Krebs: Zeitpunkt der morgendlichen Zigarette entscheidend
08.08.2011
Raucher, die morgens bereits direkt nach dem Aufstehen ihre erste Zigarette anzünden, unterliegen einem deutlich höheren Krebsrisiko, als die, die erst einige Stunden später ihrer Sucht nachgeben. Losgelöst von der Anzahl der täglich konsumierten Zigaretten und der bisherigen Dauer der Tabaksucht, habe der Zeitraum der morgendlichen Abstinenz einen erheblichen Einfluss auf das Krebsrisiko, berichten Joshua Muscat vom Penn State College of Medicine in Hershey und Kollegen im Fachmagazin „Cancer“.
Bei den Tabakkonsumenten, die unmittelbar nach dem Aufwachen ihre erste Zigarette anstecken, sei das Risiko von Lungen- und Nackenkrebs sowie Gehirntumoren deutlich höher, als bei den Rauchern, die in den ersten Stunde nach dem Aufstehen ohne Nikotin-Nachschub auskommen, berichten Joshua Muscat und Kollegen von ihrer Studie „Nicotine dependence phenotype and lung cancer risk“. Der Zusammenhang habe sich auch bei Berücksichtigung der Menge und der Dauer des bisherigen Zigarettenkonsums bestätigt, so die Darstellung der Wissenschaftler. Nach Ansicht von Joshua Muscat könnte dies auch einer der Gründe dafür sein, dass manche Raucher an Krebs erkranken und andere ihr Leben lang verschont bleiben.
Lungenkrebsrisiko um bis zu 79 Prozent erhöht
Im Rahmen ihrer nun veröffentlichten Studie untersuchten Joshua Muscat und Kollegen, warum das Krebsrisiko bei den Rauchern – trotz ähnlichem Konsumverhalten – teilweise erhebliche Unterschiede aufweist. Dabei stießen die Forscher auf einen signifikanten statistischen Zusammenhang zwischen dem Zeitraum, der morgens nach dem Aufstehen bis zur ersten Zigarette vergeht und dem Krebsrisiko. Je kürzer dieser ausfällt, umso höher die Gefahr einer Krebserkrankung, so die vereinfachte Zusammenfassung der aktuellen Ergebnisse. Für die Studie „Nicotine dependence phenotype and lung cancer risk“ werteten die Wissenschaftler die Daten von 4.775 Krebspatienten und 2.835 gesunden Vergleichspatienten aus, wobei sämtliche Probanden regelmäßige Raucher waren. In Bezug auf den Zeitpunkt der ersten morgendlichen Zigarette stellten die Forscher fest, dass die Studienteilnehmer, welche bereits 31 bis 60 Minuten nach dem Aufwachen zur ersten Zigarette griffen, einem 31 Prozent höheren Risiko für Lungenkrebs unterlagen, als Probanden, die erst nach einer Stunde ihre erste Zigarette ansteckten. Bei den Rauchern, die schon in den ersten 30 Minuten nach dem Aufwachen ihre Nikotinsucht befriedigten, war das Lungenkrebsrisiko sogar um 79 Prozent erhöht, schreiben Joshua Muscat und Kollegen.
Gehirntumore und Nackenkrebs
Die Forscher haben außerdem das Gehirntumor- und Nackenkrebsrisiko in Abhängigkeit von dem Zeitpunkt der ersten morgendlichen Zigarette untersucht. Dabei verglichen sie die Daten von 1.055 Gehirntumor- oder Nackenkrebs-Patienten mit denen einer 795 Personen umfassenden gesunden Kontrollpersonen, wobei auch hier sämtliche Studienteilnehmer Raucher waren. Bei den Probanden, die nach dem Aufstehen weniger als 30 Minuten bis zu ihrer ersten Zigarette durchhielten, lag das Risiko von Gehirntumoren oder Nackenkrebs demnach um 50 Prozent höher, als bei den Rauchern, die über 60 Minuten mit der ersten Zigarette warteten. Bei einem Zeitraum von 31 bis 60 Minuten bis zum ersten Glimmstängel war das Risiko immer noch um 42 Prozent erhöht, so die Darstellung der Wissenschaftler im Fachmagazin „Cancer“. Je kürzer der Zeitraum zwischen dem Aufstehen und der ersten Zigarette, desto höher also das Lungenkrebs-, Nackenkrebs- und Gehirntumor-Risiko, so das Fazit von Joshua Muscat und Kollegen.
Morgendliches Rauchen Indikator für Krebsrisiko
Laut Aussage der Wissenschaftler kann der Zeitraum zwischen dem Aufstehen und der erster Zigarette durchaus als Indikator für das individuelle Krebsrisiko dienen. Raucher, die bereits unmittelbar nach dem Wachwerden ihre Sucht befriedigen müssen, „haben einen höheren Nikotinlevel und möglicherweise auch mehr andere Toxine im Körper, und sie könnten abhängiger sein als Raucher, die es über eine halbe Stunde oder länger am Morgen ohne Zigarette aushalten“, erläuterte Joshua Muscat. Allerdings liefern die aktuellen Studien keine genauere Erklärung des möglichen Zusammenhangs. „Es könnte eine Kombination von genetischen und persönlichen Faktoren sein, die eine höhere Abhängigkeit von Nikotin bewirken,“ so die Vermutung von Joshua Muscat. Auch die Auswirkungen des Zeitpunkts der ersten morgendlichen Zigarette auf das Risiko anderer potenziell durch das Rauchen bedingter Krankheiten, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gefäßerkrankungen oder Raucherhusten beziehungsweise die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, wurden bei den aktuellen Untersuchungen nicht berücksichtigt, so dass weitere Studien erforderlich scheinen, um den Einfluss der zeitlichen Verteilung des Zigarettenkonsums auf die Gesundheit insgesamt zu beurteilen. (fp)
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