Städte und Regionen verbieten Verkauf spanischer Gurken, die nicht auf EHEC Bakterien getestet wurden
27.05.2011
Aufgrund der hohen EHEC- Infektionswelle greifen erste Städte und Regionen zu drastischen Maßnahmen und verbieten den Verlauf von spanischen Gurken im Groß- und Einzelhandel. So hat die Stadt Duisburg mit einem Erlass allen Gemüse- und Gewerbetreibenden den Verkauf der spanischen Gurken untersagt. Die grünen Gurken stehen unter dem dringenden Verdacht, den EHEC Keim zu transportieren. Die Stadt beruft sich dabei auf einen Erlass der nordrhein-westfälischen Ministeriums für Verbraucherschutz. Wer jetzt noch rohe Gurken vertreibt, ohne dass diese zuvor auf den EHEC Keim getestet wurden, macht sich strafbar. Betroffen von diesen strengen Auflagen sind nicht nur Einzelhändler oder Importeure, sondern auch Restaurants, Imbisse, Kantinen und alle sonstigen Lebensmittel-Gewerbebetriebe.
Kosten für EHEC Test müssen Händler selbst zahlen
„Ein solcher Test ist viel zu teuer für uns kleinen Gemüsehändler“, sagt ein betroffener Einzelhändler der sowieso schon unter den massiven Einbußen der letzten Tage klagt. Denn die Kosten werden nicht vom Gesundheitsamt oder der Stadtverwaltung übernommen, sondern müssen aus eigener Tasche beglichen werden. Daher, so ein Behördensprecher, sollten die Händler die Gemüsewaren lieber aus dem Handel nehmen und fachgerecht entsorgen. Wahrscheinlich ist, dass die Gurken sowieso nicht mehr gekauft werden, auch wenn diese getestet wurden.
Das NRW-Verbraucherschutzministerium hat heuten einen umfangreichen Katalog von Sofortmaßnahmen erlassen, um die EHEC-Infektionen einzudämmen sowie die Ursachenforschung voranzutreiben. „Es gibt derzeit noch keine Hinweise, dass Gemüse aus NRW die ursächliche Quelle oder das Gemüse aus NRW mit EHEC-Keimen belastet ist. Um aber weitestgehende Sicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher zu gewährleisten, haben wir jetzt ein umfangreiches Maßnahmenpaket erlassen. Unser Ziel muss es sein, alle möglichen und denkbaren Quellen zu finden und zu schließen“, sagte Verbraucherschutzminister Johannes Remmel.
Maßnahmen des Verbraucherschutzministeriums
1. Erlass: Wegen der bestätigten Belastung von spanischen Gurken mit EHEC-Keimen hat das NRW-Verbraucherministerium per Erlass angeordnet, dass nur noch solche spanischen Gurken verkauft, vertrieben und weiterverarbeitet werden dürfen, wenn durch ein Testat zweifelsfrei nachgewiesen ist, dass sie frei von einer Belastungen mit EHEC sind. Bei den in Frage kommenden Betrieben handelt es sich nicht nur um Importeure, Groß- und Einzelhändler, sondern auch um Gaststätten, Imbisse und Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung und gegebenenfalls weitere Betriebe. Die Lebensmittelüberwachungsämter der Kommunen wurden angewiesen, diesen Erlass schnellstmöglich umzusetzen. Der Erlass ist ab sofort einzuhalten.
2. Empfehlung: Da es bisher keine Sicherheit gibt, ob nicht neben spanischen Gurken noch weitere Gemüsearten betroffen und kontaminiert sind, wird den Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (Kantinen), den Gaststätten und Imbissen zudem dringend empfohlen, grundsätzlich auf ein Angebot an Rohkost zu verzichten, solange ihr Vorlieferant nicht bestätigen kann, dass die Ware keine EHEC-Belastung aufweist – oder die Ursache des aktuellen Erkrankungsgeschehens eindeutig geklärt ist. Diese Empfehlung gilt auch für alle anderen Verbraucher und Verbraucherinnen.
3. Präventive Kontrolle: Um sicher gehen zu können, dass von den nordrhein-westfälischen Großmärkten keine belastete Ware vertrieben wird, werden alle Großmärkte kontrolliert und Proben zur Untersuchung auf EHEC entnommen. Die Probenahme werden sich auf Gurken, Blattsalate und Tomaten konzentrieren.
4. Koordinierung: Beim Landesumweltamt (Lanuv) wurde ein Krisenstab, das Landeskontrollzentrum Lebens- und Futtermittelsicherheit (LaKoLF), aktiviert, der alle relevanten Informationen sammelt, auswertet und den engen Kontakt mit den Kommunen hält.
Bereits gestern wurden als Teil der Forschung nach den Ursachen eine landesweite Testung der Gemüse-Anbieter vorbereitet. Dabei sollen die Bewässerungsanlagen aus Oberflächengewässer genau analysiert werden. Wann die ersten Ergebnisse vorliegen, kann derzeit nicht gesagt werden.
Kommt auch ein Biowaffen-Anschlag in Frage?
Da allerdings das gefährliche EHEC Bakterium nicht nur auf spanischen, sondern nun auch auf holländischen Gurken gefunden wurde, ist der Infektionsweg noch immer nicht eindeutig belegt. Einige Forscher schließen mittlerweile einen „Biowaffen-Terroranschlag“ mit Hilfe im Labor veränderter EHEC Bakterien nicht mehr gänzlich aus. Das vom Robert Koch-Institut bestellte Labor für das Hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) am Institut für Hygiene des Universitätsklinikums Münster (UKM) hat den EHEC-Typ des Stammes identifiziert. Hierbei handelt es sich nach Angaben der Wissenschaftler um den EHEC Typ „HUSEC 41“ des Sequenztyps ST678. Weil diese Kombination sehr selten ist, konnte schnell kombiniert werden, "dass es sich bei Patientenproben aus vier verschiedenen Städten um denselben Stamm handeln musste". "Dies ist einer von 42 repräsentativen EHEC-Typen der HUSEC-Sammlung, die das Institut für Hygiene zusammen mit den Kollegen am Robert-Koch-Institut in Wernigerode aus bisher 588 EHEC-Stämmen von Patienten mit HUS der Jahre 1996 bis 2011 etabliert hat“, erklärt Helge Karch, Direktor des Instituts in Münster. Diese Bakterien sind zudem resistent gegen Penicillin und Antibiotika.
Da diese sehr seltene Kombination bei Patienten aus vier unterschiedlichen Städten auftrat, vermuten nun einige Virologen, dass es sich bei der Infektion auch um einen bewußt forcierten Anschlag handeln könnte. Bislang wird von offizieller Seite eine "Bioterror-These" nicht bestätigt oder kommentiert. (sb)
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Gerd Altmann/dauni (lebensmittelfotos.com) / pixelio.de
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