Zum ersten Mal seit der Gesundheitsreform wird eine gesetzliche Krankenkasse ohne Fusion geschlossen. Die Betriebskrankenkasse City BKK wird zum ersten Juli 2011 aufgelöst. Versicherte müssen sich bis zum Schließungstermin eine neue Krankenversicherung suchen.
04.05.2011
Die gesetzliche Krankenkasse City BKK wird zum ersten Juli geschlossen. Rund 170.000 Krankenversicherte müssen sich nun eine neue Krankenkasse suchen. Die Zukunft der rund 400 Angestellten ist noch unklar. Für die rund 170.000 Versicherten der Betriebskrankenkasse City BKK bedeutet die Schließung, sich eine neue Krankenkasse zu suchen. Bis zum ersten Juli bleiben alle Gesundheitsleistungen erhalten. Auch bereits begonnene Therapien und Untersuchungen können ohne weiteres fortgeführt werden. Kann die Kasse selbst nicht mehr für die Kosten aufkommen, muss der Verbund der Betriebskrankenkassen für insolvente City BKK einspringen.
Bundesversicherungsamt beschließt Schließung
Wie das Bundesversicherungsamt am Mittwoch in Bonn offiziell mitteilte, wird die gesetzliche Krankenkasse City BKK zum 1. Juli 2011 endgültig geschlossen. Die Entscheidung über die Schließung sei unvermeidlich gewesen, da die finanziellen Schwierigkeiten der seit Monaten angeschlagenen Kasse nicht mehr zu bewerkstelligen sei. Die Bundesversicherungsamt habe als Aufsichtsbehörde die Pflicht, bei drohenden Insolvenzen konsequent im Sinne der Versicherten zu handeln. Damit schließt seit der Einführung des Gesundheitsfonds erstmals eine Krankenkasse ohne im Vorfeld einen Zusammenschluss zu erwirken.
Zukunft der Mitarbeiter ungewiss
Für die rund 400 Angestellten der Kasse bedeutet die Schließung sehr wahrscheinlich der Verlust des Arbeitsplatzes. Die regionalen Zweigstellen in Berlin, Hamburg und Stuttgart werden bis zur vollständigen Abwicklung geschlossen. Für die Arbeitnehmer bedeutet die Schließung die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz. Noch ist nicht bekannt, ob für den Verlust des Arbeitsverhältnisses Ausgleichszahlungen vorgenommen werden oder ob Übernahmen in andere Betriebskassen geplant sind.
Politik begrüßt die Schließung der City BKK
Von Seiten der Politik wird die Schließung der Kasse begrüßt. "Wir wollen den Wettbewerb zwischen den Krankenkassen. Dazu gehört auch, dass erfolglose Kassen vom Markt verschwinden", sagte der Gesundheitsexperte der CDU, Jens Spahn gegenüber der Zeitung „Rheinische Post“. Schließlich sei die Schließung der Kasse „auch ein Zeichen an alle Kassen, die meinen, sich irgendwie durchwursteln zu können“, sagte Spahn weiter. Will eine Kasse am Krankenversicherungsmarkt bestehen, so „muss sie sich anstrengen“. Nun sei es jedoch wichtig zu gewährleisten, dass den betroffenen Versicherten durch das Aus kein Nachteil entsteht und sie „lückenlos in eine andere Kasse wechseln könnten“.
Drohende Insolvenz der City BKK zeichnete sich vor Monaten ab
Im April diesen Jahres wurde bekannt, dass das Bundesversicherungsamt die Bilanzen des ersten Quartals genau prüfen will. Bereits zu diesem Zeitpunkt deutete sich eine Ende der City BKK an. Trotz der Erhebung von Zusatzbeiträgen konnte die Kasse ihre finanziellen Probleme nicht mehr ausgleichen. Nach Angaben des Bundesversicherungsamtes sei der Grund der Schließung, die fehlende Leistungsfähigkeit der CITY BKK, die auf Dauer nicht mehr gesichert sei (§ 153 Satz 1 Nr. 3 SGB V).
