Aids: Forscher haben gleich 17 Antikörper gegen den HIV-Viren entdeckt
18.08.2011
Weltweit suchen Wissenschaftler seit fast 30 Jahren nach wirksamen Therapien gegen die Immunschwäche Krankheit Aids. Immer wieder gaben Forscher erste Erfolge bekannt, die angeblich den HI-Virus zurückdrängen. Bislang jedoch ohne durchschlagenden Therapieerfolg. Kalifornische Forscher berichten nun, gleich 17 neue Antikörper entdeckt zu haben, die gegen Aids-Viren effektiv wirken könnten.
Resistente Immunglobuline ermittelt
Sind US-Amerikanische Wissenschaftler im Kampf gegen Aids einen Schritt weiter? Ein Forscherteam um Laura Walker vom Scripps Research Institute in La Jolla, Kalifornien berichten, gleich 17 Antikörper entdeckt zu haben, die augenscheinlich HIV Viren wirksam bekämpfen. In einer Studie entnahmen sie von vier HIV-Infizierten Immunglobuline aus dem Blut. Das Besondere, alle vier Probanden zeigten sich bislang resistent gegen den HI-Virus, so dass die eigentliche Immunschwächekrankheit bislang nicht ausbrach. Bei über 10 Prozent der HIV-Infizierten entwickelt das menschliche Abwehrsystem eigene Antikörper, die gegen viele Arten der Aids-Viren wirken. Diese Erkenntnis wird seit einigen Jahren intensiv in der Forschung verwandt.
In einem Kreuztest an 162 verschiedenen HI-Viren zeigte sich, dass die neu entdeckten Antikörper etwa zehn- bis einhundert mal potenter agierten, als bislang gemessene Abwehrstoffe. Selbst wenn die Antikörper nur in einer sehr geringen Konzentration vorhanden waren, konnten diese noch immer bis zu 50 Prozent der Aids verursachenden Viren unschädlich machen. Es zeigte sich, dass eine Vielzahl der Immunglobuline gleich gegen eine Vielzahl der Erreger hoch-potent wirkten.
Abwehrkörper konnten weitverbreiteten Aids-Virus Typ C unschädlich machen
Die Abwehrstoffe konnten selbst Aids-Viren des Typ C unschädlich machen, die vor allem auf dem afrikanischen Kontinent südlich der Sahara weit verbreitet sind. Etwa die Hälfte aller Aids-Patienten sind auf der ganzen Welt mit diesem Virusstamm infiziert. Sehr anpassungsfähige Viren wie Hepatitis C, HIV, und auch Grippeviren haben bislang jeden Versuch zunichte gemacht, einen Wirkstoff zu entwickeln, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Die weltweit zirkulierenden und vielfältig mutierten Virusvarianten haben alle bisherigen Versuche scheitern lassen, einen potentiellen Antikörper zu finden. Nach Ansicht der Studienleiterin könnte hierbei aber eine Mischung aus unterschiedlichen und potenten Immunglobuline helfen, einen ersten Durchbruch auf der Suche nach einem Impfstoff zu erlangen. Der erste Schritt wurde durch die erfolgreiche Isolierung der verschiedenen und breit neutralisierenden Antikörper aus mehreren Menschen gelegt. Hier gebe es Hoffnung, dass „ein Antikörper-basierter Impfstoff erreichbar ist“, erklärte Laura Walker.
Immunglobuline sind Eiweiße die auf virale oder bakterielle Eindringlinge Antigene bilden. Hieraus entwickeln sich Antikörper, die das Immunsystem unterstützen. Für die Studie wurden von rund 1800 HIV-Patienten Blut abgenommen. Mit den isolierten Antikörpern der vier Spender, untersuchten die Forscher, ob und in welcher Form Aids-Viren gehemmt oder neutralisiert werden. Vier Blutseren zeigten sich als besonders effektiv und drängten gleich eine Vielzahl von Erregern erfolgreich zurück. Diese wurden im Anschluss für weitere Forschungsarbeiten verwandt. Hieraus isolierten die Wissenschaftler die B-Gedächtnis-Zellen, also Zellen, die Antikörper produzieren. Mit Hilfe einer Genanalyse wurden in den Zellen Gene bestimmt, die besonders wirksam Immunglobuline programmierten. Daraus entstanden dann 17 monoklonale Antikörper bei denen Wirkungsgrad untersucht wurde.
Bereits im Jahre 2010 hatten Forscher des National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) der National Institutes of Health in Bethesda (NIH) im Blut eines Aids-Patienten ausgesprochene natürlich wirksame Antikörper mit der Bezeichnung VRC01 und VRC02 entdeckt. Diese verhinderten ein Eindringen der HI-Viren, so dass die Krankheit nicht ausbrechen konnte. Seit dem wird dieser Ansatz in Aids-Forschung intensiv verfolgt. Dennoch stockte die Forschung immer wieder und nur wenige Ergebnisse schafften es zu klinischen Studien mit der Testphase III, in der ein Serum auch an menschliche Probanden verabreicht wird.
Konventioneller Ansatz der Antikörper-Impfung
Die bislang erfolgreichsten Studienarbeiten lieferten Forscher im Rahmen einer in Thailand durchgeführten Forschungsarbeit ab. In den Jahren 2003 bis 2009 wurde eine Studie mit mehr als 16.000 Menschen durchgeführt. Den Teilnehmern wurde ein Kombinationswirkstoff aus zwei verschiedenen Impfstoffen verabreicht. Ein Teil beinhaltete ein genetisch mit HI-Vireneiweißen infiziertes Vogelpockenvirus und der andere Teil ein isoliertes Virenprotein. Die Methode wird in der Fachwelt als „aktive Immunisierung“ bezeichnet, bei der die Abwehrkräfte angeregt werden sollen, um selbst passende Antikörper gegen den Aids-Virus zu produzieren. Allerdings zeigte sich die Methode nur mäßig erfolgreich, da nur eine Erfolgsquote von 31 Prozent erreicht wurde. Zudem werden die Ergebnisse immer wieder kritisch hinterfragt, weil die aktive Immunisierung nur gegen einzelne Stämme wirkte. Daher könnte der konventionelle Ansatz der Antikörper-Impfung eine neue Richtung in der Forschung einschlagen. Bis allerdings ein wirksames Präparat entwickelt ist, können noch Jahren, wenn nicht Jahrzehnte vergehen. Der offensichtlich trickreiche Aids-Virus hat es in den letzten 30 Jahren immer wieder geschafft, sich jedem Ansatz zu erwehren. (sb)
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