Studie: Kassenpatienten müssen länger auf Arzttermin warten
09.04.2013
Kassenpatienten müssen deutlich länger auf einen Termin beim Arzt warten als Privatversicherte – ein Thema, das immer wieder Schlagzeilen macht und nun durch eine neue Studie im Auftrag der verbraucherpolitischen Sprecherin der Grünen im Bundestag, Nicole Maisch, erneut bestätigt wurde.
Studie mit 470 Facharztpraxen
Im Rahmen der der repräsentativen Studie wurden laut einer aktuellen Presseerklärung auf hr-online.de in ganz Hessen rund 470 Facharztpraxen aus acht verschiedenen medizinischen Bereichen getestet, dabei waren Experten für Haut, Augen, den Hals-Nasen-Ohren-Bereich, Neurologie, Kardiologie, Radiologie, Gastroenterologie und Orthopädie. Jede Praxis wurde im Februar und März dieses Jahres jeweils zwei Mal für eine Terminabsprache angerufen, wobei sich die Anrufer das eine Mal als Kassenpatienten, das andere Mal als Privatversicherte ausgaben.
Gesetzlich Versicherte warten 20 Tage länger als Privatversicherte
Der Test der Grünen brachte laut hr-iNFO ein klaren Ergebnis zu Tage: Gesetzlich Versicherte müssen im Schnitt 20 Tage länger auf einen Termin beim Facharzt warten als Privatversicherte – eine Situation, die den Grünen nach dringenden Handlungsbedarf zeige: „Die künstliche Zweiklassen-Medizin benachteiligt die Kassenpatienten und muss abgeschafft werden“, so die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Nicole Maisch.
Die Untersuchung hatte gezeigt, dass hessische Kassenpatienten durchschnittlich 36 Tage auf einen Termin bei einem Facharzt warten müssen, privat Versicherte hingegen mussten sich nur 16 Tage gedulden. Dabei wurden jedoch deutliche regionale Unterschiede erkennbar: Während in Wiesbaden der Unterschied nur 11 Tage betrug, müssen sich Patienten in Hanau darauf einstellen, rund 36 Tage länger zu warten. Doch nicht in allen Praxen wurden die Tester mit solch starken Differenzen konfrontiert – bei jeder vierten Praxis gab es kaum bzw. keine Unterschiede.
Darmstädter Augenarzt stellt Negativ-Rekord auf
Den absoluten Negativ-Rekord stellte ein Augenarzt aus Darmstadt auf: Hier hätte ein Kassenpatient ein Jahr auf einen Termin warten müssen, wohingegen ein Privatversicherter nach 44 Tagen eine Zusage bekommen hätte. Doch der Darmstädter Augenarzt ist dabei kein Einzelfall, denn laut Maisch gäbe es zum Teil große Unterschiede zwischen den Fachrichtungen: „Beim Augenarzt dauert es besonders lange, beim Kardiologen oder Internisten sind die Unterschiede zwischen gesetzlich und privat Versicherten nicht so groß“, so die Politikerin im Interview mit hr-online.
Wirtschaftliche Fehlanreize Grund für unterschiedliche Behandlung der Patienten
Verantwortlich für die ungleiche Behandlung von Kassen- und Privatpatienten seien laut Maisch "wirtschaftliche Fehlanreize im System". Daher fordert die Politikerin eine gemeinsame Bürgerversicherung für alle Patienten statt der derzeitigen Trennung von gesetzlich und privat. Für die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV) hingegen bestehe laut hr-iNFO keine Ungleichheit in der Behandlung der Patienten – so gäbe es laut KV-Sprecher Matthias Roth zwar hier und da Serviceunterschiede, doch "Unterschiede, was die Qualität der ambulanten Medizin und Versorgung betrifft, gibt es nicht“. Den Grund für die Unterschiede im Service sehe Roth dabei im Kostendruck, dem die Praxen ausgesetzt wären, denn die ambulante Medizin sei seit Jahren unterfinanziert. Dadurch, dass Mediziner demzufolge die Behandlung von Kassenpatienten mit Privatpatienten ausgleichen müssten, würde von vornherein ein Teil der Sprechstunden für privat Versicherte reserviert werden. (nr)
Lesen Sie auch:
Kassenpatienten warten 16 Tage länger
Kassenpatienten warten länger auf Arzttermine
Arzttermine: Kassenpatienten werden benachteiligt
Trennung von PKV und GKV ein Auslaufmodell?
Bild: Gerd Altmann, Pixelio
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.