Dr. Utz Anhalt: Ufo-Gläubige und Schizophrene – Der Verschwörungswahn
Verschwörungsmythen grassieren besonders in gesellschaftlichen Krisen, wenn Menschen unter Ängsten leiden und Schuldige suchen, um ein Ventil für diese Ängste zu finden.
Verschwörungen zu vermuten, gehört ebenso zu unserem evolutionären Erbe wie zur menschlichen Kultur: Menschen suchen nach Erklärungen für die Geschehnisse in der Umwelt und vermenschlichen diese – unsere Erinnerungen konstruieren permanent Sinnzusammenhänge zwischen Ereignissen, die nur subjektiv Sinn ergeben.
Inhaltsverzeichnis
Sobald Menschen Gruppen bilden, Sinnbilder entwerfen, Kulturen entwickeln und Rituale vollziehen, basteln sie automatisch Äußeres und Inneres, Umwelt und unbewusste Antriebe zu einem System, in dem sie sich orientieren.
Das wilde Denken
Dieses „wilde Denken“ hat den Vorteil, dass die nichtmenschliche Natur, die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft, Tiere, Pflanzen und Steine mit Gemeinschaft, Gesellschaft und menschlichem Individuum in einer Einheit gedacht werden. Das ermöglicht uns, uns in der Welt zu bewegen.
Verschwörungen, die „nur“ in den Mythen existieren, nicht aber in der Welt, prägen die Erinnerung der Völker vermutlich seit unseren Anfängen. Der böse Ahriman, der sich gegen den guten Ahuramazda verschwor, im alten Persien floss ein in die Verschwörung des Teufels gegen Gott im Christentum und in die des Scheitans gegen Allah im Islam.
Fast alle Schöpfungsmythen kennen dunkle Mächte, die sich gegen die Kräfte des Lichts verschworen, weil die Menschen ebenso wohl tuenden wie zerstörerischen Ereignissen der Natur ausgesetzt sind.
Die Fähigkeit von Menschen, die Natur zu beseelen, bezeichnen wir als Animismus: In Bäumen, Flüssen und Bergen, in Tieren und Pflanzen leben in dieser Vorstellung Wesen, die wie Menschen denken, fühlen und handeln.
Kleine Kinder denken automatisch in solchen Geschichten voll lebendiger Wesen; erst mit dem Alter von vier oder fünf Jahren beginnen sie, die äußere Umwelt von der seelischen Innenwelt zu trennen.
Der Ground Zero
Verschwörungsmythen verbreiten sich jedoch nicht nur bei traditionellen Kulturen und in dualistischen Religionen, sondern haben in der Postmoderne Hochkonjunktur.
Seit dem Anschlag auf das World Trade Center kursieren zum Beispiel unzählige Mythen, nach denen nicht islamistische Terroristen den Anschlag verübten. Besonders in arabischen Ländern ist die Version verbreitet, nach der die CIA und Israel das Verbrechen begingen.
Die Grenze zwischen investigativem Journalismus, der „flase flag“ Operationen aufdeckt und Verschwörungswahn lässt sich einfach ziehen: Kritische Journalisten recherchieren verschwiegene Fakten und entwickeln daraus ein Mosaik. Verschwörungsfantasten wissen von Anfang an, „wer dahinter steckt“ und lassen sich durch Fakten nicht beeindrucken, denn die sind in dieser Logik ebenfalls von den Verschwörern erfunden.
Das 20. Jahrhundert war gefüllt mit Verschwörungsmythen. Zu den ältesten gehört die „jüdische Weltverschwörung“, eine mörderische Fantasie, auf deren Boden die Nazis Auschwitz erbauten, und die heute, in der Regel mit dem Begriff „Zionisten“ statt „Juden“ sowohl in islamischen Ländern wie auch in Europa kursiert.
Das im Labor gezüchtete Aids-Virus, die Mondlandung, die angeblich nicht stattfand, Gerüchte um die Drahtzieher beim Tod von Uwe Barschel, Impfstoffe, die die Menschen vergiften, damit die Pharmaindustrie verdient, vermeintlich neue Erkenntnisse über das Attentat auf John F. Kennedy, ein fantasierter Anschlag auf die „Titanic“ oder verschwiegene UFO-Landungen – das sind nur einige Fabeln der Zeitgeschichte.
Die Internet-Truther
Verschwörungstheoretiker, so genannte Truther, vernetzen sich heute über das Internet. Der Journalist Andreas Hallaschka recherchierte in den einschlägigen Foren und schrieb: „Über Facebook erfuhr ich nun, dass die Freunde meiner Freunde überzeugt waren, dass gefährliche Giftstoffe sich als weiße Streifen am Himmel niederschlügen, reptilienartige Aliens in Menschengestalt uns beherrschten, es in Wahrheit gar keine Bundesrepublik gäbe, sondern das III. Reich fortbestünde und die „FED“, also das amerikanische Zentralbanksystem, seit mehr als 100 Jahren das Weltgeschehen steuere, für alle Kriege verantwortlich sei und letztlich – wie fast alle anderen Zentralbanken der Welt– von der Familie Rothschild und wenigen anderen beherrscht würde.”
