Brustwarzenpiercing
Unter den Piercings am Rumpf sind das Durchstechen der Brustwarzen und des Bauchnabels am weitesten verbreitet. Die Brustwarze wird meist quer durchbohrt, gelegentlich auch von oben nach unten, doch auch diagonales Stechen ist möglich. Je nach Größe der Brustwarze können auch mehrere Schmuckstücke übereinander angebracht werden. Bisweilen lassen sich Menschen nicht nur die Brustwarze, sondern auch den Warzenhof durchstechen.
Inhaltsverzeichnis
Brustwarzenpiercing: Eine europäische Tradition
Frauen des europäischen Adels im 14. Jahrhundert trugen weit ausgeschnittene Dekolletés, die sogar die nackte Brust zeigten. Elisabeth von Bayern schmückte sich die Brustwarzen und andere Frauen der herrschenden Klasse taten es ihr nach. Ringe mit Edelsteinen, Silber- und Goldketten brachten die Schmuckträgerinnen an Löchern an, die sie sich durch die Brustwarzen gestochen hatten. Diese Mode kam zum Erliegen, als die Kirche eine kurze sinnesfrohe Phase durch erneute rigide Kleiderordnungen beendete.
Von den Rändern zum Mainstream
In den 1980ern waren Piercings in Europa und den USA ein Kennzeichen von Subkulturen an den Rändern der Gesellschaft. In den 1990ern machten Prominente aus dem Show- und Musikbusiness sie populär, zum Beispiel Lenny Kravitz und Tommy Lee. Spätestens das Brustwarzenpiercing von Britney Spears etablierte diesen Körperschmuck als Massenphänomen.
Während Anfang der 1990er Jahre der durch die Brustwarze bzw. den Warzenhof gestochene Körperschmuck noch ein Hauch des Verruchten umwehte, handelt es sich heute um des häufigste Piercing am Rumpf. Bei britischen Männern ist es sogar, außer Ohrringen, das am weitesten verbreitetste Piercing überhaupt.
Heilung und Hygiene
Im professionellen Studio wird die die Stichstelle und ihr Umfeld desinfiziert. Der Piercer markiert die Stelle des Ein- wie des Ausstichs, fixiert die Brustwarze mit einer Klemme und durchsticht sie mit einer besonderen Nadel. Diese ist hohl, der Piercer steckt den Ring oder Stecker in den Hohlraum und bringt ihn in der Stechstelle an, indem er die Nadel zurück zieht.
In den Wochen nach dem Stechen sollten Sie keine enge Kleidung am Oberkörper tragen. Diese kann nicht nur Schmerzen verursachen, wenn sie auf die Wunde drückt, sondern auch die Heilung bremsen, indem sie an der Wunde reibt. Achten Sie außerdem darauf, keine verschmutzte Kleidung zu tragen. So vermindern Sie die Gefahr, dass Krankheitskeime in die Wunde gelangen.
Mögliche Komplikationen bei Brustpiercing
Mediziner warnen ausdrücklich vor möglichen Folgen bei unzureichender Pflege. Der Wundkanal kann bis zu einem Jahr nicht vollständig ausgeheilt sein. Das bedeutet eine langfristige Gefahr für Infektionen.
Infiziert sich die Wunde, kann sich ein Abszess bilden. Wie das Ärzteblatt informiert, lasse – ausgehend von zehn Fallbeispielen – der zeitliche Abstand vom Piercing zur Behandlung von durchschnittlich 20,8 (2 bis 52) Wochen darauf schließen, dass die Inkubations- beziehungsweise Wundheilungszeit beim Durchstechen der Brustwarze verlängert ist. Dabei gebe es dem Fachblatt zufolge zwei Gruppen: drei Frühinfektionen, das heißt der Brustabszess trat innerhalb von weniger als 4 Wochen nach dem Piercing auf, und sieben Spätinfektionen im Zeitraum von 3 bis 12 Monaten nach dem Stechen.
Schlaf, Stress und Vitamine
Wie bei anderen kleinen Wunden fördern Sie die Heilung durch gesunde Ernährung mit ausreichend Vitamin C und Vitamin E.
Vitamin C ist nötig, um Bindegewebe zu bilden, es findet sich in allen Zitrusfrüchten, außerdem in Johannis-, Brom- wie Himbeeren, Äpfeln, Ananas und Papaya.
Vitamin E glättet das Bindegewebe und ist in grünem Gemüse, Nüssen, Weizen und Linsen vorhanden, außerdem in Vollkornerzeugnissen.
Genug Schlaf und Stressabbau stärken die Heilung ebenfalls.
