PKV Beiträge 2011 werden massiv erhöht: Schuld daran sollen Nichtzahler sein
05.12.2011
Auch im kommenden Jahr werden die Beiträge der Privaten Krankenversicherungen (PKV) kräftig steigen. Einige Anbieter wollen ihre Beiträge um 30 bis 40 Prozent anheben. Nach Angaben des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen (PKV) würden mehr als 140.000 Privatpatienten ihre Beiträge nicht zahlen. Die Beitragseinbussen wären mit ein Grund für die Beitragserhöhungen. Die Branche verschweigt, dass das Problem insbesondere durch Lockangebote entstanden ist.
Nichtzahler fast verdoppelt
Seit 2010 haben sich die Verluste durch säumige Privatversicherte fast verdoppelt. Mitte des Jahres 2011 zählten die 40 deutschen privaten Krankenversicherer rund 142800 Nichtzahler. In dieser Gruppe sind Privatpatienten, die mindestens drei Monate keine Beiträge mehr zahlten. Ein Sprecher des Verbandes der Privaten Krankenversicherungen bezifferte den bis dahin entstandenen finanziellen Verlust aller PKV mit etwa 500 Millionen Euro. Die größte private Krankenversicherung Debeka prognostiziert derzeit sogar einen Einnahmeverlust von rund 554 Millionen Euro. Noch im letzten Jahr 2010 (30. Juni) zählte die Branche etwa 120.800 säumige Mitglieder. Der Schaden betrug laut Verbandsangaben etwa 289 Millionen Euro. In Deutschland sind fast neun Millionen Menschen vollumfänglich privat krankenversichert. Demgegenüber sind etwa 70 Millionen Bürger in einer gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert.
Verzugszahler sind nicht erst seit heute ein Problem der Privatversicherungen. Als 2009 die Pflichtkrankenversicherung für alle in Deutschland lebenden Personen eingeführt wurde, mussten sich auch nicht-solvente Kleinunternehmer krankenversichern, die es vor allem in der Anfangszeit der Selbstständigkeit vorzogen, die Beiträge der Krankenversicherung zu sparen. Für die Privatversicherer bedeutete dies, dass sie keine Privatkunden mehr kündigen oder ablehnen dürften, auch wenn die Beiträge nicht gezahlt wurden. Das heißt, auch wenn der Schuldner keine Prämien mehr zahlt, so bleibt wenigstens die Grund- und Notfallversorgung für den Nichtzahler erhalten.
Billigtarife verursachten große Gruppe der Nichtzahler
Das Problem ist allerdings auch Hausgemacht. Zahlreiche Anbieter warben exzessiv mit sogenannten Billig- und Locktarifen, die teilweise Beitragszahlungen von weniger als Einhundert Euro auslobten. So schlossen viele einen Billigtarif ab, obwohl sie eigentlich im gesetzlichen System besser aufgehoben wären. Das macht sich auch im Vergleich bemerkbar. So leiden vergleichsweise stark diejenigen Unternehmen, die im vergangenen Jahreszeitraum aggressiv mit Lockangeboten den Versicherungsmarkt überschwemmten. Viele Nichtzahler sind demnach bei der Generali-Tochter Central oder dem Ergo-Tochterunternehmen DKV anzutreffen. Beide Versicherungen haben aus der Vergangenheit gelernt und sich aus dem niedrigen Preissegment verabschiedet. Das Neukundenmodell, mit PKV Billigtarifen neue Mitglieder zu werben um dann nächst höherwertige Tarife anzubieten, habe nicht funktioniert, wie vieler Versicherer heute monieren. Erschwerend kam hinzu, dass die Maklerprovisionen immer höhere Dimensionen erreichten. Die Provisionen als Teil des Problems werden nun wieder deutlich minimiert.
Tarifsteigerungen mit zu 40 Prozent
Das Nachsehen haben allerdings die Alt- und Bestandskunden, denn diese müssen zum Jahresende mit kräftigen Erhöhungen ihrer Beiträge in den einzelnen Tarifen rechnen. So kündigte zum Beispiel die PKV Central an, die Prämien in einzelnen Tarifen um bis zum 40 Prozent anzuheben. Andere Anbieter wie die ARAG Krankenversicherung kündigen eine Erhöhung um bis zu 30 Prozent an. Betroffen hiervon ist vor allem der sogenannte „E-Tarif“. Aber auch andere Anbieter werden zeitversetzt in ähnlichen Dimensionen nachziehen.
Kaum Möglichkeiten den Beitragserhöhungen zu entkommen
Den Betroffenen bleiben kaum Möglichkeiten, den Preissteigerungen zu entkommen. Mit unterschiedlichen Methoden versucht die Branche, Kunden von einem Wechsel abzuhalten. Das Hauptargument gegen den Anbieterwechsel ist die Weigerung des Altanbieters, die angesammelten Altersrückstellungen mitzugeben. Das wird dem Versicherten als erstes „um die Ohren gehauen“, wenn dieser einen Wechsel ankündigt. Somit gehen dem Versicherten im wesentlichen die Rückstellungen fürs Alter verloren. Wer dennoch sich nicht scheut, einen Wechsel zu unternehmen, wird vor ein weiteres Problem gestellt. Der Neuanbieter verlangt nämlich ebenfalls eine Gesundheitsprüfung. Hiernach orientiert sich der neue Tarif. Wer schon mittleren oder höheren Alters ist, für den fällt sehr wahrscheinlich die Prüfung negativer aus, als noch vor einigen Jahren. So kann es passieren, dass der neue Tarif noch teurer ist, als der, den man eigentlich entrinnen wollte. Ein Wechsel ist quasi unmöglich, ohne dass hohe Verluste die Folge wären. Kritiker behaupten, dass sich durch ein solches System die Privaten Krankenversicherungen abgesichert haben, um größere Mitgliederwanderungen zu vermeiden. Die einzige Möglichkeit ist dann nur noch ein Tarifwechsel mit wesentlich weniger Gesundheitsleistungen und/oder höheren Selbstbeteiligungen. Gerade im Alter kann diese Entscheidung ebenfalls kostspielig sein, da Arztbesuche und Krankenhausaufenthalte sich mit dem Alter summieren. Weigert sich ein Anbieter beharrlich, einem Tarifwechsel zuzustimmen, sollte der eigens für die PKV eingesetzte Ombudsmann angerufen werden. Dieser versucht in vor-gerichtlicher Instanz eine Einigung zwischen den Parteien herzustellen. Meist sind die gesetzlichen Bestimmungen sehr eingrenzend, so dass Betroffene vielfach mit den höheren Beiträge leben müssen. (sb)
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Bild: Ronny Richert / pixelio.de
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