Im altgriechischen bedeutete pharmakeia Heilmittel. Apotheca bezeichnete hingegen ein Warenlager, das der apothecarius überwachte.
Inhaltsverzeichnis
Arabische Medizin
Die arabische Medizin des Mittelalters war weiter fortgeschritten als die des christlichen Abendlandes und Spezialisten stellten im neunten Jahrhundert Arzneimittel her. Ihre Läden hießen „dakakin as-sayadila“, und hier verkauften sie neben Heilmitteln auch Parfüme, Kräuter und Gewürze. Zugleich gab es in den Krankenhäuser Arzneimittel zu erwerben, und dabei handelte es sich um wirksame Medikamente.
Arzt und Apotheker
Arzneimittel herzustellen und zu vergeben war in Arabien also bereits im Mittelalter vom Beruf des Arztes getrennt. Die dortigen Apotheken (die allerdings nicht so hießen) hatten immer einen Vorrat an Medikamenten und ihren Grundstoffen im Lager und verarbeiteten diese weiter. Die Pharmazie war weit entwickelt, ebenso die Medizin, und eine Arbeitsteilung wurde notwendig.
Opium und Safran
Zur gleichen Zeit stellten in Europa meist die Ärzte selbst ihre Medikamente her oder überwachten deren Herstellung. Doch der Beruf des Apothekers trennte sich auch hier vom Arzt, unter anderem wegen der exklusiven Ware: Viele Bestandteile der Medizin waren teuer, weil sie aus fernen Ländern stammten wie Opium, Safran, Myrrhe oder Weihrauch.
Die Kaufleute, die mit diesen Kostbarkeiten handelten, gingen dazu über, eigene Spezialisten anzustellen, die daraus Medikamente zubereiteten. Diese Spezialisten umwehte eine magische Aura. Zum einen war Magie und Wissenschaft im Mittelalter Europas nicht voneinander getrennt, und Medikamente zu produzieren ging in Alchemie über.
Ein Privileg der Reichen
Zum anderen wirkten die Produkte im menschlichen Körper, was sich die damaligen Menschen kaum mit „rechten Dingen“ erklären konnten.
Nur Reiche konnten sich Ärzte mit gutem Ruf leisten, und diese viel gefragten Mediziner hatten nicht die Zeit, sich die oft exotischen Zutaten für ihre Medikamente selbst zu beschaffen. Darum kümmerten sich andere Männer hauptberuflich um die Heilpflanzen, die in den Warenhäusern lagerten.
Die Drecksapotheke
Außer solchen ebenso kostbaren wie wirksamen Substanzen war aber auch die „Heylsame Dreck-Apotheke“ verbreitet. So galten Gänsekot und Kuhfladen als Medizin, der Stadtphysikus von Eisenach empfahl Medizin aus „Armesünderfett“ (beim Scharfrichter von Hingerichteten erhältlich), Nasenschleim, Sperma, Ohrenschmalz und Menstruationsblut, des weiteren pulverisierte Mäusezähne und Spulwürmer.
Einige dieser Substanzen sind als Heilmittel wesentlich weniger lächerlich als es scheint. So wirkt der Schimmel auf Gänsekot, Schafskot und Kuhfladen antibiotisch.
Klöstergärten
Eine besondere Rolle spielten dabei die Klöster. Zum einen übersetzten Mönche die Schriften der Griechen und Römer und stießen dabei auf Rezepte für Arzneimittel, zum anderen legten die Klöster selbst Kräutergärten an.
Die Apotheca medicamentorum
Die Klosterapotheke hieß armarium pigmentorum, operatorium oder statio specalium und befand sich meist in der Nähe des Heilkräutergartens, dem herbularius.
Die Klosterapotheken waren das Vorbild für die städtischen Ratsapotheken und die spätmittelalterlichen Universitäts- und Hofapotheken. Apotheke bezeichnete im Mittelalter Warenspeicher jeder Art, die speziellen Magazine für Arzneimittel hießen apotheca medicamentorum.
