Rund 8,4 Millionen Kinder im Schulalter leiden an Kopfschmerzen
26.08.2014
Kopfschmerzen werden meist als Erwachsenen-Problem betrachtet, doch auch Kinder können bereits unter starken und chronischen Beschwerden leiden. Dabei steigt die Zahl der jungen Betroffenen offenbar immer weiter an. Wie der Kieler Neurologe und Schmerztherapeut Hartmut Göbel aktuell berichtet, hätte "mittlerweile etwa die Hälfte der rund 8,4 Millionen Schüler hierzulande mit Schmerzen im Kopfbereich zu kämpfen", damit seien in Deutschland fast 4,2 Millionen Kinder betroffen.
Spannungskopfschmerzen und Migräne treten am häufigsten auf
Mediziner unterscheiden etwa 250 Arten von Kopfschmerzen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Migräne oder Spannungskopfschmerzen bzw. Kopfschmerzen vom Nacken ausgehend, möglich ist aber auch beispielsweise der so genannte „Cluster-Kopfschmerz“, der episodisch (z.B. im Frühjahr und Herbst) auftritt und zu Schmerzen im Bereich des Auges und der Schläfen führt. Nach Rückenschmerzen sind Kopfschmerzen die zweithäufigste Schmerzform, die bei etwa drei Viertel der Erwachsenen anfallsweise oder sogar chronisch auftritt. Doch nicht nur Erwachsene sind betroffen, auch unter Kindern werden Kopfschmerzen dem Kieler Neurologen und Schmerztherapeuten Hartmut Göbel nach zu einem immer häufiger auftretenden Problem. Demnach würden "ca. 660.000 Schüler einmal wöchentlich oder öfter über Kopfschmerzen klagen, wobei die Problematik bereits in der Grundschule beginnt". Geplant sei daher nun an den Schulen der Einsatz des Präventionsprogramms "Aktion Mütze – Kindheit ohne Kopfzerbrechen", durch welches den Kindern in altersgerechter Sprache der Zusammenhang von Lebensgewohnheiten und Kopfschmerzen vermittelt werden soll.
Kopfschmerzanfälligkeit durch Programm um 70 bis 80 Prozent gesenkt
Das Programm war im Vorfeld über zwei Jahre hinweg in den siebten Klassen einer Schule in Schleswig-Holstein getestet worden. Offenbar mit vollem Erfolg, denn wie die Mitinitiatorin und Lehrerin Karin Frisch berichtet, habe die Kopfschmerzanfälligkeit bei den Schülern dadurch um 70 bis 80 Prozent gesenkt werden können. Die Schüler hatten in drei Doppelstunden unter anderem Tipps bekommen, wie Kopfschmerzen beispielsweise durch regelmäßige Mahlzeiten, eine feste Tagesstruktur, einen maßvollen Medienkonsum und ausreichend Ruhe vorbeugt werden könne. Als Hilfestellung gab es zudem eine schriftliche „Anleitung“, in der die Informationen noch einmal zusammengefasst waren und welche nun von den Schulen kostenlos angefordert werden kann.
Hilfe zur Vermeidung von Langzeitfolgen
Eine sinnvolle Idee, denn laut Hartmut Göbel könnten durch das Programm auch Langzeitfolgen von Kopfschmerzen im späteren Leben verhindert werden, zu denen bei Migräne-Patienten beispielsweise Depressionen, aber auch in seltenen Fällen ein Schlaganfall und Gefäßerkrankungen gehören. Ein wichtiger Punkt, denn die Anzahl der Kopfschmerzpatienten sei aufgrund der „Reizüberflutung“ im Alltag seit 1974 um 300 Prozent gestiegen, so Göbel weiter. Da überrascht es auch nicht, dass von den 20 meistverkauften Medikamenten in Deutschland laut dem Neurologen allein zwölf Kopfschmerzmittel zu finden seien.
Hauptursachen: Leistungsdruck, Freizeitstress und Reizüberflutung
Treten die Beschwerden bereits im Schulalter auf, seien die Ursachen dem Experten nach in vielen Fällen auf die Anforderungen des täglichen Lebens zurückzuführen: „Leistungsdruck in der Schule, Freizeitstress am Nachmittag, aber auch Reizüberflutung oder unregelmäßiges Essen führen immer häufiger zu Spannungskopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen oder lösen sogar Migräne-Anfälle aus.“ Dabei handelt es sich offenbar keineswegs um ein seltenes Phänomen, denn schon in der Grundschule hätte jedes zweite Kind mit Kopfschmerzen zu kämpfen, jedes siebte Kind sei zudem bereits auf Medikamente angewiesen. Eine erschreckende und vor allem ernst zu nehmende Entwicklung, denn „Kopfschmerzen bei Kindern können zu psychischen Problemen führen oder sich zu lebenslangen Kopfschmerzen auswachsen", so der Mediziner und Psychologe weiter. Dementsprechend hoffen die Initiatoren nun auf einen Erfolg des Programms, denn „mit der von Politik, Krankenkassen und Unternehmen getragenen Kampagne sprechen wir Lehrer, Schüler und Eltern gemeinsam an“, so Karin Frisch weiter. (nr)
Bild: S. Hofschlaeger / pixelio.de
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