Apps für Hobbysportler im Trend: Elektronische Hilfen beim Sport
13.10.2013
Immer mehr Menschen nutzen beim Sport technische und elektronische Hilfsmittel wie Smartphone, Apps und Gadgets. Diese können zwar als Helfer und Anleiter dienlich sein, aber wichtiger ist es, auf seinen eigen Körper zu hören.
Viele gute Gründe
Menschen greifen aus unterschiedlichen Gründen auf die Möglichkeiten zurück, die die Welt der Smartphones, Apps oder Gadgets so bieten. Manche nutzen einen Schrittzähler, um ihre täglich gelaufenen Kilometer festzustellen, andere tragen ihre verzehrten Speisen und Getränke genau in ihr Smartphone ein, um die Kalorienzufuhr zu berechnen. Und manche Apps können Hobbysportlern hilfreich sein, indem über eine Pulsuhr die Herzfrequenz beim Laufen gemessen wird. Der Gründer der deutschen Quantified-Self-Community, Florian Schumacher, meint über die Gründe des Einsatzes dieser Mittel: „Die Aufzeichnung von Werten über das eigene Selbst dient vielen zur Beobachtung von Veränderungen oder als Motivation, selbst gesteckte Ziele zu erreichen.“
Gesammelte Daten üben Faszination aus
Bei der Quantified-Self-Community handelt es sich um ein Netzwerk aus Anwendern und Anbietern von Software, mit deren Hilfe sie ihre persönlichen Daten auswerten um so ihre Persönlichkeitsentwicklung und Gesundheit zu fördern und zu beobachten. In den USA würden bereits 70 Prozent der Bevölkerung ihre Gesundheit auf oben beschriebene Weise beobachten. „Die Situation in Deutschland dürfte ähnlich sein, wenn auch nicht so offen darüber gesprochen wird“, so Schumacher. Auch der Sportpsychologe Dr. Christopher Willis, der unter anderem Sport- und Bewegungsprogramme für Freizeitsportler koordiniert sieht einen großen Nutzen in den modernen Hilfsmitteln: „Sie können ihm Struktur und Halt bieten. Die gesammelten Daten üben gerade anfangs eine eigene positive Faszination aus.“ Beim Coaching von Anfängern werden von ihm gezielt Apps eingesetzt. „Wir stellen eine erhöhte Motivation, mehr Spaß und ein gesteigertes Durchhaltevermögen fest“ so Willis. Somit würden die Anwender realistischere Ziele entwickeln.
App ersetzt nicht die eigene Motivation
Dr. Urs-Vito Albrecht vom Peter L. Reichertz-Institut für Medizinische Informatik der Technischen Universität Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover, äußerte sich in einem Interview mit „Die Welt“ hingegen kritisch: „Eine App kann niemals die eigene Motivation ersetzen.“ Allerdings räumte er ein, dass solche Programme dazu beitragen könnten, selbst gesetzte Ziele zu erreichen, Verläufe und Erfolge sichtbar zu machen und einen Trainingsplan zu erfüllen. Negativ sieht er: „Natürlich werden auch alle Trainingsmisserfolge gnadenlos dokumentiert, was genau das Gegenteil bewirken kann.“
Menschen vergleichen sich
Ein Vorteil der gesammelten Daten liegt in deren Aufbereitung. So könnten die eigenen Leistungen mit denen von anderen Nutzern verglichen werden oder über bestimmte Apps Durchschnittswerte der gleichen Altersklasse oder des Trainings-Levels eingesehen und darüber die eigenen Leistungen analysiert werden. „Der Mensch neigt nun mal dazu, sich zu vergleichen“, so Albrecht. Der Vergleich mit der eigenen Altersgruppe oder ähnlich trainierten Menschen sei für ihn der geeignetere Vergleich und nicht der zwischen einem Anfänger und einem langjährigen Sportler. „Generell sind solche Vergleiche aber schwierig, weil standardisierte Algorithmen nie die individuellen Besonderheiten des Einzelnen beurteilen können.“ So könnten fehlerhafte Algorithmen dem Nutzer falsche Ergebnisse präsentieren. Der Anwender würde sich dann entweder unberechtigt freuen oder sich über „negative“ Ergebnisse ärgern. „Im einen wie im anderen Fall unterlässt oder betreibt er dann vielleicht Aktionen, die er im Fall korrekter Ergebnisse nicht gemacht hätte.“
