Der vorzeitige Samenerguss (Ejaculatio praecox) ist eine der häufigsten sexuellen Funktionsstörungen bei Männern. Die männliche Psyche leidet häufig stark unter dieser Störung, durch die der Geschlechtsverkehr viel zu früh beendet wird. Langfristig kann Ejaculatio praecox zu einem unerfüllten Sexleben in der Partnerschaft und zu damit verbundenen Spannungen führen. Doch wie kommt es überhaupt zu einer vorzeitigen Ejakulation und wie kann man dieser entgegenwirken?
Inhaltsverzeichnis
Vorzeitiger Samenerguss – ein kurzer Überblick
Dieser Artikel bietet Ihnen einen Überblick über Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten des vorzeitigen Samenergusses. Vorab eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Fakten:
- Definition: Ejakulation erfolgt dauerhaft bei jedem Geschlechtsverkehr unter zwei Minuten nach Beginn der Penetration, ohne Möglichkeit, die Ejakulation hinauszuzögern
- Symptome: Vorzeitiger Samenerguss, psychische Begleitbeschwerden
- Ursachen: Psychische Probleme, Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane, Hypersensibilität der Penishaut, neurologische Erkrankungen (Multiple Sklerose, Spastiken), Hormonstörungen, Diabetes mellitus
- Diagnose: Untersuchung und Patientengespräch (Anamnese) bei der Urologin beziehungsweise beim Urologen, Abklärung psychischer Faktoren, Blutuntersuchung bei Verdacht auf Diabetes mellitus, Reflextests bei Verdacht auf Nervenerkrankungen
- Therapie: Psychotherapie, Verhaltenstraining, medikamentöse Behandlung in Form von Tabletten oder äußerlicher, lokaler Betäubungsmittel, operativer Eingriff, Konzentrations- und Entspannungstechniken wie Yoga, Sport, Masturbation, Physiotherapie (zur Stärkung der Beckenbodenmuskulatur), spezielle Kondome, Zink, Kräuter, Traditionelle Chinesische Medizin
Definition
Nach der aktuellen medizinischen Leitlinie spricht man von einem vorzeitigen Samenerguss, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Die Ejakulation erfolgt dauerhaft innerhalb von ein bis zwei Minuten nach Beginn der Penetration.
- Der Betroffene ist immer oder fast immer unfähig, die Ejakulation nach dem Einführen hinauszuzögern.
- Im Rahmen der Funktionsstörung entstehen gravierende Probleme im Sexualleben des Betroffenen, etwa durch psychischen Leidensdruck oder sexuelle Frustration.
Für gewöhnlich findet die männliche Ejakulation zum Höhepunkt sexueller Erregung statt. Diese baut sich im Normalfall während des Geschlechtsakts langsam auf.
In diesem Zusammenhang ereignet sich der Samenerguss bei einem gesunden Mann durchschnittlich 5,4 Minuten nach Beginn der Penetration. Zu diesem Wert kam eine Studie, die die intravaginale Latenzzeit (gemessene Zeit zwischen Penetration, also Eindringen in die Vagina, und Ejakulation) bei 491 Männern aus vier europäischen Ländern und den USA ermittelte.
Grundsätzlich ist diese Zeit individuell verschieden. Erst bei einer Ejakulationszeit, die dauerhaft unter zwei Minuten liegt, sprechen Medizinerinnen und Mediziner von Ejaculatio praecox.
Grundsätzlich muss auch zwischen verschiedenen Formen des Beschwerdebildes unterschieden werden. Diese richten sich nach der Dauer und dem Entstehungsweg der Funktionsstörung.
Ein primärer Ejaculatio praecox bezeichnet in diesem Zusammenhang eine lebenslang anhaltende Funktionsstörung, die von Beginn der sexuellen Aktivität im Jugend- oder Erwachsenenalter an besteht. Diese kann selbst während der Masturbation nicht kontrolliert werden.
Ein sekundärer Ejaculatio praecox dagegen beschreibt einen erworbenen vorzeitigen Samenerguss, etwa durch Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane (Entzündung der Prostata, erektile Dysfunktion), der Schilddrüse, aufgrund Diabetes mellitus oder aufgrund psychischer Aspekte. Diese Form kann durch Behandlung der Grundbeschwerden ein Ende finden und ist somit häufig zeitlich begrenzt.
Für den betroffenen Mann ist der vorzeitige Samenerguss mit einem großen psychischen Leidensdruck verbunden, der das Selbstwertgefühl stark beeinträchtigen kann. Einer Studie zufolge sind zwischen 20 und 30 Prozent aller Männer von dieser Funktionsstörung betroffen.
Bei folgenden Kriterien sprechen Medizinerinnen und Mediziner nicht von einem vorzeitigen Samenerguss:
- der vorzeitige Samenerguss tritt nach einer längerer sexuellen Abstinenz auf,
- der vorzeitige Samenerguss tritt nur manchmal auf,
- der Betroffene empfindet subjektiv einen vorzeitigen Samenerguss, obwohl dieser in der durchschnittlichen Zeit von circa 5,4 Minuten nach dem Beginn der Penetration erfolgt.
Tritt ein vorzeitiger Samenerguss bei jungen oder lange sexuell abstinent gewesenen Männern auf, kann dieser noch nicht als Funktionsstörung bezeichnet werden. In diesen Fällen gewinnen die Männer meist mit zunehmender sexueller Erfahrung an Ausdauer und entwickeln eine Kontrolle in Bezug auf ihre Ejakulation.
Wie entsteht ein vorzeitiger Samenerguss?