Die Kritiker dieser Imagination gehören in der paranoiden Logik selbst zur Verschwörung, werden wahlweise von den „Mainstreammedien“, der NATO oder dem Mossad bezahlt, wobei die „Truther“ die Zutaten ihrer Fantasien unterschiedlich kombinieren. Die etablierteste aller Verschwörungs-Theorien, nämlich die von der „jüdischen Weltverschwörung“ ist in diversen Varianten natürlich auch dabei, als „Zionisten“, „Mossad“ oder „Israel-Lobby“.
Da sämtliche etablierte Medien angeblich die Wahrheit verschweigen, gelten nur „alternative Medien“ als glaubwürdig. Das sind dann das Compact Magazin, „Infokrieger“, Ken FM, Kopp Verlag, Nuoviso TV, Alpenparlament, Klagemauer TV, News 23, also alles Magazine, in denen Verschwörungs-Fantasie, Rechtsesoterik und Geschichtsrevisionismus sich die Hand reichen.
Holcaustleugnerinnen wie die Nazi-Anwältin Sylvia Stolz treffen Angstgestörte, die Kondensstreifen von Flugzeugen für giftige Chemtrails halten, und der Goldhändler Andreas Popp, der die Zinstheorie des NS-Wirtschaftstheoretikers Feder vertritt, gesellt sich zu Paranoikern, die AIDS für ein Produkt des CIA halten.
Die Verschwörungsmentalität
Psychologen sprechen von Konfabulation, also davon, Fabeln zu erfinden, um eine widersprüchliche Wirklichkeit als in sich logisch zu erklären.
Die fiktive Ursache hinter einem Geschehen gibt Sicherheit. So fragen heutige Verschwörungstheoretiker nach dem „Cui Bono“, wem nützt es, und folgern daraus, dass Börsenmakler, „Zionisten“ oder die CIA den Anschlag auf das WTC verübten.
Sie verfahren damit nicht anders als die Hexenverfolger der frühen Neuzeit. Ernteeinbrüche, Viehkrankheiten, jedes Leiden und unerklärlicher Tod ließ sich auf das Wirken von Hexen im Bund mit dem Teufel erklären. Auf den verbrannten Leibern der als Hexen verbrannten Menschen beruhigte sich die Psyche der Mörder angesichts einer Vielfalt von Unglück, hinter dem eben kein persönlicher Täter stand.
Pathologie und Verschwörung
Am 26.12.1980 fand ein Wachmann beim Zellengang Richard Trenton Chase in seinem Bett liegend. Chase atmetete nicht. Die Autopsie ergab, dass der als „Vampir von Sacramento“ bekannte Serienmörder Selbstmord mit einer Überdosis antidepressiver Medikamente verübt hatte.
Chase tötete in seinen jungen Jahren Hunde, Katzen und Kaninchen, mixte aus deren Blut Cocktails und trank sie. Später ermordete er Menschen und trank ebenfalls deren Blut. Er glaubte, eine Verschwörung aus amerikanischer Mafia, Nazis, die den Weltkrieg überlebt hatten und Außerirdischen würde den Menschen das Blut austrocknen, und er benötige frisches Blut, um diese Verschwörer zu bekämpfen.
Ein Reporter schrieb kurz vor Chase Selbstmord über ihn: „Eingesunkene, glasige Augen, schlaffe haut, die an seinen ausgemergelten Knochen herabhängt, die Begegnung mit dem Mörder ist ein Schock, seine Augen erinnern an die des „Weißen Hais“ im gleichnamigen Film. Sie haben kaum etwas Menschliches, keine Pupille, nur schwarze Punkte. Er sieht die Menschen nicht an, sondern blickt durch sie hindurch, so als wären Menschen kein Teil seiner Welt.“
Der Serienmörder ist ein Paradebeispiel dafür, dass Verschwörungsfantasie in Kombination mit einer psychischen Störung gefährliche Folgen haben kann.
Der Verschwörungsroman
Jeder gute Romanschriftsteller, insbesondere, wenn er Psychothriller oder Politkrimis schreibt, könnte zum Guru in Verschwörungsmilieus werden, wenn er seine literarische Redlichkeit verlässt. Es ist kein Zufall, dass der Gründer von Scientology zuvor Science Fiction Romane schrieb.
Eine Verschwörung braucht nämlich -wie der Roman- handelnde Personen. In der Literatur ist dieses Stilmittel notwendig, um komplexe Geschehnisse anhand persönlicher Dramen begreifbar zu machen; Menschen stellen sich Geschichten vor, und das Unbewusste entwickelt ständig solche Stories, um Abstraktes zu verbildlichen.
Was beim Romancier aber eine Kunst ist, nämlich komplexe Wirklichkeiten narrativ zu unterfüttern, verfälscht beim Verschwörungstheoretiker die Wirklichkeit. Er reduziert zusammenhanglose Tatsachen auf eine klare Trennung von Gut und Böse. Ereignisse werden so zur Schuld bestimmter Personen: Geheimbünde, Freimaurer, Muslime, Dämonen oder der Mafia.
