Usutu-Virus tötet zahlreiche Amseln – Erste Menschen in Deutschland infiziert
20.08.2012
Das Usutu-Virus hat im vergangenen Jahr bereits zahlreiche Amseln das Leben gekostet. Auch diesen Sommer breiten sich die tropischen Erreger in Deutschland weiter aus. Die Hoffnung der Forscher auf die Entwicklung von Resistenzen hat sich offenbar nicht bestätigt. Mittlerweile wurde auch bei Menschen eine erste Infektion nachgewiesen.
Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg warnt vor einem erneuten Amselsterben durch das Usutut-Virus während der Sommermonate. In Südwestdeutschland seien massenhaft Amseln an den tropischen Erregern verstorben. „Leider haben sich die Befürchtungen nun bestätigt, dass das Usutu-Virus in der bekannten Ausbruchregion seit Juni wieder aktiv ist und viele Vögel an der Infektion versterben“, erklärte Dr. Norbert Becker, wissenschaftlicher Leiter der „Kommunalen Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Stechmückenplage“ (KABS) und Dozent an der Universität Heidelberg. Täglich würden zum Beispiel in der Umgebung von Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz bis zu zehn tote Amseln entdeckt.
Übertragung des Usutu-Virus durch Stechmücken
Das ursprünglich aus Afrika stammende Usutu-Virus wird von Stechmücken übertragen und tritt hierzulande infolgedessen vor allem während der Sommermonate auf. Generell können die Erreger Menschen, Säugetiere und Vögel befallen. Bei letzteren endet eine Infektion oft tödlich. Laut Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der virologischen Diagnostik am Bernhard-Nocht-Institut, bietet der „aktuelle Ausbruch die einmalige Chance, in Deutschland die komplexen biotischen Interaktionen zwischen Viren, Stechmücken und Vögeln unter Einbeziehung ökologischer Rahmenbedingungen zu untersuchen.“ Dabei waren die Forscher durchaus davon überrascht, dass "die Erreger in der Amsel-Population dieses Jahr genauso viele Opfer fordern, wie bereits im Jahr zuvor". Denn eigentlich hatten die Experten des BNI und der KABS darauf gehofft, dass "die Vögel gegen das Usutu-Virus Resistenzen entwickeln und dadurch der Vormarsch der Erreger aufgehalten wird".
Wetterlage begünstigt die Verbreitung des Tropenvirus
Stattdessen weise vieles darauf hin, dass die Usutu-Viren sich in Deutschland weiter ausbreiten werden, erklärte der wissenschaftliche Leiter der KABS. Auch in Nordrhein-Westfalen seien die Erreger mittlerweile bei einer toten Amsel nachgewiesen worden und zwei Funde wurden aus der Region um Freiburg in Baden-Württemberg gemeldet. Die Ausbreitung des Usutu-Virus werde dieses Jahr durch die für Mücken günstige Wetterlage weiter vorangetrieben. "Der Regen und die Unwetter befördern die Vermehrung der Mücken, was wiederum eine beschleunigte Verbreitung der Usutu-Viren mit sich bringe", erläuterten die Experten.
Millionen tote Vögel durch Usutu-Viren?
Aufhalten lasse sich die Ausbreitung der Usutu-Viren nicht beziehungsweise nur mit sehr kostspieligen Maßnahmen, so Dr. Schmidt-Chanasit. Seiner Ansicht nach können Jahre bis Jahrzehnte vergehen, bevor die Ausbreitung der Usutu-Virus zurückgeht.Während dieser Zeit sei mit dramatischen Rückgängen bei der Amsel-Population zu rechnen. Die Viren haben laut Dr. Schmidt-Chanasit. das Potenzial in den kommenden Jahren deutschlandweit Millionen Vögel dahin zu raffen. Selbst Küken in ihrem Nest gehen derzeit vermehrt an den Erregern zu Grunde. Wie die Verbreitung des Usutu-Virus sich tatsächlich entwickeln wird, bleibe jedoch noch unklar.
Infektionsrisiko für Menschen
Neben den tödlichen Folgen für Amseln, birgt das Usutu-Virus auch für Menschen ein gewisses Infektionsrisiko. So haben die Experten des BNI bei der Analyse des Blutes von 4.200 Blutspendern aus der Rhein-Neckar-Region in einer Blutprobe die Antikörper gegen die Erreger nachgewiesen. Demnach muss der Patient aus dem hessischen Groß-Gerau wenige Monate zuvor an einer Infektion mit dem Usutu-Virus (Usutu-Fieber) erkrankt gewesen sein, erläuterte Dr. Jonas Schmidt-Chanasit.. Die typischen Symptome des Usutu-Fiebers wie Kopfschmerzen, Fieber und Juckender Hautausschlag sind jedoch leicht mit anderen Erkrankungen zu verwechseln und werden daher laut Aussage der Experten oftmals nicht als Infektion mit dem Tropenvirus erkannt, sondern zum Beispiel als Sommergrippe diagnostiziert. Die tatsächliche Zahl der Usutu-Virus-Infektionen könnte demnach weit höher liegen, als bislang angenommen. In schweren Fällen droht den Betroffenen eine Gehirnentzündung (Enzephalitis), welche für die Patienten lebensgefährliche Folgen haben kann. Einen Grund zur Panik sei dennoch nicht gegeben, wieSchmidt-Chanasit betonte. "Ja, es ist zu einer Infektion gekommen, aber es jetzt ist nicht dramatisch, schließlich ist es nur einer von 4200 – bloß keine Panik", sagte Schmidt-Chanasit. (fp)
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