Gesteuert wird der Samenerguss vom sogenannten Sexualzentrum des Zentralnervensystems. Dabei handelt es sich allerdings nicht, wie lange Zeit angenommen, um ein bestimmtes eigenständiges Hirnzentrum.
Verschiedene Bereiche des Gehirns und des Rückenmarks steuern gemeinsam die Sexualfunktion. Der Samenerguss ist ein hochkomplexer Vorgang, der sich aus der Kontraktionsbildung, der Emission und der Expulsion zusammensetzt.
Kontraktionsbildung
Über die Stimulation sympathischer Nervenzellen im Lendenbereich des Rückenmarks senden die als Sexualzentrum zusammengefassten Gehirn- und Rückenmarksbereiche Muskelkontraktionen an die Nebenhoden, Samenleiter und an die akzessorischen Geschlechtsdrüsen des Mannes aus. Dies geschieht über bestimmte Nervenfasern, welche Kontraktionssignale an die glatte Muskulatur um den Hodenbereich senden.
An diesem Vorgang sind die Nervenfasern im Unterbauchgeflecht (Plexus hypogastricus inferior) beteiligt. Dies ist ein sympathisches Nervengeflecht, das der Versorgung der Eingeweide und des Beckens dient.
Daneben ist an der Kontraktionsbildung auch der aus besagtem Geflecht entspringende Unterbauchnerv (Nervus hypogastricus) beteiligt. Dieser hemmt normalerweise die Entleerung der Harnblase und verhindert somit eine Urininkontinenz.
Im Falle der männlichen Ejakulation übernimmt er dagegen rhythmische Kontraktionsfunktionen. Diese unterstützen den Spermienfluss.
Emission
Die Kontraktionen im Lendenbereich befördern die Spermien nach und nach aus dem Hoden in Richtung Harnröhre. Dort wird das Sperma zunächst mit Drüsensekreten angereichert.
Während dieses Vorgangs ist das männliche Glied dauerhaft versteift, was den Spermienfluss erleichtert. Der Ischiasmuskel beziehungsweise Gesäßhöhlenmuskel (Musculus ischiocavernosus) ist maßgeblich für die Verstärkung der Erektion (während der Emission) verantwortlich.
Im angespannten Zustand übt er eine Kompression auf die Basis des männlichen Schwellkörpers aus. Dadurch steigt der Blutdruck im Penis an und ermöglicht so die Erektion.
Für die Kontraktion des Muskels zuständig ist der Schamnerv (Nervus pudendus). Dieser verläuft in der Beckenhöhle zum Beckenboden hin.
Expulsion
Der schubweise Ausstoß des Spermas wird durch weitere, reflektorische Muskelkontraktionen zweier Muskelabschnitte hervorgerufen. Dabei handelt es sich um den Harnröhrenmuskel sowie um den Schwellkörpermuskel.
Der Harnröhrenmuskel (Musculus urethralis) dient üblicherweise als Schließmuskel der Harnröhre und damit der Einbehaltung des Harns. Hingegen ist der Schwellkörpermuskel (Musculus bulbospongiosus) in der Harnröhre gezielt für die rhythmischen Kontraktionen während des Orgasmus zuständig.
Durch das Zusammenspiel beider Muskeln kommt es zu drei bis zehn willkürlichen Kontraktionsimpulsen, die den schubweisen Spermaausstoß herbeiführen. Versorgt werden Musculus urethralis und Musculus bulbospongiosus dabei abermals vom Schamnerv.
Das hochdifferenzierte Zusammenspiel von Muskeln und Nerven im Vorfeld des Samenergusses macht es nicht schwer zu erahnen, dass es bei nervlichen Beeinträchtigungen sehr leicht zu Ejakulationsstörungen und damit zu einem vorzeitigen Samenerguss kommen kann. Dieser muss nicht, wie früher angenommen, zwangsläufig auf psychischen Ursachen beruhen.
Auch wenn die Psyche des Mannes gewiss in vielen Fällen eine Rolle spielt, sind ebenso physische Ursachen denkbar. Nervenschäden oder sonstige Beeinträchtigungen der Nervenfunktion können ebenso den vorzeitigen Samenerguss bedingen.
Ursachen für den vorzeitigen Samenerguss
Für den vorzeitigen Samenerguss gibt es verschiedene mögliche Ursachen, die einzeln oder kombiniert das Beschwerdebild erzeugen können. Dazu zählen körperliche Faktoren wie bestimmte Krankheiten, aber auch psychische Auslöser. Was im Einzelfall zum vorzeitigen Samenerguss führt, muss individuell herausgefunden werden, am besten mit kompetenter Unterstützung.
Längst nicht alle Patienten wählen den Weg zur Urologin beziehungsweise zum Urologen. Meist aus einem Gefühl der Scham heraus.
Dabei kann es helfen, sich klarzumachen, dass viele Männer vom vorzeitigen Samenerguss betroffen sind. Außerdem gehört es für Urologinnen und Urologen zu ihrem ganz normalen Aufgabenfeld – das Gespräch über solche Themen ist für sie alltäglich.
Darüber hinaus sind sie an die Schweigepflicht gebunden. Die Behandlungsmöglichkeiten sind oft relativ gut. Daher lohnt es sich, professionelle ärztliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Psyche als Ursache
Die Liste möglicher psychischer Ursachen für vorzeitigen Samenerguss ist sehr lang. Häufig geht dem Ejaculatio praecox eine enorme Stressbelastung voraus, wie sie zum Beispiel durch die folgenden Gegebenheiten entstehen kann:
- Leistungsdenken,
- Nervosität,
- sexuelle Kindheitstraumata,
- Störungen in der frühkindlichen Sexualerziehung,
- unrealistische Sexvorstellungen,
- Versagensangst.
