Die Paläo-Diät: Wie gesund ist die Steinzeit-Diät wirklich?
07.10.2011
Unter Fitness-Praktikern und aktiven Sportlern ist die Paläo-Diät mittlerweile sehr beliebt. Die Anhänger dieser neuen Diätform essen vor allem viel Fleisch, Fisch, Eier, frisches Obst, Gemüse und Nüsse. Hauptsächlich verzehren die Anhänger dieser Kost Fleisch und Fisch im Übermaß.
In den USA und auch in Deutschland findet die Paläo Kost immer mehr Anhänger. Auf dem Speiseplan stehen Obst, Gemüse, Eier und jede Menge Fleisch. Die Grundidee besteht darin, vor allem das zu essen, was Urmenschen vor mehr als 20.000 Jahren in der Steinzeit verzehrt hatten. Daher wird die Ernährungsform auch „Steinzeit-Diät“ oder „Steinzeiternährung“ genannt. Anders als in der kohlenhydratreduzierte Diät sind in der Steinzeit-Kost kohlenhydrat-reiche hochglykämische Früchte wie getrocknete Feigen oder Datteln erlaubt. Demnach werden nur Lebensmittel gegessen, die von Menschen in Steinzeit ebenfalls zubereitet und verzehrt wurden.
Zucker und Getreideprodukte sind verpönt
Speisen, die aus Getreide hergestellt werden, Zucker, Schokolade, Alkohol und Milch sowie Milchprodukte sind bei der Steinzeiternährung strengstens verboten. In zahlreichen Ratgebern propagieren die Befürworter einen effektiven Schutz vor zahlreichen westlichen Volkskrankheiten, die erst durch das Entstehen von fortschrittlichen Zivilisationen entstanden seien. Demnach soll die Fleischkost vor Herzinfarkt, Adipositas und Diabetes schützen. Kritiker werfen den Vertretern dieser Ernährungsweise vor, dass die Aussagen in Bezug auf die steinzeitliche Lebensweise aus reinen Hypothesen besteht, für die keine wissenschaftliche Belege existieren. Denn aus wissenschaftlicher Sicht ist die Rekonstruktion der Ernährung während des Steinzeitalters nur ansatzweise möglich. Die Ernährungsgewohnheiten der Jäger und Sammler lassen sich nicht auf das Leben der Menschen in heutigen Zeit übertragen. Zudem umfasst die Steinzeit einen Zeitraum von zwei Millionen Jahren. In dieser Zeit lebten die Steinzeit-Menschen in unterschiedlichen Lebensräumen. Demnach gab es keine als „Einheitlich festzustellende Ernährung“, der Fleischkonsum variierte aufgrund der verschiedenen Lebensbedingungen deutlich. Viele Steinzeitmenschen ernährten sich von Früchten, Samen, Pilzen, Wurzeln, Blättern, Eiern und Kleintieren. Ein Vertreter dieser Ernährungsweise war der Australopithecus. Die Form des folgenden Homo habilis war ähnlich gelagert. Diese ergänzten die erlegte Beute mit Pflanzennahrung. Haben die Steinzeit-Menschen wirklich vordergründig Fleisch gegessen?
Hat sich der Mensch seit der Steinzeit genetisch kaum verändert?
Trotz der anhaltenden Kritik wird die Paläo Diät von zahlreichen Fitness-Anhängern und einigen Wissenschaftlern unterstützt. So argumentierte beispielsweise Professor Loren Cordain von der Colorado State University. „Vor zehn Jahren war das noch eine absurde Idee, aber in den vergangenen zwei bis drei Jahren ist sie weltweit bekannt geworden“. Der Professor sagt, die urzeitliche Kost habe die Gesundheit der Steinzeit-Menschen gestärkt und die Gehirnfunktionen aktiviert, so dass sich die Homo Sapiens zu dem modernen Menschen von heute entwickeln konnten. Das menschliche Erbgut sei seit der Steinzeit in weiten Teilen unverändert geblieben, so der Wissenschaftler. Damit wäre der Mensch nach wie vor tief in den Genen verankert und in erster Linien ein Fleischesser. Ein paar Millionen Menschen würden sich bereits nach den Richtlinien der Steinzeitmenschen ernähren, sagt Cordain. Einige Bücher zu diesem Thema hatten es in der Vergangenheit immer wieder in die Bestseller-Listen geschafft.
