Nach einer WHO-Studie ist Antibaby-Spritze für den Mann vorerst gescheitert
01.08.2011
Seit Jahrzehnten forschen Wissenschaftler an der Antibaby-Spritze für den Mann. Doch die bisher getesteten Verfahren erwiesen sich stets als zu unsicher oder aufgrund der drohenden Nebenwirkungen als zu riskant. So wurde zuletzt im März eine groß angelegte Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestoppt, da rund zehn Prozent der Testpersonen die Testosteron-Spritze nicht vertrugen.
Die seit 2009 laufende Studie zur Wirksamkeit der Antibaby-Spritze für den Mann mit 400 Teilnehmern aus acht Ländern musste im März gestoppt werden, da jede zehnte Testperson unter erheblichen Nebenwirkungen wie Depressionen, Akne oder massiver Gewichtszunahme litt. Studienleiter Professor Michael Zitzmann, Androloge und Endokrinologe am Centrum für Reproduktionsmedizin der Universität Münster, erklärte, dass die Antibaby-Spritze „in der jetzigen Zusammensetzung nicht funktioniert.“ Seit über 30 Jahren suchen Wissenschaftler nach einer derartigen Verhütungsmethode für den Mann und obwohl immer wieder über Erfolge mit der Antibaby-Spritze berichtet wurde, ist bisher keines der Präparate bis zur Marktreife gelangt.
Nebenwirkungen der Antibaby-Spritze zu gravierend
Im Rahmen der WHO-Studie wurde den 400 Probanden alle acht Wochen eine Antibaby-Spritze auf Basis bereits zur Behandlung von anderen Beschwerden zugelassener Wirkstoffe verabreicht, um langwierige Zulassungsverfahren zu vermeiden. Die Testosteron-Spritzen wurden in verschiedenen kleineren nationalen Studien bereits erfolgreich getestet und sollten ihre Wirksamkeit in der seit 2009 laufenden WHO-Studie abschließend unter Beweis stellen. Dabei traten jedoch unerwartet häufig erhebliche Nebenwirkungen auf, so dass die Untersuchung bereits im März dieses Jahres eingestellt werden musste, berichtete Studienleiter Professor Michael Zitzmann gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“. Die Antibaby-Spritze in der jetzigen Zusammensetzung funktioniere nicht, so das Fazit des Experten. Zwar habe die Spritze bei 90 Prozent der Männer die gewünschten Effekte erzielt, doch zehn Prozent litten unter erheblichen Nebenwirkungen. „Das ist einfach zu viel“, betonte Professor Michael Zitzmann. Vor allem ältere Studienteilnehmer haben laut Aussage des Studienleiters Nebenwirkungen wie Akne, Depressionen, eine deutliche Gewichtszunahme und erhöhte Libido entwickelt. Die massiven Nebenwirkungen waren für die Wissenschaftler besonders überraschend, da die vorherigen nationalen Studien keine entsprechenden Anzeichen ergeben hatten.
Bisheriger Ansatz der Antibaby-Spritze funktioniert nicht
Die 400 Teilnehmer der WHO-Studie waren im Alter zwischen 18 und 45 Jahren, lebten in einer festen Partnerschaft und ihre Partnerinnen waren mit dem Test einverstanden. Durch die Verabreichung der Testosteron-Spritzen alle acht Wochen stellten die Hoden die Produktion des körpereigenen Testosterons ein und anschließende wurde tatsächlich keine Samenzellen mehr erzeugt, berichten die Wissenschaftler. Trotzdem seien „die Erwartungen nicht erfüllt worden,“ erklärte der Leiter der Studie am Standort Halle, wo 43 Männer an der WHO-Studie beteiligt waren. „Zwar haben in Halle neun von zehn Männern die Spritze vertragen, aber insgesamt ist der Anteil der Unverträglichkeit zu hoch,“ betonte Prof. Dr. Hermann Behre, Direktor des Zentrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie des Universitätsklinikums Halle. Die Studie wurde daher abgebrochen und die Testpersonen befinden sich derzeit in der Nachbetreuung und Erholungsphase, erklärte der Studienleiter am Standort Halle. Zwar werde der Endbericht der Studie erst im Oktober vorliegen, „aber wir können schon jetzt davon ausgehen, dass es in dieser Form nicht funktioniert“, so Hermann Behre weiter.
