Studie untersucht Krankenhausinfektion am Uniklinikum Jena
30.11.2012
Infektionen mit Krankenhauskeimen sind in den deutschen Kliniken seit Jahren ein erhebliches Problem. Rund 600.000 Klinikpatienten pro Jahr erleiden nach Schätzung der Experten eine entsprechende Infektion. Erstmals wurde am Universitätsklinikum Jena nun im Rahmen einer umfassenden Studie „die Zahl der auftretenden Krankenhausinfektionen in einem gesamten Klinikum über einen längeren Zeitraum“ erfasst. Insgesamt sammelten und analysierten die Mediziner die Daten von knapp 40.000 Patienten aus zwölf Monaten (September 2011 bis August 2012).
Die bisherigen Angaben zu den jährlichen Krankenhausinfektionen (nosokomiale Infektionen) beruhten laut Mitteilung des Universitätsklinikums Jena ausschließlich auf Schätzungen von Experten, wobei die Datenbasis über zehn Jahre alte Erhebungen seien, nur Stationen mit einem besonders hohen Risiko oder einzelne Stichtage berücksichtigten wurden. Daraus ergebe sich eine hohe Unsicherheit der genannten Zahlen von 600.000 und mehr Krankenhausinfektionen pro Jahr. Mit der aktuellen Studie soll dieser Missstand behoben werden. Durch Zusammenstellung der Daten zu sämtlichen Klinikbehandlungen eines Jahres schaffe die Studie eine verlässliche Basis für die Evaluierung von Präventionsstrategien, berichtet das Universitätsklinikum.
Wundinfektionen, Atemwegsinfektionen und Blutvergiftungen besonders häufig
Die häufigsten Formen der Krankenhausinfektionen waren am Universitätsklinikum Jena Wundinfektionen nach einer Operation und Infektionen der Atemwege. Mehr als ein Viertel der während des Klinikaufenthaltes in Jena erlittenen Klinikinfektionen gehe auf eine bakterielle Infektion in Wunden zurück. Die Atemwegsinfektionen kommen auf einen annähernd gleich hohen Anteil an den beobachteten Krankenhausinfektionen. Besonders häufig erlitten die Patienten außerdem eine Blutvergiftung (Sepsis). Insgesamt waren laut Angaben des Klinikums bei 4,3 Prozent der in den ersten sechs Monaten des Studienzeitraumes behandelten Patienten Krankenhausinfektionen zu beobachten. „Damit können wir die bisherigen Expertenschätzungen für deutsche Kliniken bestätigen und erstmals wissenschaftlich untersetzen“, betonte der Studienleiter Professor Dr. Frank Brunkhorst. Rund 15 Prozent der zu verzeichnenden Infektionen wurden den aktuellen Ergebnissen zufolge durch sogenannte Klinikkeime beziehungsweise multiresistente Erreger verursacht.
Maßnahmen zur gezielten Prävention von Krankenhausinfektionen
Mit der Zusammenstellung der Daten aus 27 Normalstationen und vier Intensivstationen des Universitätsklinikums Jena haben die Forscher laut Aussage des Intensivmediziners und Sepsisexperten Prof. Brunkhorst „die Voraussetzungen für die nächste Studienphase geschaffen, denn ohne Ausgangswerte lässt sich der Effekt von Präventionsmaßnahmen nicht ermitteln.“ Ziel sei es nun geeignete Maßnahmen zur Reduzierung des Infektionsrisikos umzusetzen und deren Erfolg im nächsten Jahr mit einer erneuten Auswertung sämtlicher Behandlungen zu überprüfen. So würden „in Ergänzung zu den bestehenden Hygieneregeln Maßnahmen zur gezielten Prävention der häufigsten Krankenhausinfektionen wie Wund- oder Atemwegsinfektionen entwickelt, die auf die jeweilige Patientengruppe und die Abläufe in der Klinik zugeschnitten sind“, berichtet das Universitätsklinikum. Besondere Berücksichtigung finden Patienten unter künstlicher Beatmung, mit einem Blasen- oder Gefäßkatheter und frisch Operierte, da ein Großteil der Krankenhausinfektionen diese Patientengruppen betreffe.
Präventionsmaßnahmen spezielle auf Risikopatienten ausrichten
Anhand der ermittelten Daten wollen die Experten des Universitätsklinikums Jena auch ein exakteres Risikoprofil formulieren, um spezielle Patientengruppen noch gezielter und wirksamer schützen zu können. Beispielsweise sei bekannt, dass mit einer „steigenden Anzahl älterer und chronisch kranker Patienten gerade in Kliniken der Maximalversorgung der Anteil der Patienten mit einem erhöhten Infektionsrisiko zunimmt“, berichtet das Klinikum. Es sollen „Maßnahmenbündel“ geschnürt werden, „die im Alltag auch umsetzbar sind“, betonte der Studienkoordinator Dr. Stefan Hagel. Daher werden derzeit die für die jeweiligen Infektionen erfolgversprechendsten Maßnahmen zusammengefasst. Ein Beispiel sei hier die strikt aseptische Anbringung und die rechtzeitige Entfernung von Venenkathetern, zur Verringerung der katheterassoziierten Infektionen. Ziel ist es, „die Krankenhausinfektionen an unserem Klinikum nachhaltig um 20 Prozent zu reduzieren“, erläuterte Prof. Brunkhorst.
Die Leiterin des Nationalen Referenzzentrums für Surveillance von nosokomialen Infektionen, bezeichnet die in Jena erprobte Erfassungs- und Überwachungsmethode für Krankenhausinfektionen als geeignetes „Modell für andere Krankenhäuser.“, welches herangezogen werden könne, um „international etablierte Surveillance-Definitionen und -Methoden zu überprüfen und zu validieren.“ (fp)
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