Verstopfung als Nebenwirkung moderner Lebensweise
Eine Verstopfung zeigt sich in einer verzögerten und eventuell schmerzhaften Darmentleerung bei geringer Frequenz von höchstens drei- bis viermal pro Woche und geht meist mit hartem, trockenem Stuhl einher. Sowohl als Ausdruck einer organischen Grunderkrankung als auch chronischer Funktionsstörung wird die Verstopfung zusätzlich von (latenten) Verdauungsproblemen mit Beschwerden im Bauchraum (Völle-, Druckgefühl), Blähungen, Appetitlosigkeit und rascher Ermüdbarkeit begleitet.
Die andauernde Einnahme von Abführmitteln (Laxanzien), die kurzfristig Erleichterung schafft, führt letztlich in einen Teufelskreis, der das Leiden noch verstärkt. Obwohl die chronische Verstopfung wahrscheinlich die Entstehung von Darmkrebs und Hämorrhoiden begünstigt, wird ihr im Allgemeinen kein hoher Krankheitswert beigemessen.
Inhaltsverzeichnis
Verstopfung: Definition und Symptomatik
Fast jeder hat hin und wieder mal Schwierigkeiten bei der Stuhlentleerung. Ein typisches Beispiel sind Urlaubsreisen („Reise-Obstipation“), denn auf diesen brauchen viele Menschen erst einige Zeit, damit sich das Verdauungssystem an die neuen Gegebenheiten, Wärme, exotische Nahrungsmittel etc. gewöhnen kann.
Kennzeichnend sind eine erschwerte, verzögerte und seltene Darmentleerung, harter Stuhlgang und damit verbundene Bauch- und Afterschmerzen. Trotz der unangenehmen Beschwerden ist eine solch zeitweise auftretende Verstopfung meist harmlos und „löst“ sich im wahrsten Sinne des Wortes nach wenigen Tagen von ganz allein.
Hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren oder der Schwangerschaft, Operationen, fieberhafte Erkrankungen, eine längere Bettlägerigkeit oder Schichtarbeit führen ebenfalls häufig zu einer akuten Verstopfung. Die Beschwerden beginnen in diesen Fällen normalerweise plötzlich und sind nur von kurzer Dauer.
Bleiben sie längere Zeit bestehen, sollte auf jeden Fall zur Abklärung ärztliche Hilfe aufgesucht werden. Das gilt vor allem, wenn parallel weitere Symptome wie Fieber, ein harter Bauch, akute Bauchschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen auftreten. Denn dies könnten Hinweise auf einen Darmverschluss sein – ein medizinischer Notfall, der sofort ärztliche Hilfe benötigt.
Kennzeichen chronischer Verstopfung
Problematisch kann es auch werden, wenn die Darmträgheit chronisch auftritt. Dies ist nicht immer einfach zu definieren, denn wie oft jemand Stuhlgang hat, kann von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich sein. Meist erfolgt er aber mindestens dreimal pro Woche – was daher aus Expertensicht als Richtwert für den „Normalfall“ gilt.
Mediziner sprechen folglich im Allgemeinen von einer chronischen Verstopfung, wenn seltener als dreimal pro Woche eine Darmentleerung stattfindet, bei dieser stark gepresst werden muss und der Stuhl hart und klumpig ist. Weitere Leitsymptome für eine chronische Obstipation sind das Gefühl, dass der Darm nicht richtig entleert bzw. der Darmausgang blockiert ist. Teilweise muss auch manuell nachgeholfen werden, um die fest sitzenden Kotsteine zu entfernen.
Einseitige Ernährung und Bewegungsmangel
Am häufigsten kommt die Verstopfung als chronische Fehlfunktion des Darms vor, die sich auf eine Lebensweise mit Bewegungsarmut, Flüssigkeitsmangel, ballaststoffarmer Ernährung sowie einer erhöhten Stressbelastung zurückführen lässt (chronisch-habituelle Obstipation). In vornehmlich sitzender Haltung werden viele Stunden am Arbeitsplatz verbracht, „Fußwege“ werden bequem mit dem Auto erledigt, regelmäßige Sportaktivitäten bleiben häufig aus.
Einseitige Ernährung mit unzureichendem Trinkverhalten, Auszugsmehl, Zucker, Genussmitteln, Fertiggerichten, Milchprodukten, viel Fleisch aber wenig Gemüse und Obst bieten dem Darm keinen Bewegungsanreiz und machen ihn träge. Ständiger Zeit- und Erfolgsdruck, privat und im Beruf, beeinflussen das vegetative Nervensystem, belasten die Psyche und können ebenfalls Verstopfung verursachen (Reizdarmsyndrom, Depression).
Abführmitteln können Beschwerden verstärken
Die Langzeiteinnahme von Abführmitteln (Laxanzienabusus) soll die Folgen ausgleichen, indem vor allem die Darmbewegung gefördert wird. Der sich dabei einstellende Kaliummangel (Hypokaliämie) verstärkt jedoch paradoxerweise die Darmträgheit. Außerdem sind weitere Nebenwirkungen wie eine Fehlbesiedelung der Darmflora, der Rückgang der Darmschleimhaut, Leberschäden und ein erhöhtes Risiko für Osteoporose durch Kalziummangel (Hypokalzämie) zu erwarten.
Organische Ursachen für Verstopfung
Als organische Ursachen einer chronischen Verstopfung sind vor allem die hormonelle Umstellung in der Schwangerschaft, eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) und der Diabetes mellitus erwähnenswert. Auch Schwermetallvergiftungen (Blei, Thallium) kommen in Frage, vor allem nach Einnahme von Medikamenten wie Antibiotika.