Die Aussage, die Gene haben sich seit der Steinzeit kaum verändert, wird von Kritikern vehement zurück gewiesen. Forscher haben in den letzten Jahren etwa 700 genetische Veränderungen gefunden, die in den letzten 10.000 Jahren passierten. So gehört zu den Erbgut-Veränderungen die Fähigkeit eine Lactose-Toleranz zu entwickeln und damit auch Milch und Milchprodukte aus der Viehzucht zu verdauen. Demnach habe – im Gegensatz zur Steinzeit-Diät These – eine Anpassung neuer Nahrungsmittel in einem nur kurzen Zeitabschnitt längst stattgefunden.
Wirksam gegen Volkskrankheiten wie Diabetes oder Adipositas?
Loren Cordain wiederum behauptet, die wissenschaftliche Forschung hätte die Vorteile der Paläo-Diät anerkannt und sogar bestätigt. So habe die Fachzeitung „Journal of Diabetes Science and Technology“ unlängst die Ergebnisse einer Studienarbeit veröffentlicht, nach der Probanden nach einer Fleischdiät verbesserte Blutzuckerwerte aufwiesen und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sich gemindert zeigten. Schwedische Forscher kamen während einer Studie zu dem Ergebnis, dass die Steinzeit-Kost mehr sättige als die immer wieder empfohlene Mediterrane Ernährungsweise. Demnach soll die Urzeitliche Verköstigung trotz des hohen Fleischkonsums vor Übergewicht und Adipositas bewahren.
Gegenmodell zu Ernährungsweisen der Industriestaaten
Nicht von der Hand zu weisen ist die Kritik an den industriell hergestellten Lebensmitteln, die im Besonderen dazu beigetragen haben, dass immer mehr Menschen in den westlichen Industrienationen an Fettleibigkeit und Stoffwechselerkrankungen leiden. Geschmacksstoffe und Einfachfette sind vielmals in Fertiggerichten enthalten. Zwar hat auch die Lebensmittelindustrie einen „Bio-Trend“ erkannt, dennoch hängt die Ernährungsweise vielmals vom Geldbeutel des Konsumenten ab. Wer über ein gutes Einkommen verfügt, kann sich auch gesünder ernähren. Demnach ist die Präferenz zu frischem Gemüse, Obst und Nüssen bei der Steinzeit-Diät sehr wohl gesundheitsfördernd. Nach wie vor umstritten bleibt der hohe Fleischverzehr und der Verzicht von Milchprodukten und Getreide.
Paläo-Diät orientiert sich nicht am modernen Menschen
Kritisiert wird die Paläo-Diät vor allem in Kreisen der Ernährungswissenschaftler. Das US-amerikanische Magazin „U.S. News & World Report“ ermittelte während eine Umfrage, dass die Anhänger der Ur-Kost nur etwa 23 Prozent der Kalorien ihrer täglichen Nahrung in Form von Kohlenhydraten aufnehmen. Amerikanische Gesundheitsbehörden empfehlen jedoch eine tägliche Aufnahme von mindestens 45 Prozent. Im Gegensatz dazu übersteigen die Werte für Fette und Proteine die Gesundheitsempfehlungen um ein Vielfaches.
Die Ernährungswissenschaftlerin Marion Nestle von der New Yorker Universität für Ernährungswissenschaften befindet, dass die Steinzeit-Ernährungsform nicht an den modernen Menschen angepasst ist, der sich in der heutigen Zeit weniger körperlich betätigt als zu Urzeiten. Auch sie zweifelt an, dass in der Steinzeit tatsächlich über die Hälfte der Ernährung aus Fleisch stammte. „Das kann wissenschaftlich nicht bestätigt werden“. Zu jenen Zeiten habe die allgemeine Lebenserwartung nur 25 Jahre betragen. „Die Ernährung war damals neben den Lebensumständen alles andere als ideal“, argumentiert die Wissenschaftlerin. Dem gegenüber stellt Cordain die These, dass heute noch immer Urvölker unter ähnlichen Lebensbedingungen und Ernährungsweisen existieren. Die Menschen würden zum einen über eine höhere Lebenserwartung verfügen und zum anderen nicht unter den Krankheiten der westlichen Welt wie Diabetes, Bluthochdruck oder steigenden Blutfettwerten leiden. Würden diese Menschen die Ernährungsformen der sogenannten Zivilisation annehmen, „würde sich die Gesundheit derer massiv verschlechtern“. (sb)
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Bild: Günther Gumhold / pixelio.de
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