Verbraucherschützer: Extrawurst für Kinder unnötig
27.01.2012
In den Supermärkten werden junge Verbraucher durch spezielle Angebote gelockt: Wurst- und Käseverpackungen in Bärchenform, knallbunte Kinderjoghurts und nicht zuletzt Süßigkeiten. Längst hat die Lebensmittelindustrie Kinder als umsatzstarke Zielgruppe entdeckt. Mama und Papa können schließlich nicht immer nein sagen, "wenn die Kleinen betteln". Laut „Kids-Verbraucheranalyse“ zum Konsumverhalten von Kindern erhielten Sechs- bis 13-Jährige zuletzt 24,80 Euro Taschengeld monatlich, das für Süßigkeiten und andere Leckereien ausgegeben werden kann. Doch Verbraucherschützer wollen den Kinder-Ködern in der Werbung ein Ende setzen.
„Spielzeug ist Spielzeug. Lebensmittel ist Lebensmittel“
Mit diesem Satz will der Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands („vzbv“), Gerd Billen deutlich machen, dass bunte Verpackungen und Spielzeuge nichts in der Lebensmittelbranche verloren haben. Billen weiter: „Die Branche muss sich von der Ködertaktik verabschieden.“
Als Kinderlockmittel werden gerne Aufkleber, kleine Figuren oder anderes Spielzeug in der Werbung und bei Produktverpackungen eingesetzt. Oft steckt in den speziellen Kinder-Produkten aber keineswegs kindertauglicher, gesunder Inhalt. Billen erläutert, dass die bisherige Regelung mit Selbstverpflichtungen nicht ausreiche. Die speziellen Produkte seien aller Marketingstrategien zum Trotz zum einen überflüssig und zum anderen teuer. Es müsse gewährleistet sein, dass alle Lebensmittel für Kinder unschädlich seien. „Eltern und Kinder werden von Anfang an entmündigt und auf Fertigprodukte geeicht“, warnt Billen. Es sei wichtig, dass Kinder den Geschmack beispielweise von Obst durch dessen Verzehr kennenlernten und nicht durch künstliche Aromen.
Immer mehr künstliche Geschmacksrichtungen in Säuglingsnahrung
Der „vzbv“ berichtet, dass inzwischen sogar Kleinkinder als neue Zielgruppe entdeckt worden seien. Deshalb würden immer mehr diätische Lebensmittel für diese Verbrauchergruppe entwickelt werden mit der Folge, dass bereits Kinder im Alter von wenigen Monaten Getreidebrei mit künstlichen Gemachsrichtungen, wie beispielsweise Keks oder Stracciatella, zu sich nehmen würden.
Foodwatch klärt die Kinderwurst-Lüge auf
Bereits im Februar letzten Jahres kritisierte die Organisation „Foodwatch“ die zu hohen Salzgehalte in Kinderwurst. Damals war unter anderem der Hersteller Stockmeyer mit seinem Produkt „Ferdi Fuchs Mini Würstchen" in die Kritik geraten. Laut „Foodwatch“ bewarb Stockmeyer die Kinderwurst als „gesund“. Dies sei laut „Foodwatch“ aber falsch, da die Ernährungsbedürfnisse von Kindern durch den hohen Salzgehalt der Wurst nicht ausreichend an das Produkt angepasst seien. Die Kinderwurst enthalte etwa zwei Gramm Salz pro 100 Gramm, was dem Bedarf von Erwachsenen entspricht. Da der Hersteller aber mit Slogans wie „täglicher Beitrag für die gesunde Ernährung" wirbt, spricht die Organisation von „Etikettenschwindel“.
Der Hersteller wies damals jede Kritik von sich. Bei den „Ferdi-Fuchs“ Verpackungen handele es sich ohnehin um Vorratspackungen, die über einen längeren Zeitraum verzehrt werden könnten. Zudem würde der von „Foodwatch“ kritisierte Gehalt von zwei Gramm Salz pro 100 Gramm erst erreicht werden, wenn Kinder bis zu fünf Würstchen auf einmal essen würden.
Verbraucher werden getäuscht
Der „vzbv“ gab eine Umfrage in Auftrag, die ergab, dass 40 Prozent der Verbraucher irrtümlich davon ausgehen, dass die Inhaltsstoffe von Kinderprodukten an die Bedürfnisse der Kinder angepasst sind. Tatsächlich seien die Nährwerte aber häufig nicht optimal für die Kleinen. Der Bundesverband rät Herstellern dringend, die Gehalte an Salz, Fett, gesättigten Fettsäuren und Zucker in ihren Produkten an die kindlichen Bedürfnisse anzupassen. Auf Zusatzstoffe sollten sie möglichst ganz verzichten oder nur geringe Mengen einsetzen. Eine „Nährwertampel“ hätte auf einen Blick das Gegenteil angezeigt, jedoch habe sich die Politik auf Druck der Lebensmittelwirtschaft dagegen entschieden. Billen erklärt: „Kleinkinder brauchen keine Extrawurst. Alle Lebensmittel müssen auch für Kleinkinder unschädlich sein.“ Die Bundesregierung müsse strengere Vorgaben bei der Werbung für Kinder machen, wenn es die Hersteller in der Selbstverantwortung nicht schafften. (ag)
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Bild: Joujou / pixelio.de
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