Tierseuche durch Schmallenberg-Virus keine Bedrohung für den Menschen
06.04.2012
Nachdem im vergangenen Jahr eine Vielzahl von Infektion mit dem bis dato unbekannten Schmallenberg-Virus bei Rindern, Schafen und Ziegen aufgetreten waren, hat das Robert-Koch-Institut (RKI) nun die Risiken einer Übertragung auf den Menschen untersucht.
Wie das RKI berichtet, konnte auch bei Personen, die in engem Kontakt mit infizierten Paarhufern standen, keine Infektion durch das Schmallenberg-Virus festgestellt werden.Bislang bestehen keine Hinweise darauf, „dass Infektionen oder gar Erkrankungen des Menschen durch das Schmallenberg-Virus auftreten könnten“, so die aktuelle Mitteilung des RKI.
Mehr als 1.000 Betriebe von Infektionen mit Schmallenberg-Virus betroffen
Mitte letzten Jahres erkrankten immer mehr Rinder, Schafe und Ziegen an einer rätselhaften Tierseuche, die mit Fieber, Appetitlosigkeit und einem starken Milchrückgang einher ging. Im November 2011 konnte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) als zuständiges Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit bei den untersuchten Proben eine Infektion mit bis dahin unbekannten Viren feststellen. Nach dem Ursprung der Proben wurde der Erreger Schmallenberg-Virus getauft. Obwohl die Infektion bei den meisten Tieren eher harmlos verlief und keine langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit sich brachte, schien Vorsicht geboten. Denn bei den infizierten Tieren häuften sich die Beschwerden, wenn sie trächtig waren. Der Nachwuchs litt vermehrt unter Missbildungen und die Wahrscheinlichkeit von Früh- beziehungsweise Totgeburten stieg deutlich. Auch könnten die Viren die Fortpflanzungsfähigkeit insgesamt gefährden, erklärte das FLI nach Entdeckung der Viren. Seit dem ersten Nachweis der Erreger „ist die Zahl der betroffenen Betriebe nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts auf über 1000 gestiegen, mehr als 800 davon sind Schafhaltungen“, so die aktuelle Mitteilung des RKI.
Ansteckungsrisiko beim Menschen durch das Schmallenberg-Virus überprüft
Daher hat das Robert-Koch-Institut nun überprüft, inwieweit ein Ansteckungsrisiko durch das Schmallenberg-Virus beim Menschen besteht. Als „Vorsichtsmaßnahme“ führt das RKI nach eigenen Angaben eine „Studie bei Schäfern durch, da diese am meisten Kontakt mit dem neuen Erreger haben.“ So wurden Ende Februar am Rande einer Informationsveranstaltung in Nordrhein-Westfalen 60 Schafhalter und ein Rinderhalter zu möglichen Krankheitssymptomen befragt. Außerdem entnahmen die Experten des RKI den Freiwilligen Blutproben, welche auf Antikörper gegen das Schmallenberg-Virus untersucht wurden. „Solche Antikörper wären ein Beleg für eine Infektion mit dem Virus gewesen“, doch bei keinem der Probanden konnte sie nachgewiesen werden, so das RKI in seiner Pressemitteilung „Kein Hinweis auf Schmallenberg-Virus beim Menschen“ (hier). Um auch bei den Probanden, die über unspezifische Symptomen, wie Fieber oder Kopfschmerzen klagten, eine Infektion mit dem Schmallenberg-Virus auszuschließen, wurde bei ihnen zusätzlich ein sogenannter PCR-Test durchgeführt, mit dem die Viren direkt nachgewiesen werden können. Dieser fiel ebenfalls negativ aus, berichtet das RKI. Insgesamt zeigen „die Ergebnisse der RKI-Studie, dass das neue Virus bei Menschen mit viel Erregerkontakt nicht zu einer Infektion geführt hat“, betonte der Präsident des Robert Koch-Instituts, Reinhard Burger.
Sehr seltene Infektionsereignisse nicht erfasst
Das Robert-Koch-Institut schränkte jedoch ein, dass in der aktuellen Studie sehr seltene Infektionsereignisse nicht berücksichtigt werden. Zwar sei „eine vergleichsweise hohe Zahl von Menschen mit intensivem Kontakt zu dem Erreger untersucht worden“, doch „sehr seltene Infektionsereignisse können mit einer solchen Studie nicht erfasst werden“, so die Mitteilung des RKI. Insgesamt könne das Risiko von Infektionen beim Menschen auf der Basis der aktuellen Studienergebnisse und der genetischen Eigenschaften des neuen Virus allerdings als äußerst gering eingeschätzt werden. Ein Überspringen der Erreger auf den Menschen, wie beispielsweise bei der Schweinegrippe oder den Infektionen mit H5N1-Viren (Vogelgrippe) sei hier nicht zu befürchten.
Virus mit neuen genetischen und tierbezogenen Eigenschaften
Dem Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit zufolge gehört das Schmallenberg-Virus zur Gattung der sogenannten Orthobunya-Viren, die in „Ozeanien, Australien und Afrika verbreitet“ sind und „dort in der Regel zunächst nur eine sehr milde Klinik“ verursachen, deren Symptome meist nach relativ kurzer Zeit wieder zurückgehen. Bei trächtigen Tieren drohen jedoch laut Aussage des FLI „erhebliche kongenitale Schäden“ des Nachwuchses sowie „Frühgeburten und Störungen im Fruchtbarkeitsgeschehen.“ Da auch die „nächsten Verwandten“ des Virus – drei Vertreter der Simbu-Serogruppe – beim Menschen keine Infektionen auslösen, waren die Experten bereits vor der aktuellen Untersuchung des RKI davon überzeugt, dass von den Viren keine Bedrohung für den Menschen ausgehe. Allerdings habe das Schmallenberg-Virus „neue genetische und tierbezogene klinisch-epidemiologische Eigenschaften“, die eine genauere Untersuchung erforderlich machten, um jegliche Risiken auszuschließen, erklärte das RKI. (fp)
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Bild: Makrodepecher / pixelio.de
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