Das Wort „demi“ kommt aus dem Französischen und bedeutet „halb“. So ist demisexuell wörtlich sozusagen so etwas wie „halbsexuell“. Doch was soll das genau bedeuten?
Inhaltsverzeichnis
Demisexuell – was bedeutet das?
Als „demisexuell“ werden Menschen bezeichnet, die weder allosexuell, noch asexuell sind.
Allosexuell bedeutet, dass Menschen sich grundsätzlich zu anderen Menschen körperlich hingezogen fühlen. Unabhängig davon, wie lange sie diese kennen, wie vertraut sie mit ihnen sind und ob romantische Gefühle vorhanden sind.
Asexuell bedeutet, dass kein Interesse an Sexualität mit anderen Menschen oder generell gar kein Interesse an Sex besteht. Jedoch können durchaus Interesse an einer Beziehung und/oder romantische Gefühle vorhanden sein.
Zwischen den beiden Polen Allosexualität und Asexualität befindet sich die Demisexualität, wobei sie von Mensch zu Mensch variieren kann. Eine demisexuelle Person tendiert vielleicht etwas mehr in Richtung Allosexualität, eine andere eher in Richtung Asexualität.
Dies ist keine bewusste Entscheidung, die demisexuelle Menschen treffen. Ebensowenig, wie man sich sexuelle Vorlieben, geschlechtliche Präferenzen oder das Maß an Libido aussuchen oder willentlich beeinflussen kann.
Wichtig zu wissen, egal, welche sexuelle Orientierung es betrifft, ist lediglich, dass jeder Mensch individuell ist. Nicht jeder demisexuelle Mensch ist gleich, und so müssen nicht alle genannten Punkte gleichermaßen zutreffen.
Sexuelle Anziehung
Eine spontane sexuelle Anziehung verspüren Menschen, die demisexuell sind, meist nicht. Anhimmeln, in irgendwelche Stars „verschossen“ sein, ist häufig nicht wirklich ihr Ding. Es ist ihnen zumeist wichtig, zuerst eine tiefe, vertrauenswürdige Beziehung aufzubauen, bevor sie an Sex denken.
Was demisexuelle Menschen meist eher nicht mögen
Mit einem fremden Menschen einfach so zu schäkern oder zu flirten, mögen Menschen, die demisexuell sind, häufig eher nicht. Die Aussage „Ich kenne die Person doch gar nicht“ beschreibt dies noch besser. Demisexuelle Menschen möchten andere in der Regel erst näher kennenlernen, bevor sie dies tun.
Was viele demisexuelle Personen nicht mögen, sind offene Beziehungen, Smalltalk, oberflächliche Gespräche und alles was mit „Dating“ zu tun hat. Viele treffen sich am liebsten mit Menschen, die sie gut kennen, mit denen sie bereits befreundet sind.
Rein körperliches Fremdgehen in einer Beziehung ist für die meisten Demisexuellen undenkbar. Ebenso wie ein One-Night-Stand mit einer völlig fremden Person.
Was viele Demisexuelle seltsam finden
Vor allem im Teenageralter merken sie, dass irgendetwas „anders“ ist. Seltsam finden sie zum Beispiel, wenn Gleichaltrige sich in einen Star verlieben und diesen so richtig anhimmeln und anschmachten.
Sie können sich dies oft überhaupt nicht vorstellen. Auch tapezieren sie nicht ihr Zimmer mit irgendwelchen Postern von Stars oder Musikgruppen. Doch auch hier gibt es selbstverständlich Ausnahmen.
Das Anhimmeln von fremden Menschen, die man gar nicht kennt – das ist für viele Demisexuelle unvorstellbar. Dieser Mensch ist doch so weit weg, sie kennen ihn doch gar nicht.
Wenn sich andere Menschen über reine Bettgeschichten unterhalten, so ist ihnen das fremd und viele von ihnen möchten solche Konversationen auch nicht führen.
Fragen, wie „wie sieht denn dein Traummann, wie sieht denn deine Traumfrau aus“ können sie häufig nicht beantworten. Aussehen ist vielen demisexuellen Menschen relativ unwichtig.
Wichtig ist, dass sie die Menschen vorher gut kennen und ihnen vertrauen können. Dass sie eine emotionale Nähe spüren, bevor sie sich körperlich auf sie einlassen.
Beziehungen und Demisexualität
Die Beziehung demisexueller Menschen beginnt oft langsam mit einem Herantasten. Erst, wenn eine enge geistige und emotionale Verbindung entstanden ist, ist Sexualität möglich und erfüllend.
Romantik muss nicht zwingend dabei sein. Viele – nicht alle von ihnen – mögen das Austauschen von Zärtlichkeiten, Kuscheln und Händchen halten. Diese Dinge sind manchen Demisexuellen viel wichtiger als Sex.
Die Voraussetzung für sexuelle Aktivitäten ist bei einem demisexuellen Menschen meist nicht plötzliches, spontanes Begehren, sondern ein Gefühl von Nähe und Vertrautheit.
Ist dieses erst einmal hergestellt, kann es durchaus sein, dass eine demisexuelle Person gern und viel Sex hat (muss aber nicht). Die Libido ist verschieden stark ausgeprägt, wie bei anderen sexuellen Orientierungen auch.
Wie verlieben sich demisexuelle Menschen?
Demisexuelle Personen verlieben sich in der Regel nicht sofort in Aussehen, Stimme oder Bewegungen eines anderen Menschen (primäre Anziehung) – sie stellen häufig die sekundäre Anziehung in den Vordergrund. Hierzu gehören Humor, Charakter, Werte und vieles mehr.
Dies bedeutet, dass sich ein sexuelles Verlangen meist erst nach einer tiefen, emotionalen Verbindung entwickelt. Sie verlieben sich am ehesten in Freundinnen oder Freunde, Kolleginnen oder Kollegen. Auch hier gilt selbstverständlich, dass es Ausnahmen gibt.
Fazit
Demisexualität ist unabhängig vom Geschlecht. Sie sagt nichts darüber aus, wie groß die Libido, also das sexuelle Verlangen, ausgeprägt ist.
Auch ist sie keine Wahl, die man bewusst treffen kann. Geschlechtliche Orientierung, sexuelle Vorlieben, Bedürfnisse und Wünsche unterscheiden sich wie bei allen anderen sexuellen Orientierungen auch und können sehr individuell sein. (sw)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- DeWinter, Carmilla: Das asexuelle Spektrum: eine Erkundungstour, Marta Press UG, März 2021
- Prufus, A., Katzer, M., Voß, H.J.: Unsichtbares sichtbar machen. Asexualität als sexuelle Orientierung, 2016, psycharchives.org
- Mitter, C.: Paar- und Sexualtherapie, Abschlussarbeit; www.liebesexundtherapie.at (abgerufen am 29.01.2025), liebesexundtherapie.at
- Prof. Dr. med. G. Grospietsch, Dr. med. W. G. Gehring: Demisexualität; www.gesundheits-lexikon.com, 2024 (abgerufen am 30.01.2025), gesundheits-lexikon.com
Wichtiger Hinweis:
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