hämangiome) des Organs betrachtet werden.
Diagnose
In einem ersten Schritt dient dem Arzt zur Feststellung einer Splenomegalie normalerweise eine körperliche Untersuchung, denn im Gegensatz zur gesunden Milz kann eine vergrößerte Milz links unter dem Rippenbogen ertastet werden, wenn der Patient tief einatmet.
Eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) sowie weitere bildgebende Verfahren wie die Computertomographie können anschließend Aufschluss über Größe der Milz sowie die Ursache der Vergrößerung geben. In den meisten Fällen werden zudem Blutuntersuchungen durchgeführt – hier geben Größe und Form der Blutkörperchen Aufschluss über die Ursache der Splenomegalie, eine Knochenmarkuntersuchung kann darüber hinaus Blutkrebs wie Leukämie oder ein Lymphom oder eine Anreicherung unerwünschter Substanzen (Speicherkrankheit) aufdecken. Mit Hilfe einer Messung des Eiweißgehalts im Blut können außerdem Erkrankungen wie Malaria und Tuberkulose ausgeschlossen werden.
Eine weitere Möglichkeit, um eine Splenomegalie bzw. eine Überfunktion der Milz (Hyperspleniesyndrom) verlässlich zu identifizieren, bietet die so genannte „Szintigraphie“ – ein bildgebendes Verfahren der nuklearmedizinischen Diagnostik, bei welchem die Blutzellen mit einer speziellen Substanz eingefärbt und dadurch sichtbar gemacht werden können.
Therapien und Behandlungsoptionen
Die Behandlung einer Splenomegalie richtet sich normalerweise nach der Grunderkrankung. Kann diese erfolgreich geheilt bzw. unter Kontrolle gebracht werden, hat dies meist auch einen positiven Effekt auf die vergrößerte Milz. Zeigt sich hier jedoch kein Erfolg oder treten weitere Komplikationen (z.B. eine Blutarmut oder ein Blutplättchenmangel) auf, wird in seltenen Fällen eine chirurgische Milzentfernung (Splenektomie) durchgeführt. Ein solcher Eingriff kann aber z.B. auch bei einem Milzriss in Folge eines schweren Unfalls notwendig werden. Die operative Vorgehensweise ist dabei sehr vielfältig – so besteht grundsätzlich die Möglichkeit, die Milz vollständig (totale Splenektomie) oder aber nur teilweise (subtotale Splenektomie) zu entfernen. Diese Eingriffe können heute minimal-invasiv erfolgen, in Abhängigkeit von der Grunderkrankung oder der Größe der Milz kann jedoch eine offene Operation angebracht sein.
Da die Milz im menschlichen Körper eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr einnimmt, besteht nach der operativen Entfernung des Organs normalerweise ein erhöhtes Infektionsrisiko gegenüber Infektionen mit bekapselten Bakterien (z.B. Pneumokokken, Meningokokken und Haemophilus influenzae), wobei hier insbesondere Formen der Lungenentzündung, der Hirnhautentzündung sowie Ohren- oder Nasennebenhöhlenentzündungen eine zentrale Rolle spielen. Als wichtige, sehr effektive Vorsorgemaßnahme hat sich dabei bei Patienten nach einer Milzentnahme eine Impfung gegen die häufigsten bekapselten Bakterien erwiesen. Bei geplanten Eingriffen wird der Patient möglichst 2-3 Wochen vor der Operation geimpft, wobei die Impfung alle 5-10 Jahre wiederholt werden muss, denn Infektionen mit den genannten Bakterien können nach einer Splenektomie einen schweren Verlauf nehmen. Gerade bei Kindern und Jugendlichen, deren Immunsystem deutlich schwächer ist als bei Erwachsenen, zeigen sich hier häufig eine besonders hohe Anfälligkeit für die genannten Infektionen und zumeist schwerwiegendere Krankheitsverläufe – daher wird eine operative Entnahme der Milz nach Möglichkeit erst nach dem 6. Lebensjahr durchgeführt.
Eine alternative Methode zur Linderung von Beschwerden durch eine stark angeschwollene Milz bietet in einigen Fällen die Strahlentherapie des gesamten Organs mit extrem niedrigen Strahlendosen (0,2 Gy).
