Fische im Dortmund-Ems-Kanal sind weiterhin schadstoffbelastet
04.05.2011
Die Schadstoffbelastung der Fische im Dortmund-Ems-Kanal ist nach der Tanker-Explosion Raffinerie-Hafen Lingen immer noch deutlich erhöht, so eine offizielle Mitteilung des Landkreises Emsland. Der Umweltschutzverband NABU hatte bereits unmittelbar nach der Katastrophe davor gewarnt, dass die freigesetzten Schadstoffe als giftige Ablagerungen im Sediment über einen längeren Zeitraum auch bei neu einwandernden Fische zu Belastungen führen können.
Die Befürchtungen der Naturschützer haben sich offenbar bestätigt. Rund einen Monat nachdem der Tanker „Alpsray“ im Lingener Raffinerie-Hafen explodierte, sind die Fische im Dortmund-Ems-Kanal immer noch erheblich mit Schadstoffen belastet, erklärte ein Sprecher des Landkreises Emsland. Die Explosion des Tankers und die anschließenden Löscharbeiten verursachten eine regionalen Umweltkatastrophe, bei der tausende Fische im Dortmund-Ems-Kanal verendeten.
Schadstoffbelastung lebender Fische um das Zwanzigfache erhöht
Den Angaben des Landkreises Emsland zufolge lag die Schadstoffbelastungen der bisher untersuchten verendeten Fische bei den sogenannten perfluorierten Tensiden (PFOS) um das fünf- bis zehnfache über der gängigen Hintergrundbelastung. Die PFOS-Belastung der lebende Fische sei sogar um das 20-fachen erhöht, so die offizielle Mitteilung. Das bedauerliche dabei ist, dass die Chemikalie PFOS nicht unmittelbar durch den verunglückte Tanker sondern durch die erforderlichen Löscharbeiten in den Dortmund-Ems-Kanal gelangte. Denn die Tenside sind Bestandteil des Löschschaums. Welche Schadstoffe bei der Katastrophe noch in den Fluss gelangt sind, ist bisher allerdings nicht abschließend geklärt. Definitiv flossen jedoch neben dem Löschschaum auch Tausende Liter Benzin in den Kanal, so dass sich dort „eine hochgiftige wasserlösliche Emulsion“ gebildet hat, erklärte die Biologin Jutta Over vom NABU Emsland. Diese Emulsion werde „von Wassertieren über Haut und Kiemen aufgenommen“, so dass erhebliche Schadstoffbelastungen die Folge sind. Da sich giftige Ablagerungen im Bereich der Gewässersohle, Steinschüttungen und Uferstauden sammeln, bleibe der Fluss wahrscheinlich auf längere Zeit verseucht, erklärte die Naturschützerin. Diese Bedenken werden durch die aktuellen Ergebnisses des Landesamts für Verbraucherschutz (LAVES) in Oldenburg, das die Schadstoffbelastung der Fische im Auftrag des Landkreises Emsland überprüft hatte, bedauerlicherweise bestätigt.
Sauerstoffarmut im Fluss alleinige Ursache des Fischsterbens?
Die durch den Abbau des Löschschaums bedingte Sauerstoffarmut im Fluss ist den Angaben des Landkreises Emsland zufolge bereits seit Mitte April überwunden und die Sauerstoffwerte befinden sich heute mit rund zehn Milligramm pro Liter wieder im „grünen Bereich“, so die Mitteilung der Behörden. Die Sauerstoffarmut wurde von offizieller Seite als wesentlicher Grund für das massive Fischsterben unmittelbar nach der Katastrophe verantwortlich gemacht, wobei der NABU dieser Darstellung jedoch von Anfang an widersprach. So erklärte die Biologin Jutta Over gegenüber der „Meppener Tagespost“, dass die vorübergehende Sauerstoffarmut durch den Abbau der Löschschäume nicht ausreiche als Erklärung für das Fischsterben. Auch übten die Naturschützer massive Kritik an dem Krisenmanagement des Landkreises, da der Kanal schon zwei Tage nach der Tanker-Explosion wieder für die Schifffahrt freigegeben wurde. Dadurch seien die noch im Fluss befindlichen große Mengen der Emulsion aus Löschschaum und Benzin immer wieder aufgeschäumt und weitergetragen worden. Auch sei das verfolgte Ziel der Verdünnung eher als schlechte Notlösung zu verstehen, da sich die Schadstoffe auch bei eher ungefährlichen Konzentrationen mit der Zeit anreichern und so langfristig erhebliche Schäden bedingen können.
Ermittlungsverfahren zu den Explosionsursachen eingeleitet
Neben den Untersuchungen zu den Umweltfolgen der Tanker-Explosion laufen parallel die Ermittlungen zu den möglichen Explosionsursache im Raffinerie-Hafen Lingen. Wie der Osnabrücker Oberstaatsanwalt Alexander Retemeyer im Interview mit dem Sender „NDR 1 Niedersachsen“ bestätigte, wurden Ermittlungsverfahren gegen mehrere Personen eingeleitet. Wer die Verdächtigen sind und wie genau eine Anklage ausfallen könnte, ist bislang jedoch unklar. Auch bleibe bisher offen, ob es technisches oder menschliches Versagen war, das die Katastrophe verursachte, erklärte der Oberstaatsanwalt. (fp)
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Bild: Foto: NABU/Helge May
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