All diese psychischen Aspekte setzen Betroffene stark unter Druck, was sich physisch in einer überschießenden Ejakulationsreaktion manifestieren kann. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Angst von Jugendlichen, beim Masturbieren erwischt zu werden.
Bleibt diese Angst über einen gewissen Zeitraum bestehen, kann sich daraus ein antrainierter Ejaculatio praecox entwickeln. Je länger die Funktionsstörung aufgrund psychischer Einflüsse anhält, desto mehr können manche der genannten Einflussfaktoren (zum Beispiel Versagensangst oder Leistungsdruck) verstärkt werden.
Auf diese Weise entsteht ein psychischer Teufelskreis aus mentaler Stressbelastung beim Sex und daraus resultierendem, vorzeitigem Samenerguss. Das Verhalten der Partnerin oder des Partners kann hierauf ebenfalls starke Auswirkung haben.
Reagiert die Partnerin oder der Partner zum Beispiel vermehrt mit Frust oder Ärger über den Ejaculatio praecox, erhöht dies den psychischen Stress enorm.
Erkrankungen der männlichen Geschlechtsorgane
Bei den physischen Ursachen für einen vorzeitigen Samenerguss seien zunächst entzündliche Genitalerkrankungen erwähnt. Die Entzündung, die mit einer solchen Infektion einhergeht, stellt eine permanente Reizung der sensiblen Nerven und Muskeln in der Harnröhre des Mannes dar.
Folgen können übersteigerte Muskelkontraktionen im Rahmen des Geschlechtsaktes sein. Typische Entzündungskrankheiten, die hier immer wieder zu einem sekundären Ejaculatio praecox führen, sind:
- Eichelentzündung (Balanitis),
- Harnröhrenentzündung (Urethritis),
- Prostataentzündung (Prostatitis).
Ebenfalls denkbar ist eine erektile Dysfunktion als Ursache. Dabei kommt es zu einer verminderten Erektionsfähigkeit des Penis, was mitunter auch zu einem vorzeitigen Abbruch beziehungsweise zum Samenerguss führen kann.
Ebenso kann eine Hypersensibilität der Penishaut einen vorzeitigen Samenerguss auslösen. Beispielsweise kann ein verkürztes Penisbändchen (Frenulum breve) zu einer gesteigerten Kontraktionsfähigkeit in der Harnröhre führen und damit den Ejaculatio praecox auslösen.
Erkrankungen im Nervensystem
Eine gestörte Signalleitung der Nerven, die im Zuge des Geschlechtsverkehrs einen vorzeitigen Samenerguss auslöst, kann auch durch neurologische Erkrankungen zustande kommen. In Frage kommt zum Beispiel eine Nervenerkrankung wie Multiple Sklerose.
Multiple Sklerose führt zu chronisch-entzündlichen Prozessen an den Markscheiden des Zentralnervensystems, was früher oder später neurologische Dysfunktionen verursacht, die auch vor den Harnröhren- und Penisnerven nicht Halt machen.
Ebenso denkbar sind Spastiken. Bei Muskelkrämpfen wird das Sperma durch Muskelkontraktionen zu schnell in die Harnröhre befördert, und damit wird die Ejakulationszeit verkürzt.
Sonstige Ursachen
Oftmals wird das körpereigene Hormongeschehen beim vorzeitigen Samenerguss unterschätzt. Ein Serotoninmangel kann den Ejaculatio praecox enorm begünstigen. Das Hormon ist in hohem Maße an der Entstehung der ejakulativen Muskelprozesse beteiligt.
Auch Erkrankungen wie Diabetes und bestimmte Medikamente, welche die Sympathikustätigkeit beeinflussen (beispielsweise Opiate und Sympathomimetika), sind als Ursachen für einen vorzeitigen Samenerguss nicht auszuschließen.
Darüber hinaus vermuten einige Medizinerinnen und Mediziner in Fällen eines primären Ejaculatio praecox mittlerweile auch genetische Faktoren. Demzufolge könnte die Funktionsstörung ein Relikt urzeitlicher Tage sein, in denen eine schnelle Ejakulation für jene Männchen notwendig war, die keine Alpharolle innehatten.
Allenfalls durch einen raschen, unbemerkten Geschlechtsakt innerhalb der „Herde“ war so die Fortpflanzung überhaupt möglich. In diesem Zusammenhang wird auch diskutiert, ob es sich beim vorzeitigen Samenerguss nicht eher um eine mangelnde evolutionäre Adaption als um eine Funktionsstörung handelt.
Symptome
Das Kardinalsymptom ist selbstverständlich der vorzeitige Samenerguss an sich, welcher sich ein bis maximal zwei Minuten nach Beginn der Penetration einstellt. In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Ursache kann die Ejakulation zudem von Schmerzen, Krämpfen oder gar Blutungen begleitet sein (beispielsweise bei Harnröhrenentzündungen oder Spasmen).
Genannt seien auch die psychischen Begleitbeschwerden im Falle einer anhaltenden Funktionsstörung. Ein besonderer Leidensdruck, der den Selbstwert und auch die partnerschaftliche Harmonie gefährdet, ist für Patienten mit Ejaculatio praecox allgemein üblich.