Die Wirklichkeit wird so zum Theater, und das hat fatale Konsequenzen, wenn jemand dieses Theater politisch umsetzt. Medien spielen dieses Theater mit, denn die literarischen Mittel ködern auch in Zeitungen die Leserschaft.
Ein Beispiel für ein solches Reduzieren politischer Probleme auf Personen war der Irak-Krieg gegen Saddam Hussein: Jede differenzierte Analyse hätte ergeben, dass auf den Sturz des Diktators keinesfalls eine Demokratie nach westlichem Zuschnitt folgen konnte.
Literatur erzählt Konflikte anhand von Charakteren; und so handelt der politische Attentäter / der Terrorist: Täter und Opfer treffen sich in einer Einheit von Zeit und Raum. Der Roman bedient dabei das Bedürfnis nach „Helden“, deren Taten das Geschehen bestimmen: Der „stumme Zwang der Verhältnisse“ hat im Unbewussten wenig Raum. Unsere Vorfahren, die im Blitz den Zorn eines Gottes sahen, unterschieden sich in dieser Hinsicht kaum von heutigen Verschwörungstheorien.
Allerdings fasziniert wie im Roman die Spannung des Zufalls: Wäre Stauffenbergs Bombe neben Hitler explodiert, wie wäre die Geschichte verlaufen? Hätte Thronfolger Ferdinand nach der Festnahme des ersten Attentäters seine Fahrt abgebrochen, wäre dann der erste Weltkrieg später ausgebrochen – oder vielleicht gar nicht?
Die Nähe des Attentats zur Erzählung führt sogar dazu, „mysteriöse“ Tode zum Attentat zu fantasieren. Die Sage wandelte das Ende des Hunnen Attila zum Beispiel zu einem Mord seiner Geliebten Hildlika. In Wirklichkeit starb er an einem Blutsturz.
Den König zu ermorden, um sich selbst als König auszurufen, also der Anschlag innerhalb des Systems, das klappt häufig. Der Attentäter jedoch, der das System verändern will, scheitert meist. Beim Attentat ist der Wunsch Vater der Tat; gesellschaftliche Veränderungen sind jedoch zähflüssig, und politische Strukturen lassen sich nicht mit sensationellen Akten beseitigen.
Objektiv beeinflussten die Attentäter die Politik kaum: Der Mord an Franz Ferdinand verursachte nicht den ersten Weltkrieg; das Attentat an Lincoln führte nicht die Sklaverei wieder ein, und der Mord an Gandhi beseitigte nicht die indische Demokratie.
Je spektakulärer die Tat, und je nahe liegender das Motiv, umso größer die Spekulation: Ein Anarchist ermordete 1898 „Sissi“, Elisabeth von Österreich, und der ehemalige Soldat Lee Harvey Oswald 1863 John F. Kennedy; der Kommunist Marinus van der Lubbe zündete 1933 den Berliner Reichstag an. Auch wenn solche Anschläge gerichtlich geklärt sind, und der Täter mutmaßlich auf eigene Faust handelte, sprudeln die Fantasien über „geheime Drahtzieher“:
Über den Mord an John F. Kennedy wurden über 2000 Bücher geschrieben, die mal die Mafia, mal den KGB, mal Rechtsradikale als Verschwörer vermuten, ohne belastbare Fakten zu liefern.
Hermann Göring hetzte nach dem Reichstagsbrand gegen eine „kommunistische Verschwörung“, und die Nazis fanden den passenden Anlass, das Ermächtigungsgesetz durch zu setzen und somit die Weimarer Verfassung abzuschaffen; der Kommunist Dimitroff hingegen sah den Brand von den Nazis inszeniert.
Die Verschwörungstheorie vermutet als Schuldigen für ein Geschehnis Personen oder Gruppen, denen sie sowieso alles Üble zutraut. Wenn sie einen Beleg für deren „Teufeleien“ finden, sehen sie sich bestätigt. Wenn der Beleg ausbleibt, bestätigt sie das ebenfalls; dann verstecken die Verschwörer die Beweise.
Wenn eine Frau zum Beispiel in der frühen Neuzeit in Europa oder heute in Teilen Afrikas, Indiens oder Neuguineas als Hexe gilt, dient alles als Beleg für ihre „Verbrechen“. Brennt bei ihr Licht, liest sie ihre Zauberbücher, ist das Licht aus, geht sie ihren Missetaten nach. Fanden die Folterer ein besonderes Muttermal, hatte der Teufel sie an dieser Stelle geküsst; fehlte das Zeichen, legte der Teufel ihre schützenden Hände über sie, indem er sie tarnte.
Die Verschwörung der Religion
Wie Religionen sind die Thesen über die Verschwörung universal gültig, und insbesondere Islam und Christentum badeten sich in solchen Verschwörungen – letztlich steckte immer der Teufel dahinter, der sich gegen Gott wandte. Ob Epilepsie, „Hexenschuss“, oder Symptome, die wir heute als psychische Störungen erkennen – Krankheiten waren ebenso das Werk des Teufels wie die Machenschaften des jeweiligen politischen Gegners.
