Impfung bedeutet, ein Lebewesen durch einen Impfstoff vor einer Krankheit zu schützen. Der Impfstoff aktiviert das Immunsystem – vor allem gegen Infektionen. Vereinfacht gesagt: Der tierische oder menschliche Patient nimmt bei einer Aktiv-Impfung den Infektionserreger in abgetöteter oder abgeschwächter Form in geringer Dosis im Körper auf. Das alarmiert die Abwehrkräfte des Organismus, und die Antikörper wehren die in geringer Menge ungefährlichen Eindringlinge ab. In Zukunft hat das körpereigene Sicherheitssystem den „Feind“ jetzt im Visier und schließt die Lücken in der Verteidigung, durch die er eindringen konnte, das Viren- und Bakterienschutzprogramm erhält ein Update.
Inhaltsverzeichnis
Aktiv- und Passivimpfungen
Wir unterscheiden zwischen Aktiv- und Passivimpfungen. Beim aktiven Impfen ist das Ziel, das Immunsystem darauf vorzubereiten, im Ernstfall den Erreger so effektiv zu bekämpfen, dass die Krankheit gar nicht oder nur geschwächt ausbricht. Beim passiven Impfen bekommt der Patient zusätzliche Antikörper künstlich zugeführt.
Wogegen helfen Impfstoffe?
Impfungen helfen vor allem gegen Infektionen mit Viren und Bakterien – von Masern über Pocken bis zu Tollwut und Typhus. Heute gibt es aber auch Impfstoffe, die chronische Infektionen angehen, welche indirekt Krebs auslösen können.
Wie wird geimpft?
Die bekanntesten aktiven Impfungen laufen durch Injektion mit einer Spritze, entweder in die Haut, unter die Haut oder in einen Muskel. Früher wurden Impfstoffe auch in das Gesäß gespritzt, dieses Verfahren ist aber überholt, weil die Wirksamkeit geringer ist als bei Spritzen in den Oberarm. Für Passivimpfungen ist eine „Spritze in den Hintern“ jedoch hinreichend.
Bei Schluckimpfungen nehmen wir den Impfstoff mit dem Mund auf, außerdem gibt es wenige Impfungen mit Hautpflastern.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt?
Die aktive Impfung kennen wir als die „eigentliche Impfung“ – berühmt wurde die Impfung gegen die Pocken. Das Immunsystem wird hier gewissermaßen trainiert. Metaphorisch ausgedrückt bilden die Abwehrfunktionen unseres Körpers das nötige Know-How aus, um eine Infektionskrankheit zu bekämpfen, indem sie den Erreger in ungefährlicher Menge kennen lernen.
Die Patienten werden dafür mit Lebend- oder Totimpfstoffen „infiziert“. Ein Lebensimpfstoff enthält lebendige Erreger in abgeschwächter Form, bei Totimpfstoffen sind die Erreger abgetötet.
Befindet sich der Erreger im Körper, erkennen die weißen Blutkörperchen, unsere „Gesundheitspolizeit“ die Proteine und Zuckermoleküle des Eindringlings als Fremdkörper.
Das Immunsystem bildet jetzt Gedächtniszellen, Lymphozyten, die den Erreger unschädlich machen, und, im Idealfall, nach dem Motto „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“ eine spätere Infektion mit ihm verhindern.
Bei einer erneuten Infektion erkennen die Gedächtniszellen den Erreger, jetzt wandeln sich Lymphozyten zu Plasmazellen, die Antikörper zur Welt bringen und zu T-Lymphozyten und NK-Zellen als Verteidigung der Zellen.
Es handelt sich bei einem Impfstoff nicht notwendig um den gesamten Erreger. Totimpfstoffe enthalten zum Beispiel bisweilen nur das Toxin (Gift) einer Erregers – das gilt unter anderem für die Tetanus-Impfung.