Hinzu kommen mögliche Hemmnisse bei der sozialen Interaktion und damit verbundene Schwierigkeiten, eine Partnerin oder einen Partner zu finden. Insgesamt muss bei vorzeitigem Samenerguss mit folgenden Symptomen gerechnet werden:
- verfrühte Ejakulation,
- Schmerzen oder Krämpfe beim Samenerguss,
- Blutbeimengungen im Sperma,
- geringes Selbstwertgefühl,
- Versagensangst,
- partnerschaftliche Spannungen und Konflikte,
- unerfülltes Sexualleben,
- soziale Hemmnisse,
- seelische Belastung bis hin zur Depression.
Diagnose
Es wird betroffenen Männern, die unter vorzeitigem Samenerguss leiden, dringend geraten, die Hilfe einer Urologin oder eines Urologen in Anspruch zu nehmen. In vielen Fällen lässt sich die Funktionsstörung durch geeignete Maßnahmen gut behandeln, sobald die Ursache gefunden wurde.
Für die Untersuchung führt die behandelnde Ärztin beziehungsweise der behandelnde Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese durch. Im Rahmen des Patientengespräches werden die Punkte abgefragt, die erfüllt sein müssen, um von einem Ejaculatio praecox sprechen zu können.
Es wird nach der Zeitspanne gefragt, die zwischen der Penetration und der Ejakulation liegt. Ebenso nach dem eigenen Kontrollvermögen, die Ejakulation hinauszuzögern und nach dem Leidensdruck, der mit dem vorzeitigen Samenerguss verbunden ist.
Darüber hinaus werden mögliche psychische Faktoren erfragt. Dazu zählen einschneidende sexuelle Erlebnisse in der Kindheit und Jugend des Patienten oder Stressfaktoren wie Leistungsdruck und Versagensangst.
Es ist sehr wichtig, dass betroffene Männer ehrlich antworten und der Ärztin oder dem Arzt einen bestmöglichen Einblick in ihre Einstellung und etwaige sexuelle Traumata geben. Auch wenn diese auf den ersten Blick noch so banal sein mögen.
Denn oftmals agieren unterbewusste Aspekte. Deren ursprüngliche Auslöser wurden vom Patienten eventuell längst verdrängt.
Ebenso kann eine Befragung des Partners oder der Partnerin notwendig werden, um in Erfahrung zu bringen, wie sehr der vorzeitige Samenerguss das Leben des Betroffenen und dessen Partnerin oder Partners beeinträchtigt. Alles in allem sollte sich der Patient und gegebenenfalls auch dessen Partnerin oder Partner auf die Beantwortung folgender Fragen einstellen:
- Wie lange dauert es, bis es nach dem Eindringen des Penis zur Ejakulation kommt?
- Lässt sich die Ejakulation kontrollieren oder nicht?
- Löst der vorzeitige Samenerguss eine psychische Belastung aus?
- Wann kam es zum ersten Mal zu einem vorzeitigen Samenerguss?
- Gab es vor dem Ejaculatio praecox bereits sexuelle Erfahrungen?
- Ist der vorzeitige Samenerguss belastend für die Partnerin oder den Partner?
- Sorgt der vorzeitige Samenerguss für Konflikte innerhalb der Beziehung?
- Kommt es zur Vermeidung von Sex?
Um mögliche körperliche Ursachen zu ermitteln, erkundigt sich die Urologin oder der Urologe auch nach Begleitbeschwerden wie Schmerzen oder Schwellungen und bestehenden Vorerkrankungen. Je nach Verdacht können dann auch körperliche Untersuchungen und bildgebende Verfahren zur Ursachenfindung herangezogen werden.
Bei Entzündungen der Harnröhre, Prostata oder Eichel ist zum Beispiel die Entnahme eines Abstriches denkbar. Bei Diabetes werden Bluttests und bei Nervenerkrankungen Reflextests durchgeführt.
Wie kann man den vorzeitigen Samenerguss verhindern?
Zur Behandlung eines vorzeitigen Samenergusses gibt es verschiedene Ansätze. Grundsätzlich hängt das Vorgehen stark von den zugrundeliegenden Ursachen ab.
Als mögliche Behandlungsmethoden oder Hilfsmittel können zum Einsatz kommen:
- Psychotherapie in Form einer Sexualtherapie,
- Verhaltenstraining,
- Physiotherapie,
- Sport,
- Masturbation,
- Konzentrations- und Entspannungstechniken (zum Beispiel Yoga),
- äußerliche lokale Betäubungsmittel,
- Medikamente in Tablettenform zum Einnehmen,
- spezielle Kondome,
- Zink,
- Heilkräuter,
- Traditionelle Chinesische Medizin,
- operative Eingriffe.
Eine wissenschaftliche Überprüfung von über 100 Studien zu verschiedensten Behandlungsmethoden bei vorzeitigem Samenerguss, kommt zu dem Schluss, dass eine Kombination aus Verhaltenstherapie und einer medikamentösen Behandlung am effizientesten ist.
Psychotherapie als Hilfe
Sofern psychische Ursachen vorliegen, werden zuständige Ärztinnen oder Ärzte eine Einzeltherapie oder eine Paartherapie anordnen. Im Rahmen einer Gesprächstherapie können hier psychische Belastungen abgebaut, sexuelle Traumata verarbeitet und ein positiver partnerschaftlicher Umgang mit dem Problem gefördert werden.
Wichtig ist eine bewusste Auseinandersetzung mit der Beschwerde auf beiden Seiten. Die Partnerin oder der Partner sollte den Patienten hierbei nicht zusätzlich unter Druck setzen, sofern sich nicht unverzüglich ein Erfolg einstellt.
Ermutigung und gutes Zureden sowie der Rückhalt der Partnerin beziehungsweise des Partners, dass es keine Erwartungshaltung oder Leistungsansprüche gibt, sind wichtig.