Gabriele Amorth, Exorzist der Diözese Rom treibt heute die Teufel aus und erklärt die Besessenheit: „Satan ist ein wirkliches, persönlichgeistiges Wesen. Er gehört zu den Abertausenden von Gott geschaffenen Engeln. Wie alle Engel war der Teufel einst glücklich und gut, erlag dann aber einer Versuchung. Es steht fest, dass sich Satan und seine Anhänger aus eigener Schuld in Dämonen verwandelten, weil sie sich nicht in den Dienst Christi stellen wollten. Die Dämonen sind persönliche Wesen, weil sie Freiheit und Willen besitzen. Sie sind geistige Wesen, reine Geister, weil sie keine Seele und keinen Leib haben wie der Mensch. Darum benützen sie manchmal den Körper der Menschen.”
Das Purgatorium, die Reinigung durch das Feuer diente dazu, die Dämonen aus dem Körper zu vertreiben. Wer schrie, was ja nicht die Frau, die auf dem Scheiterhaufen verbrannte, sondern der Teufel, der aus ihrem Leib stieg.
Zum einen gibt es reale Verschwörungen unter Menschen. Kollegen setzen sich in geheimen Absprachen zusammen, um einen ungeliebten Mitarbeiter zu mobben, und kritische Journalisten deckten Watergate ebenso auf wie den Mord an Lumumba durch die CIA.
Wie der streng gläubige Christ jedoch alles, was auf Erden geschieht, als Ausdruck des kosmischen Dramas zwischen Gott und Teufel ansieht, sind politische Korruption, die Mafia von New York, oder die Affäre um die NSA für Verschwörungsmythologen lediglich sichtbare Hotspots eines unsichtbaren Netzes, in dem die Verschwörer überall ihre Fäden ziehen.
Dieses autarke Weltbild integriert ohne Probleme widersprüchliche Meinungen. So waren die gleichen Verschwörungstheoretiker davon überzeugt, dass die CIA Osama Bin Laden tötete wie damit, dass er heute noch lebt.
Der Verschwörungstheorie ist dabei nicht die Frage wichtig, was wirklich passierte, wie im investigativen Journalismus, sondern, dass die Verschwörer die Wahrheit verschweigen.
Damit sind Verschwörungstheorien nicht nur faktenresistent, sondern sogar kontrafaktisch. Ergibt die Untersuchung vermeintlicher UFOs über Neu Mexiko, dass es sich um ein Manöver der US-Army handelte, dann lassen die US-Behörden die Beweise verschwinden.
Fehlende Information?
Entstehen Verschwörungstheorien aus mangelndem Wissen, aufgrund dessen sich die Betroffenen ihre eigenen Erklärungen zusammen basteln? Manches spricht dafür. So denken kleine Kinder, wenn es regnet, dass im Himmel ein Mann mit einer Gießkanne sitzt.
Historiker sprechen vom „Kirchturmblick“, um Gemeinschaften zu kennzeichnen, deren Wahrnehmung sich auf das Umfeld ihres Dorfes beschränkt, und Geschehnisse in die Erfahrungen aus diesem engen Horizont einbetten.
Doch solche „Hinterwäldler“ entwerfen selten Verschwörungsmodelle mit universaler Gültigkeit, und Verschwörungstheoretiker wie Andreas Popp sammeln geradezu fanatisch „Gegeninformationen“, die ihre Konstrukte belegen.
Aber, und da sind sie den Gläubigen der großen Religionen gleich, sie akzeptieren keine Argumente, die ihre Modelle widerlegen. Das unterscheidet sie von Wissenschaft, zumindest von dem, was Wissenschaft sein sollte.
Redliche Wissenschaftler revidieren ihre Hypothesen nämlich, wenn auch ungern und oft erst nach enormem Gegendruck, wenn sie mit besseren Argumenten als falsch erkannt sind.
Verschwörungstheoretiker hingegen konstruieren ihre eigene „Wahrheit“, die in ihren sektenhaften Communities immer wieder neu bestätigt wird – wer sie kritisiert, gilt als Feind.
Mehr noch: Je mehr etablierte Wissenschaftler mit Fakten die Konstrukte aufbrechen, umso mehr sieht sich der Verschwörungstheoretiker als Rebell, der die „verschwiegene Wahrheit“ verkündet.
Selbst wenn die Verschwörungsmentalität pathologisch wird, und ihr Verkünder in der Psychiatrie landet, führt das höchstens dazu, dass seine Fans ihn zum Märtyrer stilisieren, ist dies doch der entscheidende Beleg dafür, dass er die Verschwörung aufdeckte.
Tunnelblick, das Ignorieren von widersprechenden Details, die Unfähigkeit, einen konstruktiven Dialog mit Menschen zu führen, die einen anderen Standpunkt vertreten, und der Verlust kritischen Denkens – all das zeichnet Verschwörungstheoretiker aus.