Im Unterschied zu anderen Aktiv-Impfungen verhindert eine solcher Totimpfstoff nicht das Eindringen und Vermehren der Erreger. Der Betroffene ist also infiziert, aber es bricht keine Krankheit aus, denn die Toxine, die diese Krankheit auslösen, werden ausgeschaltet. Der Zünder der Bombe ist entfernt.
Passive Impfung
Die passive Impfung kam 1890 zur Welt, und zwar gegen ein damals weit verbreitetes Übel, die Diphtherie. Emil von Behring isolierte Antikörper gegen die Erkrankung aus dem Blut von Pferden. Aus Pferden gewonnene Antikörper, außerdem solche von Rindern und Schafen, halfen bis 1965 auch gegen Tetanus.
Eine passive Impfung empfiehlt sich, wenn die Betroffenen bereits mit dem Erreger in Berührung kamen, ohne aktiv geimpft zu sein. Der Körper hat jetzt keine Zeit mehr, „seine Truppen vorzubereiten“ und braucht Hilfe von außen.
Der Patient erhält jetzt eine Simultan-Impfung, ein Immunserum. Dieses enthält Antikörper gegen den Eindringling in hohem Ausmaß.
Im enge Sinne handelt es sich nicht um eine Impfung, denn der Körper selbst bildet keine zusätzlichen Abwehrkräfte.
Als Passiv-Impfstoffe dienen Blutextrakte von immunisierten Tieren und Menschen oder aus Zellkulturen produzierte menschliche Antikörper. Eine passive Impfung in diesem Sinne ist keine Prävention, sondern eine Hilfe im Notfall.
Sie ist insbesondere angebracht bei Geschehnissen mit einem hohen Risiko, sich zu infizieren, bei ungeimpften Personen und bei Krankheiten, für die eine Impfung nicht die Regel ist. Klassisch ist zum Beispiel die Passivimpfung gegen Tetanus als Simultanimpfung bei Verletzung und ungenügendem Impfschutz oder gegen Tollwut.
Wundstarrkrampf und Hepatitis
Ein Immunserum bekommen Sie in der Regel auch, wenn eine Wunde verschmutzt und sie nicht gegen Wundstarrkrampf geimpft sind, wenn Sie im Krankenhaus arbeiten und Blut von Patienten mit Hepatitis B in ihren Körper gelangt sein könnte.
Schnell und kurz, langsam und nachhaltig
Im Unterschied zu einer aktiven Impfung wirkt ein Immunserum schnell und kurzfristig. Abwehrkörper bei einer aktiven Impfung brauchen hingegen eine längere Frist, um sich zu bilden, dafür halten sie aber auch langfristig. Der Schutz eines Immunserums verfällt hingegen nach wenigen Wochen. Einer neuen Infektion durch den gleichen Erreger steht der Körper dann schutzlos gegenüber.
Das liegt daran, dass es sich beim Immunserum nicht um Zellen handelt, die der Körper selbst bildet. Wenn jetzt der Erreger erneut zuschlägt, haben die Zellen keine Erinnerung an ihn, folglich wird das Immunsystem nicht aktiviert.
Ein klassisches Immunserum, aus menschlichen oder tierischen Zellen gewonnen, hat einen eklatanten Nachteil. Da es sich um körperfremde Substanzen handelt, reagiert der Körper so, wie er es bei Fremdeiweiß tut: Er wehrt diese von Arzt und Patienten gewünschten Eindringlinge ab.
So werden die Antikörper des Immunserums schnell wieder ausgeschieden. Ein Fremdserum kann außerdem einen allergischen Schock auslösen. Diese Hürde umgeht die moderne Medizin mit monoklonalen Antikörpern, die diese Reaktion nicht provozieren.
Ursache unbekannt
In der Medizin stellt sich immer wieder die Frage nach der Kausalität. Wirkt ein Medikament real oder stellt sich eine Heilung nur zufällig unmittelbar nach Einnahme der Medizin ein. Unsere Vorfahren waren bis in die Neuzeit weit gehend auf Spekulationen angewiesen.