Treten die Beschwerden plötzlich auf, sind daher zunächst schwere organische Erkrankungen auszuschließen. Wechseln sich Verstopfung und Durchfälle ab, fallen sehr dünne Stühle („Bleistiftstuhl“), Blut im Stuhl (blutige Auflagerungen), unwillkürlicher Stuhlabgang oder plötzlicher Gewichtsverlust auf, können das Hinweise auf ein Dickdarmkarzinom (Darmkrebs) sein.
Weitere organisch bedingte Auslöser für eine akute Verstopfung sind Dickdarmpolypen, Analfissuren, Hämorrhoiden, ein Darmverschluss (mechanischer Ileus) oder eine Darmlähmung (paralytischer Ileus), z. B. nach Operationen, Koliken, Entzündungen in Bauch- und Beckenraum (Appendizitis, Adnexitis, Pankreatitis) sowie fieberhafte Erkrankungen. Auch eine erbliche bzw. konstitutionelle Veranlagung werden vermutet.
Behandlung bei Verstopfung
Die Behandlung der Verdauungsprobleme erfolgt in Abhängigkeit der Ursache und konkreten Symptomatik. Liegt den Beschwerden eine Grunderkrankung wie z. B. eine Schilddrüsenunterfunktion oder Diabetes zugrunde, wird sich auf die Therapie dieser konzentriert. Sind beispielsweise bestimmte Medikamente der Auslöser, wird der Arzt oder die Ärztin eine alternative Dosierung bzw. Absetzung der Mittel prüfen.
Generell werden zur Therapie von Verstopfungen normalerweise nur nicht-operative (konservative) Maßnahmen eingesetzt. Ein operativer Eingriff (wie z. B. eine Teilentfernung des Dickdarms) kommt nur dann in Betracht, wenn trotz umfangreicher Untersuchungen keine behandelbare Ursache ausgemacht oder mit konservativen Vorgehen kein Erfolg erzielt werden konnte.
Wichtig: Umstellung von Lebensgewohnheiten
Sofern keine behandlungsbedürftige Erkrankung für die Beschwerden verantwortlich ist, lassen sich Verstopfungen normalerweise langfristig nur beheben, wenn bestimmte Lebens- und Ernährungsgewohnheiten geändert werden.
Wichtig ist neben ausreichender Bewegung die Umstellung auf eine Vollwertkost mit einem hohen Anteil an Ballaststoffen, denn diese führen dazu, dass der der Stuhl aufquillt und die träge Dickdarmwand zu stärkeren Bewegungen angeregt wird. Gleichzeitig sollte auf ausreichendes Trinken geachtet werden, da der Stuhl durch den erhöhten Wasseranteil wieder weicher wird.
Ballaststoffe sind in Getreide und Getreideprodukten wie z. B. Vollkornbrot, Vollkornnudeln und Vollkornreis enthalten. Ebenso haben andere pflanzlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte (z. B. Linsen, Erbsen, weiße Bohnen) einen hohen Gehalt. Zu den besonders reichen Gemüsesorten gehören unter anderem Tomaten, Rosenkohl, Möhren, Fenchel, Radieschen und Feldsalat. Beim Obst haben beispielsweise Weintrauben, Ananas, Heidelbeeren, Bananen und Äpfel viele Ballaststoffe.
Selbstbehandlung mit bewährten Hausmitteln gegen Verstopfung
Lein- und Flohsamen oder Weizenkleie gelten als bewährte Hausmittel gegen Verstopfung, da sie die Verdauung ankurbeln und den Stuhl weicher machen. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Samen mit viel Flüssigkeit (je mindestens 200 ml) zusammen eingenommen werden. Passiert dies nicht, kann es zu einer Verstärkung der Beschwerden oder sogar zu einem Darmverschluss kommen.
Eine Wärmflasche oder ein Glas lauwarmes Wasser nach dem Aufstehen können anregend auf die Darmtätigkeit wirken. Wer vor allem unter Stress zu einer Verdauungsstörung neigt und ständig „auf Hochtouren“ läuft, sollte auf ausreichend Ruhe und Zeit zur Entspannung achten. Um Anspannungen zu lösen und mehr Ausgeglichenheit zu erlangen, können Methoden zum Stressabbau wie autogenes Training oder Yoga eine wertvolle Unterstützung sein.
Weitere hilfreiche Hausmittel zum Abführen sind unter anderem Rettich- oder Löwenzahnsaft (Reformhaus), von dem je ein Esslöffel mit etwas Wasser gemischt drei Mal täglich nach dem Essen getrunken wird. Warmes Wasser, das mit einem Esslöffel Apfelessig und einem Teelöffel Honig vermischt wird, kann ebenfalls bei Verstopfungen helfen. (jvs, nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Keikawus Arastéh et al.: Duale Reihe Innere Medizin, Thieme, 2018
- Oliver Schwandner: Proktologische Diagnostik, Springer, 2016
- Robert Koch-Institut: www.rki.de (Abruf: 22.08.2019), Botulismus
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- J. Stein; K.-W. Jauch: Praxishandbuch klinische Ernährung und Infusionstherapie, Springer, 2003
- Mary Pfahl: Der große Hausmittel Ratgeber: 70 einfache Hausmittel gegen verschiedene Beschwerden, neobooks, 2015
- Rudolf Franck: Moderne Therapie in Innerer Medizin und Allgemeinpraxis: Ein Handbuch der Medikamentösen, Physikalischen und Diätetischen Behandlungsweisen der Letzten Jahre, Springer-Verlag, 1951
- Dietrich Grönemeye: Grönemeyers Lexikon der Medizin, Rowohlt Verlag, 2015
Wichtiger Hinweis:
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