Ärzte warnen: Babys wegen Masern zu Hause lassen
01.03.2015
Aufgrund des Masern-Ausbruchs in Berlin warnen Kinderärzte derzeit Eltern eindringlich davor, mit ihren Säuglingen in die Öffentlichkeit zu gehen. Der Nachwuchs sollte wegen der Ansteckungsgefahr besser zu Hause betreut werden. Bereits über 650 Masern-Fälle wurden in der Hauptstadt registriert.
Säuglinge wegen Ansteckungsgefahr zu Hause lassen
Seit Wochen bereitet der große Masern-Ausbruch in Berlin Sorgen. Nun folgen weitere Konsequenzen. Laut einer Meldung der Nachrichtenagentur dpa riet der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) wegen der Ansteckungsgefahr dazu, Säuglinge bis zum Abebben der Welle zu Hause zu betreuen. Wie der BVKJ mitteilte, ist der Grund dafür, das Risiko einer seltenen, aber tödlichen Spätfolge der Krankheit. Zudem wird berichtet, dass es bis zum Sommer eine zentrale Impfstelle beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) geben soll, um den Gesundheitsschutz für Flüchtlinge zu verbessern. Sprecherin Silvia Kostner erklärte, dass dieses Angebot bestehende Möglichkeiten bei Bezirken und niedergelassenen Ärzten ergänzen solle.
Chronische Masern-Gehirnhautentzündung führt immer zum Tod
Wie das Landesamt mitteilte, sind in Berlin seit Oktober 652 Menschen an Masern erkrankt. 80 neue registrierte Fälle kamen allein in dieser Woche hinzu. Seit dem Start des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001 ist der aktuelle Ausbruch der größte, den die Hauptstadt erlebte. Bislang sind seit Oktober 54 Babys unter einem Jahr an Masern erkrankt. Nach Angaben des BVKJ haben sie ein höheres Risiko, als Spätfolge an einer chronischen Masern-Gehirnhautentzündung (SSPE) zu erkranken als ältere Kinder. Jakob Maske, Landessprecher des Berliner BVKJ sagte, dass auch, wenn SSPE sehr selten sei, sie immer zum Tod führe. Eine Therapie gebe es nicht.
Eigenen Masern-Impfschutz überprüfen
Nach Angaben des Berufsverbandes sterben in Deutschland jährlich zwei bis sechs Kinder an SSPE. Das Traurige daran ist, dass das Leiden und der Tod der Kinder ohne Masern-Infektion vermeidbar gewesen wären. Für großes Aufsehen sorgte und sorgt ein Fall aus Hessen. Dort ist die fünfjährige Aliana von SSPE betroffen. Da ihre Mutter unzureichend geimpft war, erkrankte das Mädchen mit drei Monaten an Masern und ist heute todkrank. Ihre Eltern richteten einen eindringlichen Appell an die Öffentlichkeit, den Masern-Impfschutz nicht zu vernachlässigen. Anlässlich des Ausbruchs in Berlin weisen auch verschiedene Gesundheitsexperten immer wieder auf die Wichtigkeit des Impfschutzes hin. Unter anderem kann man den eigenen Masern-Impfschutz überprüfen, indem man den Online-Masern-Impfcheck der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) nutzt.
Immunisierung während Schwangerschaft ist nicht möglich
Ein Neugeborenes ist in den ersten Monaten nur durch eine Mutter mit vollständigem Impfschutz gegen Masern geschützt. Die Immunisierung ist während der Schwangerschaft nicht mehr möglich. Aber selbst mit dem Nestschutz bleibt bis zur Kinderimpfung eine Lücke von einigen Monaten. In Deutschland ist die Masern-Impfung erst für Kinder ab neun Monaten zugelassen. Wie Jan Leidel, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission, erklärte, würde sie vorher wahrscheinlich nicht wirken. „Wenn man auf Nummer sicher gehen will, bleibt man mit einem Säugling besser zu Hause.“
Diskussion über gesetzliche Impfpflicht neu entfacht
Anlässlich der Berliner Masern-Welle ist auch die Diskussion über eine gesetzliche Impfpflicht neu entfacht worden. “Die Mehrheit der Deutschen ist für Masern-Impfpflicht“, wie Umfragen in den vergangenen Wochen ergeben haben. Impfgegner halten jedoch noch immer dagegen und weisen mitunter auf mögliche Nebenwirkungen einer Immunisierung wie Hautrötungen, Schwellungen, Fieber oder leicht Juckender Hautausschlag hin. Im Vergleich zu den Effekten einer Masern-Erkrankung, bei der das Immunsystem geschwächt ist und verschiedene Beschwerden wie Fieber, Mittelohrentzündung oder Durchfall auftreten können, seien die Risiken einer Impfung jedoch kein Vergleich, meinen Befürworter. Ganz zu schweigen von den seltenen schwerwiegenden, teils tödlichen Komplikationen.
Zentrale Impfstelle für Flüchtlinge
In Berlin sollen auch Flüchtlinge besser vor Ansteckungen geschützt werden. Wie Sprecherin Kostner mitteilte, werde zurzeit gemeinsam mit den Bezirken ein Konzept für die zentrale Impfstelle erarbeitet. Zahlreiche Asylbewerber kommen aus Nationen, in denen das Gesundheitssystem durch Krieg und Krisen nicht mehr oder nur noch schlecht funktioniert. „Das Interesse von Flüchtlingen an Impfungen ist oft groß“, so Kostner. Beispielsweise seien viele syrische Kinder wegen des Bürgerkrieges in ihrer ehemaligen Heimat nicht mehr durchgeimpft. Und bei Asylbewerbern aus den Balkanstaaten wie Bosnien klaffen aufgrund des Bürgerkriegs in den 1990er Jahren große Impflücken. Wie es heißt, war dies eine Ursache für die schnelle Verbreitung der Masern in einem Berliner Flüchtlingsheim im Oktober. Dass diese Krankheit dann um sich griff, lag jedoch am fehlenden Impfschutz vieler Berliner. (ad)
: Alexandra H. / pixelio.de
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