Überteuerte und unnötige laktosefreie Lebensmittel
20.07.2012
Laktosefreie Lebensmittel sind nicht nur deutlich überteuert, sondern in vielen Fällen ist die Kennzeichnung grundsätzlich überflüssig, denn die Produkte enthalten ohnehin kaum Laktose. Wie die Verbraucherzentrale Hamburg berichtet, nutzen zahlreiche Hersteller das Label „laktosefrei“ offenbar ausschließlich, um den Kunden mehr Geld abzunehmen.
Die Verbraucherzentrale Hamburg hat „insgesamt 24 als milchzuckerfrei gekennzeichnete Produkte aus den Bereichen Wurst und Käse, Brot und Gebäck sowie Molkereierzeugnisse unter die Lupe“ genommen. Dabei stellten die Verbraucherschützer fest, dass die Produkte für Menschen mit Laktoseintoleranz durchschnittlich circa das 2,4-fache kosten, wie vergleichbare herkömmliche Produkte. Dies gelte auch für Produkte auf denen das Label „laktosefrei“ prangt, obwohl sie „von Natur aus ohnehin gar keinen oder nur sehr wenig Milchzucker enthalten“, so die Mitteilung der Verbraucherzentrale Hamburg.
Laktosefreie Lebensmittel deutlich überteuert
Beim Preisvergleich der laktosefreien Produkte mit herkömmlichen Lebensmitteln stellten die Verbraucherschützer fest, dass Menschen mit Laktoseintoleranz im Schnitt einen Preisaufschlag für die im Marktcheck untersuchten Produkte von knapp 140 Prozent hinnehmen müssen. Auch laktosefreie Wurstprodukte war durchschnittlich „um 95 Prozent teurer, obwohl beispielsweise Schinken, Kochschinken und Putenbrust natürlicherweise gar keine Laktose enthalten und der Zusatz von Laktose bei der Herstellung auch nicht üblich ist“, berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg in ihrer aktuellen Pressemitteilung.
Viele als „laktosefrei“ gekennzeichnete Produkte enthalten ohnehin kaum Milchzucker
Die untersuchten laktosefreien Käse waren ebenfalls deutlich teurer als herkömmliche vergleichbare Käseprodukte. Im Durchschnitt kostete milchzuckerfreier Käse 122 Prozent mehr, obwohl auch hier viele Produkte, wie „zum Beispiel die Klassiker Emmentaler, Gouda, Tilsiter und Butterkäse von Natur aus streng laktosearm“sind und normalerweise auch von Menschen mit Laktoseintoleranz „bedenkenlos verzehrt werden“ können, so die Mitteilung der Verbraucherzentrale.
Laktosefreies Schwarzbrot Spitzenreiter beim Preisaufschlag
Beim dem untersuchten Schwarzbrot des Herstellers „Minus L“ lag der festgestellt Preisaufschlag bei stolzen 383 Prozent gegenüber normalem Schwarzbrot. Dieses „als gluten- und laktosefrei deklarierte Schwarzbrot war mit fast fünffachem Preis der Spitzenreiter im Marktcheck, obwohl Brot in der Regel gar keine Laktose enthält“, so die Kritik der Verbraucherzentrale. Bei den Brotprodukten seien zudem laktosefreies Knäcke- und Mehrkornbrot mit Preisaufschlägen von 170 Prozent und 277 Prozent als besonders überteuert aufgefallen. Die Verbraucherschützer bemängelten außerdem, dass „Butter, die von Natur aus laktosearm ist und ohnehin nur in geringen Mengen gegessen wird, in der laktosefreien Variante um 217 Prozent teurer“ war als normale Butter.
Laktosefrei aus reinen Marketingzwecken
Der Verbraucherzentrale Hamburg zufolge werden immer mehr Lebensmittel zu reinen Marketingzwecken als laktosefrei ausgelobt und anschließend überteuert verkauft. „Während laktosefreie Milch eine gute Alternative für Menschen mit entsprechender Intoleranz ist, sind viele andere Lebensmittel, wie Hartkäse, Mozzarella, Brot oder Putenaufschnitt unnötige Spezialprodukte“, so die Position der Verbraucherzentrale. Obwohl 85 Prozent der Deutschen mit dem Milchzucker keine Probleme haben, sind laut Auskunft der Verbraucherschützer jährlich zweistellige Umsatzzuwächse in diesem Bereich zu verzeichnen. Der Lebensmittelindustrie sei es gelungen, „laktosefreies Essen zu einem modernen Lifestyleprodukt zu machen“, erläuterte die Verbraucherzentrale Hamburg.Viele Deutsche vermuten, dass Laktosefreies generell gesünder sei.
Laktoseintoleranz bei Arzt prüfen lassen
Bevor auf Verdacht teure laktosefreie Lebensmittel gekauft werden, sollten möglicherweise betroffene Personen laut Empfehlung der Verbraucherzentrale, „die Milchzuckerunverträglichkeit auf jeden Fall von einem Facharzt diagnostizieren und individuell prüfen lassen, in welchen Mengen auch gewöhnliche Lebensmittel gegessen werden können.“ Denn jeder Mensch habe eine persönliche Toleranzgrenze bei der Laktoseaufnahme. Auch sehen die Verbraucherschützer den Gesetzgeber in der Pflicht, die Hersteller dazu zu verpflichten, auf allen laktosehaltigen Lebensmitteln die genaue Menge auszuweisen. Derartige konkrete Angaben würden den rund 12 Millionen Betroffenen deutschlandweit beim Einkaufen wichtige Hinweise liefern. Denn Menschen mit Laktoseintoleranz könnten einiges Geld sparen, wenn sie bei den ohnehin laktosearmen beziehungsweise laktosefreien Lebensmittel auf die teuren Spezialprodukte verzichten. Des Weiteren sollten nach Auffassung der Verbraucherschützer die beiden Begriffe „laktosearm“ und „laktosefrei“ vom Gesetzgeber klar definiert werden, da bislang auch als „laktosefrei“ gekennzeichnete Lebensmittel noch 0,1 Gramm Laktose pro Kilogramm enthalten dürfen. (fp)
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.