Bessere ärztliche Versorgung für Migranten angekündigt
04.03.2015
Menschen mit Migrationshintergrund haben es in Deutschland nicht nur bei der Karriere schwerer, sondern auch im Gesundheitswesen. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung will dies ändern. Am Dienstag fand die Auftaktveranstaltung des Schwerpunktjahres: „Gesundheit und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft“ statt.
Migranten nicht angemessen ins Gesundheitssystem eingebunden
Migranten sollen sich künftig besser im deutschen Gesundheitssystem zurecht finden können. Bislang sind Einwanderer laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Aydan Özoguz, (SPD) nicht angemessen ins Gesundheitssystem eingebunden. Wie die „Welt“ berichtet, erläuterte die Staatsministerin am Beispiel des millionsten Gastarbeiters, wie es nicht mehr laufen sollte. So wurde Armando Rodrigues aus Portugal 1964 feierlich begrüßt und erhielt als Geschenk ein Moped. Zehn Jahre später ist er an Krebs erkrankt. „Er wusste nicht, dass er in Deutschland behandelt werden kann“, erzählte Özoguz zum Auftakt des Schwerpunktjahres „Gesundheit und Pflege in der Einwanderungsgesellschaft“. Sie sagte weiter: „Er ging zurück nach Portugal und gab fast alles, was er hier verdient hatte, für seine ärztliche Versorgung aus.“
Verständigungsschwierigkeiten zwischen Arzt und Patient
Kernaussage der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration ist, dass Migranten nicht angemessen am deutschen Gesundheitssystem partizipieren. Einwanderer nehmen demnach nicht im gleichen Maße Vorsorgeangebote oder Reha-Kuren wahr, erleiden häufiger Unfälle am Arbeitsplatz oder werden unzureichend behandelt, da sich Arzt und Patient nicht richtig verstehen. Zum Auftakt des Themenjahres erklärte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz (CDU): „Bei Gesetzesvorhaben in unserem Haus soll die besondere Situation von Migranten verstärkt berücksichtigt werden.“
Bundesgesundheitsminister sieht Handlungsbedarf
Die Zusammenarbeit von Gesundheitsministerium und Integrationsbeauftragter ist bereits ausgemachte Sache. Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sieht Handlungsbedarf. Da es zum Thema nur wenig verlässliches Zahlenmaterial gibt, soll das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) zunächst eine Gesundheitsstudie durchführen, die vor allem die Situation von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den Blick nimmt. Damit soll eine verlässliche Datengrundlage geschaffen werden.
Immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund benötigen Pflege
In Deutschland wird es nach Angaben von Frau Özoguz in 15 Jahren 2,8 Millionen ältere Menschen mit einer Einwanderungsgeschichte geben. Das seien 1,2 Millionen mehr als derzeit. Insbesondere diese Gruppe brauche eine kulturell vertraute Umgebung, in der etwa ihre Ernährungsgewohnheiten oder auch religiöse Traditionen berücksichtigt würden. Zudem gelte es, das Potenzial von jungen Menschen mit Migrationshintergrund etwa für pflegerische Berufe besser zu nutzen. „Als Allererstes wollen wir uns die Sprachmittlung anschauen“, teilte Özoguz mit. „Es kommt häufig vor, dass der Patient den Arzt nicht versteht – und umgekehrt. Wir haben auch Ärzte aus dem Ausland, die wiederum ihre Patienten nicht verstehen.“
Bessere Versorgung von Flüchtlingen
Auch die Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern soll im Schwerpunktjahr verstärkt behandelt werden. Diese erhalten bisher in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes in Deutschland nur eine eingeschränkte Gesundheitsversorgung, durch die die Kosten eines Arztbesuches nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen übernommen wird. Diesen Umstand hatte kürzlich auch Gerd Schulte-Körne von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität München bemängelt. Der Experte, der derzeit den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) leitet, hatte festgehalten, dass Flüchtlingskinder die nach traumatischen Ereignissen immer öfter auch ohne Eltern Zuflucht in Deutschland suchen, stark gefährdet seien, eine Depression zu erleiden. Des weiteren wurde angesichts der aktuellen Masern-Welle in Berlin berichtet, dass es bis zum Sommer eine zentrale Impfstelle beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) geben soll, um den Gesundheitsschutz für Flüchtlinge zu verbessern. (ad)
>Bilder: Tim Reckmann / pixelio.de
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