Sie verfügten zwar durchaus über empirisches Wissen, gewonnen aus Erfahrungen, die eine Generation der nächsten vermittelte und nutzten so Pflanzen, deren heilende Wirkung evidenzbasierte Verfahren und technische Möglichkeiten der Moderne belegten.
So beobachteten sie auch, dass wer bestimmte Krankheiten einmal durchlitten hatte, diese nicht wieder bekam. Leider waren die Erklärungen dafür falsch, denn bis zum 18. Jahrhundert wusste niemand etwas von Bakterien und Viren, die sich nur unter dem Mikroskop erkennen lassen – das weltgrößte Bakterium ist so groß wie ein Punkt am Ende eines Satzes.
Möglicherweise setzte sich deshalb die Vorstellung, Gleiches mit Gleichem zu behandeln durch, verbunden mit dem christlichen Weltbild, das Gott alles im Universum an den richtigen Platz gestellt hatte.
Manche Beobachtungen erwiesen sich als richtig. So sollte man nicht das Fleisch eines Tieres essen, das ein „toller Wolf“ getötet hatte, weil man sich ansonsten in einen solchen „tollen Wolf“ verwandle. Es handelt sich um die richtige Erkenntnis, dass man sich mit Tollwut infiziert, wenn man in Kontakt mit dem Speichel eines Lebewesens kommt, das an Tollwut erkrankt ist.
Wirklichen Aufschluss über die Wirksamkeit von medizinischen Behandlungen geben aber nur Metastudien, die subjektive Wahrnehmungen und individuelle Erfahrungen ausschließen. Bei Impfungen sind hier die Gesamtzahlen der Erkrankungen eindeutig.
Alternative Erklärungen
Alternative Erklärungen entkräften den Rückgang der Infektionen nach der Einführung von Impfprogrammen nicht, die Zahl der Infektionen in Ländern ohne flächendeckende Impfungen belegen zusätzlich den Erfolg.
Alternative Erklärungen im historischen Vergleich wären zum Beispiel: Aufklärung der Bevölkerung über mögliche Infektionsquellen. Verbesserung der allgemeinen Hygiene. Gesunde Lebensweise. Von Impfungen unabhängiges Eindämmen des Erregers (zum Beispiel Töten aller Straßenhunde, Wölfe und Füchse, die potenziell die Tollwut übertragen könnten), natürliches Verschwinden der Erreger.
Wie effektiv sind Impfungen?
Ein paar Beispiele vor und nach der Einführung von Impfprogrammen in den USA: 1922 infizierten sich dort 175.885 Menschen mit Diphtherie, 1998 noch einer. Bei Keuchhusten lag die Rate 1925 bei 147.271 und 1998 bei 6.279. An Masern erkrankten 1962 noch 503.282 Menschen, 1998 noch 89, an Mumps 1968 152.209 und 1998 606.
Am eindrucksvollsten ist aber die Ausrottung der Pocken. 1904 befiel das Virus noch 48.164 Menschen in Amerika. 1998 gab es keinen einzigen Fall. Warum auch: Bereits 1980 hatte die WHO die Pocken für ausgerottet erklärt.
Auch ohne diese Zahlen lässt sich die Wirkung von Impfungen nachweisen: Im Labor zeigt sich eindeutig, wie viele Antikörper sich gegen einen Erreger nach der Impfung bilden.
Randomisierte Studien mit Tieren oder Menschen mit und ohne Impfstoff, aufgeteilt in zwei Gruppen, geben ebenfalls Aufschluss.
Impfstoffe sind einem strengen Kontrollverfahren nach den Maßstäben der Europäischen Arzneimittelagentur ausgesetzt. Bevor sie auf den Markt kommen, durchlaufen sie eine Reihe von klinischen Prüfungen. In Deutschland kontrolliert das Paul-Ehrlich-Institut die Zulassung.
