Cannabis Medikamente künftig in Deutschland erlaubt
19.05.2011
Nach einer Verlautbarung der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Mechthild Dyckmans (FDP), sind Medikamente mit dem Wirkstoff THC der Cannabis Pflanze, bei medizinischen Indikatoren künftig erlaubt.
Neue therapeutische Möglichkeiten
Für viele schwerkranke Patienten mit chronischen Schmerzen ist die Neufassung des Betäubungsmittelgesetzes (BTM) ein echter Fortschritt. Seit einigen Jahren weisen evidenzbasierte Studien auf den medizinischen Nutzen des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) hin. Wissenschafliche Studien hatten eine Linderung spastischer und krampfender Schmerzen bei Multipler Sklerose nachgewiesen. Andere Studien berichten von der vorteilhaften Appetitsteigerung bei Krebspatienten. In den meisten Fällen führt eine Krebserkrankung und die sich anschließende Therapie zu einer klassifikatorischen Appetitlosigkeit. Wie eine Studie zeigte, könne der Wirkstoff dabei helfen, den lebensnotwendigen Appetit der Patienten wieder anzuregen. Schmerz- und Ataxie Patienten berichteten zudem von einer deutlichen Verbesserungen des Krankheitsbildes. Therapeutisch hilfreich soll der THC Wirkstoff auch in der Behandlung des Tourette-Syndrom (TS) sowie beim Aufmerksamkeitsdefizit- Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sein. Die Neuregelungen sollten aber keinesfalls als eine „Legalisierung weicher Drogen“ verstanden werden, betonte die Drogenbeauftrage. Die Reformen gelten lediglich für sogenannte Fertigarzneimittel, die direkt vom Pharmaproduzent zur Apotheke geliefert werden. Der Selbstanbau und Handel bleibt auch bei schwerwiegenden Erkrankungen nach wie vor strafbar. Nur Ärzte dürfen künftig zugelassene Arzneimittel an schwerkranke Patienten verschreiben.
Neufassung erlaubt Herstellung von Arzneien
Die Reform soll nun Pharmaherstellern erlauben, auch in Deutschland Medikamente mit den Wirkstoffen der Cannabis-Pflanze herzustellen. Auf diese Möglichkeit haben sich Koalitionskreise von Union und FDP Anfang der Woche verständigt. Noch vor gut zwei Jahren hatten sich Union, SPD und FDP gegen eine Lockerung des Betäubungsmittelgesetzes ausgesprochen. Damals nahmen die Gesundheitsexperten der Parteien an, Cannabis könne Patienten mehr schaden, als helfen. "Es liegt bereits ein Antrag für ein Medikament vor, und wir hoffen, es werden noch mehr kommen", kündigte Dyckmans anlässlich der Vorstellung des Drogen- und Suchtberichts 2011 an. „Die Freigabe von Medikamenten mit dem Cannabis Wirkstoff ist ein bedeutender Schritt, schwerkranke Menschen erhalten hierdurch eine weitere Therapieoption“, fügte die Drogenbeauftragte hinzu. Sehr viele Menschen haben lange Zeit auf diesen wichtigen Schritt gewartet.
Mundspray gegen Spastiken
Der erste Zulassungsantrag beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte () wurde vom Pharmaproduzenten „Almirall“ für das Mundspray „Sativex“ gestellt. Das Präparat wird unter die Zunge gesprüht, und soll hierdurch Spastiken und weitere Symptome der Multipler Sklerose lindern. Klinische Studien hatten gezeigt, dass Sativex bei MS-Patienten, ohne konventionellen Therapieerfolg Spastiken verringerte. Das pharmazeutische Mundspray ist seit 2005 in Kanada zugelassen. Das Medikament unterscheidet sich vom Dronabinol, weil es aus der natürlichen Hanf-Pflanze gewonnen wird. In den nächsten Tagen wollen das Bundesinstitut über den Antrag entscheiden. Offen ließ man, ob noch weitere Anfragen bezüglich einer Freigabe eingegangen sind. Dyckmans hofft auf weitere Anfragen, weil viele Patienten auf dringend benötigte Arzneien warten.
Sinnvolle Reform für Hospizen und Heime
Ebenfalls reformiert wird die Versorgung von sterbenskranken Menschen. Damit eine schnelle Schmerzlinderung in den letzten Lebensstunden gewährleistet ist, sollen Heime und Hospizen Notfallvorräte an Betäubungsmitteln anlegen dürfen. Die spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) wird dahingehend reformiert, dass nun mehr die Verwendung der Schmerzmittel nicht mehr Patienten-gebunden ist, sondern bereits angefangene Packungen im Notfall auch für andere Schwerkranke eingesetzt werden können. Zusätzlich soll die Weiterverwendung ärztlich verschriebener aber nicht mehr benötigter Betäubungsmittel weiter ausgebaut werden. Bei einer Kontrolle muss nachgewiesen werden, dass die Medikamente vorschriftsgemäß gelagert und aufbewahrt werden. Wenn die Lagerungsstätten einer regelmäßigen behördlichen Prüfung bestehen, dürfen die Arzneien auch anderen Patienten zur Verfügung gestellt werden. Die Deutsche Hospiz Stiftung begrüßte die Reform für Cannabis-Arzneien im Betäubungsmittelgesetz. (sb)
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