Marktchancen für die Antibaby-Spritze weiterhin gegeben?
Der ursprüngliche Optimismus der Forscher hat durch das Ende WHO-Studie einen deutlichen Dämpfer erhalten. Professor Zitzmann betonte, „wir müssen jetzt ganz neu anfangen, das Ergebnis ist offen.“ Mit einer zeitnahen Markteinführung der Antibaby-Spritze sei jedoch in keinem Fall zu rechnen. Trotzdem sieht Hermann Behre weiterhin große Chancen für die Antibaby-Spritze. „Wir sind an einem Erfolg näher dran als manche glauben,“ erklärte der Studienleiter am Standort Halle. Behre setzt dabei auf die reine Testosteron-Spritze anstatt eine Kombination bereits bekannter Wirkstoffe. „In China wurde eine derartige Testosteron-Spritze an über 1.000 Männern mit Erfolg getestet. Die Ergebnisse liegen seit 2009 vor“, betonte Behre. Das Marktpotenzial sei weiterhin vorhanden, wobei „die Antibaby-Spritze für den Mann die Pille für die Frau nicht verdrängen oder ablösen“ soll. Vielmehr biete die Injektion Paaren die Möglichkeit, sich die Verantwortung bei der Verhütung zu teilen. Auch wenn andere Verhütungsmethoden aus gesundheitlichen Gründen nicht in Frage kommen, biete eine solche Antibaby-Spritze eine gute Alternative, erklärte der Experte.
Pharmaindustrie skeptisch bei neuen Verhütungsmitteln für den Mann
In der Pharmaindustrie werden die Marktchancen der Antibaby-Spritze für den Mann anscheinend jedoch eher skeptisch beurteilt. So wurde das Forschungsprojekt auf Basis einer Hormonspritze und eines Implantates unmittelbar nach der Übernahme der Schering AG durch die Bayer AG im Jahr 2007 eingestellt und Friederike Lorenzen von der heutigen Bayer HealthCare Pharmaceuticals der Bayer Pharma AG (Berlin) erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“: „In den nächsten zehn bis 15 Jahren gibt es dafür keine Marktchancen.“ Die im Verband Forschender Arzneimittelhersteller (Berlin) organisierten 43 Pharmafirmen betreiben nach eigenen Angaben ebenfalls keine weiteren Forschungen an einem derartigen Verhütungsmittel für den Mann. Das vorzeitige Ende der WHO-Studie zu Wirkung und Risiko der Antibaby-Spritze für den Mann dürfte dabei die Aussichten auf privatwirtschaftliche Forschung in diesem Bereich weiter verschlechtert haben.
Natürliche Verhütungsmethoden ohne Nebenwirkungen gesucht
Da sämtliche bisher als Antibaby-Spritze in Betracht kommenden Wirkstoffe ähnlich wie die Antibabypille einen erheblichen Eingriff in den Hormonhaushalt darstellen, ist generell mit Nebenwirkungen zu rechnen. Diese waren allerdings in den bisherigen Studien stets so ausgeprägt, dass eine Markteinführung der Antibaby-Spritze ausgeschlossen war. Doch stellt sich ohnehin die Frage, nach alternativen Verhütungsmethoden, die keine vergleichbaren Nebenwirkungen verursachen. Als Alternative auf Naturheilkunde Basis, die eine relativ hohe Verhütungssicherheit gewährleistet, kommt dabei zum Beispiel der Mexican Wild Yam (auf deutsch: die mexikanische wilde Yamswurzel) in Betracht, welche schon bei der Erfindung der Antibabypille eine wesentliche Rolle gespielt hat. Mexican Wild Yam wird in der Heilkunde mexikanischer Naturvölker bereits seit Generationen zur Behandlung verschiedenster Symptome aber auch zur Verhütung eingesetzt. (fp)
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Bild: Thomas Meinert, pixelio.de
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