Verhaltenstraining
Ergänzend zur Gesprächstherapie kann auch ein gezieltes Verhaltenstraining stattfinden. Dieses verhilft dem betroffenen Mann zu mehr Kontrolle über seine Ejakulation.
Start-Stopp-Methode und Squeeze-Technik
Bekannt sind zum Beispiel die Stopp-Start-Methode sowie die Squeeze-Technik nach Masters und Johnson:
Stopp-Start-Methode:
Der Gynäkologe William Howell Masters und die Psychologin Virginia Eshelman Johnson leisteten Pionierarbeit, als sie in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts erstmals umfassend das menschliche Sexualverhalten studierten.
Sie entdeckten auch, dass vor der Ejakulation eine Art Plateauphase herrscht. In dieser wird die Erregung zunächst konstant gehalten, ehe sie den sogenannten „Point of no Return“ erreicht, an dem die Ejakulation nicht mehr aufgehalten werden kann.
Zur Vermeidung vorzeitiger Ejakulationen erfanden Masters und Johnson anhand dieser Beobachtungen eine bestimmte Technik. Männer sollen durch Atemübungen (tiefes Ein- und Ausatmen zur verbesserten Entspannung der Nerven) und Stellungs- und Bewegungswechsel während des Geschlechtsakts lernen, die Stimulation zu reduzieren, sodass die Plateauphase länger anhält.
Vor dem Erreichen des „Point of no Return“ wird der Akt gestoppt und wieder neu gestartet. So lernt der Mann, seine Erregung zu steuern und hinauszuzögern.
Als Ziel wird ein Samenerguss nach circa 15 bis 20 Minuten gesetzt. Geübt werden sollte mehrmals pro Woche, denn auch die Häufigkeit und Routine können beeinflussende Faktoren für den Zeitpunkt der Ejakulation sein.
Die Stopp-Start-Methode kann auch ohne Partnerin beziehungsweise Partner geübt werden, und zwar im Rahmen der Masturbation. Es ist zu empfehlen, immer eine Pause von etwa einer Minute vor der Ejakulation einzuhalten und dann etwa fünf Mal den Vorgang des Stimulierens und Stoppens erneut zu wiederholen.
Diese Maßnahme hilft zumeist nur bei sekundären Formen des vorzeitigen Samenergusses. Primäre und damit chronische Formen reagieren in aller Regel kaum bis gar nicht auf diese Stopp-Start-Technik.
Auch bestimmte Nerven- und Muskelerkrankungen sprechen nur bedingt auf derartige Techniken an. Hier muss oftmals mit Medikamenten oder anderen Behandlungsmaßnahmen gearbeitet werden.
Squeeze-Technik:
Auch diese Technik wurde von William Masters und Virginia Johnson entwickelt. Das Wort „squeeze“ entstammt dem Englischen und bedeutet „drücken” oder „quetschen”.
Demzufolge sollen durch gezieltes Pressen oder Drücken bestimmter Penisbereiche (zum Beispiel Schaft oder Eichel) die dort befindlichen Muskelkontraktionen soweit beruhigt werden, dass sich der Ejakulationsreflex verzögert oder gar vollständig unterbrochen wird. Abermals eine Technik, die leider häufig nur bei sekundärem Ejaculatio praecox hilfreich, aber einen Versuch wert ist.
Physiotherapie, Sport und Masturbation
Der vorzeitigen Ejakulation können Anomalien des Bewegungsapparates als Ursache zu Grunde liegen. Ein Training der Beckenbodenmuskulatur durch gezielte Beckenbodenübungen kann bei Ejaculatio praecox hilfreich sein.
Mit der Stärkung der Beckenbodenmuskeln tritt auch eine erhöhte Kontrollfähigkeit eben jener Muskelabschnitte ein, die eine verbesserte Steuerung des Ejakulationsprozesses erlauben. Eine wissenschaftliche Veröffentlichung wertete zehn Studien aus und kommt zu dem Schluss, dass das Training der Beckenbodenmuskulatur bei der Behandlung von Ejaculatio praecox wirksam sein kann.
Unter den Maßnahmen zur Behandlung von Ejaculatio praecox zeigte die Mehrheit der Studien Verbesserungen als Reaktion auf die physiotherapeutische Behandlung. Die Trainingsprotokolle variierten signifikant im Gesamtkontakt mit dem Therapeuten oder der Therapeutin, gleichzeitigen Interventionen, Interventionsdauer, Trainingshäufigkeit und -intensität.
Im Rahmen einer deutschen Studie, der German Male Sex-Study (GMS-Study), befragte ein Team aus Urologinnen und Urologen mehr als 11.000 Männer im Alter von 45 Jahren zu soziodemografischen Daten, Lebensstil und Sexualverhalten. Die Forschenden kamen zu dem Ergebnis, dass weniger Sport treibende Männer im Durchschnitt wesentlich öfter an Ejaculatio praecox litten.
Körperlich aktive Männer waren deutlich seltener betroffen. Abermals dürfte hier eine durch gezieltes Muskeltraining erhöhte Kontrollfähigkeit der für die Ejakulation zuständigen Muskelpartien der Grund sein.
Ein weiteres Hausmittel ist die Masturbation vor dem eigentlichen Geschlechtsakt. Durch die erstmalige Ejakulation verzögert sich erfahrungsgemäß die wiederholte Erregungsfähigkeit des Penis. So kann ein längeres Durchhaltevermögen ermöglicht werden.
