Aktuelle Grippewelle könnte mehr Todesopfer fordern als Influenza-Viren in früheren Jahren
06.03.2015
Knapp 40.000 Menschen haben sich in der aktuellen Grippesaison bisher mit Influenza-Viren angesteckt. Allein in der vergangenen Woche erkranken 12.000 Menschen. Experten gehen davon aus, dass die Grippewelle damit ihren Höhepunkt erreicht hat. Einer der Gründe für die hohe Zahl der Grippe-Patienten ist eine Mutation des Impfstoffs, die das Mittel weniger wirksam macht. Experten befürchten deshalb in diesem Jahr mehr Grippetote als in den vergangenen Jahren. Besonders gefährdet seien ältere Menschen.
Grippe kann lebensbedrohlich sein
Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Schüttelfrost, hohes Fieber, Übelkeit und Erbrechen und dazu Husten, Schnupfen – Wer an diesen Beschwerden leidet, gehört ins Bett. Normalerweise dauern die Symptome zwischen sieben und 14 Tagen an, dann ist die Grippe überstanden. Für ältere Menschen und chronisch Kranke mit geschwächtem Immunsystem kann eine Influenza-Infektion sogar lebensbedrohlich werden, so dass es immer wieder zu Todesopfer kommt. Viel seltener sterben auch junge, gesunde Menschen an der Grippe.
Experten befürchten, dass die Zahl der Todesopfer in der aktuellen Grippesaison die der vorangegangen Jahre übersteigen könnte. Denn in diesem Winter gehen viel mehr Patienten wegen Atemwegserkrankungen zum Arzt. Der Großteil der Betroffenen ist zwischen 39 und 59 Jahre alt. „Zu rund 60 Prozent ist es dann auch die Grippe", erläutert Silke Buda, Leiterin der Arbeitsgemeinschaft Influenza am Berliner Robert Koch-Institut (RKI), im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“. „Die aktuelle Influenza-Saison gehört sicher zu einer der schwereren Wellen der vergangenen Jahre." Zwar sind in der vergangenen Woche 12.000 neue Grippefälle gemeldet worden, die Zahl der Arztbesuche ist jedoch nicht weiter gestiegen. Experten werten das als Signal dafür, dass die aktuelle Grippewelle ihren Höhepunkt erreicht hat.
Zahl der Grippetoten kann erst mit einem Jahr abstand geschätzt werden
Gemessen an den hohen Erkrankungszahlen ist die aktuelle Influenza-Welle mit der Saison 2012/2013 vergleichbar. Von dem am weitesten verbreiteten Grippevirus Typ A H3N2 ähnelt die derzeitige Situation aber mehr dem Winter 2008/2009. Damals starben mehr Menschen als in den Vorjahren an der Grippe. Vor acht Jahren waren es 18.000 und vor zwei Jahren etwa 20.000 Grippetote. Buda betont jedoch, dass es noch zu früh sei, um über eine erhöhte Sterblichkeit in dieser Grippesaison zu sprechen. Die Schätzung auf der Grundlage der Daten des Statistischen Bundesamtes könne erst mit einem Jahr Abstand erfolgen.
Im Schnitt gibt es jedes Jahr zwischen 8.000 und 11.000 Grippetote in Deutschland. Das sind etwa doppelt so viele Menschen wie bei Verkehrsunfällen ums Leben kommen. „Es gibt aber keine Durchschnittsgrippewelle, so dass auch die Zahl der Grippetoten von Jahr zu Jahr schwankt", erläutert Buda. Jede Saison verlaufe sehr unterschiedlich mit ihren individuellen Charakteristika.
Mutation des Grippe-Virus schwächt Schutzwirkung der Grippeimpfung
Etwa 80 Prozent der Grippe-Patienten haben sich mit dem Influenza-Subtyp A H3N2 angesteckt. Dieser Subtyp hat bereits in früheren Jahren schwere Grippewellen verursacht. Influenza A-Viren haben eine verstärkte Neigung, sich zu verändern. Das ist auch der Grund, warum der aktuelle Grippeimpfstoff weniger wirksam ist. Das Virus ist mutiert, so dass das im Vakzin enthaltene Eiweiß nicht mehr mit dem Oberflächeneiweiß des Virus übereinstimmt. „Bei Menschen, die in früheren Jahren mal eine Grippe mit H3N2 hatten, gibt es für das Immunsystem dann keinen Wiedererkennungseffekt", so Buda. Dadurch erkranken mehr Menschen nach einer Infektion. Da die Impfung weniger oder gar nicht wirksam ist, sind insbesondere geimpfte alte Menschen mit Vorerkrankungen gefährdet. „Je schwächer das Immunsystem ist, desto schwerer kann es auf ein neues Influenza-Virus angemessen reagieren", erläutert die Expertin weiter. Somit steige das Risiko für Komplikationen. In den vergangenen 25 Jahre ist es nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) viermal zu einer solchen Virusmutation gekommen.
Die WHO gibt jedes Jahr im Frühjahr ihre Empfehlungen für den Impfstoff der kommenden Saison. „Trotz aller Bemühungen bleibt es schwer, die genauen Influenza-Subtypen, gegen die der Impfstoff wirken muss, so weit im Voraus schon zu bestimmen", erklärt Carlos Guzman, Experte am Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur. Buda berichtet, dass ein universeller Impfstoff, der auch gegen Varianten der Subtypen wirken könnte, sich derzeit im Stadium der Grundlagenforschung befinde. „Für die nächsten Jahre ist das nicht absehbar." Beide Experten raten dennoch dazu, sich im kommenden Herbst wieder gegen Grippe impfen zu lassen. (ag)
Bildnachweis: Hartmut91016351a2cc0b08c03p>
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