Kritisches Denken im wissenschaftlichen Sinn bedeutet vor allem Zweifel, aber auch Neugier, Offenheit für das Ergebnis und strenge Beweisführung. Das gilt auch für seriösen Journalismus, mit dem Unterschied, dass hier die Zeit der Recherche begrenzt ist, und der Journalist auf die Erkenntnisse von Fachleuten zurückgreifen muss.
Verschwörungsdenken ist in diesem Sinn unsauberes Denken. Die Hypothese einer Verschwörung selbst kann durchaus redlich sein, und einem solchen Verdacht nachzugehen, gehört sogar zum Handwerk von Journalisten, Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaft oder Historikern.
Zum Beispiel wissen wir dank der kritischen Historiographie heute, dass der englische König Richard III nicht das Monster war, als das er bei Shakespeare in die Geschichte einging, sondern ein Opfer der Tudor-Familie, die sich illegitim des Throns bemächtigte und den Mord an Richard als Tyrannenmord darstellte.
Verschwörungsideologien unterscheiden sich von solcher rationaler Recherche, die für jeden überprüfbar ist, indem sie ihre Stereotypen unangreifbar machen. Für die Wissenschaft gilt bei Hypothesen „Ockhams Rasiermesser“, nach dem für eine Hypothese erst einmal die wahrscheinlichsten Aspekte in Betracht gezogen werden, um sie zu verifizieren.
Kurz gesagt: Wenn mein Auto liegen bleibt und ich kein Benzin im Tank habe, ist die Hypothese angebracht, dass das Auto liegen bleibt, weil das Benzin fehlt, und nicht, dass Außerirdische das Auto mit unsichtbaren Laserstrahlen sabotierten.
Verschwörungsideologien missachten diese Plausibilität nicht nur, sondern stellen rationale Erklärungen als Vertuschung der Verschwörer dar.
Sinnsuche
Doch es sind gerade nicht die Einfältigen, die in destruktive Kulte hinein gehen, sondern gerade ebenso intelligente wie sensible Menschen, die oft schon diverse Stationen der Selbstfindung hinter sich haben. Jemand muss sich die Frage nach dem Warum von politischen und sozialen Übeln erst einmal stellen, um für die falschen Antworten empfänglich zu sein.
Esoterische Autoren wie Jo Conrad bieten den Sinnsuchenden einen, so Rainer Fromm „skurillen Mix aus rechtsradikalen Verschwörungstheorien, schwarz-weißen Stereotypen und nicht verifizierbaren Vermutungen“ und munkeln über „Mächte, die unseren Planeten kontrollieren“, die da wären: „Illuminaten, Bilderberger, Vatikan, Zionisten, CIA, Rothschilds etc..“ Diese Mächte schwächten die Völker, um die Weltherrschaft zu errichten.
Zwar grundfalsche, aber klar strukturierte, Weltbilder wie bei Conrad, bieten ein Koordinatensystem in einer unübersichtlichen Masse an Informationen.
Das angeblich geheime Geschehen, das sich menschlichem Einfluss entzieht, verspricht die Freiheit von jeglicher Verantwortung.
Wer Terror und Krankheit zugleich als Werk von Verschwörern wie als karmisches Gesetz deutet, muss sich nicht mehr engagieren. Es reicht, auf der Seite der „Wissenden“ zu stehen.
Die Logik des Misstrauens
Anhänger von Verschwörungstheorien misstrauen. Sie misstrauen allen Medien, außer denen ihrer peer group, und sie misstrauen allen Politikern, außer denen, die ihre Verschwörungsthesen verbreiten. Sie sind aber gerade nicht misstrauisch im Sinne von Skepsis, wie sie redliche Wissenschaftler auszeichnet, sondern sie misstrauen allem außerhalb ihres eigenen Glaubens – dem jedoch folgen sie vollkommen unkritisch.
Sie stimmen dabei auch widersprechenden Modellen anderer Verschwörungstheoretiker zu, wenn diese sich nur darin einig sind, dass „die Mächtigen“ lügen. Die Ungewissheit lässt alles als glaubwürdig erscheinen, was vom dominanten Diskurs abweicht, selbst wenn sich die „alternativen“ Modelle gegenseitig ausschließen.
Dabei suggerieren die Gläubigen erstens eine Allmacht der Verschwörer, die seit Urzeiten die Geschehnisse auf der Erde lenken und zugleich geheim halten, zweitens sehen sie sich als diejenigen, die, warum auch immer, diese Machenschaften durchschauen. Die Erfahrung, im Beruf, bei Behörden und im Alltag hintergangen zu werden, wird zur Projektion, die immer und überall zutrifft. Entwicklungen in der Gesellschaft und selbst in der Natur sind so immer das Ergebnis bewusster Entscheidungen der Verschwörer.
Dabei glauben Verschwörungsfans in der Regel an diverse „alternative Modelle“: Wer die Mondlandung für einen Fake hält, glaubt zum Beispiel auch, dass Außerirdische die Pyramiden bauten oder „Zionisten“ die Französische Revolution inszenierten.