Konzentration und Entspannung
Zudem wird empfohlen, während des Geschlechtsverkehrs bewusst an etwas Unerotisches zu denken, um die Erregung zu drosseln und so den Samenerguss hinauszuzögern. Grundsätzlich ist es wichtig, dass Betroffene sich selbst während des Geschlechtsakts keinesfalls psychisch unter Druck setzen.
Die so entstehende Anspannung und Nervosität begünstigen einen vorzeitigen Samenerguss enorm. Es ist sehr sinnvoll, bewusste Entspannungsübungen regelmäßig und auch bewusst vor dem Geschlechtsakt auszuüben. Beispielsweise in Form von Yoga, Progressiver Muskelrelaxation, Klangschalentherapie oder Meditation.
Yoga hilft bei vorzeitigem Samenerguss
Eine Studie aus dem Jahr 2007 untersuchte den Einfluss von Yoga und Fluoxetin, einem Selektiven-Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), der bei Depressionen eingesetzt wird, zur Behandlung des vorzeitigen Samenergusses.
Von 68 Probanden erhielten 30 täglich Fluoxetin (20 bis 60 Milligramm) und 38 praktizierten täglich Yoga. Alle Probanden, die Yoga praktizierten, und 25 von 30 Probanden, die Fluoxetin einnahmen, zeigten nach zwei Monaten deutliche Verbesserungen ihres vorzeitigen Samenergusses.
Eine Studie aus dem Jahr 2012 verglich die Effektivität von Yoga und der Stopp-Start-Methode, um den vorzeitigen Samenerguss zu behandeln. Es wurden neun Yogastellungen täglich fünf Mal wiederholt.
Diese waren Yogamudra Asana, Supta Vajrasana, Matsyasana, Paschimottanasana, Shalabhasana, Naukasana, Hastapadasana, Trikonasana und Ashwini Mudra. Am Ende folgte eine zehn Minuten lange achtsame Atemübung, das Pranayama.
30 Männer zwischen 30 und 45 Jahren nahmen teil. Die intravaginale Latenzzeit konnte nach einer dreimonatigen täglichen Yogapraxis von 30 bis 40 Minuten Länge von durchschnittlich 73,87 Sekunden auf durchschnittlich 125,6 Sekunden verlängert werden. Die Probanden, welche die Stopp-Start-Methode über drei Monate vor jedem Geschlechtstakt übten, erreichten eine Verlängerung von durchschnittlich 73,4 Sekunden auf 97,1 Sekunden.
Yoga war demnach viel effektiver, um den vorzeitigen Samenerguss zu verlangsamen. Allerdings zeigen beide Studien, dass Yoga nur bei täglicher Praxis über mehrere Monate hinweg hilft, um den vorzeitigen Samenerguss zu behandeln.
Medikamente zur Behandlung
Gelegentlich greift man in der medikamentösen Behandlung auf Arzneimittel zurück, die eine Hemmung der Ejakulationsfähigkeit als ausgewiesene Nebenwirkung aufführen. Dazu gehören unter anderem trizyklische Antidepressiva (zum Beispiel Clomipramin), Alpha- und Betablocker.
Je nach zugrundeliegender Krankheitsursache sind weitere Medikamente denkbar. Bei Eichel-, Harnröhren- oder Prostataentzündungen gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, mit entzündungshemmenden Präparaten und Antibiotika die Entzündung und so auch die damit verbundene Ejakulationsstörung zu behandeln.
Erkrankungen wie Diabetes erfordern die Einnahme von Insulin. Dabei ist nicht garantiert, dass auch der vorzeitige Samenerguss mitbehandelbar ist.
Bei Diabetes handelt es sich bekanntlich um eine lebenslange Erkrankung, die bislang nicht vollständig heilbar ist. Dies gilt ebenso für Multiple Sklerose und chronische Formen der erektilen Dysfunktion.
Lokalanästhetika
Medikamentös werden bei vorzeitigem Samenerguss vor allem Wirkstoffe aus dem Bereich der lokalen Betäubungsmittel (Lokalanästhetika) angewandt. Diese sind sinnvoll, wenn die Patienten eine sehr sensible Eichel haben und daher vorzeitig ejakulieren.
Zu den nicht verschreibungspflichtigen Lokalanästhetika zählen Gels, Salben und Sprays. Diese enthalten meist folgende Inhaltsstoffe: Benzocain, Dapoxetin, Lidocain oder Prilocain.
Sie werden etwa fünf bis 20 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr auf die Eichel aufgetragen. Durch Reduzierung der Peniserregbarkeit und sollen sie dann die Ejakulation um drei bis sechs Minuten hinauszögern.
Dennoch ist zu bedenken, dass die Lokalanästhetika Brennen und Taubheit an der Eichel des Mannes erzeugen können und auch an allen Stellen diese unerwünschten Nebenwirkungen auftreten können, die mit dem Penis in Berührung kommen. Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhang immer das Tragen eines Kondoms, um zumindest die Partnerin oder den Partner vor diesen Nebenwirkungen zu schützen.
Eine Studie hat die Wirksamkeit und Sicherheit von medikamentösen Behandlungen bei vorzeitigem Samenerguss an 11.008 Patienten acht Wochen lang untersucht. Bezüglich der Arzneimittelwirksamkeit wurden topische Cremes und Selektive-Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) untersucht.
Alle medikamentösen Behandlungen wurden besser als ein Placebo eingestuft. Allerdings war die Wirksamkeit der Lokalanästhetika am besten.
Selektive-Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
Neurotransmitter haben Einfluss auf den Ejakulationsprozess. Hier ist der Botenstoff Serotonin von Bedeutung.
