Cannabis nicht auf Kosten der Krankenkasse
02.03.2015
Obwohl Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) vor kurzem angekündigt hatte, Schwerkranken ab diesem Jahr Haschisch auf Krankenkassen-Kosten zu ermöglichen, müssen Betroffene immer noch klagen. Ein Patient scheiterte nun vor Gericht.
Gesundheitsminister will Haschisch auf Rezept
Vor wenigen Wochen hatte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) angekündigt, Schwerkranken ab diesem Jahr Haschisch auf Krankenkassen-Kosten zu ermöglichen. Doch betroffene Patienten müssen sich derzeit deswegen immer noch an Gerichte wenden. Ein 50-jähriger Mann, der seine Krankenkasse verklagt hatte, da diese die Kosten für den Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten nicht übernehmen wollte, unterlag nun vor dem Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart. Wie die „Deutsche Apotheker Zeitung“ online berichtet, entschied das Gericht, dass es sich bei den konsumierten Cannabisprodukten nicht um eine von der gesetzlichen Krankenversicherung zu übernehmende Leistung handele und bestätigte damit dieerstinstanzliche Entscheidung des Sozialgerichts Reutlingen (Az.L 4 KR 3786/13).
Cannabis zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle
Der Kläger, der 1993 eine Hirnblutung erlitten hatte, leidet seitdem an schwerer Epilepsie und einer Lähmung beider Arme und beider Beine. Der Patient kann nur wenige Schritte gehen, muss Spezialschuhe tragen und ist ansonsten auf den Rollstuhl angewiesen. Zudem leidet er an einer Stoffwechselerkrankung, die teilweise mit heftigsten kolikartigen Bauchschmerzen einhergeht. Der 50-Jährige konsumiert Medizinal-Cannabisblüten zur Vorbeugung gegen epileptische Anfälle sowie zur Schmerzbehandlung. Er kann diese mit einer behördlichen Ausnahmegenehmigung über eine Apotheke beziehen.
Antrag auf Kostenübernahme abgewiesen
Laut Mitteilung des Gerichts begründete der Kläger seinen Antrag auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse damit, dass die Behandlung mit Medizinal-Cannabisblüten in seinem Fall die einzige medizinisch und ethisch vertretbare Behandlungsmöglichkeit darstelle. Er könne wegen der Stoffwechselkrankheit die üblichen Epilepsiemedikamente nicht einnehmen. Die Stuttgarter Richter gaben jedoch der Krankenkasse Recht. Die Urteilsbegründung liegt zwar noch nicht vor, doch in einer Pressemitteilung weist das Gericht darauf hin, dass es ein ausschließlich Medizinal-Cannabisblüten enthaltendes Fertigarzneimittel mit der erforderlichen Zulassung nach deutschem Arzneimittelrecht nicht gebe. Auch als zulassungsfreies Rezepturarzneimittel könnten die Medizinal-Cannabisblüten nicht als GKV-Leistung erbracht werden, denn dafür ist laut Gesetz eine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses erforderlich. Eine solche Empfehlung liege aber bislang nicht vor, so das Gericht. Die Revision gegen das Urteil hat das Landessozialgericht nicht zugelassen, der Kläger kann dagegen jedoch beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel Beschwerde einlegen.
Ausnahmegenehmigung zum Erwerb von Cannabis
In Deutschland können Patienten bereits seit Jahren unter gewissen Voraussetzungen bei der Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Ausnahmegenehmigung zum Erwerb von Cannabisblüten zur Selbsttherapie beantragen. Letztes Jahr entschied das Kölner Verwaltungsgericht, dass der Eigenanbau von Hanf in Einzelfällen chronischen Schmerzpatienten, nach Überprüfung, erlaubt werden könne. Mit diesem Urteil war mehreren Männern Recht gegeben worden, die mit chronischen Schmerzen, Multipler Sklerose (MS) oder dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom ADHS zu kämpfen haben und denen der Konsum der Droge nach ihren eigenen Angaben gegen die Schmerzen hilft.
Cannabis wird in vielen Ländern arzneilich genutzt
Cannabis oder seine Wirkstoffe werden in verschiedenen Ländern der Welt teilweise schon seit Jahren arzneilich genutzt. Unter ihnen befinden sich Nationen wie Italien, Portugal, Israel, Neuseeland und auch mehrere Bundesstaaten der USA. In wissenschaftlichen Studien wurde die Wirksamkeit des Cannabis unter anderem bei der Schmerztherapie, bei Multipler Sklerose, Übelkeit und Erbrechen oder bei Kachexie, einer Erkrankung, bei der es durch starke Abmagerung zu extremen Untergewicht kommt, nachgewiesen. Experten raten zudem bei Appetitlosigkeit zu Marihuana oder Haschisch. (ad)
>Bild: NicoLeHe / pixelio.de
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