Blutspenden als Bluthochdruck-Therapie?
29.06.2012
Blutspenden könnte in Zukunft möglicherweise ein elementarer Bestandteil der Bluthochdruck-Therapie werden. Wie der Experte für Naturheilkunde, Professor Andreas Michalsen, von der Berliner Charité berichtet, hat eine klinische Studie ergeben, dass die „kontrollierte Blutentnahme den Blutdruck um durchschnittlich 16 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) senken kann.“
Im Prinzip gleicht eine Blutspende dem naturheilkundlichen Ansatz der Ausleitenden Verfahren, wobei hier bereits seit längerem Hinweise darauf bestehen, dass diese eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System entfalten können. Diese Hinweise haben sich in der klinischen erhärtet, so dass die Forscher um Professor Andreas Michalsen von der Charité-Universitätsmedizin nun in einer größeren Studie untersuchen möchten, „ob das regelmäßige Blutspenden ein wirksames Therapieverfahren bei leichtem Bluthochdruck sein könnte.“ In der klinischen Vorstudie habe der vergleichsweise großer Effekt über mehrere Wochen angehalten, was durchaus für eine Therapie genutzt werden könnte, erläuterten die Forscher.
Blutspenden effektiver als medikamentöse Blutdrucksenker?
Im Rahmen der klinischen Vorstudie hatten Prof. Michalsen und Kollegen Patienten mit metabolischem Syndrom, gekennzeichnet durch Bluthochdruck, Übergewicht, veränderte Blutfettwerten und Insulinresistenz (Diabetes), Blut abgenommen und anschließend die Entwicklung des Blutdruckwerte beobachtet. Zweimal innerhalb von vier Wochen spendeten die Teilnehmer zu Versuchszwecken je 300 Milliliter Blut. Nach einem Zweitraum von sechs Wochen wurden die Blutdruckwerte der Probanden mit denen einer Kontrollgruppe verglichen. Demnach hatte die Blutentnahme eine Absenkung des Blutdrucks um durchschnittlich 16 mmHg beim systolischen Wert zur Folge. Gängige medikamentöse Blutdrucksenker wie ACE-Hemmern oder Betablockern, bewirken laut Aussage der Forscher normalerweise eine deutlich geringere Absenkungen. Zudem hätten sich die die Blutfettwerte in der Versuchsgruppe nach der Blutentnahme deutlich verbessert.
Blutentnahme zeigt positiven Effekt auf den Blutdruck und die Blutfettwerte
In einer größeren Studie soll nun geprüft werden, ob sich der positive Effekt der Blutentnahme auch zu therapeutischen Zwecken bei Bluthochdruck-Patienten nutzen lässt. Dabei wollen die Forscher der Berliner Charité-Universitätsmedizin auch herausfinden, wieso der blutdrucksenkende Effekt über einen derart langen Zeitraum anhält. Die Mediziner vermuten hier einen Zusammenhang mit dem Ferritinspiegel, der durch die Blutentnahme ebenfalls gesenkt wird. So gehen Prof. Michalsen und Prof. Abdulgabar Salama, der Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin der Charité, davon aus, dass sich ein hoher Eisenspiegel im Blut negativ auf das Herz-Kreislauf-System, aber auch die Immunabwehr, auswirken könnte. Durch das Eisen werde die Oxidation der Gefäße gefördert, was deren Funktionsfähigkeit beeinträchtige. Im Gegenzug könnte ein niedriger Ferritinspiegel dazu beitragen, dass die Gefäßwände elastisch bleiben und so einen bessern Ausgleich des Blutdrucks ermöglichen.
Ausleitende Verfahren seit Jahrhunderten Bestandteil der Naturheilkunde
Seit Jahrhunderten sind in der Naturheilkunde Ausleitende Verfahren aufgrund ihrer positiven Effekte für die Gesundheit äußerst beliebt. Den Ursprung bildete der sogenannte Aderlass, welcher jedoch zugleich auch Anlass für die wachsende Kritik an den Ausleitenden Verfahren bot. Denn dieser wurde im Mittelalter oftmals als universelle Behandlungsmethode bei nahezu sämtlichen Krankheiten angewandt, was teilweise erhebliche negative Folgen für die Patienten mit sich brachte. Heute ist klar, dass die Ausleitenden Verfahren der Blutentnahme, keinesfalls für die Behandlung sämtlicher Erkrankungen geeignet sind. Doch wie die aktuellen Ansätze an der Berliner Charité verdeutlichen, bestehen durchaus vielversprechende Einsatzmöglichkeiten bei der Bluthochdruck-Therapie. Allerdings müsse die Wirksamkeit erst noch in einer größeren Folgestudie überprüft werden, wobei derzeit die Suche nach den Teilnehmern läuft, so die Mitteilung der Berliner Charité. Teilnehmen könne jeder Mensch im Alter zwischen 30 und 65 Jahren, mit Wohnort in Berlin und diagnostiziertem Bluthochdruck (systolischer Wert zwischen 140 und 160 mmHg). Eine Anmeldung für die Studie ist auf der Internetseite "www.bluthochdruck-blutspende.de" jederzeit möglich.
Blutspenden als Therapie bei Hypertonie
„Sollte sich das Blutspenden als Therapieansatz bei Hypertonie bestätigen, wird man umdenken müssen”, betonte Professor Michalsen. Denn die meisten Mediziner stehen der naturheilkundlichen Methode des Aderlasses – ob in herkömmlicher Form oder als Blutegeltherapie – bislang äußerst kritisch gegenüber. Zwar hatten Blutspender laut Aussage von Prof. Michalsen immer wieder über positive gesundheitlichen Effekte, wie höhere Leistungsfähigkeit, besseres Körpergefühl und gesteigert Vitalität berichtet, doch bislang gab es in der Wissenschaft nur vereinzelt Untersuchungen zu dem Thema. Diese lieferten allerdings deutliche Hinweise dafür, dass Blutspender zum Beispiel einem verminderten Herzinfarkt– und Schlaganfall-Risiko unterliegen. Da wenig Forschungsgelder in dem Bereich der Komplementärmedizin zur Verfügung stehen, ist die Anzahl der entsprechenden Studien bislang jedoch äußerst begrenzt. Die aktuelle Untersuchung wird von der Karl und Veronica Carstens-Stiftung gefördert. (fp)
Bild: Herbert Käfer / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.