Ein Serotoninmangel kann die vorzeitige Ejakulation hervorrufen. Wird der Serotoninspiegel beim Menschen dementsprechend erhöht, kann der Samenerguss hinausgezögert werden.
Zum Einsatz bei vorzeitigem Samenerguss kommen daher Selektive-Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), die eigentlich in Tablettenform in der Therapie von Depressionen eingesetzt werden. Diese Medikamente sind verschreibungspflichtig und hemmen namensgemäß die Ausschüttung von Serotonin und verlangsamen damit auch das Ejakulationsgeschehen.
Klassische Wirkstoffe sind diesbezüglich Citalopram, Fluoxetin, Paroxetin und Sertalin. Die Wirksamkeit der SSRIs, einem vorzeitigen Samenerguss entgegenzuwirken, ist wissenschaftlich belegt.
Die SSRI-Behandlung bei vorzeitigem Samenerguss scheint laut einer Studie für Patienten erhebliche Verbesserungen der Symptome zu bringen. Die Zufriedenheit beim Geschlechtsverkehr wurde gesteigert und die wahrgenommene Kontrolle über die Ejakulation erhöhte sich deutlich.
In einer Studie aus Teheran erhielten Männer täglich alle zwölf Stunden 50 mg Sertralin, 20 mg Fluoxetin, 20 mg Paroxetin oder 20 mg Citalopram. Die intravaginale Latenzzeit (gemessene Zeit zwischen Penetration und Ejakulation) verlängerte sich signifikant in allen Gruppen.
Jedoch gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Benommenheit und Dyspepsie (Krankheit im Magen-Darm-Trakt), die nicht schwerwiegend genug waren, um das Absetzen des Medikaments zu veranlassen.
Eine andere Studie zeigte ebenfalls, dass sich bei Patienten, die ein SSRI einnahmen, die Zeit bis zum Samenerguss verlängerte. Verglichen wurde mit Patienten, die ein Placebo einnahmen.
Unter 14 untersuchten SSRIs verzögerte Paroxetin mit über sechs Minuten, gefolgt von Citalopram mit knapp fünf Minuten den Samenerguss am besten. Ärztinnen und Ärzte können SSRIs bis auf ein Präparat, lediglich für den nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch (Off-Label-Use) verschreiben.
Zugelassen als Arzneimittel zur Behandlung eines vorzeitigen Samenergusses in Deutschland ist nur seit 2009 das SSRI Dapoxetin für Männer zwischen 18 und 64 Jahren. Es wird in einer Dosierung von 30 bis 60 Milligramm eine Stunde bis drei Stunden vor dem Sex eingenommen.
Dapoxetin ist nicht wirksamer als andere SSRIs. Im Gegenteil: Eine weitere Studie an 309 Männern vergleicht Dapoxetin mit Paroxetin und einem Placebo.
Dabei verlängerte sich die Zeit zum Samenerguss mit der Einnahme von Dapoxetin von im Mittel 38 Sekunden auf zwei Minuten und 59 Sekunden und mit Paroxetin von im Mittel 31 Sekunden auf sechs Minuten und zehn Sekunden.
Der Vorteil von Dapoxetin gegenüber anderen SSRIs liegt darin, dass es ein kurzwirksamer Arzneistoff ist. Dapotexin muss nicht dauerhaft eingenommen werden.
Die anderen SSRIs, die als Antidepressiva verschrieben werden, müssen dauerhaft eingenommen werden. Daher ist hier eine eingehende ärztliche Beratung notwendig.
Dass unter den SSRIs Paroxetin die höchste Wirksamkeit hat, einen Samenerguss hinauszuzögern, bestätigt auch eine wissenschaftliche Analyse, welche die Ergebnisse vorhandener Untersuchungen von SSRIs bei vorzeitigem Samenerguss systematisch vergleicht.
Die häufigsten Nebenwirkungen von SSRIs sind Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit, Müdigkeit und Nasopharyngitis. Neben einer herabgesetzten Ejakulationsfunktion bergen die SSRIs auch das nicht zu unterschätzende Risiko von Nebenwirkungen wie Orgasmusstörungen oder Erektionsstörungen, komplettem Libidoverlust oder genitaler Taubheit, die das Sexualleben des Patienten nur weiter beeinträchtigen könnten.
Kondome können den Samenerguss hinauszögern
Kondome können grundsätzlich die Sensibilität des Penis minimieren und somit auch dem vorzeitigen Samenerguss entgegenwirken, wenn dieser auf einen sehr berührungsempfindlichen Penis zurückzuführen ist. Besonders eng anliegende oder sehr dicke Kondome lindern die Reize an der Eichel.
Inzwischen gibt es zudem auch spezielle Kondome, die mit lokalen Betäubungsmitteln versehen sind. Vorsicht ist jedoch besonders beim Oralverkehr geboten, denn die Betäubungsmittel können den Mundraum betäuben.
Zink
Zink ist als Spurenelement für die Gesundheit und insbesondere auch für die Reproduktion essentiell. Es fördert die Fruchtbarkeit, indem es den Körper in der Hormonproduktion und Hormonregulation unterstützt. Beim Mann fördert Zink auch die Spermienqualität.
In Studien wurde ein Zusammenhang zwischen vorzeitigem Samenerguss und einem Zinkmangel entdeckt. Bei Ratten konnte durch eine erhöhte Zinkzufuhr die Zeit von der Penetration bis zum Samenerguss verlängert werden, wie eine Studie zeigte.