Gottes Gnade
Der Sitz der Apotheken im Kloster hatte seinen Ursprung im christlichen Weltbild. Demzufolge konnte ausschließlich Gottes Gnade Kranke heilen. Folgerichtig war die Krankenheilung Aufgabe der angewandten Theologie und somit der geistlichen Orden. Nur Klöster durften Ärzte ausbilden. Dies änderte sich erst im Hochmittelalter. Mönche und Nonnen banden Salben mit Wachs, Honig und Öl und nutzten unter anderem Arsen, Quecksilber und Schwefel.
Einhornmedizin
Die mittelalterliche Medizin war von Magie durchtränkt. Pulver aus dem Horn des Fabelwesens Einhorn sollte alle Gifte bekämpfen. Das Trinken von Einhornblut sollte ewiges Leben geben und seine Tränen sollten Magen- wie Nierensteine auflösen.
Zwar erörterte der dänische Arzt Ole Worm 1638, dass das „Ainkhürn“ in Wirklichkeit der Stoßzahn des männlichen Narwals war, den die Norweger aus dem arktischen Meer bezogen. Doch Verzweifelte bezahlten noch im 18. Jahrhundert das Zwanzigfache in Gold für das Pulver – so wie heute manche Krebskranke im Endstadium ihr Vermögen Scharlatanen jeglicher Couleur auf das Konto überweisen.
Friedrich II – die empirische Wissenschaft
Der deutsche Kaiser Friedrich II (1194-1250) stellte den Arzneimittelverkauf auf eine systematische Grundlage. Friedrich befand sich in offenem Konflikt mit dem Papst, weil er das kirchliche Dogma verachtete. Wider Willens hatte er unter Zwang des Papstes einen Kreuzzug in das „Heilige Land“ unternommen.
Statt aber Muslime abzuschlachten, verbrüderte er sich mit ihnen, lernte die Sprache der Araber und vor allem die von den arabischen Gelehrten und praktizierte empirische Methode. Friedrich II führte das wissenschaftliche Denken im Europa des Mittelalters ein, das Lernen durch wertfreie Beobachtung der Natur und das Experiment, während die Kirche Naturphänomene als Metaphern und Krankheiten als Strafen Gottes ansah.
1241 regelte Friedrich das medizinische System: Jede Apotheke musste jetzt vom Landesherrn genehmigt werden. Ärzte durften nicht mit Apothekern zusammen arbeiten, sondern diese kontrollieren und Scharlatane melden.
Friedrichs Edikt stärkte die privilegierten apotecarii. Diese niedergelassenen Apotheker kennen wir aus Köln 1263, aus Trier 1241, aus Würzburg 1254, aus Konstanz 1264, aus Hamburg 1265, aus Münster 1267, aus Magdeburg 1270 und aus Innsbruck 1326.
Fahrende Quacksalber
Die ambulanten Apotheker schwächte die verschärfte Kontrolle hingegen. Sie zogen mit Buden (Schragen) von Markt zu Markt, bauten ihre Stände an Brücken oder Rathäusern auf. Unter ihnen befanden sich auch die berüchtigten Quacksalber, die den Menschen Pseudomedizin unterjubelten, zum Beispiel Zahnschmerzen mit Opiumprodukten „heilten“ und längst verschwunden waren, wenn die betäubende Wirkung nachließ.
Diese fahrenden Apotheker jedoch pauschal zu verdammen, ist nicht richtig. Es gab unter ihnen genau so seriös arbeitende Pharmazeuten (auf der Höhe der Zeit versteht sich) wie unter den sesshaften Arzneimittelherstellern. Apotheker wurden von fahrenden Händlern zu reichen Bürgern, die Arzneimittel in der Offizin herstellte.