Tipps und Einladungen aus dem Internet
Über viele Apps werden aus der großen Internet-Community Tipps und Einladungen, meist zum eher spielerischen Wettkampf, verbreitet. So könne man bei einigen Smartphone-Anwendungen virtuelle Laufgruppen anlegen oder Nutzer geben ihre Trainingsrouten bekannt, einschließlich von Strecke, Höhenunterschieden oder Schwierigkeitsgrad. Dr. Willis meint dazu: „Gerade diese Plattformen bieten eine wertvolle soziale Unterstützung, die viele Menschen in ihrem Alltag und täglichen sozialen Umfeld nicht hätten.“ Oft nehmen solche Meldungen in den sozialen Netzwerken jedoch überhand und nerven. „Manche kokettieren damit und wollen eine positive Reaktion erzwingen“, so Oliver Stoll von der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie.
Trainingseinheiten ohne technische Unterstützung absolvieren
Auch wenn laut einer aktuellen, vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Studie 560.000 Menschen in Deutschland internetsüchtig sind, gibt es bislang noch keine veröffentlichte Studie, die sich mit der möglichen Sucht des Messens beschäftigt. Diese Gefahr sieht Dr. Willis ohnehin für sehr gering. Allerdings warnt er: „Sobald eine exzessive Beschäftigung das eigene psychische Wohlbefinden negativ beeinflusst, ist Gefahr in Verzug.“ Trotz aller technischer Trainingsgeräte müssten Anfänger lernen, ihren Körper ohne die Hilfsmittel wahrzunehmen. Er empfiehlt Freizeitsportlern, dass sie regelmäßig Trainingseinheiten ohne technische Unterstützung absolvieren sollten. In dem Punkt stimmt auch Dr. Albrecht zu: „Man kann Anwendern immer nur empfehlen, Fitness-Apps als kleine Helfer und Anleiter zu betrachten und stets auf die Signale des eigenen Körpers zu hören.“
Studie zur Wirkung elektronischer Medien auf Kranke
Auch im medizinischen Bereich finden die elektronischen Medien mehr Aufmerksamkeit. So untersucht Petra Wagner vom Institut für Gesundheitssport und Public Health der Universität in Leipzig, deren Wirkung bei Menschen mit gesundheitlichen Problemen. Dafür wurden 60 Jugendliche, die wegen ihrer Adipositas in einer Rehabilitationsklinik waren, zum Thema befragt. Für die Studie sei von Interesse, wie sich das Verhalten der Jugendlichen, deren Wissen und ihre Einstellung mit Hilfe der neuen Medien verändern. Den jungen Patienten helfen soziale Netzwerke, miteinander und mit der Klinik auch nach dem Aufenthalt in Kontakt zu bleiben.
Anleitungen mit Sportübungen
Die meisten würden sich aber nur so lange zu mehr Bewegung motivieren lassen, so lange sie bei einem Betreuungsprogramm dabei bleiben, welches sie mit Podcasts und anderen Formaten unterstützt. Diese von Petra Wagner und ihren Kollegen entwickelten Medien beinhalten beispielsweise praktische Anleitungen mit Sportübungen. Außerdem könnten die Jugendlichen damit ihre Daten in einem geschützten Rahmen für eine Auswertung durch Experten hoch- und herunterladen. Noch ist diese Forschung jung, aber bereits jetzt verfolgen Kliniken die Arbeit des Instituts, da Interesse an Konzepten für die Nachsorge besteht. (ad)
Bild: Julien Christ / pixelio.de
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