Ebola-Epidemie in Westafrika bringt Hilfskräfte an ihre Grenzen
23.06.2014
Die Ebola-Epidemie in Westafrika stellt die Hilfskräfte der Gesundheitsorganisationen vor eine enorme Herausforderung. Hunderte Menschen sind im Zuge des Ausbruchs bereits verstorben und fast täglich werden neu Infektionen aus den drei betroffenen Staaten (Guinea, Sierra Leone, Liberia) bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gemeldet. Schon heute hat die Epidemie Dimensionen erreicht, die weit über vorherige Ebola-Ausbrüche hinausgehen.
Regelmäßig waren in den vergangenen Jahren kleinere Ebola-Ausbrüche vor allem in zentralafrikanischen Staaten zu beobachten. Die Anzahl der Todesfälle blieb dabei jedoch meist überschaubar und die Infektionswellen endeten ebenso schnell, wie sie begonnen hatten. Im Jahr 2007 verzeichnete die WHO zuletzt eine größeren Ebola-Epidemie, bei der insgesamt 176 Todesopfer zu verzeichnen waren. Die Dimensionen der aktuellen Epidemie gehen jedoch weit über das gewohnte Maß hinaus, zumal gleich mehrere westafrikanische Staaten betroffen sind. Ein Ende der Infektionswelle ist bislang nicht absehbar und am Wochenende hat die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen darauf hingewiesen, dass die Hilfskräfte mittlerweile an ihre Grenzen stoßen. Der Ebola-Ausbruch sei „völlig außer Kontrolle geraten“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ den Einsatzleiter der Hilfsorganisation, Bart Janssens.
Schwerste innere und äußere Blutungen
Das Ebola-Virus verursacht beim Menschen das sogenannte Ebolafieber, welches als hämorrhagisches Fieber mit schwersten inneren und äußeren Blutungen einhergeht. Zunächst zeigen sich in der Regel Beschwerden wie blutiger Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, bevor im weiteren Krankheitsverlauf die Blutungen aus den Schleimhäuten, die inneren Blutungen und die Einblutungen in der Haut auftreten. Eine Therapie gegen die Erkrankung ist bislang nicht bekannt, und die Behandlung konzentriert sich auf einen Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes. Bei einzelnen Varianten der Erreger enden bis zu 90 Prozent der Infektionen tödlich, allerdings ist der aktuelle Virenstamm in dieser Hinsicht glücklicherweise weniger gefährlich. Ansonsten hätte die seit sechs Monaten grassierende Ebola-Epidemie vermutlich noch mehr Todesopfer gefordert. Bei Infektionen mit der neuen Ebola-Variante würden „etwa 60 Prozent der Infizierten sterben, beim Ebola-Zaire-Stamm waren es 80 Prozent“, berichtet Stephan Becker, Leiter des Instituts für Virologie an der Universität Marburg gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“. Das Team des Virologen ist Teil es European Mobile Laboratory Project, welches in Westafrika die nationalen Gesundheitsbehörden beim Erregernachweis von Kranken und Toten unterstützt.
Widrige Bedingungen im Kampf gegen Ebola
Nicht nur die hohe Anzahl der Infektionen sondern auch die allgemeinen Bedingungen vor Ort bereiten den Hilfskräften bei der Versorgung der Patienten zunehmend Schwierigkeiten. Der Marburger Virologe Becker erläuterte, dass es zum Beispiel „für die Bevölkerung so aussehe, als sei die Krankheit erst schlimm geworden, als die Weißen kamen.“ Hier halte sich hartnäckig die „Vermutung, es sei eine von Weißen gemachte Seuche.“ Auch würden viele Patienten glauben, jemand habe sie verflucht. Eine wichtige Aufgabe der Ärzte vor Ort sei es daher, auch gegen diesen Irrglauben anzugehen. Dabei bedarf es nach Einschätzung des Experten jedoch der Unterstützung durch die Einheimischen. Sie müssten vermehrt geschult werden, um anschließend ihre Mitmenschen zu überzeugen ein Behandlungszentrum aufzusuchen. Auch sollte die Bevölkerung über das Infektionsrisiko beim Umgang mit Erkrankten und Verstorbenen aufgeklärt werden. Den zum Beispiel werden Beerdigungszeremonien von dem Marburger Virologen als „eine der Hauptansteckungsquellen“ genannt.
Experten extrem beunruhigt
Insgesamt hat der aktuelle Ebola-Ausbruch laut Angaben der WHO bislang knapp 340 Todesopfer gefordert. Damit überschreitet das Ausmaß die Epidemie die meisten bisherigen Ausbrüche deutlich (lediglich im Jahr 2000 waren in Gesamtafrika mehr Ebola-Infektionen zu verzeichnen) und eine Ende der Infektionswelle scheint lange nicht in Sicht. Die nationalen Gesundheitsbehörden zeigen sich zunehmend besorgt und vereinzelte Staaten haben bereits ihre Grenzen zu dem Ausbruchsland Guinea geschlossen. Reise- oder Handelsbeschränkungen wurden von der Weltgesundheitsorganisation bislang allerdings nicht beschlossen. Auch Stefan Becker geht nicht davon aus, dass die Epidemie zum Beispiel für Europa zur Gefahr werden könnte, doch „es wird sicher einzelne importierte Fälle geben“, betonte der Virologe. Diese werden seiner Ansicht nach jedoch vermutlich „schnell erkannt und isoliert werden.“ Dramatischer schätzt der Experte indes die Situation in Westafrika ein. „Für Afrika dagegen bin ich extrem beunruhigt“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ den Virologen. (fp)
Bild: Dr. Karl Herrmann / pixelio.de
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