Die akademischen Apotheker
Pharmazeutik entwickelte sich zum eigenständigen Fach an den Universitäten. 1530 richteten die Universitäten in Padua und Bologna Lehrstühle für Arzneikunde ein, und ab 1536 mussten Apothekerlehrlinge in Paris Vorlesungen in der medizinischen Hochschule besuchen.
Heilige und Fabelwesen
Die Apotheker in den Städten verkauften ihre Ware aus dem Fenster auf die Straße. Die Apotheken hießen nach der Lage in der Stadt, dem Viertel (Krämerapotheke), dem zugehörigen Kloster (Allerheiligen…), aber auch nach realen Tieren (Löwen, Adlern etc.) oder Fabelwesen (Einhorn, Greif, Drache). Beliebt waren auch christliche Figuren (Johannes, Maria). Bisweilen gab der Name auch einen Hinweis auf die exotischen Güter (Türken, Mohren).
Heute heißen 429 Apotheken in Deutschland nach der Mutter von Jesus, 62 nach dem Heiligen Hubertus, 56 nach dem Heiligen Antonius und 78 nach Johannes dem Täufer. Im Ruhrgebiet tragen viele der Geschäfte den Namen der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute.
Der Arbeitsplatz des Apothekers
Das „Labor“ des Apothekers befand sich in der Regel in seinem Haus. Zu den Arbeitsgeräten gehörten unterschiedliche Waagen, diverse Mörser und Stößel, Reibschalen, Pressen für Pflanzenteile, unzählige Gefäße in verschiedenen Größen aus Kupfer, Zinn, Messing, Glas, Ton, dazu eine Menge Schalen, Becken, Schüsseln und Kessel, um die Stoffe zu erhitzen, zu konzentrieren oder zu kochen. Ein Ofen bzw. eine Feuerstelle waren unumgänglich.
Dann brauchte der Apotheker alle Instrumente zum Destilieren: Löffel, Wiegemesser, Siebe, Spachtel, Messer und Scheren.
Ein gefährlicher Beruf
Die Arbeit war alles andere als ungefährlich, was an den verwendeten Substanzen lag: Bei der Herstellung von Laudanum kam der Apotheker in Dauerkontakt mit Opium, ein Pulver aus Kantharidenkäfern griff die Atmung und Harnwege an, Aronwurzeln verbrannten die Haut.
Apotheker litten an Schwindelanfällen, wenn sie einen Extrakt aus Tollkirsche herstellten oder an Kopfschmerzen, wenn sie mit Lindenblüten arbeiteten, Eibennadeln lösten Übelkeit und Erbrechen aus. Noch schlimmer waren die giftigen Dämpfe von Quecksilber, Arsen und Antimon, die vermutlich für einen frühen Tod der Pharmazeuten sorgten.
Kaufmann und Pharmazeut
Der Apotheker bildete sich als Beruf in der Spezialisierung der Krämergewerbe des Mittelalters heraus. Neben Arzneimitteln verkauften die Apotheken auch Alkoholika, Gewürze, Süßigkeiten ebenso wie Tinte und Papier.
Sie handelten mit Pfeffer, Ingwer, Muskat, Safran und Gewürznelken, mit Zimtrind und Brasilholz, mit Gummi arabicum, mit Wachs, Gips, Seife, Mandeln, Feigen oder Weintrauben.
Dabei absolvierten sie bereits im späten Mittelalter eine lange Ausbildung. Der Arzneimittelhandel erforderte Spezialwissen. Arzneimittel zu vergeben galt auch im 14. Jahrhundert als sehr verantwortungsvolle Tätigkeit, und die Apotheker waren für die Qualität der Medikamente zuständig, die die Ärzte jederzeit in Frage stellen konnten.
Medizinischer Berater
Die Apotheker des Mittelalters berieten die Kunden mit Sicherheit auch zu allgemeinen Fragen der Gesundheit. Allerdings liegen dazu kaum Quellen vor.