Ein Mensch, der unter einer diagnostizierten Angststörung litt, glaubte zum Beispiel ebenso an eine „Feinstoffvergiftung“ durch „Handysmog“ wie an Dämonen, die durch Tore in die Städte eindrängen und die „energetische Atmosphäre“ verseuchten wie an Ärzte, die ihn für „psychisch krank erklärten, um sein Wissen zu unterdrücken“. Als er sich im Studium mit der Marxschen Methode des historischen Materialismus beschäftigte, konstruierte er Modelle, wie diese „dämonische Energie“ sich in sozialen Bewegungen zeige.
Er war durch einen Heimaufenthalt in seiner Jugend traumatisiert und befand sich viele Jahre in Psychotherapie. Doch selbst die von ihm akzeptierte Diagnose einer Angststörung behinderte sein Glaubensmodell nicht im geringsten. Stattdessen sagte er: „Ich weiß, dass es stimmt, auch wenn eine Million Menschen das Gegenteil behaupten.“
Er lebte von Hartz IV, und als ein Bekannter den Kontakt zu ihm abbrach mit den Worten: „Du bist paranoid,“ konterte er: „Du willst mit Hartz IV Empfängern nichts zu tun haben.“
Paranoia und Schizophrenie?
Der amerikanische Historiker Richard Hofstaedter erkannte 1964 Verschwörungsfantasien als paranoide Erklärungen, in deren apokalyptischer Vorstellung die Welt in absolut Gute und absolut Böse geteilt sei. Katastrophen dienten als Beleg dafür, wie gefährlich die Verschwörer seien.
Mit religiösen Milieus deckt sich die Verschwörungsfantasie insofern, dass eine Gruppe die Konstrukte teilt und sich zugleich gegen „Nichteingeweihte“ immunisiert. Der „Ungläubige“ im Christentum oder Islam wird postmodern zum „Schlafschaf“ oder „Systemtroll“.
Die Paranoia deckt sich jedoch zugleich mit psychiatrischen Symptomen, insbesondere mit der paranoiden Schizophrenie. So glauben Schizophrene, von unsichtbaren Kräften verfolgt zu werden.
Eine bosnische Frau zum Beispiel bekam ihren schizophrenen Schub vermutlich während ihres Studiums der Kulturwissenschaft, und seitdem suchen sie dunkelmagische Mächte heim, die aber nur sie erkennt.
Sie schreit auf der Straße gegen die „Mächte“ an, die sich „in ihrem Körper einnisten“ – mal sind es von Schwarzmagiern geschickte Zombies, mal Vampire, mal stecken serbische Priester hinter dem unsichtbaren Attentat.
Zugleich trägt sie den Nimbus der „Erleuchteten“ vor sich her, denn ihre Mitmenschen seien nicht „aufgewacht“, weil sie die unsichtbaren Mächte weder sehen noch spüren. Wenn Passanten verwirrt reagieren, weil sie in der Öffentlichkeit Würgelaute ausstößt oder brüllt: „Du versuchst schon wieder, mich zu vergewaltigen, du serbischer Hexenmeister“, belegt dies ihr nur, wie Recht sie hat.
Ihre Diagnose als psychisch krank erklärt sie damit, dass sie heraus gefunden hätte, dass Angela Merkel das Werkzeug einer Gruppe von altägyptischen Magiern sei, die die Neue Weltordnung lenkten. Ihr individueller Wahn knüpft also an Stereotypen an, die im Internet kursieren und die die Teilnehmer öffentlicher Events wie „Friedenswinter“ oder den „Mahnwachen für den Frieden“ 2014 verbreiten.
Wo eine individuelle psychische Störung aufhört und eine Massenpsychose anfängt, lässt sich dabei nur im Einzelfall klären.
Konspirationstheorien sind auch Modelle, in denen greifbare „Mächtige“ eigene Misserfolge kanalisieren. Kritisch sind sie deswegen aber nicht.
Im Gegenteil: Nicht die Fehler einer Ideologie und die Strukturen der Herrschaft stehen im Zentrum der Kritik, denn das würde konkretes Handeln ermöglichen, wogegen sich die Verschwörungstheorie in ihrem Glaubenssystem gerade sträubt, sondern die „Verschwörer“ sind fast immer Gruppen, die historisch unter dem Ressentiment der Mehrheit litten: Juden, Roma und Sinti oder Migranten.
Was sagt die Wissenschaft?
Laut dem Historiker Dieter Groh gibt die Verschwörungstheorie die Antwort nach dem Warum. Warum passiert gerade mir das? Warum bekomme ich Krebs, obwohl ich immer gesund gelebt habe? Der verständliche Fehler liegt darin, den Verlauf des historischen und biografischen Geschehens als sinnvoll und planbar zu sehen, was er aber nicht ist.
Historische Prozesse erscheinen erst im Rückblick als Resultat bestimmter Handlungen, ebenso persönliche Entwicklungen: Ob ein Unternehmen erfolgreich wird oder nicht, hängt massiv vom Zufall ab. Zwar gibt es reale politische und historische Verschwörungen, doch die jeweiligen „Verschwörer“ sind weder untereinander solidarisch noch wirken sie über Raum und Zeit hinaus. Es gab die Verschwörer um Brutus, doch bereits als Augustus Kaiser wurde, sah die politische Landschaft ganz anders aus.