Bieten Impfungen einen absoluten Schutz?
Impfungen können nur selten vollkommen vor einer Krankheit schützen, denn dafür ist das Ringen zwischen körpereigener Abwehr und Erregern, mit anderen Worten das evolutionäre Geschehen, viel zu dynamisch.
Bestimmte Erreger ändern sich nämlich sehr schnell oder treten in diversen Formen auf. Varianten von ihnen schlüpfen so gewissermaßen immer wieder durch die Netze, und die Wissenschaft versucht eifrig, die Impfstoffe gegen diese neuen „Kampfweisen“ aufzurüsten.
Bei der Influenza zum Beispiel, deren Erreger immer wieder eine Antigendrift vollziehen, lassen sich meist nur die schlimmsten Auswirkungen verhindern.
Bei vielen alten Plagen, die in der Dritten Welt nach wie vor grassieren, wirkten Impfungen indessen ausgesprochen gut. Polio, Masern und Röteln gelten heute in den USA als ausgerottet.
Bei Tetanus, Diphtherie, Mumps und Keuchhusten ging die Zahl der Erkrankungen in den USA seit den Impfprogrammen zwar „nur“ um 92 % zurück, die Sterberate der Menschen, die daran starben sank aber um mehr als 99%.
Impfungen wiederholen
Die meisten Impfungen müssen nach der ersten Immunisierung wiederholt werden, damit die Immunität erhalten bleibt. Dabei braucht der Geimpfte bei der Auffrischung nicht mehr die volle Dosis des Impfstoffes, da bereits eine kleinere Menge dazu führt, dass das Immunsystem effektiv arbeitet.
Eine Faustregel gibt es nicht, die Häufigkeit und der Zeitpunkt der Wiederholungen sind von Krankheit zu Krankheit unterschiedlich. Eine Pockenimpfung zum Beispiel hält wahrscheinlich ein Leben lang an, Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln in der Regel weit über zehn Jahre, ebenso die Impfung gegen Hepatitis B.
Bei manchen Krankheiten wie zum Beispiel Keuchhusten gehen die gebildeten Antikörper nach vier Jahren zurück, und spätestens nach zehn Jahren sollten Sie die Impfung wiederholen. Das gilt auch für Diphtherie und Tetanus.
Eine Typhusimpfung zum Beispiel wirkt nur noch zwei bis drei Jahre.
Gegen Grippe sollten Sie idealerweise jedes Jahr eine Schutzimpfung vornehmen lassen, wenn Sie über 60 sind, Kontakt mit Kranken haben oder selbst an chronischen Krankheiten leiden.
Was sind die Nebenwirkungen?
Eine Aktivimpfung bedeutet vor allem, einen Erreger in den Körper zu lassen. Davor haben viele Menschen Angst, eine Angst, die vielleicht sogar evolutionär bedingt ist. Die realen Nebenwirkungen der gängigen Impfungen stehen zu dieser Angst aber in keinem realen Verhältnis: Wie jeder Eingriff in den Körper ist auch eine Impfung mit Risiken verbunden. Diese sind aber klein und lassen sich nicht im entferntesten mit den ausgebrochenen Krankheiten vergleichen.
Impfreaktionen sind normale Reaktionen eines gesunden Menschen. Dazu können gehören: Ein leichtes Gefühl von Abgeschlagenheit, eine Schwellung an der Injektionsstelle, Kopf- oder Muskelschmerzen.
Solche Impfreaktionen sind keine Komplikationen, sondern ein normaler Prozess: Der Erreger befindet sich im Körper, und der Organismus bildet Abwehrstoffe. Schwellung, leichte Schmerzen und ein Schwächegefühl zeigen, dass das Abwehrsystem arbeitet.
