Laut einer Studie sind Angehörige die Pflegebedürftige zu Hause pflegen, oftmals selbst von psychischen und physischen Erkrankungen betroffen.
30.01.2011
Laut einer Studie werden Angehörige, die nahestehende Menschen pflegen, viel häufiger krank, als andere. Pflegende müssen sich demnach viel häufiger in eine ärztliche Behandlung begeben und erhalten zudem viel häufiger Medikamente verabreicht und zusätzlich Kuren verschrieben. Vor allem die seelische Belastungen sind enorm.
Wer Pflegebedürftige zu Hause pflegt, muss sich viel öfter auch selbst in eine medizinische Behandlung begeben. Die Tatsache Tag und Nacht einen nahestehenden Menschen zu pflegen, bedeutet für die meisten eine hohe physische und psychische Belastung. Der enorme Druck der dadurch entsteht, lässt im Durchschnitt die Pflegenden häufiger selbst erkranken. Das ergab eine Studie der Siemens-Betriebskrankenkasse. Die Betroffenen leiden vor allem unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder dem Erschöpfungssyndrom „Burn-Out“. Jeder sechste Angehörige der selbst pflegt, ist hiervon betroffen.
Mehrausgaben für die Krankenkassen
Im Studienverlauf wurden die Patientendaten von rund 700 pflegenden Angehörigen im Alter von 31 bis 60 Lebensjahre ausgewertet. Rund 51 Prozent der Betroffenen sind signifikant in einem höheren Maße von chronischen oder schwereren Erkrankungen betroffen, als Menschen die keiner häuslichen Pflegetätigkeit nachgehen. Die Mehrausgaben der Krankenkassen seien laut Angaben der Siemens BKK mit 18 Prozent höher, als der Durchschnitt.
Körperliche Belastungen erzeugen Beschwerden
Neben den psychischen Auswirkungen spielen auch die körperlichen Krankheiten und Beschwerden eine große Rolle. Die körperlichen Belastungen durch das Heben, Wenden und Tragen der Pflegebedürftigen verursacht Symptome wie Rückenschmerzen, Flankenschmerzen und Bauchschmerzen. Rückenschmerzen, Kreislaufbeschwerden sowie grippale Infekte sind die häufigsten Diagnosen. „Das ist jedoch der kleinere Teil. Das weit größere Problem sind seelische Belastungen“ erläuterte Franz Billinger von der Siemens BKK.
Depressionen und seelischer Leidens-Druck
Die Studie brachte zu Tage, dass etwa 17 Prozent der Angehörigen unter depressiven Episoden oder manifestierten Depressionen leiden. Im Vergleich zu den „normalen“ Krankenversicherten ist der Anteil von Depressionen etwa dreieinhalb mal so groß. Laut der Studiendaten fällt es den Angehörigen insgesamt schwerer geistig behinderte oder kognitiv eingeschränkte Menschen zu pflegen. Die psychische Belastungen und die wenige Anerkennung für ihr mitmenschliches Handeln macht die Pflegenden stark zu schaffen. Schwerwiegend ist vor allem der Umgang mit Demenz oder Alzheimer Patienten. Das bedeutet für viele eine hohe emotionale Belastung, so die Pflegeexpertin Claudia Brinner von der karitativen Einrichtung Caritas. Die Helfer geraten durch ihre schwere Aufgabe zunehmend in eine soziale Isolation. Es findet kaum Hilfe und Austausch mit anderen Menschen statt. Die Unterstützungs- und Beratungsangebote für die Betroffenen sind noch immer sehr mangelhaft.
2,4 Millionen Menschen sind pflegebedürftig
Laut neusten Schätzungen des Statistischen Bundesamtes gelten derzeit rund 2,4 Million Menschen in Deutschland als pflegebedürftig. Bis zum Jahre 2020 wird die Zahl um rund 500.000 auf 2,91 Millionen Pflegebedürftige zunehmen. Die Anteil der Pflegebedürftigen wird bis 2050 auf rund 6 Prozent der bundesdeutschen Bevölkerung ansteigen. Etwa zwei Drittel der Betroffenen werden zu Hause durch den Partner, Freunde oder der Familie gepflegt. Durch den demografischen Wandel werden Erkrankungen wie Demenz, Parkinson und Alzheimer stetig zunehmen. (sb)
Lesen Sie auch:
Hartz-IV: Höherer ALG II-Anspruch bei Pflege
Pflegeleistungen besser absetzbar
Beitragssteigerung bei Pflegeversicherung erwartet
Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.