Stecker statt Ringe
Unmittelbar nach dem Stechen sind Stecker besser geeignet als Ringe. Ringe drehen sich im Stichkanal, reißen dabei die sich schließende Wunde auf; dies stört die Heilung und tut zudem empfindlich weh. Außerdem behindert fester Schorf an den Stichstellen die Heilung. Dies verhindern Sie, indem Sie Vaseline oder Bepanthen auf die wunden Stellen auftragen.
Bauchnabelpiercing
Der Begriff Bauchnabelpiercing ist streng genommen, falsch. Das Piercing wird in der Regel nicht in den Bauchnabel, sondern in die Hautfalte um den Bauchnabel gestochen, entweder unten oder oben und vertikal. Bei einem nach außen gerichteten Bauchnabel ist es zwar ebenfalls möglich, aber wenig zu empfehlen, da Kleidung diese Stelle durchgehend reibt.
Das Schmücken des Bauchnabels ist neben dem Durchstechen der Brustwarze die häufigste Piercingart am Rumpf und zählt zu den gängigen Formen von Körperschmuck. Besonders unter Frauen ist es weit verbreitet, oft verbunden mit bauchfreien Tops und Tätowierungen im unteren Rückenbereich. Umgekehrt bleibt es unter Kleidung unsichtbar und eignet sich so auch für Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz keine sichtbaren Piercings tragen dürfen.
Für das Anbringen des Körperschmucks legen Sie sich im Piercingstudio meist auf den Rücken. So verhindern Sie Kreislaufprobleme, und der Piercer kann ungestört arbeiten. Das Durchstechen selbst läuft wie beim Brustwarzenpiercing. Der Piercer fixiert den Bereich mit einer Klemme und setzt einen Stichkanal mit einem Venenkatheter.
Noch mehr als bei der Brustwarze sollten Sie darauf achten, anfangs keinen Ball-Closure-Ring zu tragen: Infektionen sind hier häufig, können sich durch die Nähe des Bauchnabels zum Bauchgewebe einfach ausbreiten und zu längerfristigen Beschwerden und sogar zu gefährlichen Komplikationen führen.
Geeignet sind hingegen Bauchnabelstecker aus PTFE, einem beweglichen und antiallergischen Material. Sie können hier die Verschlusskugeln einfach abschrauben und durch andere Motive ersetzen. Ein Curved Barbell enthält eine kleinere und eine größere Kugel, die sich aufschrauben lassen.
Erschwerte Heilung
Ein Piercing am Bauchnabel heilt beschwerlich ab. Laufen, Bücken, auf Toilette gehen, jegliche Oberbekleidung belastet die Heilung. Während die Wunde an der Brustwarze oft schon nach einem Monat ausgeheilt ist, dauert die Genesung am Bauchnabel gewöhnlich bis zu sechs Monaten. Die Narbe müssen Sie besonders sorgsam pflegen.
Manche Menschen stechen sich ihr Piercing selbst. Insbesondere beim Bauchnabel ist davon abzuraten. Ein Bauchnabelpiercing setzt anatomisches Verständnis und handwerkliches Können des Piercers voraus. Der wird bei einem tiefen Nabel nicht bis zum Nabelboden stechen, da sonst die Heilung länger dauern würde. Hinzu kommt, dass möglicherweise der Schmuck im Nabel verschwindet.
Setzt der Piercer den Stich zu flach an, wächst das Schmuckstück beim Abheilen oft heraus; setzt er ihn zu tief an, ist der Druck auf die Wunde stark, was die Heilung erschwert. (Dr. Utz Anhalt)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Jacobs, Volker R.; Golombeck, Kirstin; Jonat, Walter; Kiechle, Marion: "Brustabszess nach Brustwarzenpiercing: Übersicht publizierter Fallberichte und Forderung nach gesundheitspolitischen Konsequenzen", in: Deutsches Ärzteblatt, Volume 100 Issue 8, 2003
- Borkenhagen, Ada; Stirn, Aglaja; Brähler, Elmar: Body Modification: Manual für Ärzte, Psychologen und Berater - Tattoo, Piercing, Botox, Filler, ästhetische Chirurgie, Intimchirurgie, ... Bodybuilding, ästhetische Zahnheilkunde, MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2013
- Groß, Dominik; Müller, Sabine; Steinmetzer, Jan: Normal - anders - krank?: Akzeptanz, Stigmatisierung und Pathologisierung im Kontext der Medizin (Humandiskurs - Medizinische Herausforderungen in Geschichte und Gegenwart), MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, 2007
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.