Komplikationen bei Impfungen kommen auch vor. So führen Aktivimpfungen sehr selten zu einem Ausbruch der Krankheit in schwacher Form. Bei Masern treten bei bis zu 5 % der Geimpften die „Impfmasern“ auf, also Masernsymptome in leichter Form: Ausschlag und Fieber.
In ausgesprochen seltenen Fällen kommt es zu einem allergischen Schock, wenn der Körper auf die Impfsubstanz reagiert. Ein solcher Schock kann das Leben bedrohen, und Ärzte sind verpflichtet, alles nötige Material vor Ort zu haben, um den Notfall zu behandeln. Sie müssen Patienten auf diese mögliche Nebenwirkung aufklären.
Herdenimmunität
Manche Impfkritiker fordern, Impfungen von einer individuellen Entscheidung abhängig zu machen. Das ist zwar verständlich, widerspricht aber dem Wesen einer Schutzimpfung.
Je mehr Menschen in einer Gesellschaft nämlich geimpft sind, um so weniger grassiert der Erreger. Das fördert auch den Schutz von Menschen ohne Impfung wie zum Beispiel Säuglingen.
So genannte Riegelimpfungen, also massenhafte Impfungen einer Bevölkerung, wenn ein Erreger sich ausbreitet, sollen diese Herdenimmunität kurzfristig aufbauen.
Ein Durchimpfen der Bevölkerung gilt heute als effektivste Maßnahme, um Infektionskrankheiten zu verhindern.
Pocken
Die Pockenimpfung gehört zu den größten Erfolgen in der Geschichte der Medizin. Pocken entstehen durch ein Virus, dass von Mensch zu Mensch durch Tröpfchen beim Husten übergeht. Die Infektion führt zu hohem Fieber, Schüttelfrost und Bläschen auf der Haut. Überlebende sind durch die so genannten Pockennarben entstellt, jeder dritte Erkrankte starb. Überlebende erblindeten, verloren das Hörvermögen oder wurden gelähmt.
Die Impfprogramme der WHO besiegten die Seuche: 1980 erklärte die WHO die Welt für pockenfrei, nachdem der letzte belegte Fall 1977 in Somalia auftrat. Heute findet keine Pockenimpfung mehr statt, da der Virus nicht mehr grassiert.
Kinderlähmung
Hier handelt es sich ebenfalls um eine Vireninfektion, ausgelöst durch das Poliovirus. Bei jedem zehnten Fall erkranken die Betroffenen schwer: Sie leiden unter Kopfschmerzen, einem steifen Nacken, Darmbeschwerden und Muskelschmerzen. Bei jedem tausendsten Erkrankten greift das Virus das Rückenmark und Gehirn an, und die Patienten werden gelähmt.
Die Schutzimpfung gegen Kinderlähmung ist in der BRD seit 1962 Standard. Innerhalb von fünf Jahren ging die Zahl der Neuerkrankungen um 99 % zurück. Seit 1998 erfolgt die Impfung mit einem Totimpfstoff.
Im Unterschied zu den Pocken ist die Kinderlähmung weltweit keinesfalls verschwunden. In Nigeria und Pakistan zum Beispiel tritt das Virus nach wie vor auf.
Die WHO erklärte indessen Europa, Westpazifik und Amerika inzwischen als frei vom Poliovirus, seit kurzem ebenso Indien – und in Afrika wie Asien gingen die Erkrankungen massiv zurück.
Regionale Ausbrüche in Europa, insbesondere bei Religionsgemeinschaften, die Impfungen ablehnen, zeigt, dass sich bei fehlender Durchimpfung das Virus jederzeit wieder ausbreiten kann.
Masern
Die Ausrottung der Masern ist ein erklärtes Ziel der WHO. Amerika, Australien und Skandinavien gelten heute als masernfrei. In Deutschland beträgt die Durchimpfung von Grundschülern circa 90 %. Masern sind heute in Deutschland keine Kinderkrankheit mehr, die jeder durchläuft, sondern treten durchschnittlich in wenig mehr als 100 Fällen pro Jahr auf. Betroffen sind zum Beispiel Kinder in Waldorf-Schulen, deren anthroposophische Eltern und Lehrer Impfungen ablehnen.
