Ärzte am Hamburger Uniklinikum Eppendorf erproben Infusionstherapie gegen EHEC-Infektionen
29.05.2011
Ärzte des Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf berichten über einen neuen Therapieansatz gegen Folgeschäden der enterohämorrhagischen Escherichia coli-Infektion (EHEC). Die neue Medikation könne gefährliche Komplikationen des hämolytisch-urämisches Syndrom (HUS) erfolgversprechend stoppen. Bis Samstag starben nach Angaben der Gesundheitsbehörden nachweislich zehn Menschen an dem bakteriellen Infekt. Weitere Todesfälle werden in den nächsten Tagen und Wochen erwartet.
Antikörper gegen EHEC Komplikation
Die Zahl der Todesfälle hat sich am Wochenende auf zehn Menschen erhöht. Alle Betroffenen hatten sich mit dem EHEC-Keim infiziert und waren an den Folge des HUS-Syndroms verstorben. Nach Behördenangaben wurden in ganz Deutschland rund 1000 Patienten möglicherweise oder bereits bestätigt mit dem EHEC Bakterieninfekt registriert. Im Hamburger Uniklinikum Eppendorf (UKE) setzen die Mediziner mittlerweile auf ein neues Arzneimittel, um den Zustand der Betroffenen zu stabilisieren. Seit Freitag bekommen die schwersten Patientenfälle, die eine Störungen des zentralen Nervensystems aufweisen, einen Antikörper verabreicht. Der Oberarzt und renommierte Nierenspezialist Prof. Dr. Rolf Stahl setzt im UKE auf den speziellen Antikörper mit der Bezeichnung „Eculizumab“. Ob der Therapieansatz tatsächlich erfolgreich sein wird, kann beim derzeitigen Kenntnisstand nicht vorhergesagt werden. "Erst in einigen Wochen werden wir wissen, wie erfolgreich diese Therapie sein wird“, betonte der ärztliche Leiter der Klinik, Stahl. Das Präparat soll die neurologischen Veränderungen und schweren Nierenschäden stoppen. Der Hoffnungsschimmer: Bereits im letzten Jahr konnte das Arzneimittel bei drei Kindern mit Erfolg eingesetzt werden. Nach Klinikangaben werden seit Freitagabend sechs Erwachsene mit „Eculizumab“ behandelt.
Deutliche Besserung der Krankheitssymptome erhofft
Das Medikament ist in Deutschland seit 2007 zugelassen und wird meist als Infusion verabreicht. Der Wirkstoff Eculizumab ist ein monoklonaler Antikörper und wird zur Therapie von seltenen Blutkrankheiten und der angeborenen HUS Variante angewendet. Eculizumab wirkt, indem es an das Protein C5 des Komplementsystems bindet und die terminale Aktivierung blockiert. Durch diesen Vorgang wird die Zerstörung der Erythrozyten vermindert und die Krankheitssymptome werden deutlich gebessert. Die häufigsten Nebenwirkungen des Mittels sind Kopfschmerzen, Halsentzündung, Übelkeit, Fieber, Muskelschmerzen und Müdigkeit.
Drei Kinder erfolgreich therapiert
Die Hamburger Mediziner begründen den Behandlungsansatz anhand eines Berichtes von Forschern aus Heidelberg, Montreal und Paris, die im Wissenschaftsmagazin „New England Journal of Medicine“ beschreiben, wie sie im vergangenen Jahr 2010 drei Kinder mit genannten Antikörpern erfolgreich behandelten. Alle Kleinkinder litten an dem HUS Syndrom nach einer erworbenen EHEC Infektion. Ein mehrmaliger Blutplasma-Austausch blieb zuvor ohne Wirkung. „Danach haben wir uns zur Eculizumab Therapie entschlossen“, sagte Dr. Franz Schaefer, Leiter der Sektion Pädiatrische Nephrologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg. Schaefer ist einer Mediziner, der an dem Forschungsbericht beteiligt waren. Nach nur 24 Stunden nach Ansetzen der ersten Infusion besserte sich der Gesundheitszustand der Kinder deutlich. Es konnte eine starke Minderung der EHEC Symptome nach nur kurzer Zeit beobachtet werden. Die Infusionen wurden im zeitlichen Abstand von sieben Tagen ein bis höchstens zweimal wiederholt. Die Dialyse konnte nach sieben Tagen beendet werden.
Aufgrund der dramatischen Ereignisse der letzten Wochen, entschieden sich die Wissenschaftler zu einer Vorabveröffentlichung in dem medizinischen Fachblatt. Die Infusionstherapie könnte ein Behandlungsansatz gegen die zerstörerischen Immunreaktionen des HUS Syndroms sein. Unklar bleibt, ob die Antikörper-Therapie auch bei Erwachsenen wirkt. „Das wird sich erst in einigen Wochen herausstellen“, sagte der leitende Oberarzt. (sb)
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Bild: Dieter Schütz / pixelio.de
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