Nobelpreisträger: Viren im Rindfleisch können Darmkrebs auslösen
05.03.2012
Der Nobelpreisträger Harald zur Hausen hat gegenüber dem Nachrichtenmagazin „FOCUS“ den Verdacht geäußert, dass im Rindfleisch enthaltene Viren Darmkrebs auslösen können. Die Erreger überleben Temperaturen bis zu 70 Grad Celsius, weshalb auch erhitztes Fleisch mitunter noch krebserregende Viren enthalten kann, erklärte der Experte.
Insbesondere die sogenannten TT-Viren stehen laut Aussage des Nobelpreisträgers vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ), Professor Harald zur Hausen, im Verdacht, das Darmkrebsrisiko deutlich zu erhöhen. Die Erreger seien äußerst häufig bei Rindern nachzuweisen und finden sich nicht nur in lebenden Tieren, sondern auch in dem verkauften Fleisch. Da die Viren Temperaturen von bis zu 70 Grad Celsius standhalten können, werden diese nicht nur mit rohem Fleisch, sondern auch über die relativ beliebten „medium“ Steaks aufgenommen. Lediglich vollständig durchgebratenes Rindfleisch ist laut Aussage des Experten in Bezug auf die TT-Viren unbedenklich.
Darmkrebsrisiko durch Rindfleisch um bis zu 30 Prozent erhöht?
Professor Harald zur Hausen zählt zu den weltweit renommiertesten Experten für infektionsbedingte maligne Erkrankungen. Im Jahr 2008 wurde er für die Entdeckung der Papillomviren als Auslöser für Gebärmutterhalskrebs mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Seit längerem untersucht der DKFZ-Experte nun bereits mögliche Zusammenhänge zwischen dem Verzehr von Rindfleisch und dem Risiko einer Darmkrebserkrankung. Zahlreiche Bevölkerungsstudien hätten belegt, „dass das Darmkrebsrisiko um 20 bis 30 Prozent steigt, wenn man rotes Rindfleisch verzehrt“, erklärt der Virologe gegenüber dem „FOCUS“. Besonders hoch sei das Risiko in den westlichen Industriestaaten, wo Rindfleisch häufig nicht ganz durchgebraten, sondern in der Regel zu Hause in der Pfanne oder beim Grillen „medium“ zubereitet wird (bei Temperaturen von zwischen 40 bis 70 Grad Celsius). Vor allem im Vergleich mit Ländern in denen auf Rindfleisch weitestgehend verzichtet werde, sei die Darmkrebsrate hierzulande deutlich erhöht. Fast 70.000 Menschen erkranken jedes Jahr in Deutschland an Darmkrebs, wobei die Überlebenschancen der Betroffenen häufig äußerst schlecht stehen.
Zellversuche sollen krebserregende Wirkung der Viren belegen
Im Fokus der Untersuchungen des Nobelpreisträgers zu den Zusammenhängen zwischen dem Darmkrebsrisiko und dem Fleischkonsum stehen derzeit die sogenannten TT-Viren, die laut Harald zur Hausen relativ häufig bei Rindern vorkommen. Sie könnten nach Ansicht des Experten die Ursache für die wesentlich höhere Darmkrebsrate in der westlichen Industrienationen sein. Zwar wird auch den beim Braten oder Grillen gebildeten chemische Substanzen eine krebserregende Wirkung nachgesagt, doch „diese Stoffe sind nicht alleine an der Krebsentstehung beteiligt“, betonte der DKFZ-Wissenschaftler gegenüber dem „FOCUS“. Durch das Zusammenspiel von Viren mit den krebserregenden Stoffen könnten sich vermehrt Tumore bilden, so die Überzeugung des Experten. In einem nächsten Forschungsschritt plant der Nobelpreisträger daher einen Nachweis der krebserregenden Wirkung der TT-Viren. In Zellversuchen soll belegt werden, dass die Viren Darmkrebs verursachen können. Allerdings sei hier nicht mit schnellen Ergebnissen zu rechnen, da ähnlich aufwendige Beweisführungen wie in den früheren Studien zum Gebärmutterhalskrebs erforderlich werden und damals 20 bis 25 Jahre notwendig gewesen seien.
Gesundheitsbelastungen durch Fleisch
Immer wieder werden in rohem Fleisch gesundheitsgefährdende Erreger unterschiedlicher Art nachgewiesen, daher sollte das Fleisch im Rahmen der Zubereitung in jedem Fall ausreichend erhitzt werden. Doch nicht nur die enthaltenen Erreger, sondern auch andere Inhaltsstoffe des Fleisches bergen unter Umständen ein erhöhtes Gesundheitsrisiko. So kann ein bewusster Verzicht beziehungsweise eine Reduzierung des Fleischkonsums hier eine deutlich Reduzierung der gesundheitlichen Belastungen bewirken. Zu den möglichen gesundheitlichen Folgen des Fleischkonsums zählt neben dem erhöhten Risiko einer Darmkrebserkrankung auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskrazinomen), so das Anfang des Jahres vorgestellte Ergebnis schwedischer Forscher um Susanna Larsson vom Karolinska Institut in Stockholm. In Bezug auf die Entwicklung von Tumoren scheint Fleisch demnach einen sehr viel stärkeren Einfluss zu haben, als bislang angenommen wurde. (fp)
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