Die Naturheilkunde kennt eine ganz besondere Therapieform: die Eigenbluttherapie. Vor allem Allergiker setzen auf diese sanften Therapieansatz, bei dem zunächst das Blut entnommen, zum Teil behandelt, angereichert und dann wieder zurück in den Körper injiziert wird. Joachim Splendler, Arzt und Heilpraktiker: „Nach einigen Sitzungen sind deutliche Linderungen der Symptomatiken zu verspüren.“ Andere schulmedizinisch arbeitende Ärzte sind eher skeptisch und verweisen auch auf einzelne Gefahren. Rund 75.000 Ärzte bieten in Deutschland diesen alternativen Therapieansatz an
Die Prozedur ist kaum mehr als ein minimaler Eingriff. Der Therapeut nimmt bei der kleinen Behandlung nur ein wenig Blut ab, um dieses dann wieder dem Kreislauf hinzuzufügen. Die Eigenbluttherapie wird von den meisten Heilpraktikern aber auch von einigen niedergelassenen Ärzte angeboten. Besonders soll die Eigenblutbehandlung bei Neurodermitis und Asthma die Beschwerden lindern. Die Therapie basiert auf Erfahrungswerten. Größere klinische Studien wurden zu diesem Thema bislang kaum durchgeführt.
„Es werden ein bis fünf Milliliter Blut aus der Armvene des Patienten entnommen“, erläutert Ulrich Sümper vom Bund deutscher Heilpraktiker (BDH). Meist wird das Blut wieder zurück in das Gesäß gespritzt. Dort bildet sich ein Hämatom, das vom Organismus aufgenommen wird. „Das eigene Blut wird vom Körper als fremd angesehen und löst eine Immunreaktion aus“, so der Heilpraktiker. Hierdurch würde die „körpereigene Abwehr“ stimuliert werden. Eine Gesamttherapie beträgt etwa 12 Einzelsitzungen mit je zwei Behandlungen pro Woche.
Wirkungsweisen der Eigenblutbehandlung
Egal ob das Blut wieder oral oder gespritzt wird, beide Varianten erzeugen kleine Reize. Darauf reagiert die Immunabwehr. Das Abwehrsystem reagiert auf den Reiz und muss sich mit dem eigenen Blut auseinandersetzen. So kann eine minimale Erhöhung der Leukozyten erreicht werden, es werden mehr Antikörper gebildet. „Oft steigt auch leicht die Körpertemperatur des Patienten“, sagt Splendler. Gleichzeitig wird ein Heilungsprozess eingeleitet. „In einigen Fällen kann es passieren, dass eine Erstverschlimmerung auftritt, was bedeutet, dass sich die zu behandelnden Symptome nach der ersten Therapiesitzung zunächst verschlimmern“. Danach werde sogleich das Gegenteil erreicht.
Einsatzgebiete der Eigenblutbehandlung sind Immun- und Abwehrschwächen, Wechseljahresbeschwerden, Symptome der Hormonumstellung, Durchblutungsstörungen, Blutbildstörungen, Allergien, Infektionskrankheiten, Neurodermitis, Rheuma, allergisches Asthma sowie zur Rehabilitierung schwerwiegender Erkrankungen.
Kosten müssen die Patienten meist selbst tragen
Die Kosten für die Behandlung müssen die Patienten selbst übernehmen, da der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen die Therapie nicht anerkennen. Eine Sitzung kostet zwischen 15 und 20 Euro. Einige private Krankenversicherungen übernehmen die Kosten, wenn Naturheilverfahren mit inbegriffen sind. Vereinzelt übernehmen auch einige Gesetzliche die Kosten. In den allermeisten Fällen wird die Eigenbluttherapie als sogenannte individuelle Gesundheitsleistung abgerechnet.
Krankenkassen bewerten die Therapie als „tendenziell negativ“
Die Krankenkassen bewerten mit dem sogenannten „Igel-Monitor“ die Eigenblutbehandlung als „tendenziell negativ“ ein. Zum einen begründen die Experten das Angebot als wissenschaftlich nicht belegt und zum anderen könnten Negativwirkungen beispielsweise bei Gerinnungsstörungen oder der gleichzeitigen Einnahme des Medikamentes „Marcumar“ geschehen. Die Mediziner hatten die Therapie bei Sehnenreizung testen lassen. „In keinem Falle sollte die Eigenblutbehandlung Blutgerinnungsstörungen, Venenentzündungen und stark zehrenden Erkrankungen sowie bei der Einnahme von Glukokortikoiden, Blutverdünnungsmitteln und Immunsuppressiva passieren“.
Dr. Rainer Stange, vorstehender Arzt der Abteilung für Naturheilkunde im Immanuel Krankenhaus Berlin betonte, dass „die Behandlung unter üblichen Hygienestandards und sicherer Beherrschung der korrekten Injektionstechnik erfolgen müsse – insbesondere wenn man intramuskulär injiziert“. Schließlich werde der Körper durch die Nadel verletzt, so dass ein leichtes Infektionsrisiko bestehe. Der Arzt betont aber auch, dass er selbst die Eigenbluttherapie „einige Hunderte von Malen durchgeführt hat und noch nie eine schwerwiegende unerwünschte Reaktion beobachtet hat“.
Eigenbluttherapie als zusätzlich ansehen
Obwohl der wissenschaftliche Beweis fehlt, ist die Therapie bei sehr vielen Patienten beliebt. Prof. Detmar Jobst vom Universitätsklinikum Bonn ist sich sicher: „Da ist auch eine suggestive Wirkung dabei“. Für den Arzt sei es aber „fraglich“, was zwischen der medizinischen Reaktion durch die Bildung des Hämatoms passiere. Der Bund der Heilpraktiker sagt: „Die Eigenbluttherapie eignet sich nicht als alleinige Behandlungsform bei schweren akuten oder lebensbedrohlichen Erkrankungen“.
Neben der kleinen Eigenbluttherapie existieren je nach Einsatzgebiet noch verschiedene Variationen. Bei der großen Eigenblutbehandlung wird sehr viel mehr Blut entnommen und extra behandelt. Dem Blut werden Sauerstoff oder Ozon hinzugefügt. Bei anderen Ansätzen wird das Blut UV-Strahlungen ausgesetzt. Andere Ärzte oder Heilpraktiker geben homöopathisch erzeugte Mittel hinzu. „Wichtig ist, dass der Therapeut gut ausgebildet ist“, betont Spendler. Nur so sei ein Therapieerfolg möglich. (sb)
Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
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