Einzelne Ausbrüche der Masern betreffen nichtsdestotrotz in Deutschland tausende von Menschen: 2005 erkrankten 780, 2006 immerhin 2242. Die weltweiten Erkrankungen sanken durch das Impfen von circa 500.000 1980 auf 139.300 2010.
Mumps
Mumps zählt wie Masern zu den klassischen Kinderkrankheiten, beide Infektionen treffen jedoch auch Erwachsene. Ursache ist ein Virus, das sich durch Tröpfchen überträgt. Die Speicheldrüsen entzünden sich, vor allem die Ohrspeicheldrüsen – die Betroffenen bekommen eine sprichwörtliche „dicke Backe“. Allerdings zeigt jeder dritte Infizierte überhaupt keine Symptome.
Meistens ist Mumps harmlos, bei Erwachsenen steigt jedoch die Gefahr, sich eine Hirnhaut- oder Hodenentzündung mit dem Risiko einer Zeugungsunfähigkeit zuzuziehen. In Deutschland erfolgt die Impfung gegen Mumps mit einem Impfstoff, der gleichzeitig gegen Masern und Röteln schützt.
Tollwut – Serum oder Tod
Der Lyssavirus verursacht eine Infektion, die ohne Impfung fast immer zum Tod führt. Menschen infizieren sich vor allem durch Tierbisse, meist von Kaniden wie Hunden, Schakalen, Wölfen und Füchsen, aber auch von Katzen oder Fledermäusen, Waschbären oder Stinktieren – sogar von Eichhörnchen.
Ein Biss infiziert deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit, weil so Speichel, der das Tollwut-Virus enthält, in die Wunde kommt. Das Problem ist aber nicht der Biss, sondern die Körperflüssigkeit des infizierten Tieres (oder Menschen).
Auch Speichel eines Tollwutkranken, der auf eine Hautwunde gelangt, kann die Seuche auslösen. Es reicht völlig, wenn sie den Kadaver eines an Tollwut gestorbenen Tieres oder den Schaum am Mund eines erkrankten Menschen anfassen, selbst eine Wunde an der Haut haben und durch die eigenen Finger den Virus übertragen.
Die meisten Menschen in den Industriestaaten impfen sich nicht regulär gegen diese Seuche. Zum einen ist eine Impfung nämlich bisweilen mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen verbunden, und es bedarf drei Spritzen im Abstand von einigen Wochen. Zum anderen kommt die Tollwut in Mitteleuropa kaum noch vor. Hunde werden regulär gegen die Tollwut geimpft, und bei Füchsen kommt sie dank Impfködern de facto in Deutschland nicht mehr vor.
Dennoch gibt es immer wieder Einzelfälle von Tollwutinfektionen, zum Beispiel durch Fledermausbisse oder auf Fernreisen in Länder, die nach wie vor von der Seuche heimgesucht werden wie Indien oder Tansania.
Wer also auf seinem Kenia-Trip einen auffällig zutraulichen Schakal streichelt, oder wer mit einem verwirrten Straßenhund in Anatolien kuschelte, der sollte schleunigst zum Arzt gehen, wenn auch nur die Möglichkeit besteht, dass er mit dem Speichel oder Blut des Tieres in Berührung kam.
Zum Glück ist die Dauer vom Kontakt mit dem Erreger bis zum Ausbruch der Krankheit bei der Tollwut lang – von mehreren Wochen bis zu Jahren. Wenn Sie sich also in der ersten Woche nach dem Kontakt mit einem potenziell infizierten Tier passiv impfen, liegen ihre Chance, die Krankheit nicht zu bekommen, bei nahezu hundert Prozent. Wenn Sie es nicht tun, und die Tollwut ausbricht, liegt ihre Chance, zu überleben, bei nahezu null Prozent.