In der frühen Neuzeit galt der „Dienst am Nächsten“ indessen ausdrücklich als Berufspflicht des Apothekers. Der Arzt Raymund Minderer forderte die Apotheker 1613 auf, „das für den Kranken Notwendige mit dem Gefährlichen abzuwägen“.
Die Kölner Pharmacopoea bezeichnete 1627 den Apotheker als rechte Hand des Arztes und schrieb, er solle sich „um Einsicht in den Sinn der ärztlichen Behandlung und die verordneten Mittel“ kümmern.
Neues Selbstbewusstsein
Apotheker verstanden ihre Arbeit zunehmend als pharmazeutische Grundlage der angewandten Medizin. Johann Bartholomäus Trommsdorf (1770-1837) zum Beispiel verfasste eine „Chemische Receptirkunst oder Taschenbuch für practische Aertze“, die den Ärzten einen Leitfaden geben sollte, „in welchen [!] sie sich leicht Raths erholen, wo sie mit einem Blicke die Stoffe übersehen könnten, welche sich zersetzen u.s.w., kurz welches sie vor jedem chemischen Fehler bewahrte.“
Ende des 18. Jahrhunderts spaltete sich die Pharmazeutik in die medizinische Disziplin Pharmakologie und die Pharmakognosie. Die Pharmazeuten konzentrierten sich vorrangig auf die chemische Substanz, die Ärzte studierten immer weniger über diese naturwissenschaftliche Grundlage.
Zucker und Porzellan
In der frühen Neuzeit entwickelte sich die Chemie, und die deutschen Apotheken wurden zu Laboren, die die Wirkung von Arzneimitteln erforschten. In der Aufklärung förderten vor allem Berlin, Thüringen und Sachsen die pharmazeutische Wissenschaft.
Mit neuen Methoden wurde es möglich, Wirkstoffe zu extrahieren. Andreas Siegmund Marggraf (1709-1782) war ein Vorreiter, der aus der Zuckerrübe den Kristallzucker isolierte und so die Massenproduktion von Zucker möglich machte, während Rohrzucker zuvor ein Luxusprodukt gewesen war, und die einfachen Menschen auf Honig zurück gegriffen hatten.
Der Apotheker Johann Friedrich Böttger entdeckte im frühen 8. Jh das Rezept, um Porzellan herzustellen. Er handelte im Auftrag Augusts des Starken und verbrachte Jahre in Festungshaft, damit er das Geheimnis nicht verriet. Später leitete er die Porzellanmanufaktur in Meißen.
Der Apotheker Friedrich Ferdinand Runge (1795-1867) entwickelte die Anilinfarben, isolierte Coffein, Atropin und Chinolin und legte so die Rohstoffe für viele synthetische Arzneimittel frei.
Apotheken dienten nicht nur dem Broterwerb für Wissenschaftler, sondern bisweilen auch für Künstler. So schenkte Friedrich der Weise von Sachsen Lukas Cranach dem Älteren (1472-1553) die Hofapotheke zu Wittenberg, damit der Maler ein regelmäßiges Einkommen hatte.
Apotheker durchliefen seit dem Mittelalter eine Lehre von drei bis vier Jahren, und ihr Beruf galt als Handwerk. In Preußen mussten sie ab 1825 zudem ein Studium von zwei Semestern durchlaufen.
Der Apotheker als Naturkundler
Bis weit in die Neuzeit hinein waren Chemie, Zoologie und Botanik als eigenständige Fächer nicht ausdifferenziert, und die Materia Medica aus den Reichen der Pflanzen, Tiere und Mineralien gehörte zu den Kenntnissen der Apotheker.
Umgekehrt waren viele Naturkundler im Brotberuf Apotheker. Seit jeher stand die Pharmazeutik in enger Beziehung zur Alchemie, und Apotheken verfügten über zeitgemäße Labore, in denen die Besitzer auch anderweitige chemische Experimente durchführen konnten.
