Studie: Stundenlanges Sitzen schädigt womöglich das Gehirn
20.09.2014
Dass durch sportliche Aktivitäten auch die geistige Leistungsfähigkeit gesteigert wird, haben bereits Studien in der Vergangenheit gezeigt. US-amerikanische Forscher haben nun jedoch in einer Untersuchung festgestellt, dass stundenlanges Sitzen diesen Vorteil wieder zunichte machen und der Hirnleistung schaden kann.
Körperliche Aktivität fördert geistige Leistungsfähigkeit
Ältere Studien haben gezeigt, dass körperliche Aktivität die geistige Leistungsfähigkeit fördert und vor Altersschwäche schützen kann. Allerdings können die Vorteile, die ein Mensch durch Sport erlangt, durch regelmäßiges stundenlanges Sitzen auch wieder zunichte gemacht werden. Dies berichten US-amerikanische Forscher im Fachjournal „PLOS ONE“. Für die Untersuchung hatte das Team der University of Illinois in Urbana-Champaign 88 Menschen im Alter von 60 bis 78 Jahren mit Bewegungssensoren ausgestattet, die diese die meiste Zeit am Tag trugen. Alle Probanden waren gesund, jedoch nicht besonders sportlich. Darüber hinaus untersuchten die Wissenschaftler Bereiche der weißen Hirnsubstanz, einen Teil des zentralen Nervensystems, der hauptsächlich aus Nervenfasern besteht.
Studie misst physische Aktivität und untersucht Gehirnstruktur
Erstautorin Agnieszka Burzynska erläuterte: „Unseres Wissens ist das die erste Studie dieser Art, die die physische Aktivität objektiv misst und zugleich die Gehirnstruktur auf verschiedene Weise untersucht.“ Weit weniger zuverlässig sei es, wenn, wie in ähnlichen Untersuchungen, Teilnehmer oft nur über ihr Verhalten befragt würden. Die Gehirne der Probanden wurden mit zwei verschiedenen Methoden untersucht: Zum einen wurden die altersbedingten Läsionen in der weißen Hirnsubstanz erfasst, die bei fast jedem Menschen im Alter auftreten – allerdings in unterschiedlicher Menge. Und zum anderen beobachteten die Forscher, wie sich Wasser im Hirn verteilt, was auf den allgemeinen Zustand der weißen Substanz schließen lässt. Sie nutzten dazu die sogenannte diffusionsgewichtete Magnetresonanztomografie.
Weiße Hirnsubstanz überdurchschnittlich stark degeneriert
Die Wissenschaftler kamen zum Ergebnis, dass die Gehirne von Menschen, die regelmäßig moderat bis sehr schweißtreibend trainierten generell weniger Läsionen der weißen Substanz hatten. Jene hingegen, die sich recht häufig leicht bewegten, wiesen einen überdurchschnittlich guten Zustand der weißen Hirnsubstanz in den Schläfenlappen auf. Diese spielt eine Schlüsselrolle beim Verarbeiten von Informationen, beim Erinnerungsvermögen sowie beim Sprechen. Und bei denen, "die oft lange saßen, war die weiße Substanz in Regionen um den Hippocampus dagegen überdurchschnittlich stark degeneriert". Wie das US-Team schreibt, sei die untersuchte Region um den Hippocampus für das Lernen und ebenfalls das Erinnern verantwortlich. Die Forscher berücksichtigten bei der Auswertung Alter, Geschlecht und die allgemeine Fitness der Probanden.
Vermeiden eines zu bequemen Lebensstils
„Dies legt nahe, dass der physiologische Effekt von zu langem Sitzen – selbst wenn man am Ende des Tages noch eine halbe Stunde trainiert – einen schädlichen Effekt auf das Gehirn hat“, so Burzynska. Im Alter seien sowohl Bewegung als auch das Vermeiden eines zu bequemen Lebensstils wichtig für das Gehirn. Die Wissenschaftler können jedoch "nicht ganz ausschließen, dass umgekehrt auch eine schlechtere Gehirnsubstanz Menschen generell zu längerem Herumsitzen verleiten könnte, beispielsweise wegen Problemen mit dem Gleichgewicht". Dies soll nun durch eine weitere Studie geklärt werden.
Sport für Senioren
Unter anderem Radfahren, Nordic Walking, (Berg-)Wandern, Schwimmen und Skilanglauf sind Sportarten, die als für Senioren geeignet gelten. Grundsätzlich wichtig ist, dass das Training an den körperlichen Zustand angemessen wird. Jogging beispielsweise gilt bei vielen Experten aufgrund der hohen Belastung für Gelenke für Ältere als umstritten. Durch regelmäßige körperliche Aktivitäten tut man nicht nur seiner geistigen Leistungsfähigkeit Gutes, wie die aktuelle Studie zeigt, sondern seinem gesundheitlichen Wohlbefinden allgemein. So trägt Sport dazu bei, das Risiko für Übergewicht und Adipositas zu verringern oder zahlreichen Erkrankungen vorzubeugen. Langes Sitzen hingegen führt nicht nur – wie beschrieben – zu einer möglichen Minderung der Hirnleistung, sondern oft auch zu Beschwerden wie Rückenschmerzen, Dicke Beine, Schulterstechen oder Nackenschmerzen. Gründe genug also, um raus aus dem Sessel zu kommen. (ad)
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