Krankenkassenverband: Zahl der Arztpraxen zu hoch
26.03.2011
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) beklagt die zu hohe Anzahl von niedergelassenen Ärzten in Deutschland. Zudem seien Arztpraxen regional zu ungleich verteilt. Während auf dem Land nur eine ginge Arztdichte besteht, existiert in den Städten ein regelrechtes Überangebot. In den letzten zwanzig Jahren ist die Anzahl der Praxen nach Angaben des Kassenverbandes deutschlandweit um 45.000 gestiegen.
Zuviel niedergelassene Stadtärzte
Doris Pfeffer, Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) bemängelte abermals die stetig steigende Anzahl von niedergelassenen Ärzten in Deutschland. "Es gibt zu viele Ärzte mit eigener Praxis", sagte die Vorstandschefin. In den letzten zwanzig Jahren habe es im Bereich der ambulant niedergelassenen Ärzte eine regelrechte Ärzteschwemme gegeben. Rund 45.000 neue Arztpraxen sind entstanden. Das eigentliche Problem sei aber die insgesamt ungleiche regionale Verteilung. In zahlreichen Städten besteht ein deutliches Überangebot von niedergelassenen Haus- und Fachärzten. In einigen ländlichen Regionen hingegen fehlen vielmals Mediziner. Die Verbandsvorsitze der GKV forderte daher den Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) auf, die Überversorgung mit geeigneten Mitteln abzubauen. So sagte Pfeiffer am Samstag gegenüber der Zeitung "Die Welt": "Ich versuche den Minister davon zu überzeugen, dass man die Unterversorgung, die er beklagt, nur beseitigen kann, wenn man auch die Überversorgung abbaut".
Zeitliche Begrenzung der Kassenzulassung
Nach Meinung der Kassenverbandschefin sollten Ärzte mit eigener Praxis nur noch zeitlich begrenzt die Genehmigung erhalten, Patienten der gesetzlichen Krankenkassen zu behandeln. Ein Verkauf der Kassenzulassung am Ende des Berufsleben sollte gesetzlich unterbunden werden. "Bis jetzt kann jeder Arzt die Lizenz, mit Krankenkassen abzurechnen, am Ende seines Berufslebens verkaufen. Es wäre besser, wenn die Zulassung als Kassenarzt nur noch auf Lebenszeit vergeben würde", erklärte Pfeiffer gegenüber der Zeitung. Geht ein Arzt in Rente, sollte die Kassenzulassung beendet sein. So könne man verhindern, "dass sich immer wieder neue Ärzte in über versorgten Gebieten niederlassen."
24.000 Ärzte zu viel?
Nach Angaben der Krankenkassen gibt es in Deutschland rund 24.000 niedergelassene Ärzte zu viel. Demnach sei jeder fünfte Mediziner mit eigener Praxis überflüssig. Die Bundesärztekammer hält entschieden dagegen und spricht hingegen von einer falschen Berechnung des Verbandes. Denn der Kassenverband hätte für die Berechnung die Bedarfsplanung für den Bund zugrunde gelegt, welche bemisst, wie viel Ärzte pro Einwohner in einer Region tätig sein sollen. Die Anzahl der Ärzte sage aber nichts darüber aus, wie es tatsächlich um die Patientenversorgung steht, so die Ärztevertreter. Zwar gebe es immer mehr niedergelassene Ärzte, allerdings arbeiten Mediziner im Durchschnitt auch immer weniger pro Woche. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit ist von ehemals 36,8 (1997) auf 33,2 Stunden (2008) gesunken. Demnach müssten auch die wirklichen Arbeitszeiten in die Berechnung mit einfließen. Zudem habe die ehemalige Bedarfsplanung aus dem Jahre 1993 wenig mit den medizinischen Gesundheitsleistungen von heute zu tun.
Ländliche Unterversorgung unstrittig
Unstrittig hingegen ist die Unterversorgung in einigen ländlichen Regionen. Das Gesundheitsministerium geht davon aus, dass viele Ärzte ein Niederlassen auf dem Land als unattraktiv erleben. Daher plant die schwarz-gelbe Koalition eine Neugestaltung des Versorgungsgesetzes. Unter anderem will man die Ärztehonorare für Landärzte deutlich anheben. Ärzte in dünn besiedelten Gegenden sollen außerdem Zuschläge für die Ausbildung von Assistenzärzten erhalten. Eine Initiative von FDP Gesundheitsexperten, nach der eine Selbstzahlungspflicht bei Ärztemangel eingeführt werden soll, findet derzeit in der schwarz-gelben Koalition keine Mehrheit.
Kassen lehnen finanzielle Anreize für Ärzte ab
Die Gesetzesinitiative würde allerdings hohe Mehrausgaben für die Krankenkassen verursachen. Die Kassen befürchten, dass hierdurch Beitragserhöhungen und Zusatzbeiträge folgen. Denn die höheren Kosten in Milliardenhöhe müssten zukünftig von den Versicherten und nicht vom Bund getragen werden müssen. Daher schlägt der Kassenverband vor, statt finanzieller Anreize, Einschränkungen bei den Kassenzulassung vorzunehmen. Dann würden automatisch mehr Ärzte sich auch auf dem Land niederlassen. (sb)
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Bild: Thommy Weiss / pixelio.de
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