Handbücher zu Chemie, Botanik, Zoologie und Physik der frühen Neuzeit stammten oft von Apothekern. Gegen 1800 etablierte sich ein „Doppelberuf“. Apotheker arbeiteten nebenberuflich als Wissenschaftler, so der Stralsunder Carl Wilhelm Schiele.
Privatgelehrte
Die wenigsten Apotheker schlugen jedoch eine reguläre Karriere in der Universität an. Im 19. Jahrhundert war es nahezu unmöglich, nebenberuflich zu habilitieren oder auch nur zu promovieren, und die wissenschaftlich arbeitenden Apotheker wirkten vor allem als Privatgelehrte.
Sie genossen dabei einen guten Ruf, in Deutschland war Apotheker ein Synonym für Gelehrter. Ihre praktische Arbeit prädestinierte sie für museale Tätigkeiten, denn Sammeln, Ordnen und Auswerten gehörte zur Arzneimittelkunde.
Naturalienkabinette
Naturalienkabinette waren die Vorläufer der Naturkundemuseen, und der Apotheker Basilius Besler (1561-1629) legte ein solches Kabinett mit Objekten aus den drei Reichen an.
Berühmt wurde auch das Lincksche Naturalienkabinett, dass der Danziger Apotheker Heinrich Linck in seiner Wahlheimat Leipzig anlegte, wo seine Apotheke noch heute in der Grimmaischen Straße in Betrieb ist.
Sein Sohn Johann Heinrich Linck (1674-1734) übernahm 1710 Apotheke und Sammlung. Diese enthielt, laut Lincks eigenen Angaben, 800 Gläser „mit allerhand in spiritu balsamico conservirten Animalien“. Unter anderem bewahrte Linck konservierte Affen, Schlagen und Krokodile, Fossilien und Mineralien, Korallen und Pflanzen.
Hieronymus II Bernouli (1745-1829), ein Apotheker aus Basel, verwaltete eine Sammlung mit Mineralien, versteinerten Tieren und Pflanzen, Insekten und Mollusken und diese ging nach seinem Tod in das Naturhistorische Museum Basel ein.
Der Jenaer Pharmazeut Oscar Brehm sammelte vor allem Insekten und Mineralien, 1849 ertrank er im Nil; Franz Hübner aus Halle studierte Zoologie und Pharmazie und reiste in die Südseee, um dort Naturalia zu sammeln. Er starb auf den Duke-of-York Inseln an einem Sonnenstich.
Der Apotheker Josef Maria Schädel schließlich sammelte Naturalia und Ethnographika in China und Japan und schenkte diese dem Naturhistorischen Museum Hamburg, dem Bamberger Naturalienkabinett und dem Münchner Völkerkundemuseum.
Botaniker
Bis in die Neuzeit bestanden Arzneimittel vor allem aus Pflanzen. Ein Apotheker war somit notgedrungen ein Botaniker. Das Sammeln von Pflanzen und das Anlegen von Herbarien gehörte zu den Berufspflichten.
Der Pharmazeut Friedrich Ehrhardt (1742-1795) richtete ein Herbarium ein, das sich heute im Botanischen Institut Göttingen befindet. Ernst Hampe (1795-880) lernte in der Hirsch-Apotheke in Halle und führte die Apotheke in Blankenburg. Er legte eine reichliche Sammlung an Moosen an, die heute im Britischen Museum lagern.
Der Apotheker Carl Haussknecht (1838-1903) reiste nach Kurdistan, Persien und an die Quellen des Euphrats, erhielt 1869 den Titel eines Professors und gründete 1882 den botanischen Verein Thüringens. Sein Herbarium bestand aus zwei Bibliotheks- wie Arbeitsräumen und einem Saal. Seine Sammlung befindet sich heute in Jena.