Eine andere Untersuchung zeigte, dass ein Präparat aus Rosenwurz (Rhodiola rosea), Folsäure, Zink und Biotin die Kontrolle über die Ejakulation und die Qualität des Sexuallebens von Patienten, die von Ejaculatio praecox betroffen waren, signifikant verbesserte. Eine ärztliche Beratung vor der Einnahme von Zink oder weiteren Nahrungsergänzungsmitteln ist jedoch immer ratsam.
Heilkräuter
Wenn es um Kräuter zur Verbesserung des Sexuallebens geht, ist häufig von Aphrodisiaka die Rede. Diese stimulieren die Libido und verhelfen zu einer besseren Erektionsfähigkeit.
Bei vorzeitigem Samenerguss sind allerdings eher Heilpflanzen vonnöten, die das genaue Gegenteil bewirken und die Erregung zügeln. Die Rede ist von sogenannten Anaphrodisiaka.
Einige davon, wie etwa der Baldrian, werden standardmäßig als Beruhigungsmittel eingesetzt. Andere Anaphrodisiaka, wie der Mönchspfeffer, erhielten ihren Namen nicht von ungefähr, wurde die Pflanze im Mittelalter traditionell von Mönchen und anderen Geistlichen verwendet, um ihre sexuelle Erregung im Zaum zu halten, während sie sich dem Zölibat verschrieben.
Alles in allem sind bei Ejaculatio praecox folgende Anaphrodisiaka zu empfehlen:
- Baldrian,
- Dill,
- Enzian,
- Hopfen,
- Kampfer,
- Lavendel,
- Mönchspfeffer,
- Seerosen.
Die Kräuter können zum Beispiel als beruhigender Tee zubereitet oder als Zusatz für ein meditatives Sitzbad gebraucht werden. Wissenschaftlich belegt ist die Wirksamkeit gegen einen vorzeitigen Samenerguss allerdings bislang nicht.
Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)
In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gelten die Nieren als Wurzel des Lebens. Laut dieser Lehre sitzt hier unsere Lebensenergie, das Qi.
Die Nieren regulieren beispielsweise sexuelle Funktionen oder sorgen für sexuelle Potenz. In den Nieren ist laut TCM zudem die vererbte, angeborene Uressenz oder Urenergie, die einem Menschen von den Eltern mitgegeben wird, das Nieren-Jing, gespeichert.
Yin ist in der TCM das weibliche Prinzip, das Wasser oder das Ruhende. Yang ist das männliche Prinzip, das Feurige oder das Aktive.
Die einzelnen Organe werden in der TCM diesen Grundkräften Yin und Yang zugeordnet, wobei auch jedes Organ beide Anteile in sich trägt. Die Nieren, wie auch die Lunge, das Herz, die Leber oder die Milz, sind Yin-Organe.
Yin und Yang sorgen laut TCM im Gleichgewicht für Gesundheit. Ist jedoch der Yin- oder Yang-Anteil der Nieren oder das Nieren-Jing geschwächt, entsteht ein Ungleichgewicht, das zu Krankheiten führen kann, wie dem vorzeitigen Samenerguss.
Da die Nieren eng mit dem Herzen und der Milz in Verbindung stehen, betrachtet eine TCM-Therapeutin beziehungsweise ein TCM-Therapeut auch diese Organe.
Eine Kräutertherapie, ein Ernährungsplan und auch Akupunktur können in der TCM bei einem vorzeitigen Samenerguss als Behandlungsmethoden in Frage kommen.
Operation bei vorzeitigem Samenerguss
Chirurgische Eingriffe bei vorzeitiger Ejakulation sind hierzulande noch stark experimenteller Natur. In anderen Ländern, so zum Beispiel in Südkorea, gehört die sogenannte Selektive Dorsale Neurektomie (SDN) dagegen längst zum Standardrepertoire der Behandlungsoptionen.
Dabei werden gezielt Nervenstränge an der Eichel durchtrennt, die zu einer übersteigerten Erregbarkeit führen, und so wird die Ejaculatio praecox langfristig behoben. Ebenfalls notwendig könnten Operationen bei vorzeitigem Samenerguss sein, wenn ein verkürztes Vorhautbändchen vorliegt.
Unter Lokalanästhesie kann das Bändchen mit einem kleinen Schnitt unkompliziert durchtrennt werden. Dies beendet in vielen Fällen die ejakulative Funktionsstörung.
Es sollte allerdings sichergestellt sein, dass die Operation nur von professionellen Chirurginnen oder Chirurgen durchgeführt wird. Denn Fehler bei der Behandlung können zu bleibendem Empfindungsverlust an der Eichel führen.
Fazit
Bei einem vorzeitigen Samenerguss, den der Betroffene als chronisch und belastend empfindet, ist der Besuch eines Urologen oder einer Urologin immer ratsam. So können körperliche Ursachen abgeklärt beziehungsweise ausgeschlossen werden.
Eine Sexualtherapie ist daneben ratsam, um eventuell zugrundeliegende psychische Ursachen und/oder durch den vorzeitigen Samenerguss entstehende Belastungen zu behandeln. Eine gesunde Ernährung, Sport, Entspannungs- und Verhaltenstechniken sowie im Artikel beschriebene weitere Maßnahmen können sehr hilfreich sein.
Auch ein offener Umgang mit der Partnerin beziehungsweise dem Partner kann sehr unterstützend und heilsam sein. Eine medikamentöse Therapie oder gar ein operativer Eingriff sollten dagegen auf Grund der Risiken und unerwünschten Nebenwirkungen jedoch gründlich abgewogen werden. (ma, ls)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
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Wichtiger Hinweis:
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