Der vom englischen Historiker Geoffrey T. Cubitt verwendete Begriff Verschwörungsmythen trifft insofern besser als Verschwörungstheorie, weil es sich um für wahr gehaltene Erzählungen über den Geschichtsverlauf handelt, in dem Verschwörungen wirkmächtig die Historie bestimmen.
Die Motive der Akteure bekommen damit Macht über die tatsächlichen Prozesse der materiellen Welt, und diese Welt ist aufgeteilt in die bösen Verschwörer und ihre Opfer. Diese Mythen sind zugleich okkultistisch, weil der sichtbare „Schein“ der Welt eine „unter der Oberfläche liegende Wahrheit“ verdeckt.
Für den Politikwissenschaftler Michael Barkun schließlich kennzeichnet den „conspiracist worldview“, dass er keine Zufälle erkennt. Das Weltgeschehen geht auf die Absichten der Verschwörer zurück – Barkuns Definition würde auch auf religiöse Weltentwürfe zutreffen.
Systemische Verschwörungstheorien unterstellen der Verschwörergruppe, die Weltherrschaft zu planen. Als Verschwörer gelten dabei Gruppen, die als Feindbilder dienen – für Antisemiten, Antiziganisten, Antikatholiken etc..
Verschwörungstheoretiker reduzieren nicht nur Komplexität, sie verneinen auch die Eigendynamik von Situationen, und sie erzeugen soziale Gemeinschaften, indem sie Grenzsituationen vermeintlich erklären. Sie sind nicht unparteiisch, sondern richten sich gegen eine Feindgruppe.
Ohne Feind geht der Mythos nicht auf. Der Religionskritiker Michael Schmidt-Salomon sagte folgerichtig über eine der Urformen des Verschwörungsmythos: „Ein Christentum ohne Teufel wäre wie ein Fußballspiel ohne gegnerische Mannschaft.“
In mythischen Erklärungen fehlen die konkreten Rahmenbedingungen, die unbeabsichtigen Folgen von Handlungen, die Rolle der jeweiligen Institutionen, konträre Interessen und unvorhersehbare Geschehnisse. Die „Verschwörer“ begehen ein perfektes Verbrechen – und das über Jahrtausende.
Verschwörungsideologie reduziert also die kognitive Dissonanz und dämpft so Stress-Erfahrungen. Die in realitas unmögliche Antwort auf das Warum gibt psychischen Krisen einen Sinn, und das erklärt, warum sich bei Events von Verschwörungsfabulierern vor allem Menschen tummeln, die psychisch leiden.
Der Klassiker sind Drogenkranke, die in esoterischen Zirkeln eine „Heilung“ finden und ebenso abhängig von der Sekte werden wie zuvor von der Substanz. Deprimierende Lebenserfahrungen bekommen so eine Logik, die in Wirklichkeit nicht existiert; Krankheiten erhalten einen „karmischen Sinn“.
Weil der Verschwörungsideologie eine gescheiterte Sinnsuche zugrunde liegt, sucht sie immer nach neuen „Belegen“, wenn sie de facto widerlegt ist. Statt um die Situation geht es um das Motiv der „Verschwörer“.
Zum Beispiel schreibt der Historiker Steve Clarke, dass Verschwörungsideologen bis heute an eine Verschwörung der amerikanischen Behörden glauben, die vertuschen, dass 1947 in Roswell ein Ufo abgestürzt sei statt zur Kenntnis zu nehmen, dass es gar kein Ufo gab.
Verschwörungsmythen begehen zudem einen Fehler, der sie wissenschaftlich indiskutabel macht: Sie erklären Ereignisse im Nachhinein als absichtsvoll gesteuert, obwohl kein Historiker eine solche Ursache eines historischen Prozesses aufzeigen kann. Geschichtsforschung kann nämlich nicht im Experiment sämtliche anderen Faktoren ausschließen, die dem Ereignis vorausgingen.
Verschwörungsängste von psychisch Kranken
Verschwörungsängste sind keine psychische Krankheit. Den Mächtigen zu misstrauen, ohne wissenschaftliche Methoden zu kennen oder in einem Beruf zu arbeiten, wo Recherche zum täglichen Handwerk gehört, ist keine seelische Störung.
Doch solche Ängste können auch direkt mit psychischen Störungen einher gehen, und Verschwörungsideologien können bei psychisch Labilen eine latente Psychose vorantreiben. Psychische Auffälligkeiten, zu deren Symptomen Verschwörungswahn gehört, sind das Borderline-Syndrom, paranoide Schizophrenie, Bipolarität und diverse Angststörungen.
In einer Schizophrenie geht der Verschwörungsmythos mit Verfolgungswahn einher. Die Verschwörungsangst von Schizophrenen knüpft zwar an verbreitete Mythen ebenso an wie an den Alltagsaberglauben, geht aber weit darüber hinaus.