Mineraliensammler
Andere Apotheker trieben die Mineralogie voran. Der Clausthaler Ratsapotheker Johann Christoph Ilsemann (1729-1822) zum Beispiel lehrte auch Chemie und Mineralogie und unterhielt im Harz eine umfangreiche Mineraliensammlung, die Goethe beeindruckte.
Zoologen
Auch Tiere spielen in der Pharmazie eine Rolle – besonders wichtig sind tierische Toxine, zum Beispiel die Gifte von Schlangen, Fröschen oder Skorpionen. Ob zuerst die Apotheke da war und dann „das Huhn“ lässt sich kaum feststellen, jedenfalls forschten Apotheker auch zu Tieren, die keine Nährstoffe für Arzneimittel boten.
Friedrich Wilhelm Justus Baedeker (1788 bis 1865), seit 1811 Besitzer der Apotheke in Wittern, sammelte Vogeleier und steuerte 34 Farbtafeln zu Brehms „Handbuch der Naturgeschichte aller Vögel Deutschlands“ bei.
Der Dresdner Apotheker Franz Brahts (1802-1872) legte eine große Sammlung mit Vogelpräparaten an und war Mitglied der naturforschenden Gesellschaft zu Görlitz.
Der Apotheker Adolf Schwab aus Trübau sammelte Präparate von 1313 Vogelarten und 374 Eier. Theodor Bühler-Lindenmeyer, Apotheker in Basel schuf eine ornithologische Sammlung, die heute zum Besitz des Baseler Naturhistorischen Musuems gehört.
Johann Gottfried Schmeisser kam 1767 in St. Andreasberg zur Welt und lernte das Apothekerhandwerk bei Johann Ludwig Gösche in Bockenem. Danach arbeitete er in Braunschweig und Hamburg. Der britische Naturforscher Joseph Banks machte ihn mit dem Botaniker James Edward Smith und dem Arzt John Hunter bekannt. Diese führten ihn in die Royal Society als fellow ein.
Schmeisser blieb sieben Jahre in England. 1794 wurde er Mitglied der Royal Society of Edinburgh und später schloss er sich der Sociéte Philomathique in Paris an. 1805 erwarb er eine Apotheke in Altona, zog aber nach Kopenhagen um und kehrte erst 1823 nach Hamburg zu Ort, praktizierte dort als Arzt und hielt Vorlesungen an der Universität.
Maulwürfe und Ammoniten
Johannes Kober schließlich wurde 1840 in Mötzingen geboren. Ursprünglich wollte er Theologe wurden, begann dann aber in Mainhardt eine Lehre als Apotheker, studierte ab 1866 Pharmazie in Tübingen und praktizierte in der Goldenen Apotheke zu Basel. Er studierte Zoologie und Anatomie und wurde Teilhaber der Goldenen Apotheke.
Bekannt wurde er mit einem Buch über die Naturgeschichte der Tiere, eine vergleichende Arbeit über Ammoniten und einen Text über den Maulwurf. Tagsüber arbeitete er als Apotheker, nachts ging er seinen wissenschaftlichen Studien nach.
Aspirin und Contergan
In der frühen Neuzeit gelang es, Wirkstoffe zu isolieren, und Ende des 19. Jahrhunderts kamen die ersten synthetischen Arzneimittel auf den Markt. Das erste war „Antipyrin“ 1884. Fünf Jahre später folgte Aspirin. Insulin wirkte ab 1923 gegen Diabetes.
Synthetische Arzneimittel galten im 20. Jahrhundert als Sieg der modernen Technik über die Heimsuchungen der Natur. Ein Einbruch in diesen Fortschrittsglauben erfolgte mit dem Mittel Contergan. Es schädigte die Embryonen im Mutterleib und führte zu Kindern mit verkürzten Armen. Die Skepsis gegenüber den modernen Medikamenten wuchs, und das bundesdeutsche Arzneimittelgesetz wurde um umfassende Prüfungen erweitert, die ein Medikament durchlaufen muss, bevor es auf den Markt kommt.