Die CITY BKK hatte ihre Verschuldung und die Zahlungsunfähigkeit bereits im Jahre 2010 angezeigt. Die Krankenkasse selbst macht unter anderem die unzureichenden Mittel des Gesundheitsfonds für das Scheitern verantwortlich. Aufgrund der zum Teil überalterten Mitgliederstruktur in den „medizinischen Hochpreisregionen Berlin und Hamburg“ erhielt die Kasse dennoch die bundesweit durchschnittlichen Morbiditätskosten erstattet. Im weiteren Verlauf des letzten Jahres erstellte die Kasse ein Sanierungskonzept und versuchte vor allem Kosten im Verwaltungsbereich einzusparen. Zusätzlich wurde ein sehr hoher Zusatzbeitrag von zuletzt 15 Euro je Kassenmitglied erhoben. Letztendlich führte jedoch der Zusatzbeitrag nicht zur Rettung sondern zur weiteren Instabilität der Kasse, weil im Zuge dessen viele Versicherte von ihrem Wechselrecht Gebrauch machten. Etwa ein Viertel der Mitglieder verweigerte zudem die Zahlung des Zusatzbeitrages. Das bestätigt auch der Vorsitzende des Bundesversicherungsamtes, Maximilian Gaßner: „Ein von der City BKK vorgelegtes Sanierungskonzept hat insbesondere wegen der außerordentlich hohen Mitgliederabgänge im ersten Quartal 2011 leider nicht den erhofften Erfolg gebracht“. Allerdings widersprach Gaßner den Darstellungen, die Probleme seinen auf die unzureichenden Zuweisungen des Gesundheitsfonds zurückzuführen. Vielmehr habe die City BKK bereits vorher wegen „weit überdurchnittlicher Leistungsausgaben“ große Probleme gehabt und habe von anderen Betriebskassen gestützt werden müssen.
Gesundheitsleistungen werden für Versicherte weiterhin gezahlt
Bis zur endgültigen Schließung werden alle Leistungen der Patienten gezahlt. Auch die vielen Leistungserbringer im Gesundheitswesen, wie zum Beispiel Krankengymnasten, Hilfsmittellieferanten, Kurkliniken, Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken müssen sich keine Sorgen machen. Auch nach der Schließung einer Krankenkasse werden im Gegensatz zu Insolvenzen bei Wirtschaftsunternehmen – alle Verpflichtungen erfüllt. „Für diese Verbindlichkeiten kommt dann die jeweilige Kassenart, im Fall der City BKK das System der Betriebskrankenkassen, auf.“
Mitglieder sollten sich eine neue Kasse suchen
Das Bundesversicherungsamt betont, Mitglieder der City BKK müssen sich aufgrund der Schließung keine Sorgen machen. Sie hätten nun nach der Ankündigung genügend Zeit, sich eine neue und adäquate Krankenkasse zu suchen. Keine Kasse könne ehemalige City BKK Versicherte aufgrund des Gesundheitszustandes, Alters oder Einkommen ablehnen. Versicherungspflichtige Mitglieder können noch bis zu zwei Wochen nach der Schließung in eine neue Kasse ihrer eigenen Wahl wechseln. Verstreicht diese Frist, wird der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer selbstständig eine neue Kasse raus suchen. Der neue Krankenversicherungsschutz schließt sich nahtlos an den bisherigen an. Das Mitglied selbst und alle beitragsfrei mitversicherten Familienangehörigen sind ab dem ersten Tag nach der Schließung in der neuen Krankenkasse versichert. Es besteht also sofort ohne Anwartschafts- oder Wartezeit der gesamte Leistungskatalog der neuen Kasse.
Rentner und Hartz IV Bezieher
Wer auf Sozialhilfe oder Hartz IV Zahlungen angewiesen ist, kann sich ebenfalls selbstständig eine neue Krankenkasse suchen. Wer hier die Zwei-Wochen-Frist nach Schließung verstreichen lässt, wird von der Bundesagentur für Arbeit automatisch bei einer anderen Kasse angemeldet. Das gilt auch für Rentner, hier kümmert sich der Rentenversicherungsträger. Durch diese Maßnahme wird gewährleistet, dass keine Versorgungslücken entstehen.
Freiwillig gesetzlich Versicherte
Bei Selbstständigen oder Beamten, die freiwillig gesetzlich Versichert sind, gelten etwas andere Regelungen. Sie müssen den Wechsel im Verlauf von drei Monaten nach Bekanntgabe der Schließung selbst erklären, ansonsten erlischt der Anspruch auf eine gesetzliche Krankenversicherung. Wer die Frist nicht einhält und sich beispielsweise nicht um eine private Krankenversicherung kümmert, für den gilt die nachrangige Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung. So soll auch in diesen Fällen ein nahtloser Versicherungsschutz gewährleistet bleiben. Allerdings verwirkt derjenige das Anrecht, weiterhin freiwillig gesetzlich versichert zu sein.
Selbst handeln vermeidet Ärger
Für alle Fälle gilt, am Besten selbstständig aktiv zu werden und Angebote anderer Krankenkassen intensiv zu vergleichen. Da seit der Einführung des Gesundheitsfonds eine solche Schließung bislang einmalig ist, könnten die Eingreifmechanismen teilweise nicht richtig funktionieren. Daher ist es wichtig, in jedem Fall, ob freiwillig oder pflichtversichert, sich ausreichend selbst kümmern.
Weitere Kassen in Gefahr
Nach unbestätigten Meldungen sind auch weitere Krankenkassen von einer Schließung bedroht. Auch die BKK Heilberufe und Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln (GBK) haben vor einiger Zeit bei den Aufsichtsbehörden finanzielle Probleme angemeldet. Die Krankenkassen sind gesetzlich dazu verpflichtet, frühzeitig eine drohende Insolvenz zu melden. (sb)
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