Anwendungen in der Naturheilkunde
Die Naturheilkunde zeigt sich häufig gerade in Hinblick auf die vielfältigen Funktionen der Milz als sinnvolle und effektive Ergänzung bzw. Alternative zur herkömmlichen Therapie. Generell wird im Zusammenhang mit Milzbeschwerden häufig aus naturheilkundlicher Sicht empfohlen, neben der direkten Behandlung der Milz besonders auf einen regulierten Säure-Basen-Haushalt und eine entsprechende Ernährung zu achten, d.h. eine ausgewogene und naturbelassene Nahrung mit vielen Vital- und Mineralstoffen sowie Vitaminen.
Während eine spezielle Milz-Ernährung in der hiesigen Medizin kaum eine Rolle spielt, ist diese in der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) fest verankert und gilt der Stärkung des Milz-Qi, welches die Aufgabe hat, die Energie aus der Nahrung zu entnehmen und sie dem Körper restlos zur Verfügung zu stellen. In diesem Zusammenhang wird in der TCM eine leicht süße und bittere Kost angeraten, wobei die Bitterstoffe aus Gemüse (z.B. Fenchel), Obst und Kräutern (z.B. Koriander, Nelken) stammen sollten und die Süße durch ausgiebiges Kauen erreicht wird, da auf diesem Wege die Kohlenhydrate bereits in Zucker umgewandelt werden. Als förderlich für die Milz gelten zudem warme Speisen, daher empfehlen die Chinesen eine gegarte Kost mit Vollkornbreien aus
Weizen, Hafer, Gerste, Reis, Hirse, Mais und Esskastanien. Darüber hinaus werden in vielen Fällen u.a. Hülsenfrüchte und Nüsse, mageres Fleisch von Huhn, Fasan oder Schaf, einige Fischarten sowie verschiedene Gewürze (z.B. Nelken, Sternanis, Muskat und Zimt) als geeignet betrachtet.
In der westlichen Pflanzen- bzw. Kräuterheilkunde (Phytotherapie) finden sich generell nur vereinzelnd Heilpflanzen, denen ein starker Bezug zur Milz zugeschrieben wird – im Fall einer Milzschwellung kommen Grindelia und Scolopendrium (Hirschzungenfarn) in Frage, darüber hinaus eignen sich auch die Bitterpflanzen, wie z.B. Kalmus, Enzian, Ingwer, Löwenzahn oder auch Wermut. Die Heilpflanzen können generell entweder als Teedrogen oder auch in Form von arzneilichen Aufbereitungen sowie als Homöopathika genommen werden, im Bereich der Homöopathie findet darüber hinaus bei einer Milzvergrößerung häufig Ceanothus americanus Anwendung.
Unabhängig davon, welche naturheilkundliche Behandlungsform im Einzelnen in Frage kommt, sollte in jedem Fall zunächst ein spezialisierter Facharzt aufgesucht werden, um schwerwiegende Erkrankungen oder Verletzungen auszuschließen, die unter Umständen einen chirurgischen Eingriff notwendig werden lassen könnten. Darüber hinaus sollte jede Form der alternativen Medizin mit einem entsprechenden Experten beraten und abgestimmt werden, um so die bestmögliche Therapie entwickeln und Risiken ausschließen zu können. (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Harald Th. Lutz: Ultraschallfibel Innere Medizin, Springer Science & Business Media, 2007
- Pschyrembel Online: www.pschyrembel.de (Abruf: 17.08.2019), Splenomegalie
- Israel Pentmann: Zur Lehre der Splenomegalie: Diffuse Kapillarendothelwucherung in Milz und Leber mit Kavernombildung in Milz, Leber und Wirbelkörper, J.F. Bergmann-Verlag, 1915
- Klaus-Peter Zimmer; Burkhard Rodeck: Pädiatrische Gastroenterologie, Hepatologie und Ernährung, Springer, 2013
- Walter Siegenthaler et al.: Siegenthalers Differenzialdiagnose: Innere Krankheiten - vom Symptom zur Diagnose, Thieme, 2005
- Gabriela Aust; Gerhard Aumüller; Joachim Kirsch; Jürgen Engele: Duale Reihe Anatomie, Georg Thieme Verlag, 2017
- Axel Stäbler: Radiologie-Trainer Körperstamm, Innere Organe und Gefäße, Georg Thieme Verlag, 2006
- Gustav Paumgartner; Gerhard Steinbeck: Therapie innerer Krankheiten, Springer-Verlag, 2013
- Herta Richter; Michael Schünemann: Spagirisch heilen: Die JSO-Komplex-Heilweise, Foitzick Verlag, 2003
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.