Heute noch sterben jährlich 55.000 Menschen an der Lyssa, mehr als die Hälfte davon in Afrika, die übrigen fast alle in Asien. In Südamerika überträgt die Blut trinkende Vampirfledermaus das Virus, in den USA unter anderem Waschbären. Jeder dritte Erkrankte zieht sich die Seuche in Indien zu.
99% der Übertragungen weltweit erfolgen durch Hunde. In den durchgeimpften USA erfolgen die (sehr wenigen) Infektionen hingegen fast ausschließlich über Wildtiere wie Fledermäuse – ebenso in Australien.
Mutmaßlich mehr als 300.000 Todesfälle werden durch die Injektion von Immunseren weltweit pro Jahr verhindert. In ganz Europa gab es offiziell seit 1977 nur wenige hundert Tollwutfälle.
Die ausgebrochene Krankheit kann nicht behandelt werden.
Das Virus entzündet das Gehirn und oft auch das Rückenmark. Die Schmerzen zeigen sich zuerst am gebissenen Körperteil. Die Haut verliert dort ihre Empfindlichkeit, es folgen Lähmungen, Angstzustände, Psychosen, Halluzinationen und Delirium als Folge des zerstörten Nervensystems.
Die Lähmung der hinteren Hirnnerven lähmt den Rachen, die Betroffenen können nicht mehr schlucken und sprechen. Sehen Sie Wasser, dann löst das Krämpfe im Rachen und Kehlkopf aus. Sie können den Speichel nicht mehr schlucken, was zum typischen Geifer vor dem Mund führt.
Ohne trinken und schlucken zu können, wird das Virus nicht verdünnt und arbeitet so besonders effektiv.
Die Erkrankten sind extrem sensibel gegenüber Umweltreizen wie Licht und Geräuschen und reagieren darauf mit dem, was unsere Vorfahren als „Tollheit“ bezeichneten: Sie brüllen, schlagen um sich, schreien und beißen. Wenn sie andere Menschen beißen, verbreiten sie das Virus weiter.
Die Zerstörung von Gehirn und Nerven führt zum Koma und Tod.
Wer ist gefährdet?
Sie sollten sich unbedingt prophylaktisch gegen Tollwut impfen, wenn sie in Risikoländer reisen, also generell nach Afrika, Indien, Zentralasien oder Arabien. Wenn Sie sich nämlich infizieren, können Sie selten davon ausgehen, vor Ort eine sichere Passivimpfung zu bekommen.
Weniger gefährdet sind sie in typischen Tollwutländern wie Bangladesch, Sri Lanka oder Kenia, wenn sie eine Pauschalreise machen und in abgeschirmten Hotels übernachten.
Am meisten gefährdet sind Sie, wenn Sie mit dem Rucksack durchs Land wandern, unter freiem Himmel schlafen und so in engen Kontakt zu Straßenhunden kommen. Bei Mitarbeitern Zoologischer Gärten, Förstern, Jägern, Tierärzten und Hundetrainern versteht sich eine Tollwutimpfung von selbst.
Hält das Risiko an, sollten Sie die Impfung alle 2-5 Jahre wiederholen, bzw. einmal pro Jahr ihre Antikörper untersuchen lassen. Sind sie vollständig grundimmunisiert, hält sich das Zellengedächtnis mehr als zehn Jahre. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Impfempfehlungen (Abruf: 16.08.2019), impfen-info.de
- Robert Koch-Institut (RKI): Impfen (Abruf: 16.08.2019), rki.de
- World Health Organisation (WHO): Vaccine Safety Net (Abruf: 16.08.2019), who.int
- Bundesministerium für Gesundheit: Impfungen (Abruf: 16.08.2019), bundesgesundheitsministerium.de
- Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e. V.: Impfen: Aktuelle Impfempfehlungen (Abruf: 16.08.2019), kinderaerzte-im-netz.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.