Auch Menschen, die an Horoskope glauben oder „die da oben“ für die Auswirkungen des Kapitalismus verantwortlich machen, erscheinen Schizophrene, die glauben, dass jemand in ihre Wohnung einbricht, wenn sie ihre EC-Karte verlieren, oder den Nachbarn für einen Dämon halten, als verrückt.
Solche pathologischen Symptome können in gesellschaftlichen Krisen jedoch Anhänger gewinnen. So diagnostizierten Psychologen bei dem Anthroposophen Rudolf Steiner post mortem eine schizophrene Erkrankung – und seine obskuren Fantasien von Planeten, die Wurzelrassen steuern, könnten direkt aus einem Lehrbuch über Paranoia stammen. Stattdessen folgten weltweit hundert tausende seiner Lehre.
Die Verbindung von Schizophrenie und Politik ist ein weites Feld. Zum einen kommen paranoid Schizophrene tatsächlich auf die Idee, gegen die Mächtigen vorzugehen, und der vom Verfolgungswahn geplagte sieht sich dann tatsächlich verfolgt – sei es, dass er in einem zivilisierten Land in der Psychiatrie landet oder in einem autoritären System in einem Kerkerloch.
Zum anderen gab es tatsächlich Mächtige, denen sich, mit Vorbehalt, eine paranoide Weltsicht diagnostizieren lässt. Erich Fromm zum Beispiel sah in Stalin, der alle Menschen in seiner Nähe ermorden ließ, als Prototypen eines Paranoikers.
Die Verschwörungsangst gehört zum Krankheitsbild der paranoiden Schizophrenie. Der Betroffene isoliert sich von seinem sozialen Umfeld, sein Unbewusstes dringt in den Alltag ein, und er ist unfähig, das eine von dem anderen zu trennen.
Dieses Traumerlebnis ungefiltert in der Außenwelt zu erleben, trifft auch auf Verschwörungsmythen zu, die zwischen empirischer Beweisführung und literarischer Fiktion nicht unterscheiden. So sah ein unter einer Angststörung Leidender in den Horrorromanen von Dean Koontz eine exakte Beschreibung der Wirklichkeit – ganz im Gegensatz zu Koontz selbst, der mit den Ängsten der Menschen spielt.
Weil der Schizophrene seine Innenwelt nicht von der Außenwelt trennen kann, scheint alles einen geheimen Sinn zu haben, so wie psychisch Stabilen ein nächtlicher Traum symbolische Hinweise auf drängende Probleme gibt.
Schizophrene sehen diese Vermischung von Unbewusstem und äußerer Realität oft als Auserwähltsein, wenn sie religiös sind, erkennen sie häufig, dass „Gott ihnen Zeichen gibt“.
Psychotiker schließlich sehen sich der Außenwelt hilflos ausgeliefert, auf die Straße zu gehen, macht ihnen Angst. Eine krakenartige Verschwörung, die ihre Arme überall hinein steckt, gibt dieser Angst ein Gesicht.
Wer unter Angststörungen leidet und sich von dunklen Mächten verfolgt sieht, dem kann eine Psychotherapie helfen, viel wichtiger ist aber ein soziales Umfeld, in dem er Vertrauen fasst. Verschwörungsmythen wuchern dort, wo die sozialen Bindungen zerbrechen und sich Menschen einer abstrakten Gewalt gegenüber stehen sehen – und sich dabei ebenso einsam wie hilflos fühlen.
Die Bindung an eine Verschwörungsgurus mit ihren vermeintlichen Antworten auf alle Probleme ist ein fehl geleiteter Versuch reale Geborgenheit in belastbaren Beziehungen zu finden.
Gegen den Wahn selbst hilft nur Aufklärung – die gilt nicht den Verkündern der „Heilslehre“, sondern einer Öffentlichkeit, die für kritisches Denken noch empfänglich ist. (Dr. Utz Anhalt)
Literatur:
Dr Rainer Fromm: Rechtsradikalismus in der Esoterik. Verschwörungswahn zwischen grauen Männern, alten Ufos und der schwarzen Sonne
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Rainer Fromm, "Rechtsradikalismus in der Esoterik: Verschwörungswahn zwischen grauen Männern, alten Ufos und der schwarzen Sonne", Elterninitiative zur Hilfe gegen seelische Abhängigkeit und religiösen Extremismus e.V, 2014, sektenwatch.de
- Christian C. Walther; Mathias Bröckers: 11.9. - zehn Jahre danach: Der Einsturz eines Lügengebäudes, Westend, 2011
- Monica T. Whitty; Adam Joinson: Truth, Lies and Trust on the Internet, Routledge, 2008
- Michael Butter: »Nichts ist, wie es scheint«: Über Verschwörungstheorien, Suhrkamp Verlag, 2018
- Walter Laqueur, Putinismus: Wohin treibt Russland?, Ullstein, 2015
- Thomas Hausmanninger , Verschwörung und Religion, Wilhelm Fink Verlag, 2013
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.