Eine Ausnahme stellen nur homöopathische Mittel dar, die nicht nur keine Prüfverfahren durchlaufen, sondern auch den Naturwissenschaften widersprechen und auf der Signaturenlehre des Mittelalters basieren. Dass Homöopathika die Kontrollmechanismen des Arzneimittelgesetzes unterlaufen können, ist der Ehefrau des ehemaligen Bundespräsidenten Carl Carstens zu verdanken.
Diese Esoterikerin glaubte an die Homöopathie und setzte den Einfluss ihres Mannes erfolgreich ein, um Lobbyarbeit für ihre Pseudowissenschaft zu betreiben.
1976 wurde der Beipackzettel Pflicht.
Der Apotheker wird zum Prüfer
Die Industrialisierung verschob das Arbeitsfeld des Apothekers. Der stellte jetzt immer weniger Medikamente selbst her, sondern beriet die Kunden, das richtige Mittel zu wählen, während er die Arzneien selbst von Pharmaunternehmen bekam.
In der Bundesrepublik gehört der Apotheker zu den freien Berufen, und das bedeutete nach 1945 in den westlichen Besatzungszonen auch Niederlassungsfreiheit.
Arzneimittel sind preisgebunden, Apotheker konkurrieren also nur durch die Qualität ihrer Kundenberatung und haben Vor- wie Nachteile durch die Lage ihrer Verkaufsstätte.
Apotheken heute
Heute gibt es in Deutschland 21.500 Apotheken, diese haben 365 Tage im Jahr geöffnet. Ein Notdienst sorgt dafür, dass Kranke auch mitten in der Nacht Medikamente bekommen können. Das Vertrauen in die Apotheker ist in Deutschland groß. In Umfragen belegen sie bei allen Berufen mit die vordersten Plätze, wenn es um Zufriedenheit und Vertrauen geht.
Es gibt rezeptpflichtige Arzneimittel, die Apotheken nur bei ärztlicher Verschreibung abgeben dürfen und apothekenpflichtige: Letztere dürfen nur Apotheken verkaufen, aber keine anderen Geschäfte.
Medikamente und Nagelscheren
Die Vielfalt des Angebots entspricht durchaus den Anfängen der „Medizinkrämerläden“. Der Schwerpunkt liegt zwar tatsächlich bei Medikamenten, Apotheken haben aber alles im Angebot, was sich mit Gesundheit in Verbindung bringen lässt.
Im Sortiment sind Einlegesohlen mit Gelpolstern für Schuhe ebenso wie Nagelscheren, Ingwerbonbons wie Vitamintabletten. Dabei sind Apotheken nach wie vor Kombinationen aus Verkaufsläden und fachlicher Beratung und dementsprechend teuer.
Eine Preisbindung besteht zwar bei Arzneimitteln, nicht aber bei den sonstigen Produkten, und Kräutertees wie Salbeidragees sind teurer als vergleichbare Produkte in Supermärkten. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Schmitz, Rudolf; Friedrich, Christoph: Geschichte der Pharmazie, Band 1, Govi-Verlag, 1998
- Freichel, Oliver: Darstellung und Kritik der neuen aut-idem-Regelung für Arzneimittel, Diplom.de, 2016
- Groß, Dominik (Hrsg.): Reininger, Monika (Hrsg.): Medizin in Geschichte, Philologie und Ethnologie: Festschrift für Gundolf Keil, Königshausen & Neumann, 2003
- Bergdolt, Klaus: Das Gewissen der Medizin: ärztliche Moral von der Antike bis heute, C.H.Beck, 2004
- Ziegenbein, Ralf: Der Apotheker als Kaufmann: das überfachliche Kompetenzprofil des erfolgreichen Pharmazeuten, Verlag-Haus Monsenstein und Vannerdat, 2008
Wichtiger Hinweis:
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