Neuer Gentest bestimmt Erbkrankheiten bei Babys in 50 Stunden
04.10.2012
Erbkrankheiten können bei Babys mit einem neuen Gentest offenbar in nur zwei Tagen festgestellt werden. Wie das US-Forscherteam um Carol Jean Saunders vom Children’s Mercy Hospital in Kansas City im Fachmagazin „Science Translational Medicine“ berichtet, lässt sich mit Hilfe des neuen Verfahrens die komplette DNA des Babys anhand eines Tropfen Blut untersuchen.
Genetische Erkrankungen sind bei Neugeborenen oft nur schwer zu erkennen. Da das Fortschreiten dieser Erkrankungen außerdem oft „extrem schnell ist“, bedarf es laut Aussage der US-Wissenschaftler des Kinderkrankenhauses in Kansas City einer möglichst zeitnahen Diagnose. Doch für viele der über 3.500 bisher bekannten monogenetischen Krankheiten besteht bisher kein zuverlässiges, schnelles Diagnoseverfahren. Aufgrund des „immensen ungedeckten Bedarfs für eine verbesserte molekulare Diagnostik bei Kleinkindern“ haben US-Wissenschaftler nun einen Gentest entwickelt, der in „50 Stunden eine Differentialdiagnose von genetischen Erkrankungen“ ermöglicht.
Gentest liefert Ergebnisse zu Erbkrankheiten nach 50 Stunden
Der neuartige Gentest zur Bestimmung von Erbkrankheiten bei Babys basiert, wie auch frühere Verfahren, auf einer Sequenzierung der Gene anhand einer Blutprobe. Das besondere ist laut Aussage der US-Wissenschaftler die Geschwindigkeit, mit der die neue Methode Ergebnisse liefert. Während bisherige Verfahren schon für den Test eines einzelnen Gens mehrere Wochen benötigen, liefere der neue Gentest nach 50 Stunden Ergebnisse, berichten Saunders und Kollegen im Fachjournal „Science Translational Medicine“. Bei dem entwickelten Verfahren wird aus einem Tropfen Blut die komplette DNA des Babys sequenziert und mit Hilfe einer neuen Software auf Veränderungen untersucht. In drei von vier Fällen habe der neue Gentest bei schwerkranken Babys innerhalb von zwei Tagen eine korrekte Diagnose geliefert, schreiben die US-Wissenschaftler.
Schnelle Diagnose verbessert die Behandlung bei Babys mit Erbkrankheiten
Das Forscherteam um Carol Jean Saunders kommt zu dem Schluss, dass der neue Gentest für den Einsatz auf Neugeborenen-Intensivstationen gut geeignet sei, um mögliche genetische Ursachen vorliegender unspezifischer Symptome abzuklären. Hier sei ohnehin besondere Eile geboten, um möglichst früh auf Basis einer zuverlässigen Diagnose die entsprechende Behandlung einzuleiten. Rund 500 Erbkrankheiten könnten mit Hilfe des neuen Verfahrens deutlich früher erkannt werden als bisher, so die Aussage der US-Wissenschaftler. Der Direktor des Instituts für Humangenetik der Uniklinik Aachen, Klaus Zerres, bewertet die Entwicklung des neuen Gentests gegenüber der Nachrichtenagentur „dpa“ als „Ergebnis neuer technischer Möglichkeiten“ und ergänzte, dass dieser „in den genannten Fällen sicher extrem hilfreich“ sei. Denn eine schnelle Diagnose biete immer Vorteile. Doch sollte bedacht werden, dass auch bei dem neuen Test nicht alle Erbkrankheiten genau ermittelt werden können.
Weitere Beschleunigung des Diagnoseverfahrens geplant
Ein weiterer Nachteil des Gentests zur Analyse von Erbkrankheiten bei Babys sind die verhältnismäßig hohen Kosten. Das Verfahren ist mit rund 7.600 US-Dollar relativ teuer und sicher nicht als Standardtest bei sämtlichen Neugeborenen anzuwenden. Zunächst wollen die US-Forscher ihr Verfahren nun bei mindestens 100 weiteren Kindern erproben, wobei möglichst auch eine Verkürzung des Diagnosezeitrums auf 36 Stunden erreicht werden soll, schreiben Saunders und Kollegen. Denn die frühzeitige Diagnose sei im Sinne der kleinen Patienten von besonderer Bedeutung.. Rund drei Prozent der Kinder in den USA leiden an genetisch bedingten Krankheiten, 20 Prozent der Kindstode in den USA gehen auf diese Erkrankungen zurück, so die Aussage der Forscher. Bis heute sterben viele der betroffenen Babys, bevor überhaupt eine Diagnose vorliegt, berichten Saunders und Kollegen. Der neue Gentest könnte hier eine deutliche Verbesserung bewirken. Allerdings biete er auch finanzielle Vorteile, da durch die frühe Diagnose weitere Untersuchungen entfallen und sich der Klinikaufenthalt aufgrund des unmittelbaren Beginns mit der Behandlung unter Umständen deutlich verkürze, berichten die US-Wissenschaftler. (fp)
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Bild: Martin Gapa / pixelio.de
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